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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. V ZR 25/07
  5. Verkündet am:
  6. 9. November 2007
  7. Langendörfer-Kunz
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB §§ 195, 199 Abs. 1
  19. Lässt sich ein Schadensersatzanspruch auf mehrere Beratungsfehler stützen, beginnt die kenntnisabhängige Verjährungsfrist für jeden Beratungsfehler gesondert zu
  20. laufen.
  21. BGB §§ 675, 433
  22. Ein Verkäufer, der den Käufer über die Möglichkeit berät, eine Eigentumswohnung
  23. mit Fremdmitteln zu erwerben, muss darüber aufklären, dass er die Zinsen für das
  24. von dem Käufer aufzunehmende Darlehen subventioniert, wenn sich die Zinssubvention nicht auf die gesamte Laufzeit des Darlehens erstreckt.
  25. BGH, Urteil vom 9. November 2007 - V ZR 25/07 - OLG Celle
  26. LG Hannover
  27. -2-
  28. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
  29. vom 9. November 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den
  30. Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und
  31. Dr. Roth
  32. für Recht erkannt:
  33. Auf die Revision des Streithelfers der Kläger wird das Urteil des
  34. 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 16. Januar 2007
  35. aufgehoben.
  36. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  37. über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  38. Von Rechts wegen
  39. Tatbestand:
  40. 1
  41. Die Kläger erwarben im März 1997 von der Beklagten eine Eigentumswohnung in E.
  42. zum Preis von 154.905 DM und schlossen einen Vertrag
  43. über die Mietenverwaltung (Mietpool) ab. Dem Vertragsschluss vorausgegangen waren Gespräche mit einem für die Vertriebsbeauftragte der Beklagten tätigen Vermittler. Dieser hatte auf die Möglichkeit hingewiesen, ohne Eigenkapital eine Wohnung aus dem Bestand der Beklagten zu kaufen; anschließend hatte er eine Berechnung für die Wohnung in E.
  44. vorgelegt, aus der sich ein
  45. durch Mieteinnahmen und Steuervorteile nicht gedeckter monatlicher Aufwand
  46. der Kläger von 184 DM ergab.
  47. -3-
  48. 2
  49. Mit der Behauptung, sie seien durch den Vermittler falsch und unvollständig beraten worden, verlangen die Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrages sowie u.a. die Feststellung, dass die Beklagte zum Ersatz des ihnen aus
  50. dem Erwerb der Wohnung erwachsenden weiteren Vermögensschadens verpflichtet ist.
  51. 3
  52. Die Kläger haben zunächst mit Schriftsatz vom 31. Dezember 2004 sowie per E-Mail die Durchführung eines Güteverfahrens bei einer staatlich anerkannten Gütestelle in Freiburg beantragt. Die E-Mail lag dort am 31. Dezember
  53. 2004 abrufbereit vor. Wann der Schriftsatz bei der Gütestelle eingegangen ist,
  54. hat sich nicht feststellen lassen.
  55. 4
  56. Die nachfolgend erhobene Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Streithelfer der Kläger deren Anträge weiter.
  57. Entscheidungsgründe:
  58. I.
  59. 5
  60. Das Berufungsgericht hält etwaige Schadensersatzansprüche der Kläger
  61. wegen positiver Vertragsverletzung eines mit der Beklagten zustande gekommenen Beratungsvertrages nach § 195 i.V.m. § 199 Abs. 1 BGB für verjährt,
  62. weil ihnen bereits Ende 2001 zahlreiche Beratungsfehler bekannt gewesen seien. Hiervon ausgenommen sei zwar der Vorwurf, die Beklagte habe sie nicht
  63. darüber aufgeklärt, dass ein Teil des Kaufpreises verwendet würde, um die Zinsen für das von ihnen aufgenommene Vorausdarlehen zu subventionieren und
  64. dem Mietpool einen Zuschuss zu gewähren. Jedoch beginne die Verjährungs-
  65. -4-
  66. frist nicht erst mit Kenntnis des 25. Beratungsfehlers, sondern bereits dann zu
  67. laufen, wenn die Erhebung einer Klage hinreichende Erfolgsaussicht habe und
  68. damit zumutbar erscheine. Das sei hier Ende 2001 der Fall gewesen. Die bis
  69. Ende 2004 laufende Verjährungsfrist sei nicht gehemmt worden. Dass der
  70. schriftliche Antrag auf Einleitung eines Güteverfahrens am 31. Dezember 2004
  71. bei der Gütestelle eingegangen sei, hätten die Kläger nicht bewiesen. Die per
  72. E-Mail übermittelte Textdatei sei kein Antrag im Sinne des § 204 Abs. 1 Nr. 4
  73. BGB, da sie die in der Verfahrensordnung der Gütestelle für solche Anträge
  74. vorgesehene Schriftform nicht erfülle.
  75. II.
  76. 6
  77. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
  78. 7
  79. 1. Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus,
  80. dass Schadensersatzansprüche wegen positiver Vertragsverletzung eines Beratungsvertrages, die - wie etwaige Ansprüche der Kläger gegen die Beklagte am 1. Januar 2002 unverjährt bestanden, der seit diesem Zeitpunkt geltenden
  81. regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren unterliegen (§ 195 BGB i.V.m.
  82. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB).
  83. 8
  84. Weiter nimmt das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler an, dass die Frist
  85. - da sie kürzer ist als die für die streitgegenständlichen Ansprüche geltende
  86. Verjährungsfrist des alten Rechts - nach dem Wortlaut der Übergangsregelung
  87. des Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB zwar von dem 1. Januar 2002 an berechnet wird, dass dieser Stichtag für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB aber nicht allein maßgeblich ist, sondern zusätzlich
  88. -5-
  89. die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen müssen. Das entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v.
  90. 23. Januar 2007, XI ZR 44/06, WM 2007, 639 - zur Veröffentlichung in BGHZ
  91. bestimmt; Urt. v. 7. März 2007, VIII ZR 218/06, WM 2007, 987, 988).
  92. 9
  93. 2. Nicht zu beanstanden ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts,
  94. die mit der Klage verfolgten Ansprüche seien verjährt, soweit die Kläger vor
  95. dem 1. Januar 2002 Kenntnis von Beratungsfehlern der Beklagten hatten oder
  96. diese infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannten. Die Verjährungsfrist der auf
  97. solche Beratungsfehler gestützten Ansprüche hat am 1. Januar 2002 begonnen; sie ist von den Klägern bis zu deren Ablauf am 31. Dezember 2004 nicht
  98. gehemmt worden.
  99. 10
  100. a) Zwar kann die Einreichung eines Güteantrags bei einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle die Verjährung
  101. hemmen, wenn die Bekanntgabe des Antrags demnächst veranlasst wird
  102. (§ 204 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 BGB). Das Berufungsgericht hat sich jedoch
  103. nicht davon zu überzeugen vermocht, dass der schriftliche Antrag auf Einleitung
  104. eines Güteantrags rechtzeitig, d.h. noch am 31. Dezember 2004, bei der Gütestelle in Freiburg eingegangen ist; die Revision erhebt insoweit keine Einwendungen.
  105. 11
  106. b) Die am 31. Dezember 2004 bei der Gütestelle eingegangene E-Mail
  107. genügte den für einen Antrag nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB geltenden Formerfordernissen nicht und war daher nicht geeignet, die Verjährung zu hemmen.
  108. 12
  109. In welcher Form ein solcher Güteantrag zu stellen ist, richtet sich nach
  110. den für die Tätigkeit der jeweiligen Gütestelle maßgeblichen Verfahrensvorschriften. Diese können sich unmittelbar aus landesrechtlichen Bestimmungen
  111. (z.B. Art. 7 des Bayerischen Schlichtungsgesetzes sowie § 1 Abs. 2 des Güte-
  112. -6-
  113. stellen- und Schlichtungsgesetz Nordrhein-Westfalen i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 2
  114. des Schiedsamtsgesetzes Nordrhein-Westfalen) oder aus einer eigenen Verfahrensordnung der Gütestelle (vgl. z.B. § 4 Abs. 1 des Brandenburgischen Gütestellengesetzes sowie § 9 Abs. 1 Satz 1 des Hessischen Schlichtungsgesetzes) ergeben. Das hier einschlägige Recht des Landes Baden-Württemberg
  115. bestimmt, dass von der Landesverwaltung eingerichtete und anerkannte Gütestellen nach einer Verfahrensordnung vorgehen müssen, die in ihren wesentlichen Teilen dem Verfahrensgang nach dem (Landes-) Schlichtungsgesetz entspricht (§ 22 Abs. 1 Nr. 3 AGGVG-BW). Die Verfahrensordnung der von den
  116. Klägern angerufenen Gütestelle in Freiburg sieht nach den Feststellungen des
  117. Berufungsgerichts in § 3 Abs. 2 vor, dass das Güteverfahren schriftlich zu beantragen ist, wenn die Verjährung eines Anspruchs gehemmt oder eine andere
  118. gesetzliche Folge der Anrufung einer Gütestelle erreicht werden soll.
  119. Ob damit, wovon das Berufungsgericht ausgeht, die Schriftform des
  120. 13
  121. § 126 BGB gemeint ist oder - was näher liegen dürfte - auf die sog. prozessrechtliche Schriftform (vgl. BGH, Urt. v. 28. Juli 2005, III ZR 416/04, WM 2005,
  122. 2056, 2057 sowie § 130a Abs. 1 Satz 1 ZPO) Bezug genommen wird, die beispielsweise auch die Übermittlung per Telefax einschließt, bedarf keiner Entscheidung. Denn die von den Klägern gewählte elektronische Form wahrte keine der beiden Formen. Der Schriftform des § 126 BGB hätte sie nur bei Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur gleichgestanden (vgl.
  123. § 126a BGB). Die prozessuale Schriftform kann nur dann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn und soweit dies durch Rechtsverordnung zugelassen worden ist (§ 130a Abs. 2 ZPO). An beiden Voraussetzungen fehlt es
  124. hier.
  125. 14
  126. 3. Rechtsfehlerhaft ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts,
  127. Ansprüche der Kläger seien auch insoweit verjährt, als sie auf Beratungsfehler
  128. -7-
  129. gestützt werden, die ihnen ohne grobe Fahrlässigkeit erst nach dem Jahr 2002
  130. bekannt geworden sind. Seine Annahme, die regelmäßige Verjährungsfrist für
  131. einen Anspruch aus positiver Vertragsverletzung eines Beratungsvertrages beginne unabhängig von der Zahl der geltend gemachten Beratungsfehler gemäß
  132. § 199 Abs. 1 BGB bereits dann zu laufen, wenn der Gläubiger so viele Beratungsfehler kenne, dass die Erhebung einer Klage zumutbar erscheine, ist unzutreffend.
  133. 15
  134. a) Das Berufungsgericht stützt sich hierbei auf den für § 852 Abs. 1 BGB
  135. a.F. entwickelten Grundsatz, dass die für den Beginn der Verjährung von Ersatzansprüchen aus unerlaubter Handlung erforderliche Kenntnis von dem
  136. Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen im Allgemeinen vorliegt, wenn
  137. dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in
  138. Form der Feststellungsklage, erfolgversprechend, wenn auch nicht risikolos,
  139. möglich ist (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 14. Oktober 2003, VI ZR 379/02, NJW
  140. 2004, 510 m.w.N.). Richtig ist zwar, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 852 Abs. 1 BGB a.F. weitgehend auch für die Frage herangezogen werden kann, wann der Gläubiger die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderliche Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der
  141. Person des Schuldners besitzt (vgl. MünchKomm-BGB/Grothe, 5. Aufl., § 199
  142. Rdn. 25; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 11. Aufl., § 199 Rdn. 18). Das Berufungsgericht verkennt aber, dass der dargestellte Grundsatz auf den Fall einer
  143. einzelnen Verletzungshandlung zugeschnitten ist und daher nichts darüber besagt, wann die Verjährungsfrist beginnt, wenn sich eine Schadensersatzklage
  144. auf mehrere, in einem sachlichen Zusammenhang stehende Verletzungshandlungen derselben Person stützen lässt.
  145. 16
  146. Diese Frage lässt sich indessen ebenfalls auf der Grundlage der Rechtsprechung zu § 852 BGB a.F. beantworten. Danach werden mehrere Handlun-
  147. -8-
  148. gen, auch wenn sie gleichartig oder Teilakte einer natürlichen Handlungseinheit
  149. sind und auf einem einheitlichen Vorsatz des Schädigers beruhen, nicht unter
  150. dem Gesichtspunkt eines zusammenhängenden Gesamtverhaltens als Einheit
  151. betrachtet. Vielmehr stellt jede Handlung, die eigene Schadensfolgen zeitigt
  152. und dadurch zum Gesamtschaden beiträgt, verjährungsrechtlich eine neue
  153. selbständige Schädigung dar und erzeugt daher einen neuen Ersatzanspruch
  154. mit eigenem Lauf der Verjährungsfrist (vgl. BGHZ 71, 86, 94; 95, 238, 240; 98,
  155. 77, 83; Senat, Urt. v. 4. März 1977, V ZR 236/75, NJW 1978, 262; Urt. v.
  156. 31. Oktober 1980, V ZR 140/79, NJW 1981, 573; BGH, Urt. v. 26. Januar 1984,
  157. I ZR 195/81, NJW 1985, 1023, 1024).
  158. 17
  159. Nach diesen Grundsätzen bestimmt sich auch der Beginn der gemäß
  160. § 199 Abs. 1 BGB zu berechnenden Verjährung vertraglicher Schadensersatzansprüche, wenn ein Schuldner mehrere, von einander abgrenzbare offenbarungspflichtige Umstände verschwiegen hat oder ihm - wie hier - mehrere Beratungsfehler vorzuwerfen sind (vgl. Staudinger/Peters, BGB [2004], § 199
  161. Rdn. 20). Dem Gläubiger muss es in einem solchen Fall unbenommen bleiben,
  162. eine ihm bekannt gewordene Aufklärungspflichtverletzung - selbst wenn eine
  163. darauf gestützte Klage auf Rückabwicklung des Vertrages erfolgversprechend
  164. wäre - hinzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass deshalb Ansprüche aus weiteren, ihm zunächst aber noch unbekannten Aufklärungspflichtverletzungen zu
  165. verjähren beginnen. Dem steht nicht entgegen, dass bereits ein Beratungsfehler
  166. ausreichen kann, um die Rückabwicklung des gesamten Vertrages zu erreichen. Denn jede Pflichtverletzung ist mit weiteren Nachteilen für das Vermögen
  167. des Gläubigers verbunden. Das rechtfertigt es, sie verjährungsrechtlich selbständig zu behandeln. Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist des
  168. § 195 BGB berechnet sich daher für jeden Beratungsfehler gesondert; sie beginnt zu laufen, wenn der Gläubiger die Umstände, insbesondere die wirtschaftlichen Zusammenhänge kennt, aus denen sich die jeweilige Rechtspflicht zur
  169. -9-
  170. Aufklärung ergibt (vgl. BGH, Urt. v. 1. April 2003, XI ZR 386/02, ZIP 2003, 1782,
  171. 1783).
  172. III.
  173. 18
  174. Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Die Sache
  175. ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Feststellungen getroffen werden können. Für
  176. das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
  177. 19
  178. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, die Kläger darüber aufzuklären, dass ein Teil des Kaufpreises verwendet werden würde, um den Mietpool zu subventionieren und die für das Vorausdarlehen zu zahlenden Zinsen unter das marktübliche Niveau zu senken, ist
  179. in dieser Allgemeinheit nicht haltbar.
  180. 20
  181. 1. a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Verkäufer einer Immobilie nicht verpflichtet, auf den im Kaufpreis enthaltenen Anteil an Provisionen und Vergütungen für sonstige Leistungen hinzuweisen (Senat, Urt. v.
  182. 8. Oktober 2004, V ZR 18/04, WM 2004, 2349, 2351; Urt. v. 13. Oktober 2006,
  183. V ZR 66/06, WM 2007, 174, 175). Hieran vermag die Erwägung des Berufungsgerichts, mithilfe der Zinssubvention sei den Klägern ein unrealistisch
  184. niedriger monatlicher Eigenaufwand vorgerechnet und damit verschleiert worden, dass ein Immobilienerwerb für sie wirtschaftlich nicht sinnvoll sei, nichts zu
  185. ändern. Das Berufungsgericht verkennt, dass der Verkäufer - anders als ein
  186. unabhängiger Vermögensberater - nicht verpflichtet ist, den Käufer über die
  187. Wirtschaftlichkeit des Erwerbs im Allgemeinen zu beraten, insbesondere muss
  188. er keine Rentabiltätsberechnung vorlegen (Senat, Beschl. v. 12. Januar 2006,
  189. V ZR 135/05).
  190. - 10 -
  191. 21
  192. Zudem ist der Verkäufer einer Immobilie, auch wenn er die Beratung des
  193. Käufers über Kosten, Finanzierungsmöglichkeiten und steuerliche Vorteile des
  194. Erwerbs übernommen hat, grundsätzlich nicht verpflichtet, den Wert der Immobilie offen zu legen oder irrige Vorstellungen seines Verhandlungspartners über
  195. die Angemessenheit des Kaufpreises zu korrigieren (Senat, Urt. v. 15. Oktober
  196. 2004, V ZR 223/03, WM 2005, 69, 71). Kernstück seiner Beratungsleistung ist
  197. vielmehr die Ermittlung des monatlichen Eigenaufwands des Käufers (sog. Liquiditätsbetrachtung; vgl. Czub, ZfIR 2007, 41, 47). Sie soll den Käufer von der
  198. Möglichkeit überzeugen, das Objekt mit seinen Mitteln erwerben und halten zu
  199. können (Senat, BGHZ 156, 371, 377). Diese Berechnung muss - auch unter
  200. Berücksichtigung der im Zeitpunkt der Beratung absehbaren Entwicklungen zutreffend sein. Dagegen besteht für den Verkäufer keine Verpflichtung, seine
  201. interne Kalkulation oder die der finanzierenden Bank offen zu legen. Demgemäß ist er nicht gehalten, den Käufer darauf hinzuweisen, dass er Teile des
  202. - dem Käufer der Höhe nach bekannten - Kaufpreises verwendet, um dessen
  203. monatlichen Eigenaufwand zu senken.
  204. 22
  205. b) Die Beklagte war hier aber deshalb verpflichtet, die Subventionierung
  206. der Zinsen für das Vorausdarlehen zu offenbaren, weil sich diese nach den
  207. Feststellungen des Berufungsgerichts nicht auf die gesamte Laufzeit des Darlehens erstreckte, sondern allenfalls für die ersten fünf Jahre erfolgte. Da die Kläger über einen sehr viel längeren Zeitraum mit den Zinsen des Vorausdarlehens
  208. belastet waren - der erste Bausparvertrag war erst nach etwa 12 Jahren zuteilungsreif und führte zudem nur zur Tilgung der ersten Hälfte des Vorausdarlehens -, durften sie schon nicht darüber im Unklaren gelassen werden, dass sich
  209. ihr monatlicher Aufwand nach Ablauf der für das Vorausdarlehen vereinbarten
  210. fünfjährigen Zinsbindungsfrist in Abhängigkeit von der allgemeinen Zinsentwicklung verändern konnte (vgl. OLG Celle, ZIP 2006, 32, 34).
  211. - 11 -
  212. Darüber hinaus musste die Beklagte offen legen, dass die während der
  213. 23
  214. fünfjährigen Zinsbindungsfrist zu zahlenden Zinsen nicht marktüblich, sondern
  215. subventioniert waren. Andernfalls durften die Kläger nämlich annehmen, das
  216. Vorausdarlehen zu marktüblichen Konditionen erhalten zu haben und deshalb
  217. damit rechnen, dass sich ihre Belastung entsprechend der Differenz zwischen
  218. dem bei Abschluss des Vorausdarlehens und dem nach Ablauf der Zinsbindungsfrist marktüblichen Zins veränderte. Lag der zunächst vereinbarte Zinssatz aber unter dem Marktniveau, mussten sie für den Zeitraum nach Ablauf der
  219. Zinsbindungsfrist, weil nunmehr auch die Subvention der Zinsen entfiel, einen
  220. zusätzlichen Anstieg ihrer Belastung oder - bei sinkendem Zinsniveau - eine
  221. geringere Entlastung bei den Zinszahlungen einkalkulieren. Hierüber musste die
  222. Beklagte aufklären.
  223. c) Ansprüche wegen dieses Beratungsfehlers sind nicht deshalb verjährt,
  224. 24
  225. weil die Kläger schon nicht darüber aufgeklärt worden sind, dass sich ihr monatlicher Eigenaufwand nach Ablauf der Zinsbindung für das Vorausdarlehen infolge der allgemeinen Entwicklung des Marktzinses deutlich erhöhen könnte, und
  226. hierauf gestützte Ansprüche nach Auffassung des Berufungsgerichts verjährt
  227. sind.
  228. 25
  229. aa) Zum einen kann nach den bisherigen tatrichterlichen Feststellungen
  230. nicht davon ausgegangen werden, dass Ansprüche wegen der unterbliebenen
  231. Aufklärung über das allgemeine Risiko, welches sich aus der nur fünfjährigen
  232. Zinsbindungsfrist für das Vorausdarlehen ergab, verjährt sind. Das Berufungsgericht stellt insoweit lediglich darauf ab, dass das Risiko erkennbar gewesen
  233. wäre, wenn die Kläger einen Fachmann befragt hätten. Die bloße Erkennbarkeit
  234. eines Beratungsfehlers führt jedoch nicht dazu, dass die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahre beginnt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Gläubiger
  235. die den Anspruch begründenden Umstände kennt oder infolge grober Fahrläs-
  236. - 12 -
  237. sigkeit nicht kennt (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Das hat das Berufungsgericht
  238. nicht festgestellt.
  239. 26
  240. bb) Zum anderen wären Ansprüche wegen des in dem Verschweigen der
  241. Zinssubvention liegenden Beratungsfehlers selbst dann nicht verjährt, wenn die
  242. Kläger das von der kurzen Zinsbindungsfrist ausgehende allgemeine Risiko einer höheren Belastung bereits vor dem Jahr 2002 erkannt oder nur infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt hätten. Die unterbliebene Aufklärung über das
  243. von der versteckten Zinssubvention ausgehende zusätzliche Risiko stellt nämlich einen eigenständigen Beratungsfehler dar. Zwar betreffen beide Beratungsfehler die nach Ablauf der Zinsbindungsfrist bestehende Gefahr einer zusätzlichen Belastung der Kläger infolge höherer Zinsen für das Vorauszahlungsdarlehen. Die jeweiligen Ursachen sind jedoch grundverschieden.
  244. 27
  245. Das allgemeine Risiko beruht auf der kurzen Zinsbindungsfrist sowie
  246. darauf, dass nicht vorhersehbar ist, wie sich der Marktzins in fünf Jahren entwickelt. Das sich aus der Zinssubvention ergebende Risiko geht hingegen auf die
  247. Entscheidung der Beklagten zurück, den Eigenaufwand der Kläger durch eine
  248. Art verstecktes Disagio zu senken, allerdings nicht für die gesamte Laufzeit des
  249. Darlehens, sondern für einen deutlich kürzeren Zeitraum. Es beruht damit nicht
  250. auf der Dauer der Zinsbindungsfrist, sondern wird lediglich - wenn auch nicht
  251. zufällig - zu demselben Zeitpunkt offenbar. Dass es sich um einen von der
  252. Dauer der Zinsbindungsfrist abgrenzbaren Beratungsmangel handelt, wird nicht
  253. zuletzt dadurch deutlich, dass auch dem Käufer, dem das sich aus der kurzen
  254. Zinsbindungsfrist ergebende allgemeine Risiko einer höheren Zinsbelastung
  255. bekannt ist, ohne gesonderte Aufklärung verborgen bleibt, dass der errechnete
  256. monatliche Eigenaufwand in den ersten Jahren "heruntersubventioniert" ist.
  257. - 13 -
  258. 28
  259. 2. Soweit die Beklagte den Klägern ferner verschwiegen haben soll, dass
  260. ein Teil des Kaufpreises verwendet werden würde, um den Mietpool zu subventionieren, begründet dies aus den zu III.1.a dargestellten Gründen - für sich genommen - ebenfalls keinen Beratungsfehler.
  261. 29
  262. Allerdings weisen solche Zuschüsse darauf hin, dass sich der Mietpool
  263. bereits bei Abschluss des Kaufvertrages in einer dem Verkäufer bekannten
  264. Schieflage befand, und der Verkäufer daher seine Pflicht verletzt hat, den Käufer über die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Mietpools und die damit verbundene Unsicherheit hinsichtlich der in die Berechnung des monatlichen Eigenaufwands eingestellten Mietpoolausschüttungen aufzuklären. Nach den
  265. Feststellungen des Berufungsgerichts sind Ansprüche wegen dieses Beratungsfehlers allerdings verjährt, weil den Klägern die "desaströse Einnahmesituation"
  266. des Mietpools schon bald nach dem Erwerb bekannt geworden ist und sie daher lange vor dem 1. Januar 2002 gewusst haben, dass die Angaben des Vermittlers zu den Mietpoolausschüttungen unrichtig waren.
  267. Krüger
  268. Klein
  269. Czub
  270. Stresemann
  271. Roth
  272. Vorinstanzen:
  273. LG Hannover, Entscheidung vom 09.06.2006 - 13 O 305/05 OLG Celle, Entscheidung vom 16.01.2007 - 16 U 160/06 -