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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. IX ZR 82/03
  5. Verkündet am:
  6. 4. November 2004
  7. Bürk
  8. Justizhauptsekretärin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  14. vom 4. November 2004 durch die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser, Cierniak
  15. und die Richterin Lohmann
  16. für Recht erkannt:
  17. Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden die Urteile des
  18. 30. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 8. Januar
  19. 2003 und der 11. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom
  20. 12. April 2002 aufgehoben.
  21. Die Klage wird abgewiesen.
  22. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  23. Von Rechts wegen
  24. Tatbestand:
  25. Die Klägerin vermietete und verkaufte Baugeräte und Baumaschinen an
  26. die B.
  27. GmbH & Co. KG (fortan: Schuldnerin) und zog die in Rechnung
  28. gestellten Beträge aufgrund einer ihr erteilten Einzugsermächtigung von einem
  29. Bankkonto der Schuldnerin ein. Am 2. März 2001 wurde der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt; zugleich ordnete das Insolvenzgericht
  30. nicht weiter aufgeklärte Sicherungsmaßnahmen an. Am 9. März 2001 "widerrief" der Beklagte sämtliche Abbuchungen, die vom Konto der Schuldnerin in
  31. -3-
  32. den letzten sechs Wochen vor dem 2. März 2001 erfolgt waren. Hiervon wurden Abbuchungen der Klägerin in Höhe von 128.055,38 DM erfaßt. Einwendungen gegen die zugrundeliegenden Rechnungen werden nicht erhoben. Infolge der versagten Genehmigung gab die Bank diese Lastschriften
  33. (65.473,68 €) zurück. Für die Rückbelastung stellte sie der Klägerin 202,50 DM
  34. (103,54 €) in Rechnung. Über das Vermögen der Schuldnerin ist das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
  35. Die Klägerin hat den Beklagten persönlich in Höhe der Rücklastschriften
  36. sowie der Rückbelastungskosten auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch
  37. genommen. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit seiner - vom
  38. Senat zugelassenen - Revision begehrt der Beklagte die Abweisung der Klage.
  39. Entscheidungsgründe:
  40. Die Revision des Beklagten hat Erfolg.
  41. I.
  42. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, durch den Widerruf der Lastschriften habe der Beklagte gegen die ihm gegenüber der Klägerin obliegenden
  43. Sorgfaltspflichten eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters
  44. verstoßen, weil ihm ein Recht zum Widerruf nicht zugestanden habe. Die
  45. Schuldnerin sei nicht berechtigt gewesen, die Lastschriften zu widerrufen, weil
  46. hierfür keine berechtigten Gründe vorgelegen hätten. Dem Beklagten als dem
  47. -4-
  48. vorläufigen Insolvenzverwalter hätten keine über die Rechtsposition der
  49. Schuldnerin hinausgehenden Befugnisse zugestanden. Er habe alle Lasten
  50. und Beschränkungen, die bereits bestanden hätten, zu beachten gehabt und
  51. sei an die vorgefundene Rechtslage gebunden gewesen. Dies gelte auch für
  52. die Möglichkeit des Widerspruchs gegen eine das Konto der Schuldnerin belastende Lastschrift. Anderes ergebe sich nicht aus § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
  53. InsO. Diese Vorschrift begründe für den Insolvenzverwalter gegenüber Dritten
  54. keine Rechte, die nicht bereits dem Schuldner zugestanden hätten.
  55. II.
  56. Diese Begründung hält einer rechtlichen Überprüfung in wesentlichen
  57. Punkten nicht stand.
  58. 1. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der vorläufige Insolvenzverwalter (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 und 2 InsO) die Genehmigung
  59. von Kontobelastungen im Einzugsermächtigungsverfahren verhindern darf, ist
  60. bislang ungeklärt. Unter der Geltung der Konkursordnung ist in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten worden, ein Konkursverwalter, der Kontobelastungen widerspreche, um den Debetsaldo des Gemeinschuldners zu verringern, sei dem Gläubiger zum Schadensersatz verpflichtet (OLG Hamm NJW
  61. 1985, 865, 866 f). Im Schrifttum war die Frage umstritten (zum Meinungsstand
  62. vgl. BGH, Urt. v. 4. November 2004 - IX ZR 22/03, zur Veröffentlichung in
  63. BGHZ vorgesehen). Nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung hat sich der Meinungsstreit fortgesetzt (für Schadensersatzpflicht OLG Hamm ZIP 2004, 814,
  64. 815; LG Erfurt WM 2003, 1857; Baumbach/Hopt, HGB 31. Aufl. Zweiter Teil (7)
  65. -5-
  66. Bankgeschäfte Rn. D/8; Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz 2002, Rn. 247,
  67. 250, 256 f; ders. EWiR 2004, 237; ders., Festschrift für Walter Gerhardt 2004
  68. S. 69 ff; Cartano WuB I D 2. Lastschriftverkehr 1.04; Fischer/Klanten, Bankrecht 3. Aufl. Rn. 6.101; van Gelder, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 59 Rn. 11; Hess, in: Hess/Weis/Wienberg, InsO
  69. 2. Aufl. § 82 Rn. 65 f; Kling DZWIR 2004, 54; Knees/Fischer ZInsO 2004, 5;
  70. Krepold, in: BuB Rn. 6/427; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis
  71. 6. Aufl. Rn. 3.452; ders. ZInsO 1998, 252, 258; ders. WuB VI B. § 30 Nr. 2 KO
  72. 2.90; Ott, in: MünchKomm-InsO, § 82 Rn. 25; wohl auch Uhlenbruck, InsO
  73. 12. Aufl. § 82 Rn. 24; a.A. LG Berlin DZWIR 2004, 255; Fehl DZWIR 2004,
  74. 257, 259; G. Fischer, Festschrift für Walter Gerhardt 2004 S. 223 ff; Rattunde/
  75. Berner DZWIR 2003, 185; Rendels INDat Report 2004, 18).
  76. 2. Der Senat ist der Auffassung, daß ein vorläufiger Insolvenzverwalter
  77. mit Zustimmungsvorbehalt grundsätzlich berechtigt ist, einer Belastung, die der
  78. Schuldner noch nicht genehmigt hat, zu widersprechen. Welche Rechte dem
  79. Beklagten bei seiner Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter verliehen
  80. worden sind, ist zwar im einzelnen nicht vorgetragen worden. Die Klägerin, die
  81. dem Beklagten vorwirft, er habe sein Widerspruchsrecht "mißbraucht", geht
  82. jedoch davon aus, daß er insoweit mindestens die Rechtsstellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt hatte.
  83. a) Allerdings hat ein Schuldner außerhalb der Insolvenz anerkennenswerte Gründe für einen Widerspruch gegen eine auf eine Einzugsermächtigung
  84. gestützte Belastungsbuchung grundsätzlich nur dann, wenn er keine Einzugsermächtigung erteilt hat oder der Anspruch des Gläubigers unbegründet oder
  85. zwar an sich begründet ist, der Schuldner aber in dem Zeitpunkt, in dem ihm
  86. -6-
  87. der Kontoauszug mit der Belastungsanzeige zugeht, zu Recht Leistungsverweigerungs-, Zurückbehaltungs- oder Aufrechnungsrechte geltend machen will.
  88. Ein Schuldner, welcher der Belastung seines Girokontos im Einzugsermächtigungsverfahren zu dem Zwecke widerspricht, Zahlungen auf begründete und
  89. von seiner Einziehungsermächtigung gedeckte Gläubigeransprüche rückgängig zu machen, die er, wenn er sie überwiesen hätte, durch einen Widerruf der
  90. Überweisung nicht mehr hätte rückgängig machen können, nutzt grundsätzlich
  91. die ihm seiner Bank gegenüber zustehende Widerspruchsmöglichkeit zweckfremd aus. Gegebenenfalls handelt er, wenn er damit vorsätzlich das Ausfallrisiko der ersten Inkassostelle zuschiebt, dieser gegenüber sittenwidrig (BGHZ
  92. 74, 300, 306 = WM 1985, 82; BGH, Urt. v. 28. Mai 1979 - II ZR 85/78, WM
  93. 1979, 689, 690). Desgleichen handelt er sittenwidrig, wenn er die Widerspruchsmöglichkeit zu dem Zweck einsetzt, einen einzelnen Gläubiger zu begünstigen, indem er dessen Insolvenzrisiko auf den Lastschriftgläubiger überträgt (BGHZ 101, 153, 156 f = NJW 1987, 2370; BGH, Urt. v. 29. Mai 2001
  94. - VI ZR 114/00, NJW 2001, 2632, 2633).
  95. Ob ein Schuldner gegenüber dem Lastschriftgläubiger auch dann sittenwidrig handelt, wenn der Widerspruch gegen die Belastung seines
  96. Girokontos nicht einen einzelnen Gläubiger begünstigen, sondern unmittelbar
  97. vor dem Insolvenzantrag die künftige Masse "zusammenhalten" soll, hat der
  98. Bundesgerichtshof noch nicht entschieden (vgl. hierzu OLG Schleswig NZI
  99. 2001, 428, 429). Auch im vorliegenden Fall bedarf es dazu keiner
  100. Stellungnahme.
  101. b) Denn ein Insolvenzverwalter, auch ein vorläufiger, hat weitergehende
  102. Rechte zum Widerspruch, als sie zuvor der Schuldner hatte. Die verbreitete
  103. Ansicht, daß jenem das Widerspruchsrecht nur in dem Umfang zustehe, in dem
  104. -7-
  105. es bei Stellung des Eröffnungsantrags der Schuldner gehabt habe, ist unzutreffend.
  106. aa) Zwar ist der Insolvenzverwalter grundsätzlich an die vom Schuldner
  107. getroffenen Abreden gebunden. Er tritt in die bei Verfahrenseröffnung bestehende Rechtslage ein (BGHZ 44, 1, 4; BGH, Urt. v. 4. November 2004 – IX ZR
  108. 22/03, aaO). Indem der Schuldner seinem Gläubiger eine Einziehungsermächtigung erteilt, verschafft er diesem jedoch nicht das Recht, über sein Konto zu
  109. verfügen. Daher bedarf die Belastungsbuchung, um rechtlich wirksam zu sein,
  110. der Genehmigung des Schuldners (BGHZ 69, 82, 85; 144, 349, 353; BGH, Urt.
  111. v. 14. Februar 1989 - XI ZR 141/88, WM 1989, 520, 521). Solange er die Belastungsbuchung nicht ausdrücklich oder konkludent genehmigt hat, kann der
  112. Schuldner die Lastschrift durch seinen Widerspruch rückgängig machen
  113. (BGHZ 144, 349, 354; BGH, Urt. v. 19. Dezember 2002 - IX ZR 377/99, WM
  114. 2003, 524, 526). Der Widerspruch besagt im Grunde nichts anderes, als daß
  115. die Genehmigung versagt wird. Grundsätzlich gilt das Schweigen auf etwa zugegangene Rechungsabschlüsse nicht als Genehmigung (vgl. BGHZ 144, 349,
  116. 356). Über den Einfluß der neuen Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken - wonach die Belastungsbuchungen sechs Wochen nach dem Zugang entsprechender Mitteilungen als genehmigt gelten - ist im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden.
  117. Diese Bestimmung wurde erst zum 1. April 2002 eingeführt. Auf den vorliegenden Fall ist sie nicht anwendbar.
  118. Deshalb hat der Gläubiger, wie der Senat in dem Parallelverfahren
  119. IX ZR 22/03 aaO im einzelnen dargelegt hat, auch nach der Gutschrift auf seinem Konto und der Belastungsbuchung auf dem Schuldnerkonto immer noch
  120. lediglich den schuldrechtlichen Anspruch auf Erfüllung seiner Forderung. Die-
  121. -8-
  122. ser Anspruch ist nunmehr darauf gerichtet, daß der Schuldner die Belastungsbuchung genehmigt. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht die dem
  123. Schuldner zustehende Möglichkeit des Widerspruchs gegen im Einzugsermächtigungsverfahren vorgenommene Belastungsbuchungen auf den Insolvenzverwalter über (BGHZ 144, 349, 351). Nach Insolvenzeröffnung kann eine
  124. Zahlung, die bis dahin noch nicht erfolgt ist, nicht mehr wirksam werden (§ 81
  125. Abs. 1
  126. Satz 1
  127. InsO). Demgemäß darf der Insolvenzverwalter nach Insolvenzeröffnung grundsätzlich keine Belastungsbuchung mehr genehmigen.
  128. Da weder die Abrede über die Einziehungsermächtigung noch die Ausübung der daraus folgenden Befugnisse die Rechtsstellung des Gläubigers
  129. gegenüber dem Schuldner verbessert, gibt es keinen Grund, ihn insolvenzrechtlich vor Erteilung der Genehmigung besser zu stellen als solche Gläubiger, deren Forderung auf herkömmlichem Wege erfüllt werden sollen und welche die geschuldete Zahlung noch nicht erhalten haben. In jedem Falle haben
  130. die Gläubiger lediglich nicht erfüllte schuldrechtliche Ansprüche, die mit Verfahrenseröffnung zu Insolvenzforderungen im Sinne von § 38 InsO werden.
  131. Ebensowenig wie der Gläubiger einer vom Schuldner nicht bezahlten Forderung Ansprüche gegen die Masse hat, weil das Unterbleiben der Zahlung als
  132. positive Forderungsverletzung oder als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung
  133. anzusehen sei, kann er vom Insolvenzverwalter die Genehmigung einer im
  134. Einziehungsermächtigungsverfahren erfolgten Belastungsbuchung mit der Begründung verlangen, das Unterlassen der Genehmigung sei rechtsmißbräuchlich. Vielmehr ist das Gegenteil richtig: Da dem Gläubiger nur eine ungesicherte Insolvenzforderung zusteht, darf der Insolvenzverwalter nicht durch Erteilung
  135. der Genehmigung deren Erfüllung bewirken. Dies wäre ebenso insolvenz-
  136. -9-
  137. zweckwidrig wie die Zahlung an einen einzelnen Insolvenzgläubiger außerhalb
  138. des gesetzlich vorgeschriebenen Verteilungsverfahrens.
  139. bb) Aufgrund der ihm gesetzlich obliegenden Aufgaben ist auch der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt zum Widerspruch berechtigt.
  140. (1) Zunächst gelten für ihn die Ausführungen unter aa) entsprechend.
  141. Der vorläufige Insolvenzverwalter hat, falls dem Schuldner ein allgemeines
  142. Verfügungsverbot auferlegt wurde, die künftige Masse zu sichern und zu erhalten (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO). Daraus folgt, daß er Forderungen einzelner
  143. Gläubiger nur erfüllen - und somit das Schuldnervermögen nur vermindern darf, wenn dies im Einzelfall zur Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben, etwa
  144. zur Fortführung des Schuldnerunternehmens, im Interesse der Gläubigergesamtheit erforderlich oder wenigstens zweckmäßig erscheint (vgl. BGHZ 118,
  145. 374, 379; 146, 165, 172 f). An diesem Ziel hat sich grundsätzlich auch der vorläufige Insolvenzverwalter zu orientieren, der lediglich mit einem Zustimmungsvorbehalt ausgestattet wurde (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2, § 22 Abs. 2 Satz 1 InsO;
  146. vgl. Uhlenbruck, aaO § 22 Rn. 13 a.E.; HK-InsO/Kirchhof, 3. Aufl. § 22 Rn. 31).
  147. Da der vorläufige Insolvenzverwalter in beiden Erscheinungsformen die künftige Masse zu sichern und zu erhalten hat, kann es nicht seine Sache sein, eine
  148. vor dem Eröffnungsantrag unvollständig erfüllte Verbindlichkeit des Schuldners
  149. vollständig zu erfüllen oder einer Erfüllungshandlung des Schuldners durch
  150. seine Zustimmung Wirksamkeit zu verleihen, falls dies nicht im Interesse aller
  151. Gläubiger liegt.
  152. - 10 -
  153. (2) Die Richtigkeit der vorstehenden Überlegungen erweist sich auch
  154. daran, daß die Lage für den Gläubiger dann, wenn der Widerspruch unterbliebe, nach Insolvenzeröffnung kaum günstiger wäre, weil die Erfüllung der Gläubigerforderung durch Genehmigung der Belastungsbuchung nach Insolvenzeröffnung anfechtbar sein kann. Zur näheren Begründung verweist der Senat
  155. auch insoweit auf das genannte Parallelverfahren.
  156. cc) Aus den dort dargestellten Gründen benachteiligt diese Rechtsfolge
  157. Gläubiger, die sich einer Einziehungsermächtigung bedienen, nicht unbillig und
  158. kann auch das Insolvenzrecht durch das "Abkommen über den Lastschriftverkehr" nicht außer Kraft gesetzt werden.
  159. b) Ob der Widerspruch sittenwidrig sein könnte, wenn der Insolvenzmasse dadurch keinerlei Vorteil erwachsen wäre, bedarf keiner abschließenden Entscheidung.
  160. Allerdings war der Widerspruch zunächst einmal ohne Einfluß auf die
  161. Passivmasse. Er bewirkte, daß es bei der Forderung der Klägerin verblieb.
  162. Wäre der Widerspruch unterlassen - und die Belastungsbuchung genehmigt worden, wäre die Forderung der Klägerin erloschen; dafür wäre eine Forderung
  163. der Schuldnerbank in gleicher Höhe aus § 670 BGB entstanden. Indes hat ein
  164. vorläufiger Insolvenzverwalter (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 und 2 InsO), der
  165. sein Amt antritt und sich erst einen Überblick über die erfahrungsgemäß oft
  166. ungeordneten rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners
  167. verschaffen muß, ein rechtlich geschütztes Interesse daran, zunächst einmal
  168. jede Veränderung dieser Verhältnisse zu unterbinden, also den "status quo" zu
  169. bewahren. Dazu gehört auch, daß er Zahlungen des Schuldners, die noch
  170. - 11 -
  171. nicht wirksam erfolgt sind, "einfriert". Denn er ist regelmäßig nicht in der Lage,
  172. etwa vorliegende unerledigte Rechnungen rasch und zuverlässig auf ihre Berechtigung zu überprüfen. Hinzu kommt, daß Abflüsse von dem Schuldnerkonto, um Forderungen von (Alt-) Gläubigern zu befriedigen, selbst dann, wenn sie
  173. (weil das Schuldnerkonto debitorisch ist) lediglich zu einer Umschuldung führen, in mehrfacher Hinsicht nachteilig sind. Zum einen wird dadurch die Liquidität des Schuldnerunternehmens geschmälert. Dies kann auch dann der Fall
  174. sein, wenn das Schuldnerkonto debitorisch ist, weil möglicherweise ein noch
  175. nicht ausgeschöpftes Kreditlimit eingeräumt ist. Die Liquidität kann für die Fortführung des Schuldnerunternehmens unerläßlich sein. Zum andern wird es für
  176. die Insolvenzmasse vielfach günstiger sein, wenn eine Schuld bei einem (Insolvenz-) Gläubiger nicht durch eine Schuld bei der Bank abgelöst worden ist.
  177. Denn regelmäßig hat sich die Bank für ihr Kreditengagement Sicherheiten
  178. bestellen lassen. Der erfolgreiche Widerspruch gegen eine Lastschrift kann
  179. deshalb dazu führen, daß Sicherheiten nicht in Anspruch genommen werden.
  180. Dies verbessert die Aussichten einer Sanierung des Schuldnerunternehmens.
  181. c) Da der vorläufige Insolvenzverwalter sonach berechtigt war, der im
  182. Einzugsermächtigungsverfahren erfolgten Kontobelastung zu widersprechen,
  183. liegt von seiner Seite weder eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach
  184. § 826 BGB noch eine schuldhafte Pflichtverletzung gemäß § 60 InsO vor.
  185. - 12 -
  186. III.
  187. Die Urteile der Vorinstanzen sind somit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
  188. Da die Sache spruchreif ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden
  189. (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Klage abweisen.
  190. Ganter
  191. Raebel
  192. Cierniak
  193. Kayser
  194. Lohmann