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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. IX ZR 273/02
  5. Verkündet am:
  6. 27. Januar 2005
  7. Preuß
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. ja
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BRAGO § 3 Abs. 3
  19. a) Vereinbart ein Rechtsanwalt bei Strafverteidigungen eine Vergütung, die
  20. mehr als das Fünffache über den gesetzlichen Höchstgebühren liegt, spricht
  21. eine tatsächliche Vermutung dafür, daß sie unangemessen hoch und das
  22. Mäßigungsgebot des § 3 Abs. 3 BRAGO verletzt ist.
  23. b) Die Vermutung einer unangemessen hohen Vergütung kann durch den
  24. Rechtsanwalt entkräftet werden, wenn er ganz ungewöhnliche, geradezu extreme einzelfallbezogene Umstände darlegt, die es möglich erscheinen las-
  25. -2sen, bei Abwägung aller für die Herabsetzungsentscheidung maßgeblichen
  26. Gesichtspunkte die Vergütung nicht als unangemessen hoch anzusehen.
  27. BGH, Urteil vom 27. Januar 2005 - IX ZR 273/02 - OLG Koblenz
  28. LG Koblenz
  29. -3-
  30. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  31. vom 27. Januar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter
  32. Dr. Ganter, Neškovi , Vill und die Richterin Lohmann
  33. für Recht erkannt:
  34. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats
  35. des Oberlandesgerichts Koblenz vom 29. November 2002 aufgehoben, soweit zu seinem Nachteil erkannt worden ist.
  36. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung
  37. und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  38. Von Rechts wegen
  39. Tatbestand:
  40. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten restliche Honorarzahlung. Der
  41. Beklagte ist u.a. wegen Kreditbetrugs in 61 Fällen angeklagt. In dem Strafverfahren war dem Beklagten ein Pflichtverteidiger beigeordnet, außerdem stand
  42. ihm ein Wahlverteidiger zur Seite. Als sich das Verfahren vor der Großen Strafkammer nach etwa 10 Verhandlungstagen seinem Ende näherte, nahm der
  43. Beklagte Kontakt zu Rechtsanwalt Dr. F.
  44. auf, um ihn als weiteren Verteidi-
  45. ger zu gewinnen. Dieser lehnte ab, verwies ihn jedoch an seinen Partner
  46. Dr. V.
  47. . Dieser erklärte sich zur Übernahme des Mandats bereit. Die Parteien
  48. -4-
  49. schlossen am 20. August 1998 schriftlich eine Honorarvereinbarung. Diese
  50. sieht vor, daß der Beklagte eine Honorarpauschale in Höhe von 60.000 DM
  51. zuzüglich Mehrwertsteuer sowie ein Stundenhonorar von 800 DM zuzüglich
  52. Mehrwertsteuer zu zahlen hat. Weiterhin sind nach dieser Gebührenvereinbarung die Kopierkosten und Spesen von dem Beklagten zu tragen. Der Pauschbetrag war nach der Honorarvereinbarung zur Hälfte sofort nach Erhalt einer
  53. entsprechenden Kostennote fällig und zur anderen Hälfte innerhalb einer Woche ab Unterzeichnung der Honorarvereinbarung. Das Stundenhonorar war
  54. fällig "gemäß Anforderung". Mit dem Pauschalhonorar sollte das besondere
  55. "Know how" des Rechtsanwalts abgegolten werden.
  56. Da sich der Beklagte in finanziellen Schwierigkeiten befand, bestand
  57. Rechtsanwalt Dr. V.
  58. darauf, daß die zweite Honorarhälfte durch die Bestel-
  59. lung einer Grundschuld abgesichert werde. Die erste Hälfte der Pauschale in
  60. Höhe von 34.800 DM zahlte der Beklagte sofort und wegen der weiteren Hälfte
  61. wurde eine Grundschuld an einem der Tochter des Beklagten gehörenden
  62. Grundstück abgetreten. Das Mandat dauerte vom 20. August 1998 bis
  63. 28. September 1998. In diesem Zeitraum haben zwei Verhandlungstermine am
  64. 4. September und 15. September stattgefunden. Die Parteien waren ursprünglich davon ausgegangen, daß Dr. V.
  65. den Beklagten an fünf Verhandlungsta-
  66. gen vertreten werde. Am 3. September erteilte Dr. V.
  67. wegen der zweiten
  68. Hälfte der Pauschale und wegen des Stundenhonorars für 29,42 Stunden eine
  69. Rechnung über insgesamt 62.138,88 DM. Wenige Tage vor dem nächsten
  70. Hauptverhandlungstermin am 28. September 1998 erklärte Dr. V.
  71. dem Be-
  72. klagten, er werde den Termin nicht wahrnehmen, wenn die Honorarrechnung
  73. vom 3. September 1998 nicht zuvor beglichen werde. Als der Beklagte nicht
  74. zahlte, legte Dr. V.
  75. das Mandat nieder.
  76. -5-
  77. Mit der Klage hat die Klägerin ursprünglich die zweite Hälfte des Pauschalhonorars sowie ein Zeithonorar für 44,25 angefallene Arbeitsstunden und
  78. Kosten für angefertigte Fotokopien geltend gemacht. Nach Einholung eines
  79. Gutachtens des Vorstandes der zuständigen Rechtsanwaltskammer hat das
  80. Landgericht das vereinbarte Honorar gemäß § 3 Abs. 3 BRAGO herabgesetzt
  81. und dem Beklagten unter Zurückweisung der Klage im übrigen zur Zahlung
  82. eines Betrages in Höhe von 6.357,96 DM verurteilt. In der Berufungsinstanz
  83. hat die Klägerin nunmehr als Resthonorar insgesamt 40.461,96 DM gefordert,
  84. das sind 2/5 der Pauschale von 60.000 DM sowie die Vergütung für
  85. 51 Stunden Arbeitsaufwand nebst Kopierkosten und Auslagenpauschale. Das
  86. Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zunächst zurückgewiesen und
  87. auf die Anschlußberufung des Beklagten die Klage insgesamt abgewiesen. Auf
  88. die Verfassungsbeschwerde der Klägerin hat das Bundesverfassungsgericht
  89. diese Entscheidung aufgehoben. Daraufhin hat das Berufungsgericht der Klage
  90. in ihrem nunmehrigen Umfang stattgegeben und die Revision zugelassen. Mit
  91. der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klagabweisungsantrag weiter.
  92. Entscheidungsgründe:
  93. Die Revision führt zur Aufhebung und zur Zurückverweisung, soweit zum
  94. Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.
  95. I.
  96. -6-
  97. Das Berufungsgericht hat die zwischen den Parteien getroffene Honorarvereinbarung als wirksam angesehen. Insbesondere hat es die Verbindung
  98. von Pauschal- und Zeithonorar nicht beanstandet. Das vereinbarte Honorar sei
  99. nicht gemäß § 3 Abs. 3 BRAGO herabzusetzen. Es sei angesichts der Gesamtumstände des zu beurteilenden Sachverhaltes nicht unangemessen hoch.
  100. So sei zu berücksichtigen, daß hinsichtlich der Pauschale gemäß § 628 BGB
  101. nur ein Teil anzusetzen sei, weil Rechtsanwalt Dr. V.
  102. den Beklagten nur an
  103. zwei Verhandlungstagen verteidigt habe. Außerdem habe er sogleich ein äußerst umfangreiches Wirtschaftsstrafverfahren übernehmen und innerhalb kurzer Zeit sechs bis acht Leitzordner durcharbeiten müssen. Es sei eindeutig,
  104. daß der mit der Übernahme des Mandats verbundene Arbeitsaufwand mit der
  105. Rahmengebühr des § 83 BRAGO und auch mit einem Mehrfachen derselben
  106. nicht angemessen abgegolten werde.
  107. II.
  108. Diese Erwägungen halten in wesentlichen Punkten einer rechtlichen
  109. Nachprüfung nicht stand.
  110. 1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die Wirksamkeit der
  111. Honorarvereinbarung vom 20. August 1998 bejaht. Sie ist weder gemäß § 138
  112. Abs. 1 BGB wegen Sittenwidrigkeit noch wegen mangelnder Bestimmtheit unwirksam.
  113. a) Aufgrund der getroffenen Feststellungen scheidet eine Nichtigkeit der
  114. Vergütungsvereinbarung vom 20. August 1998 gemäß § 138 Abs. 1 BGB aus.
  115. -7-
  116. Zwar ist bei Anwaltsdienstverträgen in der Regel davon auszugehen, daß ein
  117. auffälliges Mißverhältnis zwischen der Leistung des Anwalts und dem vereinbarten Honorar den Schluß auf eine verwerfliche Gesinnung desjenigen rechtfertigt, der sich die überhöhte Vergütung hat zusagen lassen (BGHZ 144, 343,
  118. 346). Falls hier ein derartiges Mißverhältnis bestehen sollte, wären jedoch Umstände gegeben, die eine andere Beurteilung rechtfertigen. Die Klägerin mußte
  119. ihre Leistung kurzfristig erbringen. Sie hat nicht eine Notlage oder eine Unterlegenheit des Beklagten bewußt zu ihrem Vorteil ausgenutzt (vgl. BGH, Urt. v.
  120. 23. Februar 1995 - IX ZR 29/94, NJW 1995, 1425, 1429 f). Eine Notlage bestand nicht, weil der Beklage im Strafverfahren durch einen Pflicht- und ein
  121. Wahlverteidiger vertreten war. Bei dem Beklagten handelt es sich um einen
  122. erfahrenen Kaufmann, der geschäftsführender Gesellschafter einer größeren
  123. Unternehmensgruppe war, deren drei größte Unternehmen ein Stammkapital
  124. von 25 Millionen DM aufwiesen. Die Revision macht denn auch keine Verletzung von § 138 Abs. 1 BGB geltend.
  125. b) Die Honorarvereinbarung ist außerdem ausreichend bestimmt.
  126. aa) Für die Wirksamkeit einer Honorarvereinbarung ist es erforderlich,
  127. daß sie genügend bestimmt ist (BGH, Urt. v. 25. Februar 1995 - VII ZR 112/63,
  128. NJW 1965, 1023; Urt. v. 12. Januar 1978 - III ZR 53/76, AnwBl. 1978, 227;
  129. OLG Hamm AnwBl. 1986, 452; Gebauer/Schneider, BRAGO 2002 § 3 Rn. 19;
  130. Riedel/Sußbauer/Fraunholz, BRAGO 8. Aufl. § 3 Rn. 26). Dabei muß ein Maßstab gewählt werden, der ohne Schwierigkeiten eine ziffernmäßige Bezeichnung der Vergütung zuläßt (BGH aaO S. 1023 und S. 227; OLG Hamm aaO
  131. S. 452).
  132. -8-
  133. Die Revision meint, im Streitfall fehle es an der hinreichenden Bestimmtheit, weil die hier gewählte Verbindung von Pauschal- und Zeithonorar
  134. dazu führe, daß die Vergütung des Anwalts (umgerechnet auf die einzelne
  135. Arbeitsstunde) nicht von vornherein feststehe, sondern je nach tatsächlich
  136. aufgewendeter Zeit variiere. Diese Auffassung verdient keine Zustimmung. Die
  137. Berechnung der Vergütung auf der Grundlage der im Streitfall getroffenen
  138. Honorarvereinbarung
  139. ist
  140. ohne
  141. Schwierigkeiten
  142. möglich.
  143. Für
  144. das
  145. Pauschalhonorar liegt das ohne weiteres auf der Hand. Das gleiche gilt für die
  146. Stundenlohnvereinbarung.
  147. Zwar
  148. war
  149. das
  150. Ausmaß
  151. der
  152. zeitlichen
  153. Beanspruchung bei Abschluß der Honorarvereinbarung noch offen. Dadurch
  154. wird die Leistung jedoch nicht unbestimmt. Vielmehr reicht es aus, wenn die
  155. Leistung bestimmbar ist (LG München I NJW 1975, 937). Das ist bei einem
  156. aufwandsbezogenen Stundenhonorar der Fall, da der Zeitaufwand für den
  157. Auftraggeber nachprüfbar darzulegen ist und demgemäß objektiv ermittelt
  158. werden kann (LG München I aaO S. 937).
  159. bb) Die Revision ist darüber hinaus der Auffassung, daß sich die Unwirksamkeit
  160. der
  161. streitgegenständlichen
  162. Honorarvereinbarung
  163. aus
  164. einer
  165. analogen Anwendung des § 3 Abs. 5 Satz 1 BRAGO herleiten lasse. Dabei
  166. versteht sie diese Bestimmung so, daß das vereinbarte Honorar in dem dort
  167. geregelten
  168. Anwendungsbereich
  169. (außergerichtliche
  170. Angelegenheiten;
  171. Vergütung, die niedriger als die gesetzlichen Gebühren ist) entweder pauschal
  172. pro Angelegenheit oder nach Zeitaufwand abgerechnet werden müsse.
  173. Diese Ansicht geht fehl. Ihr ist schon im Ausgangspunkt nicht zu folgen,
  174. wobei offenbleiben kann, ob die Voraussetzungen einer Analogie überhaupt
  175. vorliegen, insbesondere das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke (vgl. dazu BGHZ 149, 165, 174 m.w.N.) enthält. Die Revision mißversteht den Rege-
  176. -9-
  177. lungsgehalt des § 3 Abs. 5 Satz 1 BRAGO. Diese Vorschrift gebietet es in den
  178. dort geregelten Fällen nicht, das Honorar pro Angelegenheit entweder pauschal oder nach Zeitaufwand abzurechnen. Einer solchen Rechtsauffassung
  179. steht schon der Wortlaut dieser Bestimmung entgegen. Dort ist ausdrücklich
  180. von Pauschalvergütung und Zeitvergütung die Rede. Auch die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 12/4993, S. 44) liefert für die Rechtsauffassung der Revision keinen Anhaltspunkt. Im Hinblick auf das in § 49b Abs. 1 BRAO geregelte
  181. grundsätzliche Verbot, geringere als in der BRAGO vorgesehene Gebühren
  182. und Auslagen zu vereinbaren oder zu fordern, wollte der Gesetzgeber dieses
  183. standesrechtliche Verbot - in Anlehnung an eine schon bestehende Praxis - für
  184. Fälle der außergerichtlichen Beratung und in Beitreibungssachen lockern. Dieser Begründung läßt sich jedoch nicht der Wille des Gesetzgebers entnehmen,
  185. daß die von ihm - statt der gesetzlichen Gebührenberechnung - genannten Berechnungsmethoden (Pauschal- und Zeitvergütung) in einem Alternativverhältnis stehen sollen. Hierfür ist kein vernünftiger Grund erkennbar. Ein solcher
  186. wird von der Revision auch nicht angeführt. Die Literaturmeinung, auf die sie
  187. verweist (Gebauer/Schneider, aaO § 3 Rn. 131; Hansens, BRAGO 8. Aufl.
  188. 1995 § 3 Rn. 28), liefert ebenfalls keine nachvollziehbare Begründung für eine
  189. solche dem Wortlaut des § 3 Abs. 5 Satz 1 BRAGO widerstreitende Auslegung.
  190. 2. Rechtsfehlerhaft sind jedoch die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die Herabsetzung des Honorars gemäß § 3 Abs. 3 BRAGO abgelehnt hat.
  191. a) § 3 Abs. 3 Satz 1 BRAGO (so jetzt auch § 4 Abs. 4 RVG) räumt dem
  192. Richter das Recht und die Pflicht ein, eine vereinbarte Vergütung, die unter
  193. Berücksichtigung aller Umstände unangemessen hoch ist, herabzusetzen. Die
  194. - 10 -
  195. Herabsetzung ist ein gestaltender richterlicher Eingriff in den von dem Rechtsanwalt mit dem Auftraggeber geschlossenen Vertrag, der mit der besonderen
  196. Stellung des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege und dem Erfordernis
  197. des Mandantenschutzes gerechtfertigt wird (BGH, Urt. v. 15. Mai 1997, aaO
  198. S. 2389 m.w.N.; Riedel/Sußbauer/Fraunholz, aaO § 3 Rn. 31).
  199. Für die Beantwortung der Frage, ob die vereinbarte Vergütung unangemessen hoch ist, kommt es nicht darauf an, was bei Vertragsschluß vorauszusehen war und bei der Vereinbarung kalkuliert wurde, sondern es ist die spätere Entwicklung zu berücksichtigen (Riedel/Sußbauer/Fraunholz, aaO § 3
  200. Rn. 36 m.w.N.; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO 15. Aufl. § 3 Rn. 24;
  201. OLG Düsseldorf OLGR 1996, 211). Der Gesetzgeber hat den Begriff "unter
  202. Berücksichtigung aller Umstände" nicht näher erläutert. In Rechtsprechung und
  203. Literatur haben sich aber gewisse Faktoren herausgebildet, die hierbei zu beachten sind. Danach kommen namentlich in Betracht: die Schwierigkeit und der
  204. Umfang der Sache, ihre Bedeutung für den Auftraggeber, das Ziel, das der Auftraggeber mit dem Auftrag angestrebt hat. Weiter ist wesentlich, in welchem
  205. Umfang dieses Ziel durch die Tätigkeit des Rechtsanwalts erreicht worden ist,
  206. wie weit also das Ergebnis tatsächlich und rechtlich als Erfolg des Rechtsanwalts anzusehen ist. Die Stellung des Rechtsanwalts und die Vermögensverhältnisse des Auftraggebers sind ebenfalls zu berücksichtigen (vgl. grundlegend OLG München NJW 1967, 1571, 1572; Riedel/Sußbauer/Fraunholz, aaO
  207. § 3 Rn. 37; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, aaO § 3 Rn. 25).
  208. Nach § 3 Abs. 3 Satz 2 BRAGO hat das Gericht vor der Herabsetzung
  209. ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen. Diese
  210. Verpflichtung besteht allerdings nur dann, wenn eine Herabsetzung beabsich-
  211. - 11 -
  212. tigt ist (Gebauer/Schneider, aaO § 3 Rn. 113 m.w.N.). Das Gutachten ist (wie
  213. bei § 12 Abs. 2 BRAGO) ein Rechtsgutachten, welches die Kontrolle des anwaltlichen Billigkeitsermessens durch das Prozeßgericht unterstützen soll
  214. (BGH, Urt. v. 11. Dezember 2003 - IX ZR 109/00, NJW 2004, 1043, 1046). Das
  215. Gericht ist an das Gutachten, das der freien richterlichen Würdigung unterliegt,
  216. nicht gebunden (BGH aaO S. 1046; Gebauer/Schneider, aaO § 12 Rn. 102;
  217. Hansens, aaO § 3 Rn. 18).
  218. b) Gemessen an diesen Grundsätzen hält das Berufungsurteil den Angriffen der Revision nicht stand. Das Berufungsgericht hat den Rechtsbegriff
  219. "unangemessen hoch" verkannt.
  220. aa) Es hat die vereinbarte Pauschale gemäß § 628 BGB herabgesetzt,
  221. weil Rechtsanwalt Dr. V.
  222. nur an zwei von ursprünglich fünf geplanten Haupt-
  223. verhandlungsterminen teilgenommen habe. Dies ist rechtsfehlerhaft. Bei einer
  224. vorzeitigen Beendigung des Mandats ist zunächst zu prüfen, welcher Teil des
  225. vereinbarten Pauschalhonorars dem Verteidiger nach § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB
  226. zusteht. Erst dann, wenn der dem Rechtsanwalt zustehende Teil noch immer
  227. wesentlich höher als die gesetzliche Vergütung ist, kommt eine weitere Herabsetzung nach § 3 Abs. 3 BRAGO in Betracht. § 628 BGB ist gegenüber § 3
  228. Abs. 3 BRAGO vorrangig (BGH, Urt. v. 16. Oktober 1986 - III ZR 67/85, NJW
  229. 1987, 315; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, aaO § 3 Rn. 19 m.w.N.). Unter
  230. Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung ist die Rechtsanwaltskammer in ihrem Gutachten von einem Pauschalhonorar in Höhe von 24.000 DM ausgegangen. Die Revisionserwiderung nimmt dies im Anschluß an einen entsprechenden Vortrag der Klägerin in der Berufungsinstanz hin.
  231. - 12 -
  232. bb) Gegenstand der Prüfung gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 BRAGO ist demnach folgende Abrechnungssumme:
  233. Pauschale
  234. 24.000,00 DM
  235. Stundenaufwand
  236. 40.800,00 DM
  237. Kopien
  238. 43,00 DM
  239. Auslagenpauschale
  240. 30,00 DM
  241. Kosten BGH-Urteil
  242. 8,00 DM
  243. Summe:
  244. 64.881,00 DM
  245. 16 % Mehrwertsteuer
  246. 10.380,00 DM
  247. Summe:
  248. 75.261,96 DM
  249. abzüglich Vorschußzahlung
  250. 34.800,00 DM
  251. Restforderung:
  252. 40.461,96 DM
  253. Eine Gegenüberstellung mit den gesetzlichen Höchstgebühren, die im
  254. Streitfall entstanden wären, ergibt folgendes Bild:
  255. Erster Hauptverhandlungstag (§ 83 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO)
  256. 1.520,00 DM
  257. Zweiter Hauptverhandlungstag (§ 83 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO)
  258. 760,00 DM
  259. 16 % Mehrwertsteuer
  260. 364,80 DM
  261. Gesamtsumme:
  262. 2.644,80 DM
  263. cc) Hiernach übersteigt die vereinbarte Vergütung die gesetzlichen
  264. Höchstbeträge um mehr als das Achtundzwanzigfache (75.261,96 : 2.644,80
  265. = 28,46), so daß sich die Frage aufdrängt, ob sich eine vereinbarte Vergütung
  266. schon deshalb als unangemessen hoch erweist.
  267. - 13 -
  268. (1) Der Bundesgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung allein das
  269. mehrfache Überschreiten der gesetzlichen Gebühren ohne Berücksichtigung
  270. des tatsächlichen Aufwandes nicht für ein sittenwidriges Mißverhältnis von anwaltlicher Leistung und vereinbarter Gegenleistung ausreichen lassen (BGHZ
  271. 144, 343, 346; BGH, Urt. v. 4. Juli 2002 - IX ZR 153/01, NJW 2002, 2774,
  272. 2775; Urt. v. 15. Mai 1997 aaO S. 2389; vgl. ferner OLG Hamm, AGS 2002,
  273. 268 m.w.N.; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, aaO § 3 Rn. 20; Gebauer/Schneider, aaO § 3 Rn. 121). Dann kann für die Qualifizierung eines Honorars als "unangemessen hoch" nichts anderes gelten. Allerdings hat der Bundesgerichtshof (BGHZ 144, 343, 346) nach der Höhe des Streitwerts differenziert. Bei hohen Streitwerten hat er ein Honorar für unangemessen gehalten,
  274. das mehr als das Fünffache der gesetzlichen Gebühren betrug, weil nichts dafür spreche, daß die anwaltliche Tätigkeit durch die gesetzlichen Gebühren
  275. nicht angemessen abgegolten sei (BGHZ 144, 343, 346).
  276. Diese Rechtsprechung läßt sich - unabhängig davon, daß sie die Sittenwidrigkeit
  277. und
  278. nicht
  279. die
  280. Unangemessenheit
  281. betrifft -
  282. auf
  283. die
  284. streitgegenständliche Problematik nicht ohne weiteres übertragen, weil sich
  285. hier die gesetzlichen Gebühren (§§ 83 ff BRAGO) nicht nach dem Streitwert
  286. richten.
  287. (2) Das hindert den Senat jedoch nicht, auch für Strafverteidigungen eine Grenze festzulegen, bei deren Überschreitung regelmäßig davon auszugehen ist, das Honorar sei im Sinne des § 3 Abs. 3 BRAGO unangemessen hoch.
  288. Nach dem Sinn und Zweck dieser Gesetzesbestimmung soll ein Rechtsanwalt
  289. sich beim Abschluß einer Honorarvereinbarung Mäßigung auferlegen (BGH,
  290. Urt. v. 15. Mai 1997, aaO S. 2389). Zur Durchsetzung dieses Mäßigungsgebo-
  291. - 14 -
  292. tes ist die Festlegung einer allgemein verbindlichen Honorargrenze angezeigt.
  293. Hierbei müssen die gesetzlichen Gebühren Ausgangspunkt sein (vgl. BGHZ
  294. 144, 343, 346; OLG Düsseldorf aaO S. 211). Mit ihnen bemißt der Gesetzgeber
  295. den ökonomischen Wert der anwaltlichen Arbeit. Durch die Einführung von
  296. Rahmengebühren (§ 12 BRAGO) und die Angabe von konkreten Bestimmungsfaktoren hat er Raum für einzelfallbezogene Überlegungen gegeben, andererseits auch Grenzen gesetzt. An die diesen Grenzen zugrunde liegenden Wertvorstellungen haben die Erwägungen zur Unangemessenheit im Sinne des § 3
  297. Abs. 3 BRAGO anzuknüpfen. Vor diesem Hintergrund wäre es verfehlt, die
  298. Maßstäbe des Marktes als Bezugspunkt zu wählen, indem der Betrag zugrunde
  299. gelegt wird, der sich dort durchsetzen läßt. Mit einer solchen Sichtweise wäre
  300. der gewollten normativen Begrenzung von Honoraransprüchen, die auf Mäßigung abzielt, praktisch der Boden entzogen. Ein fester und einfach zu berechnender Maßstab kann nicht nur die Instanzgerichte bei der häufig sehr schwierigen und aufwendigen Einzelfallprüfung im Rahmen dieser Vorschrift entlasten, sondern gleichzeitig eine einheitliche Rechtsanwendung gewährleisten.
  301. Außerdem kann er eine vorbeugende Wirkung gegen unangemessen hohe
  302. Vergütungsvereinbarungen herbeiführen und den durch § 3 Abs. 3 BRAGO
  303. erstrebten Schutz des Mandanten, der ihn bei vertraglichen Vergütungsregelungen vor Auswüchsen bewahren soll, verstärken.
  304. (3) Vereinbart ein Rechtsanwalt bei Strafverteidigungen eine Vergütung,
  305. die mehr als das Fünffache über den gesetzlichen Höchstgebühren liegt,
  306. spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, daß sie unangemessen hoch ist und
  307. das Mäßigungsgebot des § 3 Abs. 3 BRAGO verletzt. Diese Vermutung kann
  308. jedoch durch den Rechtsanwalt entkräftet werden, wenn er ganz ungewöhnliche, geradezu extreme einzelfallbezogene Umstände darlegt, die es möglich
  309. - 15 -
  310. erscheinen lassen, die Vergütung bei Abwägung aller für § 3 Abs. 3 BRAGO
  311. maßgeblichen Gesichtspunkte nicht als unangemessen hoch anzusehen. Gerade bei Strafverteidigungen mag im Einzelfall unter ganz außergewöhnlichen
  312. Umständen auch das Fünffache der gesetzlichen Höchstgebühren nicht auskömmlich sein. Der Gesetzgeber hat dort die Hauptverhandlungstage als zentralen Bemessungsfaktor für die Vergütung gewählt und durch die Rahmengebühren einen ausreichenden Spielraum geschaffen, um einzelfallbezogenen
  313. Umständen Rechnung tragen zu können. Es kann davon ausgegangen werden,
  314. daß grundsätzlich innerhalb dieses Rahmens eine angemessene Vergütung
  315. erzielt werden kann, und die Anzahl der Verhandlungstage eine tendenziell
  316. taugliche Bemessungsgrundlage darstellt. Es gibt jedoch Fälle, in denen diese
  317. Vermutungswirkung ersichtlich entkräftet wird. Insbesondere bei aufwendigen
  318. Strafverfahren, die durch Absprachen zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft
  319. und Verteidigung wesentlich vereinfacht werden, findet die eigentliche Arbeit
  320. außerhalb der Hauptverhandlung statt. Diese dient später lediglich dazu, das
  321. außerhalb der Hauptverhandlung gewonnene und verabredete Prozeßergebnis
  322. zu bestätigen. Dafür reichen meist ein oder zwei Verhandlungstage aus, so
  323. daß der indizielle Zusammenhang zwischen Arbeitsaufwand und Hauptverhandlungstagen in solchen Fällen aufgelöst ist. Es liegt auf der Hand, daß ein
  324. Rechtsanwalt, der in die Vorbereitungen für den Abschluß einer solchen Absprache ungewöhnlich viele Stunden Arbeit investiert hat, bei lediglich einem
  325. Verhandlungstag auch mit dem Fünffachen der gesetzlichen Höchstgebühr
  326. gemäß § 3 BRAGO nicht angemessen vergütet wird. In solchen und anderen
  327. Extremfällen kann die Vermutungswirkung widerlegt werden.
  328. dd) Die danach gebotene umfassende Würdigung der gemäß § 3 Abs. 3
  329. BRAGO maßgeblichen Umstände hat das Berufungsgericht unterlassen. Bei
  330. - 16 -
  331. deren Nachholung wird es insbesondere die folgenden, von der Revision mit
  332. Recht genannten Gesichtspunkte berücksichtigen müssen:
  333. (1) Die Vermögensverhältnisse des Beklagten (vgl. dazu oben zu II 2 a)
  334. hat das Berufungsgericht nicht in seine Erwägungen einbezogen. Der Beklagte
  335. hat dazu unter Beweisantritt vorgetragen, er habe im Jahre 1993 die eidesstattliche Versicherung abgegeben und sich den ersten Teil der Pauschale von einem Bekannten leihen müssen. Beides habe er Dr. V.
  336. mitgeteilt. Dieser hat
  337. unstreitig darauf bestanden, daß die zweite Hälfte der Pauschalzahlung dinglich zu sichern sei über eine Grundschuld auf einem Grundstück, welches im
  338. Eigentum der Tochter des Beklagten stand, weil er offenbar fürchtete, er könne
  339. die Erfüllung des vereinbarten Honorars ansonsten möglicherweise nicht
  340. durchsetzen.
  341. (2) Auch zu der Schwierigkeit und dem Umfang des Mandats hat das
  342. Berufungsgericht keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Statt dessen
  343. hat es sich auf die floskelhafte Wendung beschränkt, daß Rechtsanwalt
  344. Dr. V.
  345. "in einem äußerst umfangreichen Wirtschaftsstrafverfahren" tätig ge-
  346. worden sei, und darauf verwiesen, er habe in kurzer Zeit sechs bis acht Leitzordner durchzuarbeiten gehabt. Damit hat das Berufungsgericht nicht einmal im
  347. Ansatz den Sachvortrag der Parteien ausgeschöpft. So hat es sich nicht mit
  348. den eingereichten Unterlagen (Anklageschrift; Strafanzeige; Schutzschrift;
  349. Factoringvertrag und Beweisanträge) auseinandergesetzt und den entsprechenden Sachvortrag hierzu nicht gewichtet und bewertet. Auf der Grundlage
  350. dieser Schriftstücke und des Sachvortrags des Beklagten ist die Wertung eines
  351. "äußerst umfangreichen Wirtschaftsstrafverfahrens" nicht gerechtfertigt. Auch
  352. trifft das Berufungsgericht keine Aussage über den Schwierigkeitsgrad des
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  354. Verfahrens. Weiter fehlen Feststellungen zu dem "Erfolg" der Tätigkeit von
  355. Rechtsanwalt Dr. V.
  356. . Der Beklagte hat vorgetragen, daß das Verfahren am
  357. 19. Oktober 1998 unterbrochen wurde, weil weitere Ermittlungen durch die
  358. Staatsanwaltschaft vorgenommen werden sollten. Die Klägerin hat dies mit
  359. Nichtwissen bestritten, gleichzeitig jedoch die Vermutung geäußert, daß dies
  360. ihrem Verteidigungsverhalten zuzuschreiben gewesen sei.
  361. Schließlich fehlen Feststellungen zu den Versprechungen der Klägerin
  362. über den Umfang und den Inhalt des von ihr beabsichtigten Verteidigungsverhaltens und der Einhaltung dieser Zusagen. So hat der Beklagte unter Beweisantritt vorgetragen, daß die Klägerin zugesagt habe, "buchartige Schriftstücke"
  363. zu fertigen, mit denen das Gericht "zugeschüttet" werden sollte. Die Verteidigung werde die Themen der Verhandlungstage letztlich bestimmen oder aber
  364. zumindest nachhaltig beeinflussen. Die Länge und die Fülle der Schriftsätze
  365. sollten das Gericht dazu bringen, allein wegen der Unüberschaubarkeit der
  366. maßgeblichen Sachverhalte "die Akte zu schließen". Diese Versprechen seien
  367. nicht eingehalten worden. Im Gegenteil: Rechtsanwalt Dr. V.
  368. sei unvorberei-
  369. tet in die Hauptverhandlung gegangen. So habe er andere Verteidiger gebeten,
  370. die Verhandlungsführung zu übernehmen, da er nach eigenen Angaben nicht
  371. genügend mit dem Stoff vertraut sei.
  372. In diesem Zusammenhang ist das Berufungsgericht auch nicht der Behauptung des Beklagten nachgegangen, Rechtsanwalt Dr. F.
  373. Rechtsanwalt Dr. V.
  374. habe
  375. als einen auf dem Gebiet des Strafrechts ausgewiese-
  376. nen Spezialisten bezeichnet, obwohl er zum damaligen Zeitpunkt nur als Fachanwalt für Steuerrecht im Briefkopf aufgeführt gewesen ist. Als ausgewiesenen
  377. Spezialisten im Strafrecht sieht selbst die Revisionserwiderung Rechtsanwalt
  378. - 18 -
  379. Dr. V.
  380. nicht an; denn sie verweist darauf, es habe für den Beklagten von An-
  381. fang an offensichtlich sein müssen, daß keiner der Rechtsanwälte der Klägerin
  382. Fachanwalt für Strafrecht war. Da nach der Anklageschrift nicht erkennbar ist,
  383. daß auch steuerrechtliche Fragen für die strafrechtliche Bewertung des Anklagevorwurfes bedeutsam sein konnten, konnten sich spezielle steuerstrafrechtlichen Erfahrungen des Rechtsanwalts Dr. V.
  384. nur insoweit zugunsten des Be-
  385. klagten auswirken, als dieser im Rahmen von Steuerstrafverfahren zwangsläufig auch allgemeine strafrechtliche Erfahrungen gesammelt hat. Auch hierzu
  386. hätte das Berufungsgericht Feststellungen treffen müssen, weil die Qualifikation/Reputation des Rechtsanwalts nach der Rechtsprechung (OLG Hamm AGS
  387. 2002, 268) gerade bei (Pauschal-)Honorarvereinbarungen in Strafsachen ein
  388. gewichtiges Abwägungsmerkmal darstellt.
  389. (3) Schließlich ist zwischen den Parteien streitig, ob der Beklagte von
  390. der Klägerin darauf hingewiesen wurde, daß das vereinbarte Honorar erheblich
  391. über den Rahmenbeträgen der §§ 83, 84 BRAGO liege. Auch hierzu hat das
  392. Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.
  393. Bei der Festlegung und Bewertung von Abwägungsfaktoren im Rahmen
  394. einer umfassenden Billigkeitsentscheidung gemäß § 3 Abs. 3 BRAGO stellt der
  395. Hinweis des Rechtsanwalts an den Mandanten auf die Höhe der Überschreitung der gesetzlichen Gebühren ein weiteres (wenn auch nicht besonders gewichtiges) Abwägungsmerkmal dar, weil es einen Wertungsunterschied macht,
  396. ob der Mandant die Honorarvereinbarung in dem Bewußtsein einer Überschreitung der gesetzlichen Gebühren unterzeichnet oder ihm das nicht bewußt ist.
  397. - 19 -
  398. III.
  399. Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da
  400. die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie an das Berufungsgericht
  401. zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird bei seiner Herabsetzungsentscheidung die unterlassenen Feststellungen nachzuholen und dabei auch zu berücksichtigen haben, daß der vereinbarte Stundensatz nicht den
  402. Aufwand für Fahrten zwischen Gericht und Kanzlei umfaßt. Die Honorarvereinbarung trifft hierzu keine eindeutige Aussage. Im Hinblick auf die ungewöhnlich
  403. hohe Vergütung konnte der Beklagte nicht ohne weiteres davon ausgehen, daß
  404. diese auch den zeitlichen Aufwand für die Fahrten zwischen der Kanzlei und
  405. - 20 -
  406. dem Gericht umfassen sollte, zumal es hier nur um Fahrten zum ortsansässigen Gericht ging. Jedenfalls wäre es Sache der Klägerin gewesen, die notwendige Klarstellung in der Honorarvereinbarung herbeizuführen. Als Rechtskundige hat sie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dafür Sorge zu
  407. tragen, daß jede Abweichung von gesetzlichen Gebühren eindeutig und unmißverständlich festgelegt wird, so daß der Mandant unschwer erkennen kann,
  408. was er zu bezahlen hat (BGH, Urt. v. 25. Februar 1965 - VII ZR 112/63, NJW
  409. 1965, 1023).
  410. Fischer
  411. Ganter
  412. Vill
  413. Neškovi
  414. Lohmann