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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. IX ZR 197/12
  5. Verkündet am:
  6. 10. Juli 2014
  7. Kluckow
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. Berichtigt durch Beschluss
  12. vom 1.9.2014
  13. Karlsruhe, den 15.9.14
  14. Geschäftsstelle des
  15. IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs
  16. Preuß
  17. Justizangestellte
  18. in dem Rechtsstreit
  19. Nachschlagewerk:
  20. ja
  21. BGHZ:
  22. nein
  23. BGHR:
  24. ja
  25. BGB § 280 Abs. 1, § 675 Abs. 1; ZPO § 256
  26. Einer gegen einen Steuerberater gerichteten Feststellungsklage auf Ersatz künftiger
  27. Vermögensschaden darf das Feststellungsinteresse nicht allein deshalb abgesprochen werden, weil noch keine Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen
  28. Berater droht; ein Feststellungsinteresse kann sich auch daraus ergeben, dass der
  29. Eintritt eines Schadens wahrscheinlich ist.
  30. BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - IX ZR 197/12 - OLG Köln
  31. LG Köln
  32. - 2 -
  33. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  34. vom 10. Juli 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den Richter
  35. Prof. Dr. Gehrlein, die Richterin Lohmann, die Richter Dr. Fischer und Dr. Pape
  36. für Recht erkannt:
  37. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des
  38. Oberlandesgerichts Köln vom 21. Juni 2012 aufgehoben.
  39. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  40. über die Kosten des Beschwerde- und des Revisionsverfahrens, an
  41. das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  42. Von Rechts wegen
  43. Tatbestand:
  44. 1
  45. Die Klägerin betrieb in der Vergangenheit gemeinsam mit ihrem früheren
  46. Ehemann mehrere Hotels. Nach einer im Jahre 1994 angeordneten Betriebsprüfung erhielt sie im Jahr 2004 Berichte des Finanzamts für die Jahre 1989 bis
  47. 1996, aufgrund derer sie Steuernachzahlungen in sechsstelliger Höhe befürchtete. Diese führte sie auf Versäumnisse ihres damaligen Steuerberaters (fortan:
  48. früherer Berater) zurück. Sie beauftragte den Beklagten mit einer Klage gegen
  49. ihren früheren Berater, dessen Verpflichtung festgestellt werden sollte, ihr jegliche Schäden zu ersetzen, die ihr dadurch bereits entstanden waren und noch
  50. - 3 -
  51. entstehen würden, dass sie als Ergebnis der Betriebsprüfung für die Jahre 1988
  52. bis 1996 mit Steuernachforderungen belastet werden würde, die auf vom früheren Berater zu vertretende Fehler bei der Bearbeitung ihrer Steuerangelegenheiten zurückzuführen waren. Diese Klage wurde vom Landgericht mit Urteil
  53. vom 13. Juni 2006 als unbegründet abgewiesen, weil ein Schadensersatzanspruch gegen den früheren Berater nicht schlüssig dargelegt sei. Die Berufung
  54. der Klägerin wies das Oberlandesgericht durch Beschluss vom 8. Dezember
  55. 2006 mit der Begründung zurück, die Klage sei bereits unzulässig, weil noch
  56. nicht feststellbar sei, dass der Klägerin ein Schaden entstanden sei. Die Frist
  57. zur Verjährung der Ansprüche gegen den früheren Steuerberater habe mangels
  58. Erlasses eines die Klägerin belastenden Steuerbescheides noch nicht zu laufen
  59. begonnen.
  60. 2
  61. Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen fehlerhafter Beratung auf Ersatz des ihr entstandenen Schadens in Anspruch. Sie macht geltend, die von
  62. ihr zu tragenden Kosten des Vorprozesses in Höhe von insgesamt 23.689,72 €
  63. wären nicht angefallen, wenn der Beklagte sie pflichtgemäß über die Unzulässigkeit der Feststellungsklage aufgeklärt hätte, weil sie die Klage dann nicht
  64. erhoben hätte. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die
  65. Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
  66. Entscheidungsgründe:
  67. 3
  68. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen
  69. Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
  70. - 4 -
  71. I.
  72. 4
  73. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Verpflichtung des Beklagten
  74. zur Erstattung der Kosten des Vorprozesses folge aus § 280 Abs. 1 BGB. Der
  75. Beklagte habe die Klägerin pflichtwidrig nicht auf die Unzulässigkeit der beabsichtigten Feststellungsklage hingewiesen. Für die Klage habe das Feststellungsinteresse gefehlt, weil nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Verjährung etwaiger Ersatzansprüche des Mandanten gegen seinen Steuerberater erst mit der Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheides
  76. beginne. An der daraus folgenden eindeutigen Unzulässigkeit der Feststellungsklage ändere es nichts, dass nach den Bekundungen der Klägerin bei ihrer Parteianhörung der Erlass belastender Steuerbescheide unmittelbar bevor
  77. gestanden habe. Soweit der Beklagte in der Berufungsinstanz vorgetragen habe, sich subjektiv sicher zu sein, die Erfolgsaussichten der Klage angesprochen
  78. und der Klägerin Hinweise zur Zulässigkeit erteilt zu haben, reiche dies für eine
  79. hinreichende Belehrung nicht aus. Eine schuldhafte Verletzung der Belehrungspflichten des Beklagten werde zu seinen Lasten vermutet. Zwar habe das
  80. Landgericht die Klage im Vorprozess zunächst als zulässig angesehen, dies
  81. entlaste ihn aber nicht.
  82. 5
  83. Es stehe fest, dass die Klägerin die Feststellungsklage nicht erhoben
  84. hätte, wenn der Beklagte auf deren eindeutige Unzulässigkeit hingewiesen hätte. Es greife die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens ein, welche der Beklagte nicht erschüttert habe. Soweit die Klägerin bestätigt habe, dass im Einvernehmen mit dem Finanzamt geplant gewesen sei, durch die Klage den Erlass belastender Steuerbescheide herauszuzögern, hätten alle Beteiligten hinreichende Erfolgsaussicht vorausgesetzt. Dieser Plan sei von vornherein zum
  85. Scheitern verurteilt gewesen, weil festgestanden habe, dass die Klage unzuläs-
  86. - 5 -
  87. sig gewesen sei. Der gesamte Schaden sei entstanden, weil es der Beklagte
  88. unterlassen habe, auf die Unzulässigkeit der Klage mangels Feststellungsinteresses hinzuweisen. Verjährung des Anspruchs sei nicht eingetreten.
  89. II.
  90. 6
  91. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
  92. 7
  93. 1. Noch zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass
  94. der Anspruch des Auftraggebers auf Schadensersatz aus dem zwischen ihm
  95. und dem Steuerberater bestehenden Vertragsverhältnis in drei Jahren von dem
  96. Zeitpunkt an verjährt, in dem der Anspruch entstanden ist, und diese Frist im
  97. Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht zu laufen begonnen hatte.
  98. 8
  99. a) Entstanden ist der Schaden nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann, wenn sich die Vermögenslage des Betroffenen durch die
  100. Pflichtverletzung des Beraters im Vergleich zu seinem früheren Vermögensstand objektiv verschlechtert hat. Dafür genügt es, dass der Schaden wenigstens dem Grunde nach erwachsen ist, mag auch seine Höhe noch nicht beziffert werden können. Es muss nicht feststehen, dass die Vermögenseinbuße
  101. bestehen bleibt und damit endgültig wird; ausreichend ist auch, dass ein endgültiger Teilschaden entstanden ist und mit weiteren adäquat verursachten
  102. Nachteilen gerechnet werden muss. Unkenntnis des Schadens und damit des
  103. Ersatzanspruchs hindert den Beginn der Verjährung nicht. Eine bloße Vermögensgefährdung reicht für die Annahme eines Schadens dagegen nicht aus.
  104. Solange nur das Risiko eines Vermögensnachteils besteht, ist ein Schaden
  105. noch nicht eingetreten, weil bei der gebotenen wertenden Betrachtung allenfalls
  106. - 6 -
  107. eine Vermögensgefährdung vorliegt, so dass noch unklar ist, ob es wirklich zu
  108. einem Schaden kommt (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 135/07, WM
  109. 2008, 2307 Rn. 12; vom 10. Mai 2012 - IX ZR 143/11, WM 2012, 1451 Rn. 9;
  110. vom 24. Januar 2013 - IX ZR 108/12, WM 2013, 940 Rn. 9, jeweils mwN). Geht
  111. es um die Verjährung des Ersatzanspruchs gegen einen Berater, der steuerliche Nachteile seines Mandanten verschuldet hat, beginnt die Verjährung regelmäßig frühestens mit dem Zugang eines Bescheides des Finanzamts (BGH,
  112. Urteil vom 16. Oktober 2008, aaO Rn. 13; vom 15. Juli 2010 - IX ZR 180/09,
  113. WM 2010, 1620 Rn. 9; vom 3. Februar 2011 - IX ZR 183/08, WM 2011, 795
  114. Rn. 8; vom 24. Januar 2013, aaO Rn. 13).
  115. 9
  116. b) Das Finanzamt hatte bei Erhebung der Feststellungsklage im September 2004 noch keine auf den Betriebsprüfungsbericht gestützten Steuerbescheide gegen die Klägerin erlassen. Die Voraussetzungen für den Beginn des
  117. Laufs der Verjährung waren demgemäß noch nicht eingetreten. Das erforderliche Feststellungsinteresse für die vom Beklagten namens der Klägerin im September 2004 erhobene Klage konnte deshalb aus der drohenden Verjährung
  118. möglicher gegen den früheren Berater gerichteten Schadensersatzansprüche
  119. nicht hergeleitet werden.
  120. 10
  121. 2. Allein der fehlende Lauf der Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen den früheren Berater der Klägerin genügt jedoch nicht, um einer
  122. gegen diesen gerichteten Feststellungsklage das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse abzusprechen.
  123. 11
  124. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hängt die Zulässigkeit einer Feststellungsklage bei reinen Vermögensschäden von der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Scha-
  125. - 7 -
  126. denseintritts ab (BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, WM 1993,
  127. 251, 259 f; vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 27 mwN;
  128. vom 20. März 2008 - IX ZR 104/05, WM 2008, 1042 Rn. 8). Ausreichend ist,
  129. dass nach der Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge mit
  130. hinreichender Wahrscheinlichkeit ein erst künftig aus dem Rechtsverhältnis erwachsender Schaden angenommen werden kann. Dagegen besteht ein Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) für einen künftigen Anspruch auf Ersatz
  131. eines allgemeinen Vermögensschadens regelmäßig dann nicht, wenn der Eintritt irgendeines Schadens noch ungewiss ist (BGH, Urteile vom 15. Oktober
  132. 1992, aaO; vom 21. Juli 2005 - IX ZR 49/02, WM 2005, 2110). Hat die Verjährung etwaiger Ansprüche des Mandanten wegen fehlerhafter Beratung mit der
  133. Beendigung des Auftrags begonnen, folgt daraus ohne weiteres ein rechtliches
  134. Interesse des Mandanten an der alsbaldigen Klärung der Haftungsfrage (BGH,
  135. Urteil vom 29. April 1993 - IX ZR 109/92, WM 1993, 1511, 1512; vom 21. Juli
  136. 2005, aaO; vom 7. Februar 2008 - IX ZR 149/04, WM 2008, 946 Rn. 9; vom
  137. 20. März 2008 - IX ZR 104/05, aaO).
  138. 12
  139. b) Daraus, dass eine Feststellungsklage gegen den anwaltlichen oder
  140. steuerlichen Berater regelmäßig zulässig ist, wenn der Anspruch des Mandanten entstanden ist und die Verjährung zu laufen begonnen hat, folgt aber nicht,
  141. dass die Zulässigkeit einer Klage gegen den Berater, mit der dessen Haftung
  142. für einen dem Mandanten entstandenen Schaden festgestellt werden soll, stets
  143. den Beginn der Verjährung der Ansprüche gegen diesen voraussetzt. Maßgeblich ist vielmehr auch in diesen Fällen, dass nach allgemeinen Grundsätzen eine Vermögensgefährdung, das heißt, die Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadens, substantiiert dargetan ist (vgl.
  144. BGH, Urteil vom 24. Januar 2006, aaO; Hk-ZPO/Saenger, 5. Aufl., § 256
  145. - 8 -
  146. Rn. 13; MünchKomm-ZPO/Becker-Eberhard, 4. Aufl., § 256 Rn. 30; Zöller/
  147. Greger, ZPO, 30. Aufl., § 256 Rn. 9).
  148. 13
  149. Bei einer anderen Sichtweise könnten Feststellungsklagen gegen
  150. Rechts- und Steuerberater auf Feststellung von Schadensersatzforderungen
  151. ausschließlich erhoben werden, um einem eventuellen Verjährungseintritt vorzubeugen. Steuerberatermandanten hätten vor dem Erlass sie belastender
  152. Steuerbescheide keine Möglichkeit, Feststellungsklage wegen zukünftig zu erwartender Schäden aufgrund pflichtwidrigen Handelns ihres Beraters zu erheben. Für eine derartige Beschränkung der Zulässigkeit von Feststellungsklagen
  153. gegen Berater spricht nichts. Das erforderliche Feststellungsinteresse kann sich
  154. auch aus anderen Gründen als dem drohenden Ablauf der Verjährungsfrist ergeben. Insoweit ist es im Rahmen der Feststellungsklage auch nicht geboten,
  155. Art, Umfang und Ausmaß des Schadens einzeln zu belegen, erforderlich und
  156. genügend ist vielmehr ein Vortrag, aus dem sich die Kenntnis von der Vermögensbeeinträchtigung und der Verursachung in ihrer wesentlichen Gestaltung
  157. ergibt (BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, WM 1993, 251, 260;
  158. vom 25. Oktober 2001, aaO; vom 18. Dezember 2008 - IX ZR 12/05, WM 2009,
  159. 369 Rn. 20).
  160. 14
  161. c) Im Streitfall hätten danach das Berufungsgericht des Vorprozesses
  162. und die Regressgerichte im ersten und zweiten Rechtszug das Bestehen eines
  163. Feststellungsinteresses nicht allein deshalb verneinen dürfen, weil die Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen den früheren Berater der Klägerin
  164. noch nicht begonnen hatte. Vielmehr wäre zu prüfen gewesen, ob aufgrund der
  165. Darlegungen der Klägerin zu möglichen Pflichtverletzungen ihres früheren Beraters ein auf die Verletzungshandlung zurückzuführender Schaden wahrscheinlich war oder ob auf der Grundlage der Darlegungen der Klägerin der
  166. - 9 -
  167. Eintritt irgendeines Schadens noch als ungewiss angesehen werden musste.
  168. Entsprechend dem Ergebnis dieser Prüfung, die weder in der Entscheidung des
  169. Berufungsgerichts noch in dem dort in Bezug genommenen Hinweisbeschluss
  170. des Oberlandesgerichts vom 10. November 2006 im Ausgangsverfahren zu
  171. finden ist, weil beide Gerichte sich ausschließlich auf den noch nicht begonnen
  172. Lauf der Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen den früheren Berater gestützt haben, wäre das Feststellungsinteresse zu beurteilen gewesen.
  173. Das erforderliche Feststellungsinteresse kann sich etwa aus der aufgrund der
  174. Betriebsprüfungsberichte unmittelbar bevorstehenden nachteiligen Steuerfestsetzung ergeben haben.
  175. III.
  176. 15
  177. Das Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561
  178. ZPO). Anders als die Revisionserwiderung meint, hat das Berufungsgericht die
  179. Begründetheit der Feststellungsklage nicht abschließend geprüft und verneint.
  180. 16
  181. Zwar wird in dem Urteil des Berufungsgerichts ausgeführt, es teile die im
  182. Vorprozess in dem Hinweisbeschluss vom 10. November 2006 näher dargelegten Ausführungen. In dem Hinweisbeschluss wird aber nur ausgeführt, dass die
  183. Feststellungsklage über die Unzulässigkeit hinaus "weitgehend nicht schlüssig
  184. begründet" sei. Eine Prüfung der Begründetheit der Feststellungsklage hat damit nicht stattgefunden. Das Berufungsgericht, das nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verpflichtet gewesen wäre, selbst zu prüfen, wie
  185. der Vorprozess richtigerweise zu entscheiden gewesen wäre (BGH, Urteil vom
  186. 15. November 2007 - IX ZR 44/04, BGHZ 174, 205 Rn. 9 mwN), hat eine eigenständige Prüfung der Begründetheit der Feststellungsklage, die es im Blick auf
  187. - 10 -
  188. die von ihm angenommene Unzulässigkeit ohnehin nicht für erforderlich hielt,
  189. nicht vorgenommen. Es hat sich damit auch nicht mit der Frage befasst, ob dem
  190. Beklagten möglicherweise angelastet werden kann, die Klägerin nicht ausreichend darauf hingewiesen zu haben, dass Schadensersatzansprüche gegen
  191. den früheren Berater nicht schlüssig dargelegt werden konnten. Festgestellt hat
  192. es eine derartige Pflichtverletzung erst recht nicht.
  193. IV.
  194. 17
  195. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht hat
  196. bislang nicht entschieden, ob für die vom Beklagten namens der Klägerin gegen
  197. deren früheren Berater erhobene Feststellungsklage ein Feststellungsinteresse
  198. bestand, was angesichts des von der Klägerin geschilderten Plans, durch die
  199. Erhebung der Klage den andernfalls drohenden Erlass belastender Steuerbescheide zu verhindern, allerdings naheliegen dürfte. Das Berufungsurteil ist
  200. deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
  201. 18
  202. Sollte das Berufungsgericht zur Zulässigkeit der Feststellungsklage im
  203. Vorprozess gelangen, wird es sich mit den Erfolgsaussichten einer solchen
  204. Klage und der Frage, ob dem Beklagten insoweit eine Verletzung seiner Belehrungspflichten oder sonstiger anwaltlicher Pflichten bei der Prozessführung anzulasten ist, zu befassen haben. Ferner wird es im Fall fehlender Erfolgsaussichten und eines daraus möglicherweise abzuleitenden pflichtwidrigen Verhaltens des Beklagten erneut zu prüfen haben, ob die Klägerin nicht ohnehin entschlossen war, die Klage zu erheben, so dass die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens vom Beklagten entkräftet ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2008
  205. - 11 -
  206. - IX ZR 136/07, WM 2008, 1560 Rn. 19 mwN; G. Fischer in Zugehör/G. Fischer/
  207. Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 3. Aufl., Rn. 1116).
  208. Dies könnte etwa im Hinblick auf die Vereinbarung mit dem Finanzamt, den Erlass belastender Steuerbescheide durch Feststellungsklage gegen ihren früheren Berater zunächst zu verzögern oder wegen der vom Beklagten behaupteten
  209. Absicht der Klägerin, Schadensersatzansprüche gegen den früheren Berater in
  210. deren Bilanz einzustellen, der Fall gewesen sein.
  211. Kayser
  212. Gehrlein
  213. Fischer
  214. Lohmann
  215. Pape
  216. Vorinstanzen:
  217. LG Köln, Entscheidung vom 28.04.2011 - 2 O 312/10 OLG Köln, Entscheidung vom 21.06.2012 - 8 U 24/11 -