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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IX ZR 139/10
  4. vom
  5. 30. Juni 2011
  6. in dem Rechtsstreit
  7. - 2 -
  8. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
  9. Prof. Dr. Kayser, den Richter Vill, die Richter Dr. Fischer und Dr. Pape
  10. am 30. Juni 2011
  11. beschlossen:
  12. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem
  13. Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom
  14. 14. Juli 2010 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
  15. Der Wert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird
  16. auf 107.290,11 Euro festgesetzt.
  17. Gründe:
  18. 1
  19. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die
  20. Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
  21. erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).
  22. 2
  23. 1. Das Urteil des Berufungsgerichts weicht nicht in zulassungsrelevanter
  24. Weise von dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. September 2005 (IX ZR
  25. 23/04, WM 2005, 2197 ff) ab. Nach dieser Entscheidung darf sich ein Anwalt
  26. grundsätzlich auf die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben des Mandanten verlassen; zu einer weiteren Erforschung des Sachverhalts ohne entsprechende Anhaltspunkte ist er grundsätzlich nicht verpflichtet (aaO S. 2199). Im
  27. vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht Anhaltspunkte gesehen, die Anlass
  28. - 3 -
  29. zu weiteren Nachforschungen gegeben hätten (die bisherige Nutzung des Gebäudes, der Vertrag vom 21. Februar 1927, in welchem das Wohnhaus "mit
  30. Synagoge und Schule" verkauft worden war; das Vermessungsgutachten vom
  31. 1. Dezember 2004 nebst Anlagen). Einen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts,
  32. dass sich ein Anwalt immer und unter allen Umständen auf die Vollständigkeit
  33. und Richtigkeit einer ihm vom Mandanten vorgelegten Urkunde verlassen darf,
  34. gibt es nicht.
  35. 3
  36. 2. Verfahrensgrundrechte der Beklagten wurden nicht verletzt. Insbesondere wurde deren Anspruch auf rechtliches Gehör gewahrt (Art. 103 Abs. 1
  37. GG). Das Berufungsgericht hat vielfach andere Schlüsse aus dem ihm unterbreiteten Sachverhalt - etwa den vom Historienforscher H.
  38. aufgefundenen
  39. und vom Kläger eingereichten Unterlagen - gezogen, als die Beklagten für richtig halten. Das verstößt jedoch nicht gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Die Anknüpfungstatsachen, auf denen das Rechtsgutachten des Sachverständigen Prof.
  40. Dr. W.
  41. beruht, hat das Berufungsgericht nach Auswertung der vom Klä-
  42. ger vorgelegten Urkunden für bewiesen angesehen; es hat das Bestreiten der
  43. Beklagten nicht, wie diese rügen, übergangen.
  44. 4
  45. Das Berufungsgericht war nicht verpflichtet, entsprechend dem in erster
  46. Instanz ausdrücklich gestellten und in zweiter Instanz in Bezug genommenen
  47. Antrag der Beklagten ein weiteres Gutachten einzuholen. Die Einholung eines
  48. weiteren Gutachtens steht, wie sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift des
  49. § 412 Abs. 1 ZPO ergibt, im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (BGH, Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 258 f; vom
  50. 4. November 2010 - III ZR 45/10, NJW 2011, 852 Rn. 29). Ein Beweisantrag ist
  51. nicht erforderlich; wird ein entsprechender Antrag gestellt, bindet er das Gericht
  52. aber auch dann nicht, wenn das erste Gutachten das Gegenteil der behaupte-
  53. - 4 -
  54. ten Tatsache bewiesen hat (BGH, Urteil vom 17. Februar 1970, aaO S. 258 f).
  55. Das Berufungsgericht hat ausführlich begründet, von welchen tatsächlichen
  56. Grundlagen es ausgegangen ist und warum es auf dieser Grundlage den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. W.
  57. folgt. Anlass, ein weiteres
  58. Gutachten einzuholen, bestand danach nicht. Auf die von der Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob ein Beweisantrag in der Berufungsbegründung ausdrücklich wiederholt werden muss oder ob eine Bezugnahme auf
  59. einen in erster Instanz gestellten Antrag ausreicht, kommt es folglich nicht an.
  60. 5
  61. 3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2
  62. Fall 2 ZPO abgesehen.
  63. Kayser
  64. Vill
  65. Fischer
  66. Lohmann
  67. Pape
  68. Vorinstanzen:
  69. LG
  70. Bamberg, Entscheidung vom 30.10.2009 - 1 O 529/07 -
  71. OLG Bamberg, Entscheidung vom 14.07.2010 - 3 U 186/09 -