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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IX ZB 11/09
  4. vom
  5. 12. Januar 2012
  6. in dem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung
  7. -2-
  8. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
  9. Prof. Dr. Kayser, den Richter Raebel, die Richterin Lohmann, den Richter
  10. Dr. Pape und die Richterin Möhring
  11. am 12. Januar 2012
  12. beschlossen:
  13. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 5. Zivilsenats
  14. des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 15. Dezember 2008 (5 W
  15. 70/08) wird auf Kosten des Rechtsbeschwerdeführers als unzulässig verworfen.
  16. Der Gegenstandswert wird auf 1.829,39 € festgesetzt.
  17. Gründe:
  18. 1
  19. Das gemäß Art. 37 Satz 2 EuGVÜ in Verbindung mit § 15 Abs. 1 AVAG,
  20. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsmittel ist unzulässig; denn die
  21. Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung
  22. des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern
  23. eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
  24. 2
  25. 1. Der von der Rechtsbeschwerde geltend gemachte Zulässigkeitsgrund
  26. der Grundsatzbedeutung liegt nicht vor. Die aufgeworfene Rechtsfrage, wann
  27. von einer Einlassung im Adhäsionsverfahren im Sinne von Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ
  28. - 3 -
  29. oder ihrer Ablehnung auszugehen ist, hat der Europäische Gerichtshof bereits
  30. geklärt (Urteil vom 21. April 1993 - Rs C-172/91 - Sonntag/Waidmann, NJW
  31. 1993, 2091 Rn. 41, 44). Danach hätte es der Rechtsbeschwerdeführer ausdrücklich ablehnen müssen, sich neben dem Strafvorwurf auch zur gleichzeitig
  32. vor dem Strafgericht verhandelten Zivilklage einzulassen; andernfalls wird seine
  33. Einlassung insgesamt angenommen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September
  34. 1993 - IX ZB 82/90, WM 1993, 2252, 2254, insoweit in BGHZ 123, 268 nicht
  35. abgedruckt; vom 3. August 2011 - XII ZB 187/10, NJW 2011, 3103 Rn. 19;
  36. Kropholler/v. Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., Art. 34 EuGVO
  37. Rn. 28; Geimer in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl.,
  38. A. 1 Art. 34 Rn. 115; Leible in Rauscher, EuZPR/EuIPR, 2011, Art. 34 Brüssel
  39. I-VO Rn. 38; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., Art. 34 EuGVVO Rn. 6). Dass der
  40. Rechtsbeschwerdeführer im französischen Verfahren zum Ausdruck gebracht
  41. hat, sich nicht zur Zivilklage einlassen zu wollen, ist nicht ersichtlich.
  42. 3
  43. 2. Ebenso wenig greift der Zulässigkeitsgrund der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung, weil das Beschwerdegericht den Begriff der Ausfertigung im Sinne des im Streitfall maßgeblichen Art. 46 Nr. 1 EuGVÜ falsch
  44. verstanden haben könnte. Soweit sich zwischenzeitlich nur noch Fotokopien
  45. des für vollstreckbar zu erklärenden französischen Urteils in den Akten befinden, ist dies auf den Umstand zurückzuführen, dass die ursprünglich eingereichte Ausfertigung des mit der Vollstreckungsklausel versehenen Titels an die
  46. Beschwerdegegnerin zurückgesandt wurde, vgl. § 10 Abs. 3 Satz 1 AVAG.
  47. 4
  48. 3. Die Rechtsbeschwerde legt nicht hinreichend dar, dass wegen der
  49. Verletzung von Verfahrensgrundrechten ihre Zulässigkeit in Frage kommt. Der
  50. Rechtsbeschwerdeführer hat selbst eingeräumt, die französische Umgangssprache zu beherrschen, so dass die unterlassene Beiziehung eines Dolmet-
  51. - 4 -
  52. schers im französischen Verfahren nicht zwingend das Recht auf ein faires Verfahren im Sinne von Art. 6 Abs. 3 e) EMRK verletzt haben muss, zumal der
  53. Rechtsbeschwerdeführer anwaltlich vertreten war. Dass der Rechtsbeschwerdeführer im französischen Verfahren überhaupt auf die Beiziehung eines Dolmetschers hingewirkt hat, ist nicht ersichtlich.
  54. 5
  55. Ob die vom Rechtsbeschwerdeführer benannte Zeugin, wie vom Beschwerdegericht angenommen wurde, vom französischen Gericht vernommen
  56. worden ist oder nicht, kann dahin stehen. Denn jedenfalls beruht die Beschwerdeentscheidung nicht auf dieser Erwägung (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2003
  57. - V ZR 187/02, NJW 2003, 3205; Hk-ZPO/Kayser, ZPO, 4. Aufl., § 543 Rn. 37),
  58. sondern verneint den Versagungsgrund des Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ in erster Linie
  59. wegen der Sprachkenntnisse des Rechtsbeschwerdeführers bei gleichzeitig
  60. vorhandener anwaltlicher Beratung und der Möglichkeit der Verfahrensbeeinflussung in Frankreich.
  61. 6
  62. 4. Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 17 Abs. 2
  63. AVAG, § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
  64. Kayser
  65. Raebel
  66. Pape
  67. Lohmann
  68. Möhring
  69. Vorinstanzen:
  70. LG Stuttgart, Entscheidung vom 16.10.2008 - 17 O 393/08 OLG Stuttgart, Entscheidung vom 15.12.2008 - 5 W 70/08 -