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338 lines
17 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IX ZB 247/06
  4. vom
  5. 16. Oktober 2008
  6. in dem Insolvenzverfahren
  7. -2-
  8. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
  9. Dr. Ganter, die Richter Prof. Dr. Gehrlein und Vill, die Richterin Lohmann und
  10. den Richter Dr. Fischer
  11. am 16. Oktober 2008
  12. beschlossen:
  13. Die Rechtsbeschwerde des Insolvenzverwalters gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Aurich vom 18. Dezember 2006 wird als unzulässig verworfen.
  14. Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss
  15. der 4. Zivilkammer des Landgerichts Aurich vom 18. Dezember
  16. 2006 aufgehoben.
  17. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten
  18. des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
  19. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
  20. 144.087,89 € festgesetzt.
  21. - 3 -
  22. Gründe:
  23. I.
  24. 1
  25. Auf Eigenantrag eröffnete das Amtsgericht am 21. Juni 2004 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den weiteren
  26. Beteiligten zu 1 zum Insolvenzverwalter. Mit Beschluss vom 22. August 2006
  27. stellte das Insolvenzgericht das Verfahren gemäß § 213 InsO ein.
  28. 2
  29. Der Insolvenzverwalter hat beantragt, seine Vergütung auf 124.504,02 €
  30. zuzüglich einer Auslagenpauschale von 6.000 € festzusetzen, zusammen zuzüglich je 16 % Umsatzsteuer 151.384,66 €. Er hat hierbei eine Masse von
  31. 1.102.580,62 €
  32. zugrunde
  33. gelegt,
  34. in
  35. der
  36. eine
  37. Kaufpreisforderung
  38. von
  39. 1.090.000 € für den Verkauf von Grundstücken (notarieller Kaufvertrag vom
  40. 29. Juli 2003) enthalten ist. Auf die Regelvergütung von 49.801,61 € hat er verschiedene Zuschläge von insgesamt 150 % begehrt.
  41. 3
  42. Wegen des Kaufpreisanspruches von 1.090.000 € hatte der Insolvenzverwalter die Zwangsvollstreckung gegen die Käuferin eingeleitet. Diese hatte
  43. Vollstreckungsabwehrklage erhoben; das Verfahren wurde zum Ruhen gebracht.
  44. 4
  45. Das Amtsgericht hat die Vergütung einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer auf 97.280,28 € festgesetzt. Es hat die beantragte Berechnungsgrundlage und Regelvergütung zugrunde gelegt, aber lediglich einen Zuschlag von
  46. 65 % zugebilligt. Die Schuldnerin und der Insolvenzverwalter haben hiergegen
  47. sofortige Beschwerde erhoben. Die Schuldnerin wollte hiermit die Kürzung der
  48. Berechnungsgrundlage um 1.090.000 € erreichen, weil ein derartiger Kauf-
  49. - 4 -
  50. preisanspruch der Schuldnerin nicht bestanden habe. Außerdem seien Zuschläge nicht gerechtfertigt. Der Insolvenzverwalter begehrte weiterhin Zuschläge von insgesamt 150 %. Beide Rechtsmittel sind ohne Erfolg geblieben.
  51. 5
  52. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgen die Schuldnerin und der Insolvenzverwalter ihr Rechtsschutzbegehren in vollem Umfang weiter.
  53. II.
  54. Rechtsbeschwerde des Insolvenzverwalters
  55. 6
  56. 7
  57. Das Rechtsmittel ist zwar statthaft (§§ 6, 7, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 574
  58. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), jedoch unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Weder hat die
  59. Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des
  60. Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
  61. 8
  62. Die Bemessung vorzunehmender Zu- und Abschläge ist grundsätzlich
  63. Aufgabe des Tatrichters (BGH, Beschl. v. 24. Juli 2003 - IX ZB 607/02, ZIP
  64. 2003, 1757; v. 23. September 2004 - IX ZB 215/03, NZI 2004, 665; v. 16. Juli
  65. 2005 - IX ZB 285/03, ZIP 2005, 1371; v. 11. Mai 2006 - IX ZB 249/04, ZIP 2006,
  66. 1204, 1205). Sie ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf zu überprüfen,
  67. ob sie die Gefahr der Verschiebung der Maßstäbe mit sich bringt (BGH, Beschl.
  68. v. 4. Juli 2002 - IX ZB 31/02, ZIP 2002, 1459, 1460; v. 12. Juni 2008 - IX ZB
  69. 184/07 Rn. 4).
  70. 9
  71. Eine derartige Gefahr besteht im vorliegenden Fall nicht.
  72. - 5 -
  73. 10
  74. 1. Im Hinblick auf den begehrten Zuschlag wegen Konzernverflechtung
  75. von 50 % zeigt die Rechtsbeschwerde keinen Zulässigkeitsgrund auf. Das
  76. Landgericht hat die Verflechtung der wirtschaftlichen Interessen der Schuldnerin mit den Interessen der Grundstückskäuferin bei der Zubilligung eines Zuschlags von 75 % berücksichtigt. Welche weiteren zusätzlichen Arbeiten gerade
  77. durch die Konzernverflechtung verursacht worden sein sollen, legt die Rechtsbeschwerde nicht dar. Allein der Umstand einer konzernrechtlichen Verflechtung rechtfertigt keinen Zuschlag. Dem Umfang und der Schwierigkeit der Geschäftsführung des Verwalters wird gemäß § 63 Abs. 1 Satz 3 InsO durch Abweichungen vom Regelsatz Rechnung getragen. Maßgebend hierbei ist, ob die
  78. Bearbeitung den Insolvenzverwalter stärker oder schwächer als in entsprechenden Insolvenzverfahren allgemein üblich in Anspruch genommen hat, also
  79. der gestiegene oder gefallene Arbeitsaufwand (BGH, Beschl. v. 11. Mai 2006
  80. aaO S. 1207 m.w.N.). Dies hat das Landgericht zutreffend berücksichtigt.
  81. 11
  82. 2. Den begehrten Zuschlag von 50 % wegen weitgehender Befriedigung
  83. aller Gläubiger hat das Landgericht zutreffend nicht zuerkannt. Die Befriedigung
  84. der Gläubiger ist gemäß § 1 InsO zentraler Zweck des Insolvenzverfahrens und
  85. der Tätigkeit des Insolvenzverwalters überhaupt, die für sich genommen keinen
  86. Zuschlag rechtfertigt. Ein Zuschlag kommt auch hier nur in Betracht, wenn der
  87. Insolvenzverwalter insoweit stärker als in einem entsprechenden Insolvenzverfahren allgemein üblich in Anspruch genommen worden ist. Dies hat das Landgericht zutreffend berücksichtigt.
  88. 12
  89. 3. Die Rechtsbeschwerde beanstandet schließlich zu Unrecht, dass das
  90. Landgericht wegen vorzeitiger Verfahrensbeendigung gemäß § 3 Abs. 2
  91. Buchst. c einen Abschlag vorgenommen hat, weil das Verfahren nach § 213
  92. InsO eingestellt worden ist. Einer Leitentscheidung des Senats bedarf es auch
  93. - 6 -
  94. insoweit nicht. Es ist offensichtlich und deshalb nicht klärungsbedürftig, dass
  95. eine Verfahrenseinstellung nach § 213 InsO eine vorzeitige Verfahrensbeendigung in diesem Sinne darstellt (Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV 4. Aufl. § 3
  96. Rn. 83; Kübler/Prütting/Eickmann/Prasser, InsO § 3 InsVV Rn. 51; MünchKomm-InsO/Nowak, 2. Aufl. § 3 InsVV Rn. 27; HK-InsO/Irschlinger, 4. Aufl. § 3
  97. InsVV Rn. 20; vgl. auch BGH, Beschl. v. 16. Dezember 2004 - IX ZB 301/03,
  98. ZInsO 2005, 85; v. 12. Oktober 2006 - IX ZB 191/05, ZInsO 2006, 1159 f).
  99. III.
  100. Rechtsbeschwerde der Schuldnerin
  101. 13
  102. 14
  103. Das Rechtsmittel ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, §§ 6, 7, 64 Abs. 3
  104. InsO) und zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Es führt zur Aufhebung und Zurückverweisung an das Beschwerdegericht, § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO, § 4 InsO.
  105. 15
  106. Mit der Begründung des Landgerichts kann die Entscheidung nicht
  107. gehalten werden, dass ein Kaufpreisanspruch von 1.090.000 € in die Masse
  108. gefallen und damit in die Berechnungsgrundlage einzubeziehen ist. Nach den
  109. vom Landgericht bislang getroffenen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Schuldnerin bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens berechtigt sein sollte, von der Käuferin der Immobilien diesen Betrag zu
  110. fordern. Das Landgericht hat wesentlichen Sachvortrag der Schuldnerin nicht in
  111. Erwägung gezogen und darüber hinaus verkannt, dass auch im Vergütungsfestsetzungsverfahren gemäß § 5 Abs. 1 InsO die Amtsermittlungspflicht gilt,
  112. sobald der Verwalter seinen Antrag auf Vergütung gestellt hat. Dies ergibt sich
  113. unmittelbar aus § 5 Abs. 1 InsO (MünchKomm-InsO/Ganter, aaO § 5 InsO
  114. Rn. 15d).
  115. - 7 -
  116. 16
  117. Richtig ist allerdings, dass in § 3 des Kaufvertrages vom 29. Juli 2003 ein
  118. Kaufpreis von 1.090.000 € vereinbart wurde, der bis 30. August 2003 direkt an
  119. den Verkäufer zu zahlen war. Dies ist nicht erfolgt. Auch die übrigen Regelungen in § 3 des Kaufvertrages sprechen für eine Zahlungspflicht des Käufers.
  120. Dem Landgericht ist auch darin beizutreten, es sei ungewöhnlich, dass die beiden geschäftserfahrenen Gesellschafter, die sowohl die Verkäuferin als auch
  121. die Käuferin vertraten, den Kaufvertrag in dieser Form beurkunden ließen, wenn
  122. der Kaufpreis gar nicht bezahlt, sondern lediglich die auf den Grundstücken lastenden Verbindlichkeiten übernommen werden sollten. Sie hätten während der
  123. Beurkundung oder später eine Änderung verlangen können. Das lag, wie das
  124. Landgericht richtig ausführt, umso näher, als die Schuldnerin vorträgt, hierüber
  125. habe schon im Notartermin Einigkeit bestanden.
  126. 17
  127. Richtig ist schließlich auch, dass es sich empfohlen hätte, die Ablösung
  128. der eingetragenen Rechte und die Übernahme der persönlichen Schulden der
  129. Verkäuferin durch die Käuferin vertraglich näher zu regeln.
  130. 18
  131. Mit Vereinbarung vom 5. August 2003 erklärten sich "die Vertragsbeteiligten darüber einig, dass statt der Zahlung eines Kaufpreises die Übernahme
  132. der bestehenden Darlehen … erfolgt". Die Vereinbarung ist erst nach dem Notartermin als privatschriftliche Ergänzung zum notariellen Vertrag geschlossen
  133. worden. Allein der Umstand, dass die Vereinbarung nachträglich fixiert wurde,
  134. lässt aber noch nicht den offenbar vom Landgericht gezogenen Schluss zu, die
  135. Vereinbarung sei nicht ernstlich gewollt gewesen. Problematisch ist bei dieser
  136. ergänzenden Vereinbarung allerdings, dass sie gar nicht von den Vertragsparteien geschlossen wurde, sondern zwischen der Schuldnerin und den Gesellschaftern der Käuferin, die sich hier selbst als Käufer bezeichnen, was unzutref-
  137. - 8 -
  138. fend ist. Möglicherweise liegt aber lediglich eine fehlerhafte Bezeichnung vor, so
  139. dass beide in Wirklichkeit für die wahre Käuferin handeln wollten. Ungeachtet
  140. der möglichen Formnichtigkeit der Vereinbarung könnten sich aus ihr Rückschlüsse auf den Inhalt des Vertragswillens im Zeitpunkt der notariellen Beurkundung ergeben.
  141. 19
  142. Da der Kaufvertrag in sich widersprüchlich ist, bedarf er der Auslegung.
  143. Diese hat das Landgericht bisher nicht fehlerfrei vorgenommen.
  144. 20
  145. Nach § 9 des Kaufvertrages entsprechen die Werte der verkauften Objekte in ihrer Summe genau dem Kaufpreis. War diese Wertangabe zutreffend,
  146. erscheint es unwahrscheinlich, dass die Käuferin weitere Gegenleistungen
  147. übernehmen wollte und sollte. In den einleitenden Worten des Kaufvertrages ist
  148. jedoch vereinbart, dass die in den Abteilungen II und III der bezeichneten
  149. Grundbücher eingetragenen Lasten vom Käufer übernommen werden.
  150. 21
  151. Die Schuldnerin hat vorgetragen, dass die eingetragenen Grundschulden
  152. im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses mit 1.051.929,67 € valutierten und
  153. dass der Verkehrswert der Grundstücke 970.900 € betrug. Sie hat weiter vorgetragen, dass die Käuferin die Verbindlichkeiten sämtlich abgelöst habe.
  154. 22
  155. Zu dem Verkehrswert der Grundstücke hat die Schuldnerin im Insolvenzverfahren Verkehrswertgutachten vorgelegt. Das Gutachten des Sachverständigen R.
  156. vom 25. Januar 2005 kommt für das Grundstück in Eisenach
  157. zum 29. Juli 2003 zu einem Wert von 66.900 €. Der Sachverständige S.
  158. kommt in seinem Gutachten vom 21. Februar 2005 für die Grundstücke in
  159. Brandenburg zum 29. Juli 2003 zu einem Verkehrswert von 154.000 € und für
  160. die Grundstücke in Berlin/Neukölln im Gutachten vom 17. Februar 2005 zum
  161. - 9 -
  162. 29. Juli 2003 zu einem Wert von 750.000 €. Dies ergibt zusammen einen Verkehrswert von 970.900 € für den Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages.
  163. 23
  164. Hiermit hat sich das Beschwerdegericht verfahrensfehlerhaft nicht befasst. Es stellt lediglich darauf ab, dass vor Abschluss des Kaufvertrages der
  165. Verkehrswert der Grundstücke nicht ermittelt worden sei, weshalb im Verfahren
  166. der Vollstreckungsabwehrklage von der Käuferin vorgelegten Gutachten unbehelflich seien. Hieraus ergibt sich entgegen der Auffassung des Landgerichts
  167. aber nichts dafür, dass sich der Kaufpreis nicht in der Summe der Verkehrswerte erschöpfen sollte. Es ist auch nicht generell üblich, vor einem Kauf über ein
  168. Grundstück Verkehrswertgutachten einzuholen, noch weniger bei einem Geschäft, bei dem beide Vertragsparteien von denselben Personen vertreten werden, die auch Gesellschafter der Vertragsparteien sind.
  169. 24
  170. Die Käuferin hat im Verfahren der Vollstreckungsabwehrklage Bestätigungen der finanzierenden Banken vorgelegt, dass die Käuferin die mit den
  171. Grundschulden an den Grundstücken gesicherten Darlehen vollständig abgelöst
  172. hat. Auch damit befasst sich das Landgericht nicht. Es führt lediglich aus, dass
  173. die Schuldnerin nicht substantiiert dargelegt habe, welche eingetragenen Rechte bestanden, in welcher Höhe sie valutierten und wie sie abgelöst wurden.
  174. 25
  175. Dabei lässt es den neuen Sachvortrag der Schuldnerin außer Betracht
  176. und übersieht, dass im Vergütungsfestsetzungsverfahren die Amtsermittlungspflicht gilt.
  177. 26
  178. Das Landgericht wird deshalb nach der Zurückverweisung festzustellen
  179. haben, wie hoch der Wert der Grundstücke war und welche auf den Grundstücken abgesicherten Schulden der Schuldnerin von der Käuferin abgelöst und
  180. - 10 -
  181. übernommen wurden. Entsprachen die tatsächlich abgelösten Schulden in etwa
  182. dem Verkehrswert der Grundstücke, spricht vieles dafür, dass der vereinbarte
  183. Kaufpreis nicht zusätzlich bezahlt werden sollte. Insoweit kann es entgegen der
  184. Ansicht des Landgerichts auch nicht als widersprüchlich angesehen werden,
  185. dass die Gesellschafter der Schuldnerin behauptet haben, der vereinbarte
  186. Kaufpreis habe dem Wert der Grundstücke entsprochen, während es in der
  187. Vereinbarung vom 5. August 2003 heißt, es sei ein Kaufpreis vereinbart worden, der den Salden der Kreditlinien entsprochen habe. Haben beide im Wesentlichen übereingestimmt, können korrespondierend auch beide für die Kaufpreisbildung maßgeblich gewesen sein.
  188. Im Übrigen wird bei der abschließenden Würdigung auch zu berücksich-
  189. 27
  190. tigen sein, dass sich die Käuferin lediglich verpflichtet hatte, die in den Abteilungen II und III eingetragenen Lasten zu übernehmen, also die dingliche Haftungsgrundlage zur Verfügung zu stellen. Die persönlichen Schulden blieben
  191. danach bei der Schuldnerin. Die Käuferin konnte also die persönlichen Forderungen gemäß § 1142 f BGB auf sich überleiten und mit dem Kaufpreisanspruch aufrechnen, sofern nicht der Kaufvertrag ohnehin die Übernahme der
  192. persönlichen Schulden - unter Verrechnung auf den Kaufpreis - vorsah. Diese
  193. Aufrechnung ist im Verfahren der Vollstreckungsabwehrklage auch ausdrücklich
  194. (hilfsweise) erklärt worden. Insoweit wäre § 1 Abs. 2 Nr. 3 InsVV zu berücksichtigen.
  195. 28
  196. Sollte die erneute Prüfung ergeben, dass der Kaufpreis neben der Übernahme der persönlichen Schulden erbracht werden sollte, hätte es außerdem
  197. zu prüfen, ob der Vertrag wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist. Die Gegenleistungen hätten dann den Wert der Grundstücke um bis zu 100 % überstiegen. Im
  198. Falle der Nichtigkeit fiele zwar der Anspruch auf Rückübertragung des Grund-
  199. - 11 -
  200. stücks in die Masse, abzuziehen wären gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 InsVV
  201. aber die bestehenden Gegenforderungen.
  202. IV.
  203. 29
  204. Im Hinblick auf die weiteren Rügen der Rechtsbeschwerde der Schuldnerin weist der Senat für das weitere Verfahren auf Folgendes hin:
  205. 30
  206. 1. Der Wert der Masse, die nach § 1 Abs. 1 InsVV als Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Insolvenzverwalters zugrunde zu legen ist,
  207. wird entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde der Schuldnerin nach
  208. oben nicht durch die Summe der Masseverbindlichkeiten und Insolvenzforderungen begrenzt (BGH, Beschl. v. 1. März 2007 - IX ZB 280/05, ZIP 2007, 639
  209. Rn. 10).
  210. 31
  211. 2. Zu den vom Landgericht vorgenommenen Zu- und Abschlägen, soweit
  212. sie von der Schuldnerin beanstandet werden, gelten die allgemeinen Ausführungen oben unter II. entsprechend. Daraus ergibt sich:
  213. 32
  214. a) Das Landgericht hat einen Zuschlag gewährt, weil die Schuldnerin ihr
  215. gesamtes Vermögen verschwiegen habe; dies bezieht sich ersichtlich auf die
  216. Kaufpreisforderung und das Bankguthaben. Maßgeblich für die Zubilligung eines Zuschlags ist, ob der Insolvenzverwalter zum Auffinden dieses Vermögen
  217. über das übliche Maß hinaus in Anspruch genommen worden ist. Dies hat das
  218. Landgericht in der angegriffenen Entscheidung nicht verkannt.
  219. - 12 -
  220. 33
  221. b) Der Insolvenzverwalter hat zwar ohnehin in dem erforderlichen Umfang die Geschäftsunterlagen einzusehen. Ob diese so umfangreich sind, dass
  222. dies einen Zuschlag rechtfertigt, ist Aufgabe tatrichterlicher Würdigung. Dabei
  223. ist zu berücksichtigen, wenn der Insolvenzverwalter, wie im vorliegenden Fall,
  224. ein gesondert vergütetes Steuerberaterbüro eingeschaltet hat. Die von der
  225. Rechtsbeschwerde der Schuldnerin in Bezug genommenen Ausführungen des
  226. Insolvenzverwalters lassen indessen nicht erkennen, dass dieser hierdurch wesentlich entlastet wurde. Das Steuerberaterbüro hat hiernach lediglich den Jahresabschluss und Steuererklärungen erarbeitet, jedoch die Unterlagen nicht
  227. nach bisher unbekannten Forderungen der Schuldnerin durchsucht.
  228. 34
  229. c) Das Landgericht hat zwar anders als das Amtsgericht in zutreffender
  230. Weise wegen der Befriedigung oder Absicherung der Gläubiger keinen Zuschlag in Höhe von 15 % zuerkannt, aber gleichwohl den vom Amtsgericht festgesetzten Gesamtzuschlag bestätigt. Darin liegt entgegen der Auffassung der
  231. Rechtsbeschwerde kein Widerspruch, weil das Landgericht in einer Gesamtabwägung den angemessenen Gesamtzuschlag eigenständig festgesetzt hat.
  232. - 13 -
  233. 35
  234. d) Eine Widersprüchlichkeit liegt auch nicht vor wegen des vorgenommenen Abschlags infolge der vorzeitigen Beendigung des Insolvenzverfahrens.
  235. Die Bemessung des Abschlags im Einzelfall ist Aufgabe des Tatrichters.
  236. Ganter
  237. Gehrlein
  238. Lohmann
  239. Vill
  240. Fischer
  241. Vorinstanzen:
  242. AG Aurich, Entscheidung vom 27.04.2006 - 9 IN 15/04 LG Aurich, Entscheidung vom 18.12.2006 - 4 T 433/06 -