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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IV ZR 80/14
  4. vom
  5. 18. November 2015
  6. in dem Rechtsstreit
  7. -2-
  8. Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
  9. Richterin
  10. Mayen,
  11. die
  12. Richterin
  13. Harsdorf-Gebhardt,
  14. die
  15. Richter
  16. Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
  17. am 18. November 2015
  18. beschlossen:
  19. Die Revision gegen das Teilurteil der 3. Zivilkammer des
  20. Landgerichts Siegen vom 3. Februar 2014 wird gemäß
  21. § 552a Satz 1 ZPO auf Kosten der Klägerseite zurückgewiesen.
  22. Gründe:
  23. 1
  24. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerseite
  25. (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) war gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht vorli egen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Senat hat die
  26. Parteien mit Beschluss vom 23. September 2015 auf die beabsichtigte
  27. Zurückweisung hingewiesen. Auf die dortigen Gründe wird ergänzend
  28. Bezug genommen.
  29. 2
  30. Der Schriftsatz des Klägervertreters vom 13. November 2015 gibt
  31. keine Veranlassung, von der Zurückweisung der Revision abzusehen.
  32. -3-
  33. 3
  34. Soweit dort darauf hingewiesen wird, die Revision sei auf die E uroparechtswidrigkeit des Policenmodells insgesamt gestützt, begründet
  35. dies im Streitfall nicht die Pflicht zu einer Vorlage an den Gerichtshof der
  36. Europäischen Union, da es auf diese Frage hier nicht entscheidungse rheblich ankommt. Wie der Senat in seinem Hinweisbeschluss näher au sgeführt hat, wäre es d. VN, der trotz Belehrung darüber, dass er den Ve rtrag nicht zustande kommen lassen musste, diesen vor dem Widerspruch
  37. über viele Jahre durchgeführt hat, wegen widersprüchlichen Verhaltens
  38. verwehrt, sich bei unterstellter Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Pol icenmodells auf eine Unwirksamkeit des Vertrages zu berufen. Die Frage
  39. einer möglichen Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union in
  40. einem Fall, in dem kein widersprüchliches Verhalten der Versicherung snehmer festgestellt werden kann, stellt sich im Streitfall nicht. Entgegen
  41. der Ansicht der Revision sind die Maßstäbe für die Berücksichtigung der
  42. Gesichtspunkte von Treu und Glauben in der Rechtsprechung des G erichtshofs der Europäischen Union auch geklärt (siehe im Einzelnen S enatsurteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 41 f.;
  43. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 4. März 2015 - 1 BvR 3280/14, juris Rn. 31 ff. m.w.N.) und die Annahme rechtsmissbräuchlichen Verha ltens steht in Fällen wie dem vorliegenden in Einklang mit dieser Rech tsprechung (vgl. Senatsurteil aaO; vgl. auch BVerfG aaO).
  44. 4
  45. Soweit die Revision geltend macht, es sei unionsrechtlich ungeklärt, ob verbraucherschützende Widerspruchsrechte durch nationale
  46. Vorschriften zum Rechtsmissbrauch beschränkt werden dürften, berührt
  47. dies zwar das Gebot der praktischen Wirksamkeit. Der Anwendung des
  48. Grundsatzes von Treu und Glauben und des Verbots widersprüchlicher
  49. Rechtsausübung steht dies aber nicht entgegen, weil die Ausübung di eser Rechte in das nationale Zivilrecht eingebettet bleibt und die nation a-
  50. -4-
  51. len Gerichte ein missbräuchliches Verhalten auch nach der Rechtspr echung des Gerichtshofs der Europäischen Union berücksichtigen dürfen
  52. (BVerfG aaO Rn. 32 m.w.N.).
  53. 5
  54. Die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben beeinträc htigt auch angesichts der besonderen Umstände des Streitfalles die pra ktische Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts und den Sinn und Zweck
  55. des Widerspruchsrechts nicht. Die Erwägungen der Zweiten und Dritten
  56. Richtlinie Lebensversicherung, eine genaue Belehrung der Versich erungsnehmer über ihr Rücktrittsrecht vor Abschluss des Vertrages s icherzustellen, werden auch hier nicht berührt, denn entscheidend ist im
  57. Streitfall, dass d. VN, der dem geltenden nationalen Recht entsprechend
  58. ordnungsgemäß über die Möglichkeit belehrt worden ist, den Vertrag o hne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen, diesen gleichwohl in
  59. -5-
  60. Vollzug gesetzt und ihn über mehrere Jahre durchgeführt hat (vgl. e rgänzend Senatsurteil vom 10. Juni 2015 - IV ZR 105/13, VersR 2015,
  61. 876 Rn. 13 f.).
  62. Mayen
  63. Harsdorf-Gebhardt
  64. Lehmann
  65. Dr. Karczewski
  66. Dr. Brockmöller
  67. Vorinstanzen:
  68. AG Lennestadt, Entscheidung vom 13.08.2012 - 3 C 280/11 LG Siegen, Entscheidung vom 03.02.2014 - 3 S 60/12 -