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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. IV ZR 43/14
  5. Verkündet am:
  6. 14. Januar 2015
  7. Heinekamp
  8. Amtsinspektor
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGHR:
  16. ja
  17. VVG § 205 Abs. 6
  18. Der seinen Prämienanspruch geltend machende Versicherer kann sich nicht auf
  19. die Unwirksamkeit einer vom Versicherungsnehmer ausgesprochenen Kündigung wegen Fehlens eines Anschlussversicherungsnachweises gemäß § 205
  20. Abs. 6 VVG berufen, wenn er den Versicherungsnehmer nicht nachweisbar auf
  21. dessen Fehlen hingewiesen hat.
  22. BGH, Urteil vom 14. Januar 2015 - IV ZR 43/14 - LG München II
  23. AG Starnberg
  24. -2-
  25. Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
  26. Richterin
  27. Mayen,
  28. die
  29. Richterin
  30. Harsdorf-Gebhardt,
  31. die
  32. Richter
  33. Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller auf die
  34. mündliche Verhandlung vom 14. Januar 2015
  35. für Recht erkannt:
  36. Auf die Rechtsmittel des Beklagten wird das Urteil des
  37. Landgerichts München II - 2. Zivilkammer - vom 21. Januar 2014 aufgehoben, das Urteil des Amtsgerichts Starnberg vom 23. November 2012 geändert und unter Zurückweisung seiner weitergehenden Berufung wie folgt neu
  38. gefasst:
  39. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 661,20 €
  40. nebst einem Säumniszuschlag von 9,92 € sowie 2,50 €
  41. vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen. Im Übrigen wird die
  42. Klage abgewiesen.
  43. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin
  44. 86% und der Beklagte 14%.
  45. Von Rechts wegen
  46. Tatbestand:
  47. 1
  48. Die Klägerin nimmt den Beklagten aus einer bei ihr gehaltenen privaten Krankheitskostenversicherung auf Zahlung rückständiger Prämien
  49. -3-
  50. für den Zeitraum November 2009 bis Oktober 2010 zuzüglich Säumni szuschlag sowie Erstattung vorgerichtlicher Mahnkosten in Anspruch .
  51. 2
  52. Mit einem der Klägerin am 29. Dezember 2009 zugegangenen
  53. Schreiben erklärte der Beklagte unter anderem wegen einer angekündigten Beitragserhöhung von 330,60 € auf 400,96 € monatlich die fristlose
  54. Kündigung des Vertrages zum 1. Januar 2010. Ein Nachweis für eine
  55. ohne Unterbrechung bei einem anderen Versicherer bestehende Pflich tkrankenversicherung i.S. des § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG lag der Kündigungserklärung nicht bei. Mit Schreiben vom 21. Januar 2010, dessen
  56. Erhalt der Beklagte in Abrede stellt, forderte die Klägerin ihn unter Zurückweisung der Kündigung und Fristsetzung zur Vorlage eines Anschlussversicherungsnachweises auf. Eine Bescheinigung über einen
  57. seit dem 1. Januar 2010 bei einem anderen Versicherer fortbestehenden
  58. Versicherungsschutz ging bei der Klägerin erst am 19. Oktober 2012 ein.
  59. 3
  60. Der Beklagte meint, die aus § 242 BGB folgende Pflicht, den Versicherungsnehmer auf die Unwirksamkeit der Kündigung hinzuweisen,
  61. werde erst mit dem von dem Versicherer darzulegenden und nachzuwe isenden Zugang des Hinweises erfüllt. Die Klägerin, die diesen Nachweis
  62. nicht habe führen können, sei ihm zum Schadensersatz verpflichtet.
  63. Nach Auffassung der Klägerin wird die Hinweispflicht demgegenüber bereits durch die Absendung der Mitteilung erfüllt. Jedenfalls trage der
  64. Gläubiger eines Schadensersatzanspruchs die primäre Darlegungs- und
  65. Beweislast für eine Pflichtverletzung. Diesen Beweis habe der Beklagte
  66. nicht geführt.
  67. 4
  68. Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung e ines Prämienrückstands von 4.670,80 €, eines Säumniszuschlags von
  69. 296,57 € und Erstattung vorgerichtlicher Mahnkosten von 2,50 € verur-
  70. -4-
  71. teilt. Die hiergegen gerichtete Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der
  72. Revision erstrebt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
  73. Entscheidungsgründe:
  74. 5
  75. Die Revision ist überwiegend begründet.
  76. 6
  77. I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts steht der Klägerin für den
  78. streitbefangenen Zeitraum ein vertraglicher Anspruch auf Prämienza hlung zu. Die Kündigung sei erst am 19. Oktober 2012 wirksam geworden.
  79. Nichts anderes folge daraus, dass das Schreiben der Klägerin vom
  80. 21. Januar 2010 dem Beklagten nicht nachweislich zugegangen sei. Die
  81. Klägerin habe ihrer Pflicht aus § 242 BGB, unverzüglich auf die Unwirksamkeit der Kündigung hinzuweisen, schon mit Absendung des Schre ibens entsprochen. Ohnehin folge aus einer Verletzung der Hinweispflicht
  82. nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern allenfalls ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB. Den ihm obliegenden Beweis für
  83. das Vorliegen einer Pflichtverletzung habe der Beklagte nicht erbracht ,
  84. da er den Nichtzugang des Schreibens vom 21. Januar 2010 nicht b ewiesen habe.
  85. 7
  86. II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden
  87. Punkt nicht stand.
  88. 8
  89. 1. Begründet ist allerdings der Prämienanspruch der Klägerin für
  90. die Monate November und Dezember 2009 in Höhe von 661,20 €, da der
  91. Beklagte den Vertrag erst zum 31. Dezember 2009 gekündigt hat. Hinzu
  92. -5-
  93. kommt der Säumniszuschlag für diese beiden Monate gem äß § 193
  94. Abs. 6 Satz 8 VVG (in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung) in
  95. Höhe von 9,92 € zuzüglich 2,50 € vorgerichtlicher Mahnkosten. Der Beklagte hat nicht schlüssig dargelegt, dass die Klägerin ihn bereits für November und Dezember 2009 in den sogenannten "Notlagentarif" (§ 12h
  96. VAG i.V.m. Art. 7 EGVVG) überführt hatte.
  97. 9
  98. 2. Versicherungsprämien für die Monate Januar bis Oktober 2010
  99. kann die Klägerin demgegenüber nicht verlangen, da sie sich im Rahmen
  100. des von ihr geltend gemachten Primäranspruchs unter dem Gesicht spunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf die Unwirksamkeit
  101. der vom Beklagten erklärten Kündigung wegen Fehlens des Anschlussversicherungsnachweises berufen kann, weil sie den Beklagten hierauf
  102. nicht nachweisbar hingewiesen hat.
  103. 10
  104. a) Die Kündigung einer Pflichtkrankenversicherung i.S. de s § 193
  105. Abs. 3 Satz 1 VVG setzt nach § 205 Abs. 6 VVG den Nachweis eines bei
  106. einem neuen Versicherer ohne Unterbrechung fortbestehenden Versicherungsschutzes voraus. Diesen erbrachte der Beklagte erst mit einem der
  107. Klägerin am 19. Oktober 2012 zugegangenen Schreiben. Die Kündigung
  108. wird gemäß § 205 Abs. 6 Satz 2 VVG a.F. (in der bis zum 30. April 2013
  109. gültigen Fassung) erst im Zeitpunkt des Zugangs des Nachweises der
  110. Anschlussversicherung
  111. beim
  112. bisherigen
  113. Versicherer
  114. wirksam.
  115. Eine
  116. Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung beim bish erigen Versicherer kommt nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom
  117. 12. September 2012 - IV ZR 258/11, VersR 2012, 1375 Rn. 22, 24).
  118. 11
  119. b) Allerdings traf die ihren Erfüllungsanspruch auf Prämienzahlung
  120. geltend machende Klägerin nach Erhalt der Kündigung die Pflicht, den
  121. Beklagten auf die Notwendigkeit eines Anschlussversicherungsnachwei-
  122. -6-
  123. ses und dessen Fehlen hinzuweisen (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar
  124. 2013 - IV ZR 94/11, VersR 2013, 305 Rn. 29 zur Hinweispflicht auf die
  125. Kenntnis der versicherten Person von der Kündigung gemäß § 207
  126. Abs. 2 Satz 2 VVG; zur Hinweispflicht im Rahmen von § 205 Abs. 6 VVG:
  127. HK-VVG/Rogler, 2. Aufl. § 205 Rn. 8; Reinhard in Looschelders/Pohlmann, VVG 2. Aufl. § 205 Rn. 21; Boetius, Private Krankenversicherung
  128. § 205 VVG Rn. 32). Diese Hinweispflicht ergibt sich unmittelbar aus dem
  129. Versicherungsvertrag, der in besonderer Weise vom Grundsatz von Treu
  130. und Glauben beherrscht wird (BGH, Urteil vom 8. Juli 1991 - II ZR 65/90,
  131. VersR 1991, 1129 unter 2 b). Ein derartiger Hinweis ist dem Versicherer,
  132. der die Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Kündigung eines
  133. Krankheitskostenversicherungsvertrages, der eine Pflicht aus § 193 Abs.
  134. 3 Satz 1 VVG erfüllt, regelmäßig besser kennt als der Versicherung snehmer, möglich und beeinträchtigt seine Interessen nicht (vgl. Senat surteil vom 16. Januar 2013 aaO Rn. 29 zur Hin weispflicht im Rahmen
  135. von § 207 Abs. 2 Satz 2 VVG). Diese Hinweispflicht aus § 242 BGB wird
  136. nicht durch die Beratungspflicht gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 VVG verdrängt
  137. (vgl. HK-VVG/Münkel, VVG 2. Aufl. § 6 Rn. 4, 36 f.; Pohlmann in Looschelders/Pohlmann, VVG 2. Aufl. § 6 Rn. 8-12, 103; MünchKommVVG/Armbrüster, § 6 Rn. 219, 279; Prölss in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl.
  138. § 6 Rn. 44; Rixecker in Römer/Langheid, VVG 4. Aufl. § 6 Rn. 2).
  139. 12
  140. Dem Gesetz sind derartige Hinweispflichten des Versicherers nicht
  141. fremd. So bestimmt § 186 Satz 1 VVG für die Unfallversicherung, dass
  142. der Versicherer, wenn der Versicherungsnehmer einen Versicherungsfall
  143. anzeigt, ihn auf vertragliche Anspruchs- und Fälligkeitsvoraussetzungen
  144. sowie einzuhaltende Fristen in Textform hinzuweisen hat. Hiermit soll der
  145. Gefahr vorgebeugt werden, dass dem Versicherungsnehmer mögliche rweise berechtigte Ansprüche allein wegen Ablaufs einer ihm nicht immer
  146. -7-
  147. geläufigen Frist verloren gehen (vgl. BT-Drucks. 16/3945 S. 109). Ähnlich liegt es bei der Kündigung eines Vertrages gem äß § 205 Abs. 6
  148. VVG. Auch hier besteht ein berechtigtes Interesse des Versicherungsnehmers, vom Versicherer auf den fehlenden Anschlussversicherung snachweis hingewiesen zu werden. Andernfalls besteht für ihn die Gefahr,
  149. dass er - wie auch hier - zwar tatsächlich über einen ununterbrochen
  150. fortlaufenden Versicherungsschutz bei einem anderen Versicherer verfügt, gleichzeitig aber das Vertragsverhältnis gegenüber dem bisherigen
  151. Versicherer wegen des nicht vorgelegten Anschlussversicherungsnac hweises wirksam bleibt. Einer derartigen Doppelversicherung mit der G efahr doppelter Prämienzahlung vorzubeugen, dient (jedenfalls auch) die
  152. Hinweispflicht des Versicherers. Nicht anders liegt es bei Versicherung snehmern, die über keinen Anschlussversicherungsnachweis verfügen.
  153. Sie sind ebenfalls berechtigterweise daran interessiert, über die Unwirksamkeit ihrer Kündigung bis zum Nachweis einer Anschlussversicherung
  154. unterrichtet zu werden.
  155. 13
  156. c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts umfasst die
  157. Hinweispflicht des Versicherers nicht nur die Absendung eines entsprechenden Hinweisschreibens, sondern auch dessen Zugang beim Versicherungsnehmer. Die dem Versicherungsnehmer nach Treu und Glauben
  158. geschuldeten Informationen sind empfangsbedürftig (vgl. Leverenz in
  159. Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 186 Rn. 29). Sie sollen ihm eine effektive
  160. Vertragsabwicklung ermöglichen, indem sie ihm entscheidungserhebliche
  161. Umstände
  162. aufzeigen,
  163. von
  164. denen
  165. er
  166. sonst
  167. nichts
  168. wüsste
  169. (vgl.
  170. MünchKomm-VVG/Armbrüster, vor §§ 6, 7 Rn. 54). Die Hinweispflicht
  171. verfehlte ihren Zweck, erstreckte sie sich nicht zugleich auf den Erhalt
  172. der Information durch den Adressaten. Auch im Rahmen der Hinweispflicht nach § 186 Satz 1 VVG wird überwiegend ein Zugang des Hinwei-
  173. -8-
  174. ses gefordert, für den der Versicherer darlegungs- und beweispflichtig ist
  175. (so: Götz in Looschelders/Pohlmann, VVG 2. Aufl. § 186 Rn. 17;
  176. MünchKomm-VVG/Dörner,
  177. § 186
  178. Rn. 12;
  179. PK-VVG/Brömmelmeyer,
  180. 2. Aufl. § 186 Rn. 15; Knappmann in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 186
  181. Rn. 10; Kloth, Private Unfallversicherung Kap. G Rn. 42, 60; Marlow in
  182. Marlow/Spuhl, Das neue VVG kompakt 4. Aufl. Rn. 1267; Kloth, r+s
  183. 2007, 397, 400; a.A. Mangen in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 2. Aufl. § 47 Rn. 173; ähnlich Leverenz in
  184. Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 186 Rn. 53, sowie OLG Düsseldorf VersR
  185. 2001, 449, 451 und OLG Hamm r+s 1998, 260, jeweils zur früheren
  186. Rechtslage).
  187. 14
  188. d) Diesen Nachweis des Zugangs des Hinweisschreibens vom
  189. 21. Januar 2010 hat die Klägerin nach den revisionsrechtlich bindenden
  190. Feststellungen des Berufungsgerichts nicht erbracht. Dies führt allerdings nicht zur Wirksamkeit der Kündigung durch den Beklagten bereits
  191. zum 31. Dezember 2009. Soweit in Rechtsprechung und Schrifttum
  192. - insbesondere für die Zeit vor der Reform des Versicherungsvertragsrechts - die Auffassung vertreten wurde, der Versicherer dürfe sich auf
  193. die Unwirksamkeit der Kündigung nicht berufen, sondern müsse sich so
  194. behandeln lassen, als habe der Versicherungsnehmer die Kündigungsvoraussetzungen schon zu einem früheren Zeitpunkt erfüllt (OLG Düsse ldorf VersR 2004, 996, 997; OLG Hamm VersR 1977, 999 f.; OLG Karlsruhe VersR 2002, 1497; LG Hannover VersR 1977, 351; HK-VVG/Muschner, 2. Aufl. § 11 Rn. 29; Ebnet, NJW 2006, 1697, 1698 f.; vgl. LSG Essen VersR 2001, 1228), ist das jedenfalls für Verletzungen der Hinweispflicht im Rahmen von § 205 Abs. 6 VVG unzutreffend. Hierdurch würde
  195. das erklärte Ziel des Gesetzgebers bei § 205 Abs. 6 VVG, ununterbr ochenen Versicherungsschutz sicherzustellen, unterlaufen (Senatsurteil
  196. -9-
  197. vom 18. Dezember 2013 - IV ZR 140/13, VersR 2014, 234 Rn. 7). Nach
  198. dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 205 Abs. 6 Satz 2 VVG a.F.
  199. wird die Kündigung erst wirksam, wenn der Versicherungsnehmer nac hweist, dass die versicherte Person bei einem neuen Versicherer ohne
  200. Unterbrechung versichert ist. Eine Rückwirkung der Kündigungs wirkung
  201. tritt weder durch die erst nachträglich erfolgte Vorlage des Anschlussve rsicherungsnachweises noch durch den unterbliebenen Hinweis des Ve rsicherers ein.
  202. 15
  203. e) Die Klägerin ist allerdings unter dem Gesichtspunkt von Treu
  204. und Glauben gemäß § 242 BGB daran gehindert, sich, wenn sie wegen
  205. des noch nicht beendeten Versicherungsvertrages ihren Prämienanspruch geltend macht, auf die Unwirksamkeit der vom Versicherung snehmer erklärten Kündigung zu berufen, wenn sie diesen - was sie darzulegen und zu beweisen hat - nicht auf den fehlenden Anschlussversicherungsnachweis hingewiesen hat. Der Prämienanspruch des Versicherers im Falle einer vom Versicherungsnehmer erklärten Kündigung des
  206. Versicherungsvertrages, die mangels Vorlage des Anschlussversich erungsnachweises (noch) keine Wirkung entfaltet, setzt voraus, dass der
  207. Versicherer den Versicherungsnehmer auf das Fehlen des Nachweises
  208. ununterbrochenen Versicherungsschutzes hingewiesen hat. Nur so wird
  209. für den Versicherungsnehmer sichergestellt, dass er nicht zeitgleich zwei
  210. Versicherungen mit demselben Leistungsinhalt und der Verpflichtung zu
  211. doppelter Prämienzahlung unterhält. Der Versicherer wird auch nicht
  212. über Gebühr belastet, wenn ihm, soweit er seinen Prämienanspruch ve rfolgt, die Beweislast dafür auferlegt wird, dass er dem Versicherungsnehmer den erforderlichen Hinweis erteilt hat und dieser ihm zugega ngen ist. Dies muss nicht zwingend dadurch geschehen, dass der Vers icherer sein Hinweisschreiben mit Einschreiben/Rückschein verschickt.
  213. - 10 -
  214. Vielmehr kann er den Nachweis des Zugangs auch auf andere Art und
  215. Weise sicherstellen, etwa durch eine dem Hinweisschreiben beigefügte
  216. vorformulierte Erklärung, mit der der Versicherungsnehmer den Erhalt
  217. des Hinweises bestätigt, welche er an den Versicherer zurücksendet,
  218. oder durch eine beim Versicherungsnehmer individuell gehaltene Nac hfrage bezüglich des Zugangs des Hinweisschreibens.
  219. 16
  220. f) Da das Versicherungsverhältnis allerdings für beide Vertragsteile
  221. von dem Grundsatz von Treu und Glauben beherrscht wird, kann sic h
  222. der Versicherungsnehmer seinerseits nicht auf einen unterbliebenen
  223. oder jedenfalls nicht bewiesenen Zugang des Hinweises des Versicherers berufen, wenn er für den Zeitraum zwischen Kündigungserklärung
  224. und Vorlage des Anschlussversicherungsnachweises wegen des noch
  225. fortbestehenden Versicherungsvertrages Leistungsansprüche aus der
  226. Krankheitskostenversicherung geltend macht. In einem solch en Fall ist er
  227. verpflichtet, da der Versicherer ihm Versicherungsschutz nicht kostenfrei
  228. zur Verfügung stellen muss, seinerseits die Prämien zu entrichten. Der
  229. Versicherer ist folglich in diesem Fall berechtigt, vertragliche Leistungen
  230. nur Zug um Zug gegen Prämienzahlung zu erbringen.
  231. 17
  232. 3. Da hier von den Parteien weder vorgetragen noch sonst ersich tlich ist, dass der Beklagte für den Zeitraum von Januar 2010 bis Oktober
  233. 2010 Leistungsansprüche gegenüber der Klägerin geltend gemacht hat,
  234. diese ihrerseits nicht nachgewiesen hat, dass der Beklagte das Hinweisschreiben vom 21. Januar 2010 erhalten hat, steht der Klägerin kein
  235. Prämienanspruch für diesen Zeitraum zu. Die weiteren Fragen, ob dem
  236. Beklagten daneben ein Schadensersatzanspruch unter dem Gesicht spunkt der Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht gegen die Klägerin
  237. wegen eines nicht erteilten Hinweises auf den Anschlussversicherung snachweis zusteht, und wer für den Zugang im Rahmen eines derartigen
  238. - 11 -
  239. Schadensersatzanspruchs darlegungs- und beweispflichtig ist, kann hier
  240. mithin offen bleiben (missverständlich und verkürzend insoweit Senatsu rteil vom 16. Januar 2013 - IV ZR 94/11, VersR 2013, 305 Rn. 29 f.).
  241. Mayen
  242. Harsdorf-Gebhardt
  243. Lehmann
  244. Dr. Karczewski
  245. Dr. Brockmöller
  246. Vorinstanzen:
  247. AG Starnberg, Entscheidung vom 23.11.2012 - 4 C 1050/12 LG München II, Entscheidung vom 21.01.2014 - 2 S 6005/12 -