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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. IV ZR 438/02
  5. Verkündet am:
  6. 26. November 2003
  7. Heinekamp
  8. Justizobersekretär
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. ja
  15. BGHR:
  16. ja
  17. _____________________
  18. BGB §§ 331, 2301
  19. Überträgt eine Erblasserin Vermögen durch eine unter Lebenden vollzogene Verfügung zugunsten Dritter auf den Todesfall (§§ 518 Abs. 2, 2301 Abs. 2 BGB),
  20. unterliegen die auf diese Weise begründeten Rechtsbeziehungen nicht nur im
  21. Deckungs-, sondern auch im Valutaverhältnis den allgemeinen Regeln für Rechtsgeschäfte unter Lebenden, nicht aber dem Erbrecht. Das gilt sowohl für die rechtliche Einordnung der im Valutaverhältnis begründeten Rechtsbeziehung als auch
  22. für deren Anfechtung (Fortführung von BGH, Urteil vom 19. Oktober 1983 – IVa
  23. ZR 71/82 – NJW 1984, 480 unter 1).
  24. BGH, Urteil vom 26. November 2003 - IV ZR 438/02 - OLG Düsseldorf
  25. LG Wuppertal
  26. -2-
  27. Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und
  28. die Richterin Dr. Kessal-Wulf auf die mündliche Verhandlung vom
  29. 26. November 2003
  30. für Recht erkannt:
  31. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des
  32. 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom
  33. 8. November 2002 aufgehoben.
  34. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
  35. an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  36. Von Rechts wegen
  37. Tatbestand:
  38. Die Klägerin verlangt im Hinblick auf das Testament der Erblasserin Zahlung von 52.317,67 DM (jetzt: 26.749,59
  39. 
  40. 
  41. vom 5. Juni 1996 teilt die Erblasserin ihre Sparbriefe, die ihr wesentliches Vermögen darstellten, zu je einem Drittel auf die Klägerin, den Beklagten und einen weiteren Miterben auf. Nach Abzug des Guthabens
  42. eines Kontos, das die Erblasserin dem Beklagten bereits im Jahre 1984
  43. durch Verfügung zugunsten Dritter zugewandt hatte, sowie zweier Vermächtnisse zugunsten der Kinder der Klägerin belief sich das restliche
  44. -3-
  45. Guthaben
  46. der
  47. Erblasserin
  48. bei
  49. ihrer
  50. Sparkasse
  51. beim
  52. Erbfall
  53. auf
  54. 156.953 DM, d.h. das Dreifache der Klageforderung. Die Erblasserin hat
  55. im Testament angeordnet, daß der Beklagte berechtigt sei, ihr Vermögen
  56. zu verwalten. Er hat das Amt des Testamentsvollstreckers mit Schreiben
  57. vom 27. Mai 1997 angenommen.
  58. Vor der Klägerin forderte bereits der an diesem Verfahren nicht
  59. beteiligte dritte Miterbe die Aufteilung des Guthabens der Erblasserin bei
  60. der Sparkasse. Der Beklagte berief sich demgegenüber auf eine weitere
  61. Verfügung zugunsten Dritter für den Todesfall, mit der die Erblasserin
  62. am 25. März 1996 durch ihre Unterschrift auf einem vorgedruckten Formular der Sparkasse den Beklagten bezüglich des gesamten, von den
  63. Miterben herausverlangten Guthabens begünstigt hatte, sofern der Beklagte die Erblasserin überleben werde. Mithin stehen nach Ansicht des
  64. Beklagten den anderen Miterben keine Ansprüche auf das Sparkassenguthaben zu; ein Widerruf der zu seinen Gunsten getroffenen Verfügung
  65. durch das Testament der Erblasserin sei nicht möglich. Der weitere Miterbe erklärte darauf mit Anwaltsschreiben vom 11. September 1997 gegenüber dem Anwalt des Beklagten, er fechte die Verfügung zugunsten
  66. Dritter vom 25. März 1996 an; die Erblasserin sei unmittelbar nach Beerdigung ihres Mannes am 21. März 1996 wegen ihrer Krebserkrankung
  67. zur Sterbebegleitung in das Hospiz aufgenommen worden, in dem sie am
  68. 22. September 1996 verstarb; der Beklagte habe lediglich als Testamentsvollstrecker Verfügungsgewalt über das Guthaben der Erblasserin
  69. erlangen sollen, die Verteilung des Guthabens ergebe sich aber aus dem
  70. wenig später errichteten Testament. Es kam zu einem Rechtsstreit zwischen dem weiteren Miterben und dem Beklagten, in dem letzterer
  71. rechtskräftig zur Zahlung von 52.317,67 DM verurteilt wurde.
  72. -4-
  73. Im Anschluß an jenes Verfahren macht die Klägerin geltend, die
  74. Erblasserin habe sich bei Unterzeichnung der Verfügung zugunsten
  75. Dritter vom 25. März 1996 in einem Irrtum befunden, da sie dem Beklagten lediglich Kontenvollmacht habe einräumen wollen. Er habe das
  76. Sparkassenguthaben nach Abzug von Nachlaßverbindlichkeiten unmittelbar an die anderen Erben auszahlen sollen. Die Anfechtung des weiteren Miterben wirke auch zu ihren Gunsten. Der Beklagte behauptet dagegen, die Erblasserin habe ihm das gesamte Guthaben geschenkt. Das
  77. Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt; das Oberlandesgericht hat dessen Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision erstrebt er die Abweisung der Klage.
  78. Entscheidungsgründe:
  79. Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
  80. I. Nach Ansicht der Vorinstanzen kann die Klägerin den geforderten Betrag vom Beklagten gemäß §§ 2218, 667 BGB verlangen. Denn die
  81. Verfügung zugunsten Dritter für den Todesfall vom 25. März 1996 sei
  82. wirksam angefochten worden. Die Vorschrift des § 2078 BGB sei auf den
  83. vorliegenden Fall entsprechend anwendbar. Nach Meinung des Berufungsgerichts entfalten die Urteile in dem vorangegangenen Verfahren
  84. des dritten Miterben gegen den Beklagten zwar keine Rechtskraft im
  85. Verhältnis der Klägerin zum Beklagten. Wie aber aus der im Urkundenbeweis verwertbaren Zeugenvernehmung in jenem Verfahren hervorge-
  86. -5-
  87. he, habe sich die Erblasserin tatsächlich in dem behaupteten Irrtum befunden. Dafür spreche insbesondere ihr nur gut zwei Monate später errichtetes Testament. Für eine zwischenzeitliche Änderung des Zuwendungswillens fehle jeder Anhalt. Einer erneuten Vernehmung des Mitarbeiters der Sparkasse, in dessen Gegenwart die Erblasserin die Verfügung vom 25. März 1996 errichtet habe, bedürfe es nicht. Auf ihn komme
  88. es zwar entscheidend an, er habe sich aber schon bei seiner Vernehmung in dem vorangegangenen Verfahren nicht mehr erinnern können,
  89. was mit der Erblasserin konkret besprochen worden sei. Die von dem
  90. dritten Miterben mithin wirksam erklärte Anfechtung komme nach der
  91. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 8. Mai 1985 - IVa
  92. ZR 230/83 - NJW 1985, 2025 unter III) auch der Klägerin zugute.
  93. II. Diese Würdigung ist in rechtlicher Hinsicht aus mehreren Gründen zu beanstanden.
  94. 1. Sie läßt zunächst außer Betracht, daß bei der am 25. März 1996
  95. zwischen der Erblasserin, ihrer Sparkasse und dem Beklagten vereinbarten Verfügung zugunsten Dritter auf den Todesfall zu unterscheiden
  96. ist zwischen dem Deckungsverhältnis der Erblasserin zur Sparkasse einerseits und dem Valutaverhältnis der Erblasserin zum Beklagten andererseits.
  97. a) Im Deckungsverhältnis liegt ein Vertrag zugunsten Dritter, nämlich zugunsten des Beklagten vor, durch den dieser einen Anspruch auf
  98. das Guthaben gegenüber der Sparkasse nach dem Tod der Erblasserin
  99. erworben hat (§§ 328, 331 BGB). Nach gefestigter höchstrichterlicher
  100. -6-
  101. Rechtsprechung unterliegen die Rechtsbeziehungen im Deckungsverhältnis nicht dem Erbrecht, sondern dem Schuldrecht. Deshalb gilt
  102. § 2301 Abs. 1 BGB für sie auch dann nicht, wenn es sich im Valutaverhältnis um eine unentgeltliche Zuwendung handelt (BGHZ 41, 95, 96; 66,
  103. 8, 12 f.; Urteil vom 19. Oktober 1983 - IVa ZR 71/82 - NJW 1984, 480
  104. unter 1). Die besonderen erbrechtlichen Auslegungsregeln für letztwillige
  105. Verfügungen sind auf die Auslegung der rechtsgeschäftlichen Vereinbarung, durch die der Anspruch aus § 331 BGB begründet wird, auch nicht
  106. entsprechend anwendbar (BGH, Urteil vom 12. Mai 1993 - IV ZR
  107. 227/92 - NJW 1993, 2171 unter 2).
  108. b) Dementsprechend ist auch die Frage, ob der Begünstigte den
  109. auf diese Weise erlangten Anspruch behalten darf oder an die Erben
  110. nach § 812 BGB herausgeben muß, also die Frage nach dem rechtlichen
  111. Grund im Valutaverhältnis, nicht nach Erbrecht, sondern nach Schuldrecht zu beurteilen (Urteil vom 19. Oktober 1983 aaO). Der Bundesgerichtshof hat die Frage, ob derartige Zuwendungen zwar nicht in der
  112. Rechtsform, wohl aber in anderen Beziehungen erbrechtlichen Normen
  113. unterstellt werden müssen, im Hinblick auf erbvertragliche oder diesen
  114. gleichstehende Bindungen des Erblassers durch wechselbezügliches
  115. gemeinschaftliches Testament erwogen, aber verneint, um erhebliche
  116. Abgrenzungschwierigkeiten
  117. sowie
  118. Rechtsunsicherheit
  119. zu
  120. vermeiden
  121. (BGHZ 66, 8, 12 ff.). Als Valutaverhältnis kommt, wenn eine unentgeltliche Zuwendung gewollt ist, im allgemeinen nur eine Schenkung in Betracht; im Hinblick auf den "Von-Selbst-Erwerb" des Begünstigten ist sowohl Vollziehung im Sinne von § 2301 Abs. 2 BGB als auch Heilung des
  122. Formmangels gemäß § 518 Abs. 2 BGB anzunehmen (Urteil vom
  123. 19. Oktober 1983 aaO). Es sind aber auch andere Rechtsgeschäfte unter
  124. -7-
  125. Lebenden im Valutaverhältnis möglich, etwa eine ehebedingte Zuwendung; die erbrechtliche Vorschrift des § 2077 BGB ist in einem solchen
  126. Fall auf die Begünstigung nicht anwendbar (BGHZ 128, 125, 132 ff.). An
  127. diesen Grundsätzen hält der Senat fest.
  128. c) Die Urteile der Vorinstanzen befassen sich demgegenüber undifferenziert mit der Anfechtung des Vertrages zugunsten Dritter für den
  129. Todesfall vom 25. März 1996. Nach den Urteilen im vorangegangenen
  130. Verfahren
  131. betrifft
  132. die
  133. Anfechtung
  134. des
  135. dritten
  136. Miterben
  137. vom
  138. 11. September 1997, die er dem Beklagten gegenüber erklärt hat, nicht
  139. das Deckungsverhältnis gegenüber der Sparkasse, sondern eine im Valutaverhältnis gegenüber dem Beklagten vorliegende Schenkung. Insoweit bedarf es auch im vorliegenden Verfahren tatrichterlicher Feststellungen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die unter den Parteien streitige
  140. Frage, was die Erblasserin mit dem Rechtsgeschäft vom 25. März 1996
  141. bezweckt hat, nicht erst für einen eventuellen Anfechtungsgrund, sondern schon für die rechtliche Charakterisierung des Valutaverhältnisses
  142. Bedeutung erlangen kann.
  143. 2. a) Nach dem Vortrag der Klägerin ging es im Valutaverhältnis
  144. um einen Auftrag oder eine Geschäftsbesorgung; der Beklagte habe die
  145. Guthaben für die Erblasserin verwalten sollen. Insoweit ist wie bei jedem
  146. Rechtsgeschäft unter Lebenden gemäß §§ 133, 157 BGB maßgebend,
  147. was als Wille der Erblasserin für den Beklagten als Empfänger ihrer Erklärung erkennbar geworden ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 1992 - IX
  148. ZR 141/91 - NJW 1992, 1446 unter II 1 b). Für die Behauptung der Klägerin, der Beklagte habe die Guthaben lediglich verwalten sollen, ist die
  149. Klägerin
  150. beweispflichtig
  151. (vgl.
  152. Palandt/Sprau,
  153. BGB
  154. 62. Aufl.
  155. § 667
  156. -8-
  157. Rdn. 10). Da sie aber an dem Rechtsgeschäft zwischen der Erblasserin,
  158. der Sparkasse und dem Beklagten vom 25. März 1996 nicht beteiligt war,
  159. ist der Beklagte zu einer substantiierten Darlegung verpflichtet (vgl.
  160. BGH, Urteil vom 3. Februar 1999 - VIII ZR 14/98 - NJW 1999, 1404 unter
  161. II 2 b aa).
  162. b) Die Klägerin hat sich in ihrer Berufungserwiderung auf die Protokolle der Aussagen der vom Amtsgericht im vorangegangenen Verfahren vernommenen Zeugen bezogen. Danach habe die Erblasserin stets
  163. erklärt, ihr Nachlaß werde gleichmäßig verteilt. Insbesondere habe sie
  164. nach der Beerdigung ihres Mannes am 21. März 1996 im Hinblick auf ihre eigene Erkrankung erklärt, der Beklagte solle, da er örtlich und zeitlich
  165. am besten verfügbar sei, die Gelddinge für sie regeln, da sie nicht mehr
  166. aus dem Hospiz herauskomme.
  167. Diesem Vortrag steht nicht etwa der Wortlaut der Verfügung zugunsten Dritter für den Todesfall vom 25. März 1996 entgegen. Im vorgedruckten Text heißt es zwar: "Für den Fall des Widerrufs der Vereinbarung gelten auch ein darin liegendes Schenkungsversprechen bzw.
  168. Schenkungsangebot an den Begünstigten sowie ein etwaiger Auftrag zur
  169. Weiterleitung dieses Versprechens/Angebots an ihn als widerrufen."
  170. Daraus geht aber nicht hervor, daß in der hier getroffenen Vereinbarung
  171. zugleich eine Schenkung an den Beklagten als anwesendem Begünstigten liegen sollte.
  172. Der Beklagte hat demgegenüber zum Beweis seines Vortrags, das
  173. Bankguthaben der Erblasserin sei ihm durch deren Verfügung zugunsten
  174. Dritter für den Todesfall vom 25. März 1996 geschenkt worden, in der
  175. -9-
  176. Berufungsbegründung ausdrücklich die Vernehmung des seinerzeit anwesenden Sparkassenangestellten als Zeugen beantragt.
  177. c) Die Entscheidung des Berufungsgerichts, im Hinblick auf die
  178. von ihm als Urkunden verwerteten Vernehmungsprotokolle des vorangegangenen Verfahrens sowie den Inhalt des Testaments von der erneuten
  179. Vernehmung auch des vom Beklagten zum Zwecke des unmittelbaren
  180. Beweises benannten Zeugen abzusehen, ist rechtsfehlerhaft, wie die
  181. Revision mit Recht rügt (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1999 - VI
  182. ZR 207/98 - NJW 2000, 1420 unter II 2 a). Daran ändert die Meinung des
  183. Berufungsgerichts, der Zeuge werde sich jetzt nicht genauer erinnern
  184. können als bei seiner Vernehmung im Jahre 1999, nichts. Der Richter
  185. darf auch im Zivilverfahren von der Erhebung zulässiger und rechtzeitig
  186. angetretener Beweise nur dann absehen, wenn das Beweismittel völlig
  187. ungeeignet oder die Richtigkeit der unter Beweis gestellten Tatsache bereits erwiesen ist; bei der Zurückweisung eines Beweismittels als ungeeignet ist größte Zurückhaltung geboten; es muß jede Möglichkeit ausgeschlossen sein, daß der übergangene Beweisantrag Sachdienliches
  188. ergeben könnte (BVerfG NJW 1993, 254 unter 1 b; vgl. auch BGH, Urteil
  189. vom 12. Oktober 1998 - II ZR 164/97 - BGHR ZPO § 286 Abs. 1, Beweisantrag, Ablehnung 20). Hier hat der Zeuge im vorangegangenen
  190. Verfahren u.a. bekundet, wenn jemand möchte, daß das Guthaben zum
  191. Zeitpunkt seines Todes vom Begünstigten verteilt werden solle, werde
  192. von Seiten der Sparkasse darauf hingewiesen, daß die Verfügung zugunsten Dritter nicht der richtige Vertrag sei. Das Berufungsgericht hat
  193. mithin unzulässig eine vorweggenommene Beweiswürdigung vorgenommen.
  194. - 10 -
  195. d) Die Sache muß daher zur weiteren Aufklärung schon der Frage,
  196. wie der Beklagte unter Berücksichtigung aller ihm bekannten Umstände
  197. das von der Erblasserin ihm gegenüber am 25. März 1996 begründete
  198. Valutaverhältnis verstehen durfte, an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
  199. Die Klägerin nimmt den Beklagten im übrigen nicht, wie das Landgericht gemeint hat, in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker aus
  200. § 2218 BGB in Anspruch, sondern persönlich. Auch nach der Behauptung des Beklagten ist das streitige Guthaben nicht in den Nachlaß gefallen. Zwar macht die Klägerin ihren Anspruch als Miterbin geltend
  201. (§§ 2039, 667 BGB in Verbindung mit dem Testament; der Nachlaß ist
  202. nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts im
  203. übrigen bereits auseinandergesetzt und eine Klage unmittelbar auf Zahlung an die Klägerin ohne besondere Erbauseinandersetzung daher zulässig). Der Anspruch richtet sich gegen den Beklagten aber in seiner
  204. Eigenschaft als Nachlaßschuldner, so daß das Prozeßführungsrecht der
  205. Erbin selbst zusteht (BGH, Urteil vom 14. November 2002 - III ZR 19/02 ZEV 2003, 75 unter I).
  206. 3. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, daß im
  207. Valutaverhältnis von einer Schenkung an den Beklagten auszugehen ist,
  208. kommt es weiterhin auf die hier erklärte Anfechtung an. Hierzu gibt der
  209. Senat folgende Hinweise:
  210. a) Im Schrifttum wird die - von den Vorinstanzen zugrunde gelegte - Ansicht vertreten, die erbrechtliche Anfechtungsregelung in § 2078
  211. BGB sei entsprechend auch auf Verträge zugunsten Dritter auf den To-
  212. - 11 -
  213. desfall anzuwenden (MünchKomm/Leipold, BGB 3. Aufl. § 2078 Rdn. 15;
  214. Palandt/Edenhofer, aaO § 2078 Rdn. 12; Soergel/Loritz, BGB 13. Aufl.
  215. § 2078 Rdn. 9; v.Hippel NJW 1966, 867 f.; a.A. Staudinger/Otte, BGB
  216. [2003] § 2078 Rdn. 4). Nach Auffassung des Senats steht jedoch der
  217. Schutz des Vertragspartners der Rechtsgeschäfte unter Lebenden, die
  218. im Deckungs-, aber auch im Valutaverhältnis geschlossen werden, einer
  219. Erweiterung der sich aus §§ 119 ff. BGB ergebenden Anfechtungsmöglichkeiten entgegen. Es wäre auch nicht gerechtfertigt, dem Vertragspartner den von § 2078 Abs. 3 BGB ausgeschlossenen Schadensersatzanspruch aus § 122 BGB zu nehmen. Daß die verfügende Partei durch
  220. einen solchen Vertrag zu ihren Lebzeiten wirtschaftlich nicht belastet und
  221. insofern nicht mehr mit den Folgen des Geschäfts konfrontiert wird, wie
  222. das Berufungsgericht und die Klägerin hervorheben, ist nicht allein maßgebend.
  223. b) Das Anfechtungsrecht nach § 119 BGB geht beim Tod des Erklärenden auf dessen Erben über; es kann grundsätzlich nur von allen
  224. Miterben gemeinschaftlich ausgeübt werden (RGZ 107, 238, 239; BGH,
  225. Urteil vom 26. Januar 1951 - V ZR 61/50 - NJW 1951, 308; MünchKomm/
  226. Mayer-Maly/Busche, BGB 4. Aufl. § 142 Rdn. 6). Da es hier der Begründung eines Anspruchs gegen den Beklagten persönlich dient, steht diesem als Miterben wegen des Interessenwiderstreits kein Stimmrecht zu
  227. (vgl. BGHZ 56, 47, 53; Urteil vom 25. Juni 2003 - IV ZR 285/02 - MDR
  228. 2003, 1116, 1117). Die Anfechtung muß nicht von allen Miterben gleichzeitig und in einem einheitlichen Rechtsakt erklärt werden; wie auch
  229. sonst bei Verfügungsgeschäften der Miterben genügen zeitlich aufeinander folgende Erklärungen oder die Genehmigung einer Erklärung, die
  230. von einem Miterben zugleich für die anderen abgegeben worden ist (vgl.
  231. - 12 -
  232. MünchKomm/Dütz, aaO § 2040 Rdn. 14). Insoweit wird der Tatrichter
  233. das Verhalten der Klägerin gegebenenfalls aufzuklären und auszulegen
  234. haben. Die Anfechtung ist gegenüber dem Empfänger der anzufechtenden Willenserklärung zu erklären; da es hier um das Valutaverhältnis
  235. geht, war der Beklagte (und nicht, wie die Revision meint, die Sparkasse) der richtige Erklärungsempfänger. Die Anfechtung muß gemäß § 121
  236. BGB unverzüglich erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von
  237. dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Insoweit bliebe also weiterhin zu klären, wann die Klägerin des vorliegenden und der Kläger des
  238. vorangegangenen Verfahrens die erforderliche Kenntnis erlangt und ob
  239. sie unter Berücksichtigung einer angemessenen Überlegungsfrist rechtzeitig angefochten haben. Dabei kommt die Kenntnis eines Anfechtungsgrundes erst in Betracht, wenn überhaupt von einem durch Irrtum beeinflußten Rechtsgeschäft im Valutaverhältnis auszugehen ist. Eine Verzögerung könnte überdies entschuldbar sein, soweit nach der Rechtsauffassung beider Vorinstanzen eine eigene Anfechtung durch die Klägerin
  240. nicht erforderlich war.
  241. c) Schließlich bliebe zu prüfen, ob die Erblasserin in einem zur
  242. Anfechtung berechtigenden Irrtum war. Auch insofern durfte das Berufungsgericht nicht ohne Vernehmung des von dem Beklagten als Zeugen
  243. benannten Mitarbeiters der Sparkasse entscheiden.
  244. Terno
  245. Dr. Schlichting
  246. Wendt
  247. Seiffert
  248. Dr. Kessal-Wulf