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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IV ZR 227/09
  4. vom
  5. 21. September 2011
  6. in dem Rechtsstreit
  7. -2-
  8. Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitze nde Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann und
  9. die Richterin Dr. Brockmöller
  10. am 21. September 2011
  11. beschlossen:
  12. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in
  13. dem Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln
  14. vom 30. Oktober 2009 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
  15. Streitwert: 23.821,33 €.
  16. Gründe:
  17. 1
  18. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfo rdert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
  19. Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2
  20. Satz 1 ZPO).
  21. 2
  22. Gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO weist der Senat ergänzend auf
  23. Folgendes hin:
  24. -3-
  25. 3
  26. 1. Zwar ist - anders als das Berufungsgericht meint - bei der Auslegung von Bedingungen einer Reisekrankenversicherung, die zum
  27. Schutz des Versicherers vor vorvertraglichen Risiken das L eistungsversprechen auf Krankheiten beschränken, deren Eintritt nicht vorhersehbar
  28. oder "unerwartet" war (hier: Teil B. § 1 Nr. 1 der "Versicherungsbedingungen
  29. Reise-Versicherungen
  30. für
  31. Besucher
  32. der
  33. Bundesrepublik
  34. Deutschland - Reise-Krankenversicherung" - im Folgenden: AVB), auf
  35. die subjektive Sicht des Versicherungsnehmers oder der versicherten
  36. Person abzustellen (vgl. OLG Köln NVersZ 1999, 131, 132; OLG Hamm
  37. VersR 2001, 1229 f.; vgl. auch OLG Brandenburg VersR 2002, 350; Nies ,
  38. NVersZ 2001, 535, 536). Anderenfalls würde die dem Versicherer nach
  39. der gesetzlichen Konzeption des Versicherungsvertrages obliegende G efahrtragung unzulässig auf den Versicherungsnehmer übertragen (vgl.
  40. dazu Senatsurteil vom 2. März 1994 - IV ZR 109/93, VersR 1994, 549
  41. unter 2).
  42. 4
  43. 2. Die Nichtzulassungsbeschwerde legt aber nicht dar, dass dem
  44. Berufungsgericht damit ein entscheidungserheblicher Rechtsfehler unte rlaufen wäre, der die Zulassung der Revision erfordert. Das Berufungsg ericht ist von seinem Rechtsstandpunkt aus zu dem Ergebnis gelangt, der
  45. von der Versicherten während ihres Deutschlandaufenthalts erlittene
  46. Herzinfarkt sei ungeachtet ihrer - insbesondere auch koronaren - Vorerkrankungen "unerwartet" eingetreten und mithin versichert.
  47. 5
  48. Die zutreffende - subjektive - Auslegung des Begriffs "unerwartet"
  49. führt zu keinem anderen Ergebnis. Auch sie erforderte es nicht, den m edizinischen Sachverständigen zu der Frage zu hören, inwieweit die Vo rerkrankungen der Versicherten und der mit der Reise von den Philipp inen nach Deutschland verbundene Klimawechsel ihr Herzinfarktrisiko
  50. -4-
  51. nach medizinischem Ermessen objektiv erhöht hatten (vgl. dazu auch
  52. OLG Köln NVersZ 1999, 131 ff.). Entscheidend wäre allein gewesen,
  53. welche Informationen dem Versicherungsnehmer und der Versicherten
  54. durch behandelnde Ärzte konkret gegeben worden waren. Dass der
  55. Sachverständige nicht angehört worden ist, stellt deshalb keine en tscheidungserhebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten
  56. dar.
  57. 6
  58. Die Nichtzulassungsbeschwerde zeigt auch im Übrigen ke ine
  59. Umstände auf, die den Schluss nahelegen, der Versicherungsnehmer
  60. oder die Versicherte hätten mit einem Herzinfarkt während des Deutsc hlandaufenthalts gerechnet. Dagegen spricht vor allem, dass die Vers icherte ungeachtet der Lebensgefahr, die mit einem Herzinfarkt verbunden sein kann, ihre Reise angetreten hat.
  61. 7
  62. 3. Ob der Herzinfarkt "absehbar" im Sinne des Leistungsau sschlusses des § 1 Nr. 2 a) Satz 1 AVB war, kann dahin stehen. Beim
  63. Vergleich der Leistungsbeschreibung des § 1 Nr. 1 AVB mit dem Risikoausschluss in § 1 Nr. 2 a) Satz 1 AVB erkennt der durchschnittliche Versicherungsnehmer, dass akute, mithin im versicherten Zeitraum neu und
  64. plötzlich auftretende Erkrankungen Versicherungsschutz genießen, wä hrend die Behandlung bereits bestehender und bekannter Vorerkrankungen einschließlich möglicher Behandlungsfolgen vom Versicherung sschutz ausgenommen ist. Er wird daher annehmen, dass eine akute, u nerwartete Erkrankung i.S. des § 1 Nr. 1 AVB etwas anderes ist als die
  65. bekannten Beschwerden, Erkrankungen und Verletzungen, denen der
  66. Leistungsausschluss allein gilt.
  67. -5-
  68. 8
  69. Das Berufungsgericht hat deshalb zutreffend zwischen ersta ttungsfähigen Kosten für die Behandlung der akuten Erkrankung (des
  70. Herzinfarktes) und nicht erstattungsfähigen Kosten für die Behan dlung
  71. der bekannten Vorerkrankungen unterschieden. Dass es den Herzinfarkt
  72. der Versicherten als bedingungsgemäß akute Erkrankung eingestuft hat,
  73. nimmt die Nichtzulassungsbeschwerde ausdrücklich hin.
  74. Dr. Kessal-Wulf
  75. Wendt
  76. Lehmann
  77. Felsch
  78. Dr. Brockmöller
  79. Vorinstanzen:
  80. LG Bonn, Entscheidung vom 02.03.2009 - 9 O 485/07 OLG Köln, Entscheidung vom 30.10.2009 - 20 U 62/09 -