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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. III ZR 200/03
  5. Verkündet am:
  6. 11. November 2004
  7. Freitag
  8. Justizamtsinspektor
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB § 839 Ca, D
  19. a) Zur Amtspflicht der Katastrophenschutzbehörde, bei einem drohenden
  20. Deichbruch die Bevölkerung vor der Hochwassergefahr zu warnen.
  21. b) In den Schutzbereich der Warnung vor Überschwemmungen fallen solche
  22. Schäden nicht, die sich nur bei Mißachtung des Inhalts der Warnung vermeiden ließen (hier: Schäden an im Keller befindlichen Gegenständen,
  23. wenn vor einem Betreten des Kellers wegen Lebensgefahr hätte gewarnt
  24. werden müssen).
  25. BGH, Urteil vom 11. November 2004 - III ZR 200/03 - OLG München
  26. LG Augsburg
  27. - 2 -
  28. Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  29. vom 11. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke
  30. für Recht erkannt:
  31. Auf die Revision der Beklagten wird - unter Zurückweisung der
  32. Anschlußrevision der Kläger - das Urteil des 1. Zivilsenats des
  33. Oberlandesgerichts München vom 5. Juni 2003 aufgehoben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
  34. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
  35. und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  36. Von Rechts wegen
  37. Tatbestand
  38. Die Kläger fordern von der beklagten kreisfreien Stadt Schadensersatz
  39. wegen der Überschwemmung ihres Hausgrundstücks durch die Wertach in der
  40. Nacht vom 22. zum 23. Mai 1999 (sogenanntes A.
  41. ser).
  42. Pfingsthochwas-
  43. - 3 -
  44. Die Wertach ist ein gesetzlich vom Freistaat Bayern zu unterhaltendes
  45. Gewässer erster Ordnung. Oberhalb des im Stadtteil P.
  46. /U.
  47. gelegenen Anwesens der Kläger befindet sich - ca. 1,7 km entfernt - eine im
  48. Eigentum der Streithelferin der Beklagten stehende Wehranlage (A.
  49. -
  50. Wehr). Die östliche Uferböschung war flußaufwärts befestigt, während am
  51. westlichen Ufer ein etwa 100 m langer Damm mit einem befestigten Fahrweg
  52. auf der Krone verlief. Zum Durchschleusen von Treibgut hielt die Streithelferin
  53. Stangen, zum Teil ausgerüstet mit Haken oder Sägen, vor. Damit und durch
  54. den Einsatz der Werksfeuerwehr hatte sich in der Vergangenheit stets ein teilweiser oder vollständiger Verschluß des Wehrs durch Treibgut (Verklausung)
  55. verhindern lassen. In P.
  56. war es bis 1999 lediglich im Jahre 1965 wegen
  57. des Bruchs einer Absperrung des Radegundisbachs zu einer Überschwemmung gekommen.
  58. Am 22. und 23. Mai 1999 führten in A.
  59. starke Regenfälle im Ein-
  60. zugsgebiet zu dem höchsten bislang dort gemessenen Hochwasser der Wertach mit einer statistischen Wiederkehrzeit von 100 Jahren. Ab Mittag des
  61. 22. Mai 1999 führte die Wertach zunächst vereinzelt, dann zunehmend große
  62. Mengen Treibgut mit sich, das teilweise am A.
  63. -Wehr hängenblieb und
  64. schließlich dessen Verklausung zur Folge hatte. Von 14.00 Uhr an versuchten
  65. Mitarbeiter der Streithelferin vergeblich, einen im Wehr verkeilten Baum mit
  66. Bugsierhaken zu entfernen. Gegen 15.30 Uhr scheiterte auch der Versuch, den
  67. Baum mit einer auf einem Lastwagen montierten Seilwinde herauszuziehen.
  68. Daraufhin wurden um 15.55 Uhr die Berufsfeuerwehr der Beklagten und die
  69. Werksfeuerwehr der Streithelferin alarmiert. Gegen 16.30 Uhr ordnete der
  70. Einsatzleiter eine Deicherhöhung mit Sandsäcken an. Die Absicht, mit einer
  71. Teleskopsäge gegen 19.40 Uhr für einen besseren Abfluß zu sorgen, blieb ver-
  72. - 4 -
  73. geblich. Etwa um 21.00 Uhr mußte der Ostdeich aufgegeben werden. Am
  74. Westufer konnte die Deicherhöhung mit dem Ansteigen des Wassers zunächst
  75. Schritt halten. Gegen 22.00 Uhr verschärfte sich die Lage, so daß Sandsäcke
  76. zum Teil durchspült und vermehrt auch weggespült wurden. Kurz darauf wurde
  77. ein Zittern des Westdeichs gemeldet. Danach nahmen die Einsatzkräfte eine
  78. wasserseitige Stabilisierung des Deichs mit grobem Schüttmaterial in Angriff.
  79. Den Einsatz von schwerem Gerät hielten die Verantwortlichen mangels befestigter Zufahrten für aussichtslos. Eine Sprengung lehnte der um 22.00 Uhr
  80. angeforderte Sprengmeister ab. Gegen 00.00 Uhr brachen auf dem Westdamm
  81. zunächst in einer Länge von 30 m die Sandsackerhöhung und gegen 00.15 Uhr
  82. der Damm selbst. Dieser Bruch weitete sich auf eine Länge von 200 bis 250 m
  83. aus. Etwa um 03.30 Uhr brach auch das A.
  84. -Wehr. Die durch den
  85. Dammbruch ausgelöste Flutwelle überschwemmte den Stadtteil U.
  86. mit Keller und Erdgeschoß im Haus der Kläger. Warnungen an die Bewohner
  87. durch Lautsprecherwagen der Polizei und der Wasserwacht erfolgten in diesem Bereich frühestens ab 03.25 Uhr.
  88. Die Kläger haben der Beklagten unter anderem vorgeworfen, die Verklausung des A.
  89. -Wehrs durch den Einsatz schweren Geräts nicht ver-
  90. hindert und die Bevölkerung zudem nicht rechtzeitig gewarnt zu haben. Sie
  91. selbst seien erst gegen 03.30 Uhr oder 03.45 Uhr durch den Knall der unter der
  92. Flutwelle zerberstenden Kellertür geweckt worden. Mit der Klage machen sie
  93. einen Teilbetrag von 55.000 DM ihres Schadens geltend.
  94. Das Landgericht hat durch Grundurteil die Beklagte verpflichtet, den Klägern diejenigen Schäden an ihrem Inventar im Keller und Erdgeschoß des
  95. Hauses zu ersetzen, die bei einer Mitteilung der Beklagten über den Damm-
  96. - 5 -
  97. bruch um 01.00 Uhr am 23. Mai 1999 noch abwendbar gewesen wären. Das
  98. Berufungsgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten und ihrer Streithelferin hat es den Alarmierungszeitpunkt
  99. auf 01.15 Uhr verschoben und zur Warnung der Bevölkerung inhaltlich eine
  100. Lautsprecherdurchsage verlangt, die auf den Bruch des Wertachdamms sowie
  101. auf eine in Kürze zu erwartende Flutwelle hingewiesen und wegen Lebensgefahr davor gewarnt hätte, Keller und Tiefgaragen zu betreten.
  102. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Kläger haben Anschlußrevision eingelegt mit dem Ziel, die Beklagte in vollem Umfang zur Ersatzleistung zu
  103. verurteilen.
  104. Entscheidungsgründe
  105. Die Revision der Beklagten hat Erfolg; die Anschlußrevision der Klägerin
  106. erweist sich dagegen als unbegründet.
  107. I.
  108. Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. Die Revision rügt, die von den Klägern geltend gemachten Schadenspositionen überschritten die Klagesumme von 55.000 DM, ohne daß die Kläger angegeben
  109. hätten, in welcher Reihenfolge die einzelnen Positionen zur Begründung ihres
  110. Klageanspruchs herangezogen werden sollten.
  111. - 6 -
  112. Die Rüge ist unbegründet. Richtig ist, daß bei einer auf mehrere selbständige prozessuale Ansprüche gestützten Teilklage der Leistungsantrag nur
  113. dann hinreichend bestimmt ist (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), wenn der Kläger angibt, mit welchem Anteil oder in welcher Reihenfolge die einzelnen Ansprüche
  114. geprüft werden sollen (BGHZ 124, 164, 166; BGH, Urteil vom 19. Juni 2000
  115. - II ZR 319/98 - NJW 2000, 3718, 3719; Urteil vom 13. Februar 2003 - I ZR
  116. 281/01 - NJW-RR 2003, 916). Das gilt jedoch nicht für bloße unselbständige
  117. Rechnungsposten (BGH, Urteil vom 19. Juni 2000 aaO; Urteil vom 13. März
  118. 2003 - VII ZR 418/01 - NJW-RR 2003, 1075, 1076). Die hier mit der Klage geltend gemachten Einzelschäden an Inventar und Gebäude gehören aber zu derselben Schadensart (Sachschäden) und haben deshalb innerhalb des einheitlichen Amtshaftungsanspruchs lediglich die Bedeutung unselbständiger und im
  119. Rahmen des Gesamtbetrags austauschbarer Faktoren (vgl. auch BGH, Urteil
  120. vom 22. November 1990 - IX ZR 73/90 - NJW-RR 1991, 1279). Im übrigen verweist die Revisionserwiderung auch mit Recht darauf, daß sich die Überschreitung der Klagesumme im Berufungsverfahren durch die mit Schriftsatz der Kläger vom 8. April 2003 vorgelegte Schadensliste allein aus einem mit "Schadensliste-Nachtrag" überschriebenen Anhang ergibt und daß diese weiteren
  121. Schäden deshalb - wenn überhaupt - ersichtlich nur hilfsweise geltend gemacht
  122. worden sind.
  123. II.
  124. 1.
  125. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in OLG-Report München 2003, 318
  126. abgedruckt ist, hat der Beklagten nicht anlasten wollen, daß es überhaupt zu
  127. - 7 -
  128. dem Bruch des Wertachdamms und infolgedessen zu der Überschwemmung
  129. gekommen ist. Der Beklagten lasse sich insbesondere auch nicht vorwerfen,
  130. daß sie am 22. Mai 1999 kein schweres Gerät zum Herausziehen von Bäumen
  131. und Gestrüpp aus der Wertach eingesetzt habe. Unter anderem sei völlig offen, ob die Einsatzleitung der Beklagten am Pfingstsamstag einen geeigneten
  132. Unternehmer hätte erreichen können. Selbst wenn sich die Einsatzkräfte aber
  133. unmittelbar nach dem Scheitern des Versuchs, den zuerst festgeklemmten
  134. Baum mit Hilfe einer Seilwinde aus dem Wehr zu ziehen, gegen 15.30 Uhr um
  135. schweres Gerät bemüht hätten, wäre dieses günstigenfalls um 18.00 Uhr
  136. einsatzbereit gewesen. Ob ein Seilzugbagger dann noch auf dem Damm hätte
  137. arbeiten können, lasse sich nicht mehr klären. Mindestens sei das Absehen
  138. von einem solchen Einsatz den Verantwortlichen der Beklagten mit Rücksicht
  139. darauf, daß auch der Sachverständige Prof. Dr. P.
  140. den Untergrund für
  141. schweres Gerät nicht mehr für tragfähig gehalten habe, nicht vorzuwerfen. Darüber hinaus müsse der Einsatzleitung insoweit ein gewisser Beurteilungsspielraum zugebilligt werden. Ebensowenig stehe fest, daß eine Sprengung des
  142. A.
  143. -Wehrs rechtzeitig hätte erfolgen können oder daß dies überhaupt eine
  144. sachgerechte Maßnahme gewesen wäre.
  145. 2.
  146. Nach Ansicht des Berufungsgerichts traf die Beklagte ferner bis zum
  147. Bruch des Westdeichs keine Amtspflicht zur Warnung der Bewohner des Stadtteils P.
  148. . Entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen ha-
  149. be allerdings eine Warnung jedenfalls in dem Augenblick erfolgen müssen, als
  150. erkennbar geworden sei, daß sich der Damm nicht mehr halten lasse. Wenn
  151. man das Zittern des Damms, die Probleme mit den Sandsäcken und deren
  152. Überströmung als Beginn der nicht mehr beherrschbaren Situation ansehe,
  153. hätte - so der Sachverständige - um 22.00 Uhr gewarnt werden müssen; letzt-
  154. - 8 -
  155. lich habe der Sachverständige dies aber nicht beurteilen wollen, da er nicht auf
  156. dem Damm gewesen sei. Auf dieser Grundlage könne die Verzögerung der
  157. Warnung bis zum Dammbruch der Beklagten nicht als Amtspflichtverletzung
  158. zur Last gelegt werden. Zum einen sei den Einsatzkräften auch insofern ein
  159. gewisser Beurteilungsspielraum zuzubilligen, und zum anderen trügen die Kläger die Beweislast dafür, daß die Situation nach 22.00 Uhr nicht mehr beherrschbar gewesen sei. Diesen Beweis hätten sie aber nicht geführt.
  160. 3.
  161. Das Oberlandesgericht hat hingegen die Beklagte aus dem Gesichts-
  162. punkt der Gefahrenabwehr sowie wegen verschiedener spezialgesetzlicher
  163. Vorschriften (Art. 6 des Bayerischen Katastrophenschutzgesetzes [BayKSG],
  164. Art. 66 des Bayerischen Wassergesetzes [BayWG], § 8 Nr. 1 der Verordnung
  165. über den Hochwassernachrichtendienst [HNDV] vom 23. Mai 1990, BayGVBl.
  166. 1990, S. 159) für verpflichtet gehalten, die Anwohner von P.
  167. nach
  168. dem Bruch des Westdamms vor der drohenden Überschwemmung zu warnen.
  169. Der Amtspflicht sei sie nicht ausreichend, insbesondere nicht zügig genug,
  170. nachgekommen. Die Tatsache, daß die Verantwortlichen der Beklagten über
  171. kein geeignetes Kartenmaterial für eine Abschätzung, wohin die Wassermassen fließen würden, verfügten, entschuldige die Beklagte nicht. Erst recht beseitige dies nicht die Vorhersehbarkeit einer Überflutung von P.
  172. im
  173. Falle eines Dammbruchs, zumal das Wasser schon bei dem Hochwasser von
  174. 1965 denselben Weg genommen habe. In der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern über den Vollzug der Verordnung über
  175. den Hochwassernachrichtendienst vom 4. Januar 1991 (VBHNDV, AllMBl.
  176. 1991, 367) werde in Ziffer 4.4.2 unter anderem die Verpflichtung der Gemeinden geregelt, Kartenmaterial über die Überschwemmungsbereiche größerer
  177. Hochwässer vorzuhalten.
  178. - 9 -
  179. Nach Auffassung des Berufungsgerichts war der Beklagten ein Zeitraum
  180. von einer Stunde bis zum Abschluß der Warnaktion zuzubilligen. Eine Warnung erst um 03.15 Uhr oder 03.25 Uhr sei zu spät gewesen. Daß die Feuerwehr der Beklagten bei einer Erkundungsfahrt im G.
  181. Wäldchen um
  182. 02.30 Uhr noch kein Wasser festgestellt habe, habe das Unterlassen einer früheren Warnung in P.
  183. nicht rechtfertigen können. Der Sachverständige
  184. habe es zwar als nicht vorhersehbar bezeichnet, wie lange das Wasser nach
  185. P.
  186. brauchen werde, aufgrund des Verlaufs des alten Flußbetts und der Ereignisse von 1965 sei aber sehr wohl dessen Richtung zu erkennen gewesen.
  187. In Übereinstimmung mit dem Sachverständigen halte der Berufungssenat eine eindringliche Warnung für erforderlich. Sie habe auf den Bruch des
  188. Wertachdamms und eine in Kürze zu erwartende Flutwelle hinweisen sowie
  189. wegen Lebensgefahr davor warnen müssen, Keller und Tiefgaragen zu betreten. Mehr als eine Durchsage mit Lautsprecherwagen habe allerdings von der
  190. Beklagten nicht verlangt werden können. Durch eine solche Alarmierung wäre
  191. mindestens einer der Kläger geweckt worden.
  192. Die Kläger hätten bei dieser gebotenen Warnung zumindest einige leicht
  193. transportable Gegenstände aus dem Keller in höhere Räume verbracht, obwohl
  194. vor einem Betreten des Kellers hätte gewarnt werden müssen. Der Schutzzweck einer solchen Warnung stehe dem nicht entgegen. Auch die Vermeidung materieller Schäden gehöre zum Zweck einer Hochwasserwarnung. Die
  195. Aufforderung, Tiefgaragen und Keller nicht zu betreten, habe nicht deshalb
  196. erfolgen müssen, weil die dort befindlichen Gegenstände nicht vor einer Über-
  197. - 10 -
  198. schwemmung hätten geschützt werden sollen, sondern, um im konkreten Fall
  199. Personenschäden zu vermeiden. Unabhängig hiervon sei es aber auch möglich, daß die Kläger wenigstens einige der kleineren Haushaltsgeräte aus der
  200. im Erdgeschoß befindlichen und später überschwemmten Küche in höher gelegene Räume gebracht hätten.
  201. 4.
  202. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei schließlich nicht
  203. wegen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB
  204. ausgeschlossen. Eine Haftung der Streithelferin wegen des Überschwemmungsschadens nach §§ 836 ff. BGB bestehe nicht. Fehlerhafte Errichtung
  205. oder mangelhafte Unterhaltung des Wehrs oder des Westdamms der Wertach
  206. in einem Bereich, für den die Streithelferin unterhaltungspflichtig gewesen sei,
  207. lasse sich nicht feststellen. Ein Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 31
  208. BayWG sei gleichfalls nicht gegeben. Die Verpflichtung des Unternehmers
  209. nach Art. 31 BayWG, eine festgesetzte Stauhöhe einzuhalten, sei zwar ein
  210. Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. An dem Ansteigen des Wasserspiegels aufgrund der Verklausung und dem nachfolgenden Bruch des Westdamms treffe die Streithelferin jedoch kein Verschulden. Nachbarrechtliche Ansprüche nach § 906 BGB schieden schon deshalb aus, weil Überschwemmungen hiervon nicht erfaßt würden. Im übrigen könne man angesichts der großen
  211. Entfernung auch nicht von einem Nachbarschaftsverhältnis sprechen.
  212. III.
  213. Anschlußrevision der Kläger
  214. - 11 -
  215. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Anschlußrevision jedenfalls im Ergebnis stand.
  216. 1.
  217. Soweit es um der Beklagten obliegende Schutzmaßnahmen gegen einen
  218. Bruch des Deiches geht, sind Rechtsfehler nicht ersichtlich. Die Anschlußrevision wendet sich mit Verfahrensrügen gegen die Annahme des Berufungsgerichts und die zugrundeliegenden Feststellungen, die Beklagte habe aus tatsächlichen Gründen nicht schweres Gerät zur Verhinderung oder Beseitigung
  219. der Verklausung einsetzen müssen. Diese Rügen hat der Senat geprüft und für
  220. nicht durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird abgesehen (§ 564
  221. ZPO). Auf die Frage, welche rechtlichen Maßstäbe dabei an die Bemühungen
  222. zur Abwehr der Überschwemmung anzulegen wären, kommt es nicht an.
  223. 2.
  224. Im Ergebnis vergeblich bekämpft die Anschlußrevision auch die Auffas-
  225. sung des Berufungsgerichts, eine konkrete Warnung der Einwohner von P.
  226. habe nicht vor dem Dammbruch erfolgen müssen.
  227. a) Zu Recht hat das Berufungsgericht die Beklagte aus dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr für verpflichtet gehalten, die von dem Hochwasser
  228. bedrohte Bevölkerung vor der Überflutung zu warnen (vgl. Senatsurteil vom
  229. 27. Januar 1994 - III ZR 109/92 - VersR 1994, 935, 937; Senatsbeschlüsse
  230. vom 12. Juli 1990 - III ZR 167/88 - BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1 Gemeinde 2 und vom 26. September 1991 - III ZR 330/89 - BGHR BGB § 839 Abs. 1
  231. Satz 1 Hochwasserschutz 3). Solche Warnungen obliegen in Bayern - unabhängig von den Verpflichtungen erfahrungsgemäß durch Überschwemmungen
  232. bedrohter Gemeinden nach Art. 66 Abs. 2 BayWG - als Teil des Katastrophenschutzes (vgl. Schulz, BayKSG, Art. 3 Anm. 3, Art. 6 Anm. 1.2) jedenfalls auch
  233. - 12 -
  234. den Kreisverwaltungsbehörden (Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 BayKSG), hier
  235. also gemäß Art. 9 Abs. 1 BayGO der Beklagten als kreisfreier Stadt. Eine Haftung des Freistaats Bayern wie bei der Ausführung rein staatlicher Aufgaben
  236. durch die Landkreise (Art. 35 Abs. 3, Art. 37 Abs. 5 BayLKO) tritt in diesem Fall
  237. nicht ein. Nach der Rechtsprechung des Senats dient der Katastrophen- und
  238. Hochwasserschutz nicht nur dem Interesse der Allgemeinheit, sondern zugleich den Belangen der von den Auswirkungen einer Überflutung möglicherweise Betroffenen; Amtspflichten dieser Art sind daher drittbezogen (BGHZ 54,
  239. 165, 170; 140, 380, 388; Senatsurteil vom 27. Januar 1994 aaO).
  240. b) Für die Bestimmung des Alarmierungszeitpunkts hat sich das Oberlandesgericht von dem Gedanken leiten lassen, drastische Warnungen könnten zu Panikerscheinungen, Verkehrschaos und Unfällen führen und überzogene Warnungen eine Gewöhnung der Bevölkerung zur Folge haben. Es hat
  241. deshalb in Anlehnung an die Ausführungen des Sachverständigen eine Warnpflicht hier erst für den Augenblick bejaht, in dem erkennbar geworden sei, daß
  242. sich der Damm nicht mehr halten lasse.
  243. Das ist zu eng und läßt, wie der Anschlußrevision zuzugeben ist, die
  244. konkrete Gefährdung der Anwohner und die ihnen bei dem späteren Eintritt der
  245. Überschwemmung aus einer Verzögerung der Meldung drohenden, regelmäßig
  246. weit größeren Personen- und Sachschäden außer acht. Eine Amtspflicht zur
  247. Warnung der gefährdeten Bevölkerung muß deshalb auch unter Berücksichtigung eines der Behörde zustehenden Beurteilungs- oder Ermessensspielraums bei einer am Maßstab der jeweiligen Gefahrenpotentiale orientierten
  248. Abwägung spätestens dann eintreten, wenn zwar noch Chancen für eine Rettung des Deiches bestehen, die Wahrscheinlichkeit eines Dammbruchs aber
  249. - 13 -
  250. aus der Sicht des Einsatzleiters vor Ort schon deutlich überwiegt und sich
  251. deswegen Zweifel an einer Beherrschung der Lage aufdrängen müssen.
  252. Unter diesem Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht den Parteivortrag
  253. und die Beweisergebnisse nicht geprüft. Eine Aufhebung des angefochtenen
  254. Urteils aus diesem Grunde und eine Zurückverweisung der Sache zu weiteren
  255. Feststellungen ist dennoch nicht geboten. Unabhängig von der Frage, ob sich
  256. ein derart vorgelagerter Zeitpunkt nach den tatsächlichen Verhältnissen des
  257. Streitfalls überhaupt zuverlässig bestimmen läßt, hat das Berufungsgericht
  258. nämlich als mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht - wenn
  259. auch von einer etwas abweichenden Rechtsauffassung her - den Standpunkt
  260. der Einsatzkräfte, abzuwarten, bis die Situation für sie nicht mehr beherrschbar
  261. geworden war, als amtspflichtgemäß gebilligt. Unter solchen Umständen trifft
  262. die Beamten indes grundsätzlich kein Verschulden (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile BGHZ 97, 97, 107; BGHZ 150, 172, 184). Es besteht kein Anlaß, im
  263. Streitfall von dieser Richtlinie abzugehen. Verfahrensfehler sind entgegen der
  264. Anschlußrevision auch insoweit nicht ersichtlich (§ 564 ZPO).
  265. IV.
  266. Revision der Beklagten
  267. 1.
  268. Das Rechtsmittel der Beklagten ist demgegenüber begründet. Die Revi-
  269. sion nimmt zwar zutreffend hin, daß das Berufungsgericht die Beklagte für verpflichtet gehalten hat, die gefährdeten Anwohner nach dem Bruch des Westdamms zu warnen (oben III 2 a). Sie bekämpft jedoch mit Erfolg die Auffassung
  270. - 14 -
  271. des Oberlandesgerichts, dies habe erkennbar auch für den Stadtteil P.
  272. gegolten.
  273. Das Berufungsgericht hat gemeint, die Tatsache, daß die Verantwortlichen der Beklagten über kein geeignetes Kartenmaterial für eine Abschätzung,
  274. wohin die Wassermassen fließen würden, verfügten, entschuldige die Beklagte
  275. nicht. Erst recht beseitige sie nicht die Vorhersehbarkeit einer Überflutung von
  276. P.
  277. im Falle eines Dammbruchs, zumal das Wasser schon beim
  278. Hochwasser von 1965 denselben Weg genommen habe. In Ziffer 4.4.2
  279. VBHNDV werde unter anderem die Verpflichtung der Gemeinden geregelt, Kartenmaterial über die Überschwemmungsbereiche größerer Hochwässer vorzuhalten. Allenfalls habe bei fehlenden Erfahrungswerten der beteiligten Einsatzkräfte zur Abgrenzung des möglicherweise von der Flutwelle betroffenen Gebiets Anlaß zu besonderer Vorsicht bestanden.
  280. Diese Erwägungen tragen auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen die angefochtene Entscheidung nicht. Eine Pflicht der Beklagten, entsprechendes Kartenmaterial zu erarbeiten und es im Katastrophenfall den Einsatzkräften zur Verfügung zu stellen, ergibt sich bislang weder allgemein aus der Bayerischen Verordnung über den Hochwassernachrichtendienst noch im einzelnen aus Nr. 4.4.2 der ausführenden Bekanntmachung des
  281. Bayerischen Staatsministeriums des Innern über den Vollzug dieser Verordnung. Allerdings haben nach § 7 und § 8 Nr. 2 HNDV die Gemeinden, soweit
  282. sie Empfänger von Hochwassernachrichten sind, einen eigenen Meldeplan aufzustellen. Dieser Meldeplan umfaßt gemäß Nr. 4.4.2 VBHNDV auch einen Lageplan, in den die Überschwemmungsgebiete größerer Hochwässer einzutragen sind. Das setzt aber voraus, daß Überflutungen infolge Hochwassers in
  283. - 15 -
  284. einem bestimmten Gebiet regelmäßig zu erwarten sind, wie auch der nachfolgende Hinweis in dieser Bestimmung auf die förmlich festgesetzte Überschwemmungsgrenze deutlich macht. A.
  285. gehört jedoch nach dem vom
  286. Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt gerade nicht zu den typischerweise von Hochwasser betroffenen Gemeinden.
  287. Andere Rechtsgründe für eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten sind nach dem für die Revisionsinstanz maßgebenden Sachverhalt nicht
  288. ersichtlich, zumal den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. P.
  289. zufolge aufwendige Risikountersuchungen bis dahin nur bei Großanlagen wie
  290. Stauanlagen üblich waren. Allein der Umstand, daß das Hochwasser von 1965
  291. bereits denselben Weg genommen hatte, begründet ohne zusätzliche tatsächliche Feststellungen eine Vorhersehbarkeit des Überschwemmungsgebiets für
  292. die Beklagte ebenfalls nicht. Das Berufungsgericht hat sich weder tatrichterlich
  293. damit befaßt, ob die Beklagte im Stadtteil P.
  294. seinerzeit mit weiteren
  295. Überschwemmungen rechnen mußte und deswegen auch aus einer Sicht ex
  296. ante eine Dokumentation der damaligen Überflutung geboten war, noch aufgeklärt, inwieweit bei der Beklagten etwa vorhandene Unterlagen im Schadensfalle noch aussagekräftig gewesen wären. Dabei wäre außer den vom Landgericht herangezogenen Umständen (tiefe Lage des Stadtteils, Nähe zum Flußbett, anzunehmende nördliche Fließrichtung des Wassers) auf der anderen
  297. Seite auch zu berücksichtigen, daß insoweit - wie die Revision mit Recht rügt die Oberflächenverhältnisse wegen der Errichtung eines Damms für die Bundesstraße 17 verändert worden waren. Eine Verpflichtung der Beklagten, mangels hinreichender Erkenntnisse über die Fließrichtung des Wassers ohne jeden Anhalt in weitem Umkreis alle wertachnahen Stadtteile zu warnen, würde
  298. die Amtspflichten der beklagten Gemeinde überspannen.
  299. - 16 -
  300. Mit der gegebenen Begründung kann das Berufungsurteil nach alledem
  301. nicht bestehen bleiben.
  302. 2.
  303. Die Sache ist nicht aus anderen Gründen im Sinne einer Klageabwei-
  304. sung zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Schadensersatzansprüche
  305. der Kläger gegen die Streithelferin als anderweitige Ersatzmöglichkeit im Sinne
  306. des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB kommen entgegen der Revision nicht in Betracht.
  307. Dabei mag dahinstehen, inwieweit solche Ansprüche bereits nach § 11 Abs. 1
  308. WHG oder aufgrund des bei Erteilung der wasserrechtlichen Benutzungserlaubnis für die Rechtsvorgängerin der Streithelferin im Jahre 1883 geltenden
  309. bayerischen Rechts ausgeschlossen wären (vgl. hierzu auch Senatsurteil
  310. BGHZ 147, 125, 130 f.).
  311. Für eine Haftung der Streithelferin aus § 823 BGB oder nach §§ 836 ff.
  312. BGB wegen mangelhafter Errichtung oder Unterhaltung der Wehranlage fehlt
  313. es an entsprechenden tatrichterlichen Feststellungen; insoweit greift die Revision das Berufungsurteil auch nicht an. Hinsichtlich der nach Art. 31 BayWG
  314. bestehenden Verpflichtung der Streithelferin zur Einhaltung einer bestimmten
  315. Stauhöhe hat das Berufungsgericht in rechtsfehlerfreier Würdigung ein Verschulden der Betreiberin verneint (§ 823 Abs. 2 BGB). Eine Gefährdungshaftung nach § 2 Abs. 1 HPflG, auf die die Revision verweist, liegt fern. Der von
  316. der Stauanlage abzweigende und wieder in die Wertach zurückführende Triebwerkskanal ist weder eine Rohrleitungsanlage noch eine Anlage zur Abgabe
  317. von Flüssigkeiten. Ein Vergleich mit einem Hausanschluß an die gemeindliche
  318. Abwasserkanalisation (dazu OLG Zweibrücken BADK-Inf. 1984, 10; Filthaut,
  319. HPflG, 6. Aufl., § 2 Rn. 12) verbietet sich. Auch für eine Anwendung des § 906
  320. - 17 -
  321. Abs. 2 Satz 2 BGB ist bei einer solchen Sachlage kein Raum. Der Bundesgerichtshof hat zwar mit wild abfließendem Niederschlagswasser abgeschwemmte Unkrautvernichtungsmittel als "ähnliche Einwirkung" im Sinne des § 906
  322. Abs. 1 BGB gewertet (BGHZ 90, 255, 258 f.; s. auch BGHZ 155, 99 zur Überschwemmung eines Nachbargrundstücks wegen des Bruchs einer Wasserversorgungsleitung). Der durch natürliche Vorgänge bewirkte Wasserabfluß selbst
  323. fällt jedoch nicht in den Regelungsbereich des § 906 BGB, zumal insoweit die
  324. wasserrechtlichen Bestimmungen eingreifen (BGHZ 90 aaO; ebenso OLG Celle OLG-Report 2000, 275, 276; Soergel/J.F. Baur, BGB, 13. Aufl., § 906
  325. Rn. 114; s. auch BGHZ 29, 314, 316). Um so mehr gilt dies - von der zweifelhaften Störereigenschaft des Gewässereigentümers oder -benutzers in solchen
  326. Fällen ganz abgesehen - für großflächige Überschwemmungen infolge des
  327. Hochwassers von Flüssen, auf die die nachbarrechtlichen Vorschriften nicht
  328. zugeschnitten sind und für die das Gesetz aus gutem Grund auch keine verschuldensunabhängige Haftung kennt.
  329. V.
  330. Demnach ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
  331. Für den Fall, daß das Oberlandesgericht wiederum dem Grunde nach zu einer
  332. Haftung der Beklagten gelangt, weist der Senat auf folgendes hin:
  333. Von Rechtsfehlern beeinflußt sind auch die Ausführungen zum Umfang
  334. des zu leistenden Schadensersatzes. Es geht dabei nicht nur um eine im Urteil
  335. über den Grund des Anspruchs nach § 304 ZPO unzulässige Entscheidung
  336. über die Höhe der Forderung (hierzu Senatsurteil BGHZ 10, 361, 362), sondern im Ansatz um die haftungsbegründende Kausalität und somit um die be-
  337. - 18 -
  338. reits im Grundurteil zu klärende Frage, ob überhaupt den Klägern ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist. Dazu genügt es, daß mit Wahrscheinlichkeit der
  339. Klageanspruch in irgendeiner Höhe besteht (BGH, Urteil vom 2. Oktober 2000
  340. - II ZR 54/99 - NJW 2001, 224, 225; Urteil vom 12. Februar 2003 - XII ZR
  341. 324/98 - WM 2003, 1919, 1921). Hiervon kann indessen nach den bisherigen
  342. tatsächlichen Feststellungen nicht ausgegangen werden.
  343. 1.
  344. Soweit es um Gegenstände geht, die die Kläger im Keller ihres Hauses
  345. und in dem eine halbe Etage unter der Küche gelegenen Hobbykeller aufbewahrt hatten, hat sich das Berufungsgericht überzeugt gesehen, daß die Kläger
  346. trotz der gebotenen Warnung vor einem Betreten der Kellerräume zumindest
  347. einige leicht transportable Gegenstände wie Elektrowerkzeuge und CDs in höhere Räume verbracht hätten. Beim Hobbykeller habe sich das individuelle Risiko für die Kläger als beherrschbar dargestellt. Auch vom Schutzzweck der
  348. Hochwasserwarnung seien derartige materielle Schäden umfaßt.
  349. Das rügt die Revision mit Recht als rechtsirrig. Nach der Rechtsprechung des Senats muß neben der Feststellung, daß der Geschädigte zum
  350. Kreis der geschützten Dritten gehört, die weitere Prüfung treten, ob gerade der
  351. geltend gemachte Schaden in den Schutzbereich der verletzten Amtspflicht fällt
  352. (BGHZ 125, 258, 268 ff.; vgl. Staudinger/Wurm, BGB, 13. Bearb. § 839
  353. Rn. 174). Im Streitfall betrifft das vorrangig Gesundheitsschäden, die sich aus
  354. Unkenntnis der Gefahr durch das Betreten unter der Erdoberfläche liegender
  355. Räume ergeben konnten. Die von den Klägern dagegen geltend gemachten
  356. Beschädigungen an in den Kellerräumen befindlichen Einrichtungsgegenständen hätten sich allenfalls dann vermeiden lassen, wenn die Kläger sich über
  357. den vom Berufungsgericht verlangten Inhalt der Warnung hinweggesetzt hät-
  358. - 19 -
  359. ten. Zu Recht weist die Revision darauf hin, daß es den Sinn einer solchen
  360. Warnung in ihr Gegenteil verkehren würde, wollte man auch deren Mißachtung
  361. in ihren Schutzbereich einbeziehen. Dem läßt sich auch nicht mit dem Berufungsgericht entgegenhalten, die Vermeidung materieller Schäden gehöre allgemein zum Zweck einer Hochwasserwarnung, und die Warnung vor einem
  362. Betreten des Kellers solle nur Personenschäden vermeiden. Um solche allgemeinen Warnungen geht es hier nicht. Eine eingeschränkte Zielrichtung des
  363. Warnhinweises verengt aber notwendig auch dessen daran anknüpfenden
  364. Schutzzweck.
  365. 2.
  366. Vom Schutz der Verpflichtung zur Erteilung von Warnhinweisen können
  367. demnach allenfalls die im Erdgeschoß des Hauses verwahrten transportablen
  368. Gegenstände umfaßt sein. Insofern hat das Berufungsgericht allerdings lediglich festgestellt, es sei möglich, daß die Kläger zumindest einige kleinere Haushaltsgegenstände aus der Küche in höher gelegene Räume transportiert hätten. Das genügt weder prozessual zum Erlaß eines Grundurteils noch materiellrechtlich zur Begründung eines Amtshaftungsanspruchs. Besteht die Amtspflichtverletzung - wie hier - in einem Unterlassen, so kann ein Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden grundsätzlich nur bejaht
  369. werden, wenn der Schadenseintritt bei pflichtgemäßem Handeln mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden wäre; die bloße Möglichkeit, ebenso eine gewisse Wahrscheinlichkeit, genügt nicht (Senatsurteil
  370. vom 27. Januar 1994 aaO S. 937 m.w.N.; zuletzt Senatsurteil vom 21. Oktober
  371. 2004 - III ZR 254/03). Beweiserleichterungen zugunsten des Geschädigten,
  372. falls die Amtspflichtverletzung und der nachfolgende Schaden feststehen, kommen nur dann in Betracht, wenn nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche
  373. Vermutung oder eine tatsächliche Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zu-
  374. - 20 -
  375. sammenhang besteht (Senatsurteile vom 3. März 1983 - III ZR 34/82 - NJW
  376. 1983, 2241, 2242 und vom 21. Oktober 2004 aaO; Staudinger/Wurm aaO
  377. § 839 Rn. 418). Auch in dieser Hinsicht hat das Berufungsgericht bisher nichts
  378. festgestellt.
  379. Schlick
  380. Wurm
  381. Dörr
  382. Kapsa
  383. Galke