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30 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. II ZR 62/06
  5. Verkündet am:
  6. 9. Juli 2007
  7. Boppel
  8. Justizamtsinspektor
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. ja
  16. BGHR:
  17. ja
  18. "Lurgi"
  19. AktG §§ 27, 52, 62, 183; BGB §§ 812, 818; ZPO §§ 592 ff.
  20. a) Eine verdeckte gemischte Sacheinlage (vgl. Sen.Urt. v. 20. November 2006 - II ZR
  21. 176/05, ZIP 2007, 178) liegt auch dann vor, wenn eine Aktiengesellschaft innerhalb
  22. der Zweijahresfrist des § 52 Abs. 1 AktG im Zusammenhang mit einer Barkapitalerhöhung ein Austauschgeschäft mit dem Zeichner der neuen Aktien schließt und
  23. das vereinbarte Entgelt den Betrag seiner Einlageverpflichtung (oder auch das Volumen der Kapitalerhöhung) um ein Vielfaches übersteigt.
  24. b) Das gemäß § 183 Abs. 2 Satz 1 AktG unwirksame Austauschgeschäft ist, soweit
  25. nicht dingliche Ansprüche des Inferenten (§§ 985, 894 BGB) eingreifen (vgl. BGHZ
  26. 155, 329), nach Bereicherungsrecht (§§ 812, 818 BGB) unter Saldierung der beiderseitigen Bereicherungsansprüche rückabzuwickeln. Das gilt auch im Insolvenzverfahren der Gesellschaft jedenfalls dann, wenn die Voraussetzungen des sinngemäß
  27. anzuwendenden § 94 InsO vorliegen.
  28. c) Ein aktienrechtlicher Rückforderungsanspruch der Gesellschaft gemäß § 62 AktG
  29. besteht weder in den Fällen der §§ 27 Abs. 3 Satz 1, 183 Abs. 2 Satz 1 AktG noch
  30. im Fall der Unwirksamkeit eines Nachgründungsgeschäfts gemäß § 52 Abs. 1 AktG.
  31. Unberührt bleibt der Anspruch der Gesellschaft auf (erneute) Zahlung des Ausgabebetrages der Aktien gemäß §§ 27 Abs. 3 Satz 3, 183 Abs. 2 Satz 3 AktG.
  32. d) Auch im Urkundenprozess (§§ 592 ff. ZPO) können die Gesellschaft oder ihr Insolvenzverwalter nicht ohne weiteres das aufgrund des unwirksamen Austauschgeschäfts Geleistete zurückfordern, sondern nur einen Anspruch auf den nach Saldierung verbleibenden Überschuss geltend machen und müssen daher einen entsprechenden Saldo - unter Beachtung ihrer prozessualen Wahrheitspflicht (§ 138 ZPO) darlegen.
  33. BGH, Urteil vom 9. Juli 2007 - II ZR 62/06 -
  34. OLG Frankfurt am Main
  35. LG Frankfurt am Main
  36. -2-
  37. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juli 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und
  38. die Richter Kraemer, Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart
  39. für Recht erkannt:
  40. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 10. Zivilsenats
  41. des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10. Februar 2006
  42. im Kostenpunkt - mit Ausnahme der Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 bis 4 - sowie insoweit
  43. aufgehoben, als die Berufung des Klägers im Verhältnis zu der
  44. Beklagten zu 1 zurückgewiesen worden ist.
  45. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
  46. und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, soweit darüber nachstehend nicht erkannt ist - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  47. Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.
  48. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2
  49. bis 4 im Revisionsverfahren.
  50. Von Rechts wegen
  51. -3-
  52. Tatbestand:
  53. 1
  54. Der Kläger ist Insolvenzverwalter des Vermögens der Po.
  55. 2000 AG
  56. (nachfolgend: Schuldnerin), die im Oktober 1996 von dem damaligen Alleinaktionär Dr. P.
  57. (nachfolgend: Dr. P.) mit einem Grundkapital von
  58. 100.000,00 DM gegründet und im Juni 1997 in das Handelsregister eingetragen
  59. worden ist. Gegenstand ihres Unternehmens war ein neuartiges Verfahren zum
  60. Recycling von Altteppichböden. Zwecks Realisierung dieses Projekts stand
  61. Dr. P. in Verhandlungen mit Unternehmen des Metallgesellschaftskonzerns
  62. (nunmehr G.
  63. Group) über die Errichtung einer entsprechenden Recyc-
  64. ling-Anlage. Angestrebt war, das Projekt teils aus öffentlichen Mitteln des Landes Brandenburg, teils aus Kreditmitteln der Landesbank He.
  65. (nachfolgend: HeLaBa) zu finanzieren. Die maßgeblich von der HeLaBa bestimmten Verhandlungen führten am 8. Juli 1998 zum Abschluss eines umfangreichen Vertragswerks, der sog. Term Sheet-Finanzierungsbedingungen (nachstehend: TSF), welche die HeLaBa als Kreditgeberin und die Schuldnerin als
  66. Kreditnehmerin unterzeichneten. Als weitere Beteiligte außerhalb des Kreditverhältnisses unterzeichneten Dr. P. sowie drei zum Metallgesellschaftskonzern
  67. gehörende Unternehmen, nämlich die LLE-GmbH (Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1), die Beklagte zu 3 und die Beklagte zu 2. In dem Vertrag stellte
  68. die HeLaBa eine Kreditgewährung in Höhe von 220 Mio. DM für die Errichtung
  69. der Anlage unter der Bedingung in Aussicht, dass die LLE und die Beklagte
  70. zu 3 auf dem Wege einer Kapitalerhöhung der Schuldnerin um 33.150,00 DM
  71. mit insgesamt 24,9 % an der Schuldnerin beteiligt werden. Beide verpflichteten
  72. sich gesamtschuldnerisch, die neuen Aktien zum Preis von 33.150,00 DM zuzüglich eines Agios von 2 Mio. DM zu übernehmen und der Schuldnerin diese
  73. Gelder bis zum 31. Juli 1998 zur Verfügung zu stellen. Zusätzlich verpflichteten
  74. sich Dr. P. und die Beklagte zu 2 zu weiteren Finanzierungshilfen gegenüber
  75. der Schuldnerin. Dem TSF-Vertrag beigefügt war der von der Schuldnerin und
  76. -4-
  77. der LLE bereits unterzeichnete "Textentwurf für einen Lump Sum Turn Key"
  78. (nachfolgend: LSTK-Vertrag), wonach die LLE die Anlage als Generalunternehmerin zum Festpreis von 292 Mio. DM errichten sollte.
  79. 2
  80. Noch am 8. Juli 1998 beschloss die Hauptversammlung der Schuldnerin
  81. die Kapitalerhöhung auf 133.150,00 DM. Die Beklagte zu 3 zeichnete 464 und
  82. die LLE 199 neue Aktien zu je 50,00 DM zuzüglich Agio von je 3.016,60 DM.
  83. Mit Wirksamwerden der Kapitalerhöhung (§ 198 AktG) am 26. August 1998 waren sonach die LLE mit 7,473 %, die Beklagte zu 3 mit 17,424 % und Dr. P. mit
  84. 75,103 % an der Schuldnerin beteiligt.
  85. 3
  86. Nach
  87. Bewilligung
  88. eines
  89. staatlichen
  90. Investitionszuschusses
  91. von
  92. 107 Mio. DM schlossen die HeLaBa und die Schuldnerin am 31. August 1998
  93. den Kreditvertrag über ein - nachfolgend sukzessive ausgezahltes - Kreditvolumen von 220 Mio. DM. Am selben Tag schlossen beide zwecks Besicherung
  94. des Kredits einen Globalzessions- und einen Verpfändungsvertrag. Verpfändet
  95. wurden danach "alle gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen" der Schuldnerin u.a. gegenüber der LLE sowie den Beklagten zu 2 und 3 "aus MezzanineFinanzierungen oder sonstigen Rechtsgründen mit Ausnahme von Ansprüchen
  96. auf Einzahlung von Grundkapital...". Dem Verpfändungsvertrag war das Muster
  97. einer Verpfändungsanzeige (§ 1280 BGB) beigefügt, deren Zugang bei der LLE
  98. und den Beklagten zu 2 und 3 der Kläger in der Vorinstanz bestritten hat.
  99. 4
  100. Am 9. September 1998 schloss die Schuldnerin mit der LLE den LSTKGeneralunternehmervertrag, der mit nur geringfügigen Ergänzungen dem Vertragstext entsprach, der schon den TSF beigefügt war. Die Auftragssumme belief sich auf netto 292,2 Mio. DM (= 149,4 Mio. €). In der Folgezeit wurde der
  101. LSTK-Vertrag mehrfach modifiziert, insbesondere durch einen Nachtrag Nr. 5
  102. vom 20. November 2001, der die unveränderte Gültigkeit aller übrigen Ver-
  103. -5-
  104. tragsbedingungen ausdrücklich festschrieb. Erstmals im Jahre 2003 artikulierten einige der Beteiligten Bedenken, dass der LSTK-Vertrag unwirksam sein
  105. könnte, weil er unter § 52 AktG falle. Parallel hierzu gelangten sämtliche Beteiligte zu der Überzeugung, dass die errichtete Anlage nicht wirtschaftlich betrieben werden könne. Am 1. September 2003 wurde auf Antrag der Schuldnerin
  106. das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser erklärte mit Schreiben vom 5. September 2003,
  107. dass er dem LSTK-Vertrag nicht zustimme.
  108. 5
  109. Insgesamt hat die Schuldnerin auf den mit der LLE geschlossenen
  110. LSTK-Vertrag 164.638.234,57 € brutto bezahlt, davon den Nettobetrag i.H.v.
  111. 141.929.512,56 € an die LLE, die später auf die Beklagte zu 1 verschmolzen
  112. worden ist; die Umsatzsteuer in Höhe von 22.708.722,01 € wurde aufgrund einer entsprechenden Zession an die Beklagte zu 4 (Konzernmutter) gezahlt. Sie
  113. hält 100 % der Anteile an der Beklagten zu 2, die ihrerseits 100 % der Anteile
  114. an der Beklagten zu 1 (vormals: LLE) und der Beklagten zu 3 hält. Bei Abschluss des LSTK-Vertrages bestanden zwischen den jeweiligen Tochter- und
  115. ihren Muttergesellschaften Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge.
  116. 6
  117. Mit seiner Klage nimmt der Kläger die Beklagten im Urkundenprozess
  118. gesamtschuldnerisch auf Rückzahlung der von der Schuldnerin gezahlten
  119. 164.638.234,57 € aus §§ 52 Abs. 1 Satz 2, 62 Abs. 1 Satz 1 AktG in Anspruch.
  120. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit seiner von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche in vollem Umfang weiter.
  121. -6-
  122. Entscheidungsgründe:
  123. 7
  124. Die Revision bleibt im Verhältnis zu den Beklagten zu 2 bis 4 erfolglos,
  125. führt aber im Übrigen zur Aufhebung und Zurückverweisung.
  126. 8
  127. I. Das Berufungsgericht (Urt. v. 10. Februar 2006 - 10 U 265/04, veröffentlicht in Juris) meint, der Kläger sei "aus eigenem Recht" (als Insolvenzverwalter) für die geltend gemachten Ansprüche schon nicht aktivlegitimiert, weil
  128. sie von der Schuldnerin wirksam an die HeLaBa verpfändet seien. Der Zugang
  129. der Verpfändungsanzeigen (§ 1280 BGB) bei den Beklagten zu 1 bis 3 könne
  130. unter den vorliegenden Umständen nicht bezweifelt werden. Soweit die Klage
  131. auf eine Einziehungsermächtigung der HeLaBa gestützt werde, sei sie unzulässig, weil dafür ein schutzwürdiges Eigeninteresse des Klägers als Voraussetzung für eine gewillkürte Prozessstandschaft fehle. Im Übrigen seien etwaige
  132. Ansprüche der HeLaBa zur Zeit ihrer Geltendmachung ohnehin verjährt gewesen. Davon abgesehen falle der Vertrag aus verschiedenen Gründen, insbesondere deshalb nicht unter § 52 AktG, weil die LLE (jetzt: Beklagte zu 1) nur
  133. eine Beteiligung von weniger als 10 % an der Schuldnerin (vgl. § 52 Abs. 1
  134. Satz 1 AktG) und diese erst nach Aushandlung des LSTK-Vertragsinhalts gemäß den bereits im Sinne eines Vorvertrages bindenden TSF erworben habe.
  135. Letzteres gelte auch für die Beklagte zu 3, weshalb der Schutzzweck des § 52
  136. AktG nicht betroffen sei. Selbst wenn man dies anders sehe, sei der LSTKVertrag durch die verschiedenen nach Ablauf der Zweijahresfrist vereinbarten
  137. Nachträge seitens der Schuldnerin jedenfalls wirksam genehmigt worden. Soweit der Kläger hilfsweise unter Abstandnahme vom Urkundenprozess Vorschuss zur Mangelbeseitigung und eine Feststellung begehre, sei dies unzulässig.
  138. -7-
  139. 9
  140. II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in entscheidenden
  141. Punkten nicht stand, was sich aber im Ergebnis nur auf die Ansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten zu 1 auswirkt.
  142. 10
  143. 1. Soweit das Berufungsgericht dem Kläger die "Aktivlegitimation" für die
  144. primär aus eigenem Recht (als Insolvenzverwalter) geltend gemachten Rückzahlungsansprüche wegen deren vermeintlich wirksamer Verpfändung an die
  145. HeLaBa abgesprochen hat (vgl. dazu BGH, Urt. v. 15. Mai 2003 - IX ZR 218/02,
  146. ZIP 2003, 1256 f.), kann das schon deshalb keinen Bestand haben, weil die von
  147. den Beklagten zu 1 bis 3 in der Revisionsinstanz vorgelegten Verpfändungsanzeigen vom 9. November 1998 nur von dem Vorstandsmitglied Dr. P. der
  148. Schuldnerin unterzeichnet sind, obwohl er aufgrund einer von der Hauptversammlung der Schuldnerin am 13. August 1998 beschlossenen und am
  149. 9. Oktober 1998 in das Handelsregister eingetragenen Änderung der Vertretungsverhältnisse der Schuldnerin zu deren Alleinvertretung nicht mehr befugt
  150. war. Darauf weist die Revision unter Bezugnahme auf den bereits erstinstanzlich vorgelegten Handelsregisterauszug zu Recht hin.
  151. 11
  152. Gemäß § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO unterliegt zwar grundsätzlich nur dasjenige Vorbringen der Beurteilung des Revisionsgerichts, das sich aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ergibt. Jedoch ist diese Vorschrift nach
  153. ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes einschränkend dahin auszulegen, dass in der Revisionsinstanz neu vorgetragene Tatsachen berücksichtigt werden können, soweit sie unstreitig sind und nicht schützenswerte Belange
  154. der Gegenseite entgegenstehen (Senat, BGHZ 104, 215, 220 ff.; BGHZ 39,
  155. 214, 221 f.; BGH, Urt. v. 21. November 2001 - XII ZR 162/99, NJW 2002, 1130,
  156. 1131; Musielak/Ball, ZPO 5. Aufl. § 559 Rdn. 10; vgl. auch BGHZ 161, 138 zu
  157. § 531 Abs. 2 ZPO). Das ist hier der Fall: Die Alleinunterzeichnung der Verpfändungsanzeigen durch Dr. P. sowie der Inhalt des Handelsregisterauszuges, den
  158. -8-
  159. der Senat wegen der Verweisung der vorinstanzlichen Urteile auf die vorgelegten Anlagen ohnedies berücksichtigen könnte, sind als solche unstreitig.
  160. Schutzwürdige Belange der Beklagten, welche die Abtretungsanzeigen selbst
  161. vorgelegt haben, stehen deren Verwertung nicht entgegen.
  162. 12
  163. Gemäß § 1280 BGB ist die Verpfändung einer Forderung nur wirksam,
  164. wenn der Gläubiger sie dem Schuldner anzeigt. Die Anzeige ist eine Willenserklärung (Palandt/Bassenge, BGB 66. Aufl. § 1280 Rdn. 2; MünchKommBGB/
  165. Damrau 4. Aufl. § 1280 Rdn. 4 BGB). Eine entsprechende Willenserklärung seitens der Schuldnerin bedurfte der Mitwirkung der zu ihrer Vertretung berufenen
  166. Personen und konnte daher von Dr. P. allein nicht wirksam abgegeben werden,
  167. was zur Unwirksamkeit der Verpfändung führt. Ob und inwieweit die von dem
  168. Kläger geltend gemachten Forderungen auch von dem zwischen der Schuldnerin und der HeLaBa abgeschlossenen Globalzessionsvertrag erfasst werden
  169. sollten, kann hier dahinstehen, weil dies - im Gegensatz zu einer Forderungsverpfändung - an der Einziehungsbefugnis des Klägers gemäß § 166 Abs. 2
  170. InsO nichts ändern würde (vgl. BGH, Urt. v. 15. Mai 2003 aaO).
  171. 13
  172. 2. In der Sache kommt es hier - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts (und der Prozessparteien) - für den Anspruch des Klägers auf Rückforderung des von der Schuldnerin an die LLE (jetzt: Beklagte zu 1) gezahlten Werklohns auf die Anwendbarkeit des § 52 AktG und eine etwaige Genehmigung
  173. des LSTK-Vertrages durch die Schuldnerin nach Ablauf der Zweijahresfrist des
  174. § 52 AktG nicht an (vgl. auch unten 3 a). Das Berufungsgericht übersieht, dass
  175. der Abschluss des LSTK-Vertrages zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung und der
  176. Übernahme der Beteiligung der LLE (sowie der Beklagten zu 3) an der Schuldnerin bereits vor-abgesprochen war und der eingezahlte Einlagebetrag in Form
  177. eines Teils des Werklohns wieder an die LLE (sowie mittelbar auch an die Beklagte zu 3 als Subunternehmerin der Schuldnerin) zurückfloss, mit der Folge,
  178. -9-
  179. dass hier die Grundsätze einer verdeckten (gemischten) Sacheinlage anzuwenden sind (vgl. dazu Sen.Urt. v. 20. November 2006 - II ZR 176/05, ZIP
  180. 2007, 178).
  181. 14
  182. a) Eine verdeckte Sacheinlage liegt vor, wenn die gesetzlichen Regeln
  183. für Sacheinlagen objektiv dadurch unterlaufen werden, dass zwar - wie hier eine Bareinlage vereinbart wird, die Gesellschaft aber bei wirtschaftlicher Betrachtung von dem Einleger aufgrund eines im Zusammenhang mit der Übernahme der Einlage abgeschlossenen Gegengeschäfts (oder einer sonstigen
  184. Absprache) einen Sachwert erhalten soll (Senat aaO; BGHZ 155, 329, 334;
  185. 166, 8). Wie der Senat bereits im Urteil vom 15. Januar 1990 (BGHZ 110, 47 ff.)
  186. entschieden hat, gelten die Grundsätze der verdeckten Sacheinlage auch im
  187. Rahmen einer Kapitalerhöhung (§§ 182 ff. AktG) und werden durch die Vorschriften über die Nachgründung (§§ 52 f. AktG) nicht verdrängt.
  188. 15
  189. b) Dass im vorliegenden Fall der für die Errichtung der Anlage vereinbarte Preis bzw. deren Wert die von der LLE (und der Beklagten zu 3) übernommene Einlageverpflichtung nebst Agio um ein Vielfaches überstieg, führt - entgegen der Ansicht der Rechtsgutachter des Klägers - zu keiner anderen Beurteilung, weil es sich um eine gemischte (verdeckte) Sacheinlage handelt (vgl.
  190. Sen.Urt. v. 20. November 2006 aaO Tz. 16 f.). Bei dieser Art der Kapitalaufbringung liegt eine Kombination von Sacheinlage und Sachübernahme vor, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Gesellschafter einen den Betrag seiner Einlageverpflichtung übersteigenden Sachwert zum Teil gegen Gewährung von
  191. Aktien, zum Teil gegen ein sonstiges Entgelt auf die Gesellschaft überträgt (vgl.
  192. Senat aaO m.w.Nachw. sowie Habersack, Festschrift Konzen, S. 179 f.). Handelt es sich um eine kraft Parteivereinbarung unteilbare Leistung - wie hier die
  193. Errichtung der gesamten Betriebsanlage durch die LLE -, so unterliegt das
  194. Rechtsgeschäft insgesamt - und zwar im Interesse einer Werthaltigkeitskontrol-
  195. - 10 -
  196. le bei einer Diskrepanz zwischen der Einlageverpflichtung und dem an den Inferenten zu zahlenden Entgelt erst recht - den für Sacheinlagen geltenden Regelungen (zum Gründungsstadium vgl. Senat aaO), im vorliegenden Fall einer
  197. Kapitalerhöhung also denjenigen des § 183 AktG (vgl. Hüffer, AktG 7. Aufl.
  198. § 183 Rdn. 2). Soweit im Schrifttum - dem Wortlaut des § 183 Abs. 1 Satz 1
  199. AktG folgend - die Auffassung vertreten wird, § 183 AktG erfasse nicht die
  200. Sachübernahme i.S. von § 27 Abs. 1 Satz 1 AktG (vgl. Hüffer aaO mit Hinweis
  201. auf § 27 Rdn. 5; Habersack aaO S. 185 f.; MünchKommAktG/Peifer 2. Aufl.
  202. § 183 Rdn. 5), bezieht sich das nur auf die (in § 27 Abs. 1 AktG mit erfassten)
  203. Sachübernahmegeschäfte mit Nichtaktionären; denn der - auch hier gegebene Fall einer verdeckten Sacheinlage, die nicht selten in der genannten Mischform
  204. begegnet, wird stets ausdrücklich ausgenommen (vgl. die vorigen Nachweise).
  205. Daraus ergibt sich umgekehrt, dass die korrekte Einbringung einer gemischten
  206. Sacheinlage gemäß § 183 Abs. 1 AktG die Festsetzung ihres Gesamtgegenstandes sowie der auf den Nennbetrag der neuen Aktien und auf das darüber
  207. hinausgehende Entgelt entfallenden Wert- und Preisanteile in dem Kapitalerhöhungsbeschluss voraussetzt. Insoweit gilt hier nichts anderes als bei einer gemischten Sacheinlage im Rahmen des § 27 Abs. 1 Satz 1 AktG (vgl. dazu
  208. Sen.Urt. v. 20. November 2006 aaO Tz. 17). Anders kann auch die Pflichtprüfung gemäß § 183 Abs. 3 AktG nicht sinnvoll durchgeführt werden.
  209. 16
  210. c) Da im vorliegenden Fall die genannten Erfordernisse nicht beachtet
  211. wurden, treten nach den Regeln der verdeckten Sacheinlage die Unwirksamkeitsfolgen gemäß § 183 Abs. 2 Satz 1 AktG ein, die sich - ebenso wie diejenigen gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 AktG (dazu Sen.Urt. v. 20. November 2006 aaO
  212. Tz. 17) - auf den gesamten Vertrag über die gemischte Sacheinlage, hier also
  213. den LSTK-Vertrag, erstrecken (vgl. auch BGHZ 155, 329, 338, 340; Sen.Urt. v.
  214. 16. März 1998 - II ZR 303/95, ZIP 1998, 780, 782). Weitere Rechtsfolge ist gemäß § 183 Abs. 2 Satz 3 AktG, dass die Bareinlage nicht wirksam geleistet und
  215. - 11 -
  216. der Aktionär deshalb verpflichtet ist, den Ausgabebetrag der Aktien (erneut)
  217. einzuzahlen.
  218. 17
  219. 3. Derartige Ansprüche auf (erneute) Einlagenzahlung macht der Kläger
  220. gegen die Beklagten indes nicht geltend, sondern begehrt allein die Rückzahlung des von der Schuldnerin an die LLE bzw. die Beklagte zu 1 gezahlten
  221. Werklohns. Entgegen der - allerdings auf der Anwendung des § 52 AktG basierenden - Ansicht der Revision steht dem Kläger kein aktienrechtlicher Rückgewähranspruch aus § 62 AktG, sondern allenfalls ein - zu saldierender - Bereicherungsanspruch nach §§ 812, 818 BGB zu.
  222. 18
  223. a) Der aktienrechtliche Rückgewähranspruch gemäß § 62 AktG betrifft
  224. die Kapitalerhaltung (vgl. Großkomm.z.AktG/Henze 4. Aufl. § 62 Rdn. 8; Hüffer
  225. aaO § 62 Rdn. 1) und bezieht sich auf § 57 AktG (Henze aaO Rdn. 39; Hüffer
  226. aaO Rdn. 7). Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 AktG verbotene Leistungen an Aktionäre
  227. sind nur solche, denen keine oder eine unangemessen niedrige Gegenleistung
  228. gegenübersteht (Hüffer aaO Rdn. 6 m.w.Nachw.; Henze aaO Rdn. 42). Schon
  229. dies schließt es aus, darin eine allgemeine, von diesen Voraussetzungen unabhängige Anspruchsgrundlage für Rückforderungsansprüche der Gesellschaft
  230. aus mit Aktionären geschlossenen, nach aktienrechtlichen Vorschriften nichtigen Verträgen zu sehen. Wäre das anders, müsste das Gleiche auch in den
  231. Fällen der §§ 27 Abs. 3 Satz 1, 183 Abs. 2 Satz 1 AktG bzw. bei der verdeckten
  232. Sacheinlage gelten, die jedoch nach einhelliger Auffassung auch seitens der
  233. Gesellschaft nach § 812 BGB und nicht nach § 62 AktG rückabgewickelt wird
  234. (vgl. Sen.Urt. v. 16. März 1998 aaO; Kölner Komm.z.AktG/Lutter 2. Aufl. § 183
  235. Rdn. 77; MünchKommAktG/Pentz 2. Aufl. § 27 Rdn. 101; Großkomm.z.AktG/
  236. Wiedemann 4. Aufl. § 183 Rdn. 106; Ulmer/Ulmer, GmbHG § 5 Rdn. 179). Wieso das im Fall des § 52 Abs. 1 AktG anders sein soll (so z.B. Hüffer AktG aaO
  237. § 52 Rdn. 9), ist nicht einzusehen. Diese Vorschrift steht in einer Reihe mit
  238. - 12 -
  239. §§ 27 Abs. 3 Satz 1 und 183 Abs. 2 AktG; sie bezweckt in ihrer nunmehrigen
  240. Beschränkung auf Geschäfte mit Gründern bzw. Aktionären vor allem einen
  241. Umgehungsschutz dagegen, dass die Vorschriften des § 27 AktG über Sacheinlagen durch der Gründung nachgelagerte Austauschgeschäfte (binnen der
  242. Zweijahresfrist) unterlaufen werden. Zweck der Vorschrift ist damit nach allgemeiner Meinung in erster Linie die Sicherung der Kapitalaufbringung (vgl. Hüffer
  243. aaO § 52 Rdn. 1). Bestimmt sich aber die Rückabwicklung einer verdeckten
  244. Sacheinlage als unmittelbarem Umgehungstatbestand der Kapitalaufbringungsregeln bei Gründung der AG (§ 27 AktG) nach Bereicherungsrecht, so kann der
  245. durch § 52 AktG lediglich "verlängerte" Umgehungsschutz vernünftigerweise
  246. keine schärferen Rechtsfolgen bei der Rückabwicklung - hier in Form des § 62
  247. AktG - zeitigen, zumal das von § 52 AktG erfasste Geschäft genau dasjenige
  248. ist, das der Gesetzgeber als Teil einer bei der Gründung abgesprochenen verdeckten Sacheinlage verdächtigt.
  249. 19
  250. Da nach allem § 62 AktG im Fall des § 52 AktG ebenso wenig eingreift
  251. wie in den Fällen der §§ 27 Abs. 3, 183 Abs. 2 AktG, kann offen bleiben, ob
  252. § 52 AktG in den Fällen einer (verdeckten) Sachkapitalerhöhung neben § 183
  253. AktG überhaupt anwendbar ist (vgl. die Nachweise bei Hüffer aaO § 52
  254. Rdn. 11) und seine Voraussetzungen im vorliegenden Fall gegeben sind.
  255. 20
  256. b) Im vorliegenden Fall einer verdeckten Sacheinlage handelt es sich um
  257. einen noch nicht abgeschlossenen Kapitalaufbringungsvorgang, der als solcher
  258. den dafür maßgeblichen Vorschriften, nicht aber denjenigen der Kapitalerhaltung unterliegt (vgl. Sen.Urt. v. 17. September 2001 - II ZR 275/99, ZIP 2001,
  259. 1997). Die §§ 27 Abs. 3, 183 Abs. 2 AktG ordnen als aktienrechtliche Rechtsfolgen verdeckter Sacheinlagen lediglich das Fortbestehen der Bareinlageverpflichtung einerseits und die (relative) Unwirksamkeit des Verdeckungsgeschäfts sowie der dazu vorgenommenen Rechtshandlungen an. Die Rückab-
  260. - 13 -
  261. wicklung des unwirksamen Verdeckungsgeschäfts hat daher nach allgemeinen
  262. Vorschriften, nämlich nach §§ 812, 818 BGB zu erfolgen (vgl. MünchKomm
  263. AktG/Pentz 2. Aufl. § 27 Rdn. 101). Dementsprechend hat der Senat im Urteil
  264. vom 16. März 1998 (II ZR 303/86, ZIP 1998, 780, 782 f.) auf die beiderseitigen
  265. Bereicherungsansprüche aus dem unwirksamen Austauschgeschäft die Grundsätze der sog. "Saldotheorie" angewandt (zust. Helms, GmbHR 2000, 1079;
  266. MünchKommAktG/Pentz aaO). Daran ist - trotz der im Schrifttum zum Teil geäußerten Kritik (vgl. insbes. Bayer, ZIP 1998, 1985; derselbe EWiR 1999, 69;
  267. GmbHR 2004, 445, 453 mit Fn. 95; vgl. auch Lieb, ZIP 2002, 2013, 2017) festzuhalten. Die Wertung des Aufrechnungsverbots des § 66 Abs. 1 Satz 2
  268. AktG steht dem nicht entgegen (zutr. Pentz aaO), weil hier nicht der fortbestehende Einlageanspruch, sondern nur die beiderseitigen Bereicherungsansprüche in die Verrechnung einbezogen werden (vgl. dazu auch BGHZ 155, 329,
  269. 340). Soweit durch die ipso iure eintretende Saldierung die Möglichkeit einer
  270. Heilung der verdeckten Sacheinlage durch die offen zu legende Einbringung
  271. ihres Gegenstandes (vgl. dazu BGHZ 132, 141; 155, 329) in Gestalt eines Herausgabe- oder Bereicherungsanspruchs des Gesellschafters gegen die Gesellschaft beschnitten wird, ist das hinzunehmen. Daraus lässt sich (entgegen der
  272. Ansicht von Bayer aaO sowie in Lutter/Hommelhoff, GmbHG 16. Aufl. § 5
  273. Rdn. 53, 56) kein entscheidendes Argument gegen diese Lösung gewinnen.
  274. 21
  275. aa) Die Anwendung dieser - mit gewissen, hier nicht relevanten Einschränkungen auch in der Insolvenz eines Beteiligten geltenden (vgl. BGHZ
  276. 161, 241) - Grundsätze in den Fällen der verdeckten Sacheinlage ist zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs erst recht geboten, weil nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 155, 329) die Unwirksamkeitsfolge der §§ 27
  277. Abs. 3 Satz 1, 183 Abs. 2 Satz 1 AktG sich auch auf das dingliche Erfüllungsgeschäft erstreckt und der Inferent deshalb den in seinem Eigentum verbliebenen Gegenstand einer verdeckten Sacheinlage gemäß § 985 BGB herausver-
  278. - 14 -
  279. langen und in der Insolvenz der Gesellschaft aussondern kann. Es wäre demgegenüber ein von Zufälligkeiten abhängiges, sachlich nicht zu rechtfertigendes
  280. Ergebnis, wenn im Fall eines Eigentumsverlustes des Inferenten durch Verbindung oder Vermischung des Gegenstandes der Sacheinlage (§ 946 ff. BGB)
  281. oder im Fall einer unkörperlichen Sacheinlage (wie im Sen.Urt. v. 16. März
  282. 1998 aaO) die insolvent gewordene Gesellschaft bzw. ihr Verwalter von dem
  283. Inferenten nochmalige Einlagenzahlung und Rückzahlung des Entgelts aus
  284. § 812 BGB verlangen, gleichwohl den Bereicherungsgegenstand behalten und
  285. den Inferenten dieserhalb auf eine Quote verweisen könnte. Das liefe im wirtschaftlichen Ergebnis auf eine ungerechtfertigte Bereicherung der Gesellschaft
  286. und ihrer Gläubiger hinaus.
  287. 22
  288. bb) Ein solches Ergebnis folgt im vorliegenden Fall auch nicht aus insolvenzrechtlichen Grundsätzen, und zwar schon deshalb nicht, weil die beiderseitigen Bereicherungsforderungen sich schon vor Insolvenzeröffnung aufrechenbar gegenüberstanden, so dass gemäß § 94 InsO auch eine Insolvenzaufrechnung möglich wäre. Die LLE (bzw. die Beklagte zu 1) hat im Zuge der Errichtung der Anlage fortlaufend rechtsgrundlose Werkleistungen erbracht und damit
  289. fortlaufend einen Bereicherungsanspruch in Höhe der üblichen, hilfsweise der
  290. angemessenen Vergütung (§ 818 Abs. 2 BGB) erworben (vgl. BGHZ 36, 321,
  291. 323; 37, 258, 264; Bamberger/Roth/Wendehorst, BGB § 818 Rdn. 30). Ebenso
  292. sind die Bereicherungsansprüche der Schuldnerin mit ihren jeweiligen Zahlungen vor Insolvenzeröffnung entstanden.
  293. 23
  294. 4. Schließlich steht auch der Umstand, dass der Kläger im Urkundenprozess (§§ 592 ff. ZPO) klagt, der Anwendung der Saldotheorie nicht entgegen.
  295. 24
  296. a) Zwar ist die Höhe der zu verrechnenden Bereicherungsansprüche der
  297. Beklagten im Gegensatz zur Höhe der Ansprüche des Klägers offen und kann
  298. - 15 -
  299. im dem vorliegenden Urkundenprozess nicht mit zulässigen Beweismitteln
  300. nachgewiesen werden (vgl. § 595 Abs. 2 ZPO). Das verhilft indes der Klage
  301. noch nicht zum Erfolg, weil es hier nicht auf eine Aufrechnung, sondern auf eine
  302. Saldierung der beiderseitigen Bereicherungsansprüche (vgl. BGHZ 147, 152,
  303. 157) i.S. der auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 54, 137) zurückgehenden Grundform der Saldotheorie ankommt (vgl. dazu Flume, Festschrift 50 Jahre BGH, Festgabe aus der Wissenschaft, Bd. I S. 525, 536 ff.;
  304. ders. ZIP 2001, 1621; JZ 2002, 321; Larenz/Canaris, Schuldrecht Bd. II, 2,
  305. 13. Aufl. § 73, I, 4 a; Medicus, Bürgerliches Recht, 20. Aufl. Rdn. 224). Danach
  306. hat der klagende Bereicherungsgläubiger nicht einen einseitigen Bereicherungsanspruch, sondern nur einen Anspruch auf den nach Saldierung verbleibenden Überschuss (BGHZ 147 aaO). Dieser materielle Anspruchsumfang wird
  307. im Urkundenprozess nicht verändert, sondern bestimmt umgekehrt die im Prozess erforderliche Darlegung der Höhe des Anspruchs (vgl. RGZ aaO; BGH,
  308. Urt. v. 10. Februar 1999 - VIII ZR 314/97, NJW 1999, 1181; Flume aaO).
  309. 25
  310. b) Das bedeutet zwar nicht, dass der Bereicherungsgläubiger die Berechtigung eines geforderten Saldos unter Darlegung aller denkbaren negativen
  311. Rechnungsposten darlegen und beweisen muss, weil für die Voraussetzungen
  312. einer Entreicherung derjenige die Beweislast trägt, der sie geltend macht (BGH,
  313. Urt. v. 10. Februar 1999 aaO; BGHZ 109, 139, 148). Jedenfalls aber muss der
  314. Kläger auch im Urkundenprozess - unter Beachtung seiner prozessualen Wahrheitspflicht (§ 138 ZPO) - zunächst einmal den Saldo darlegen, auf den er
  315. glaubt Anspruch zu haben; er kann nicht einfach die gesamte eigene Leistung
  316. zurückfordern, wenn - wie hier - offenkundig ist, dass ein zu saldierender Bereicherungsgegenstand sich in dem eigenen Vermögen befindet, dessen Wert er
  317. jedenfalls schätzen kann und muss, um eine bestimmte Anspruchshöhe geltend
  318. zu machen. Das gilt, wie schon ausgeführt, auch im Urkundenprozess, weil
  319. auch hier ein schlüssiger Vortrag zur Anspruchshöhe erforderlich ist.
  320. - 16 -
  321. 26
  322. c) Fehlen sonach die erforderlichen Darlegungen des Klägers, ist die Sache gleichwohl nicht zu seinen Lasten entscheidungsreif, weil die Prozessbeteiligten - einschließlich der Vordergerichte - die hier maßgebenden Gesichtspunkte nicht erkannt haben und deshalb dem Kläger gemäß § 139 Abs. 2 ZPO Gelegenheit gegeben werden muss, die erforderliche Darlegung nachzuholen. Die
  323. Sache ist daher hinsichtlich der Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte
  324. zu 1 an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
  325. 27
  326. 5. Entscheidungsreif ist die Sache hingegen, soweit sich die Klage gegen
  327. die Beklagten zu 2 bis 4 richtet. Sie waren nicht Vertragspartner des allein zwischen der Schuldnerin und der LLE (Beklagte zu 1) geschlossenen LSTK-Vertrages, der wegen seiner Nichtigkeit rückabzuwickeln ist. Die hier allein in Betracht kommende bereicherungsrechtliche Rückabwicklung aus Leistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB findet nach allgemeiner Ansicht allein
  328. zwischen den Partnern des unwirksam vereinbarten Leistungsverhältnisses,
  329. hier also zwischen der Schuldnerin und der Beklagten zu 1, statt. Die Zugehörigkeit der Beklagten zu 1 bis 4 zu demselben Konzern ist für den Bereicherungsausgleich ohne Belang, weil Konzernunternehmen jeweils rechtlich selbständige Unternehmen sind. Das gilt auch bei Bestehen von Beherrschungsund Gewinnabführungsverträgen.
  330. 28
  331. Die Tatsache, dass die Beklagte zu 3 ebenfalls an der Schuldnerin beteiligt und Subunternehmerin der LLE war, ändert nichts daran, dass die Beklagte
  332. zu 3 nicht Partnerin des LSTK-Vertrages war und deshalb nicht Bereicherungsschuldnerin im Verhältnis zum Kläger ist (vgl. Sen.Urt. v. 12. Februar 2007
  333. - II ZR 272/05, ZIP 2007, 528, 530 Tz. 14). Ob die Beklagte zu 3 wegen mittelbaren Einlagenrückflusses an sie als Subunternehmerin der LLE erneute Einlagenzahlung gemäß § 183 Abs. 2 Satz 3 AktG schuldet, ist hier nicht zu ent-
  334. - 17 -
  335. scheiden, weil dies ein anderer Streitgegenstand als der von dem Kläger geltend gemachte Rückzahlungsanspruch ist.
  336. Goette
  337. Kraemer
  338. RiBGH Dr. Strohn kann wegen
  339. Urlaubs nicht unterschreiben.
  340. Goette
  341. Caliebe
  342. Reichart
  343. Vorinstanzen:
  344. LG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 26.10.2004 - 2/26 O 293/03 OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 10.02.2006 - 10 U 265/04 -