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24 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. II ZR 271/08
  5. Verkündet am:
  6. 22. März 2011
  7. Vondrasek
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. ja
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BGB § 242 Cd, §§ 387 ff.; § 399
  19. a) Das Abtretungsverbot nach § 399 Fall 1 BGB steht der Abtretung des Anspruchs
  20. des Treuhandkommanditisten gegen den Treugeber auf Freistellung von der Haftung für Ansprüche von Gläubigern der Gesellschaft an den Insolvenzverwalter im
  21. Insolvenzverfahren über das Vermögen der Kommanditgesellschaft mit der Folge,
  22. dass sich dieser in einen Zahlungsanspruch umwandelt, nicht entgegen.
  23. b) Gegen den an den Insolvenzverwalter abgetretenen Anspruch kann der Treugeber
  24. nicht mit Schadensersatzansprüchen gegen den Treuhandkommanditisten aus
  25. Prospekthaftung aufrechnen.
  26. BGH, Urteil vom 22. März 2011 - II ZR 271/08 - OLG Düsseldorf
  27. LG Düsseldorf
  28. -2-
  29. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2010 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bergmann, die Richterin Caliebe und die Richter Dr. Drescher,
  30. Born und Sunder
  31. für Recht erkannt:
  32. Die Revision des Klägers wird zurückgewiesen.
  33. Auf die Anschlussrevision der Beklagten wird unter Zurückweisung
  34. ihres weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 6. Zivilsenats
  35. des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20. November 2008 teilweise abgeändert.
  36. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung ihres
  37. weitergehenden Rechtsmittels sowie der Anschlussberufung des
  38. Klägers das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 4. Dezember 2007 teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
  39. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.600,16 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
  40. dem 21. November 2006 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  41. Die Kosten des Rechtsstreits in allen Instanzen tragen der Kläger
  42. zu 24 % und die Beklagte zu 76 %.
  43. Von Rechts wegen
  44. -3-
  45. Tatbestand:
  46. 1
  47. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der F.
  48. gungsgesellschaft
  49. Beteili-
  50. KG (im Folgenden: Schuldnerin), deren Gesellschafts-
  51. zweck die Beteiligung als Kommanditistin an den Objektgesellschaften des F.
  52. Fonds
  53. 2
  54. war.
  55. Die Beklagte erklärte am 27. Juli 1999 gegenüber der Treuhänderin
  56. P.
  57. Verwaltungs- und Treuhandgesellschaft mbH ihren Beitritt zur Schuld-
  58. nerin mit einer Beteiligungssumme von 60.000 DM zuzüglich 5 % Agio. Die
  59. Treuhänderin übernahm gem. § 1 des Treuhandvertrages für die Beklagte die
  60. förmliche Stellung als Kommanditistin im Handelsregister; nach § 5 des Treuhandvertrages hatte der Treugeber die Treuhänderin von ihrer persönlichen
  61. Kommanditistenhaftung freizustellen.
  62. § 12 des Gesellschaftsvertrages der Schuldnerin lautet auszugsweise:
  63. (1) An dem Vermögen und am Gewinn und Verlust der Gesellschaft sind allein
  64. die Kommanditisten in dem zum 31.12. des betreffenden Geschäftsjahres gegebenen Verhältnis ihrer festen Kapitalkonten ab dem der Einzahlung der Einlage folgenden Monatsersten beteiligt.
  65. (3) Die Gesellschaft hat die Ausschüttungen, die die Gesellschaft von den Objektgesellschaften erhält und die nach Abdeckung ihrer Kosten und Aufrechterhaltung einer Liquiditätsreserve in der in der Liquiditätsprognose des Beteiligungsprospektes angegebenen Höhe verbleiben, ab 1999 halbjährlich, jeweils
  66. bis 31.01. und 31.07. des Jahres, erstmals bis 31.01.2000, an die Kommanditisten im Verhältnis der Ergebnisbeteiligung gemäß Ziff. 1 auszuschütten. Das gilt
  67. auch dann, wenn die Kapitalkonten durch vorangegangene Verluste unter den
  68. Stand der Kapitaleinlage abgesunken sind.
  69. (4) Soweit die Ausschüttungen der Gesellschaft an die Kommanditisten nach
  70. den handelsrechtlichen Vorschriften als Rückzahlung der von dem Beteiligungstreuhänder für Rechnung seiner Treugeber geleisteten Kommanditeinlage anzusehen sind, entsteht für den Beteiligungstreuhänder eine persönliche
  71. Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (§ 172 Abs. 4 HGB). Von dieser Haftung haben diejenigen Treugeber bzw. Kommanditisten, für die der Beteiligungstreuhänder die Kommanditbeteiligung im eigenen Namen hält, den
  72. -4-
  73. Beteiligungstreuhänder nach Maßgabe des Treuhandvertrages (Anlage 2) freizustellen.
  74. In den Jahren 1999 bis 2004 erhielt die Beklagte in zwei Zahlungen je-
  75. 3
  76. weils zum 31. Januar und 31. Juli eines jeden Jahres, erstmals am 31. Januar
  77. 2000, Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 8.615,25 €. Die Handelsbilanzen
  78. der Schuldnerin wiesen für 1999 bis 2002 Gewinne aus, die die Ausschüttungen jedoch nicht in vollem Umfang deckten; in den Jahren 2003 und 2004 wiesen sie Verluste aus.
  79. Die Schuldnerin stellte am 29. Juli 2005 Antrag auf Eröffnung des Insol-
  80. 4
  81. venzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit; das Verfahren wurde am 20. April
  82. 2006 eröffnet. Mit Vereinbarung vom 6. April 2006 ließ sich der Kläger von der
  83. Treuhandkommanditistin deren Freistellungsansprüche gegen die Anleger abtreten. Er forderte die Beklagte unter Fristsetzung zum 20. November 2006 vergeblich zur Rückzahlung der Ausschüttungen auf.
  84. 5
  85. Der Kläger hat seinen mit der Klage geltend gemachten Rückzahlungsanspruch auf § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 2 HGB, hilfsweise auf abgetretenes
  86. Recht und auf §§ 134, 143 InsO gestützt. Das Landgericht hat der Klage aus
  87. abgetretenem Recht bis auf einen Betrag von 83 € stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht der Klage nur in Höhe von
  88. 3.585,79 € aus §§ 134, 143 InsO sowie weiteren 3.097,37 € aus abgetretenem
  89. Recht (insgesamt 6.683,16 €) stattgegeben und die Anschlussberufung des
  90. Klägers zurückgewiesen. Dagegen wenden sich der Kläger mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision und die Beklagte mit der Anschlussrevision.
  91. -5-
  92. Entscheidungsgründe:
  93. 6
  94. Die Revision des Klägers hat keinen, die Anschlussrevision der Beklagten hat nur in geringem Umfang (83 €) Erfolg.
  95. 7
  96. I. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
  97. 8
  98. Zwar hafte die Beklagte dem Kläger nicht unmittelbar als Kommanditistin.
  99. Aus Insolvenzanfechtung stehe dem Kläger aber der Teil der Ausschüttungen
  100. zu, um den die Ausschüttungen den auf die Beklagte jährlich entfallenden Gewinn in den vier Jahren vor Insolvenzantragstellung jeweils überstiegen hätten.
  101. Aus abgetretenem Recht könne der Kläger nicht die Rückzahlung sämtlicher
  102. Ausschüttungen verlangen, sondern nur den Betrag, um den die Einlageleistung der Beklagten durch die Ausschüttungen unter Berücksichtigung dem Kapitalkonto zugeschriebener Gewinne und Verluste unter die Haftsumme gemindert sei. Eine Aufrechnung mit behaupteten Schadensersatzansprüchen gegen
  103. die Treuhandkommanditistin aus Aufklärungspflichtverletzung sei nach dem
  104. Haftungssystem der Kommanditgesellschaft ausgeschlossen.
  105. 9
  106. II. Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis im Wesentlichen stand.
  107. 10
  108. 1. Zutreffend hat das Berufungsgericht einen unmittelbaren Anspruch
  109. des Klägers gegen die beklagte Treugeberin aus § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1
  110. und 2 HGB mangels formeller Kommanditisteneigenschaft verneint (vgl. BGH,
  111. Urteil vom 28. Januar 1980 - II ZR 250/78, BGHZ 76, 127, 130; Urteil vom
  112. 11. November 2008 - XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 Rn. 21; Urteil vom
  113. 12. Februar 2009 - III ZR 90/08, NZG 2009, 380 Rn. 35; Urteil vom 21. April
  114. 2009 - XI ZR 148/08, ZIP 2009, 1266 Rn. 15).
  115. -6-
  116. 2. Dem Kläger steht indes, allerdings nur in Höhe von 6.600,16 €, ein
  117. 11
  118. Anspruch aus abgetretenem Recht der Treuhandkommanditistin zu. Die Treuhandkommanditistin hat ihren Freistellungsanspruch aus § 5 des Treuhandvertrags, der zudem aus dem Geschäftsbesorgungsverhältnis zwischen Treuhandkommanditistin und Beklagter folgt (§§ 675, 670 BGB), wirksam an den Kläger
  119. abgetreten; der Anspruch ist nicht verjährt und nicht durch Aufrechnung mit
  120. Schadensersatzansprüchen der Beklagten erloschen.
  121. a) Der Treuhandvertrag ist entgegen der Ansicht der Anschlussrevision
  122. 12
  123. nicht wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG gemäß § 134 BGB nichtig. Für
  124. die Frage, ob eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne von
  125. Art. 1 § 1 RBerG vorliegt, ist entscheidend, ob der Schwerpunkt der geschuldeten Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem oder auf rechtlichem Gebiet liegt
  126. (st.Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 16. Dezember 2002 - II ZR 109/01, BGHZ
  127. 153, 214, 218; Urteil vom 25. April 2006 - XI ZR 29/05, BGHZ 167, 223 Rn. 15).
  128. Nur derjenige, der im Rahmen eines Immobilienfondsprojekts nicht nur die wirtschaftlichen Belange der Anleger wahrzunehmen, sondern für sie auch die erforderlichen Verträge abzuschließen hatte, bedurfte einer Erlaubnis nach dem
  129. Rechtsberatungsgesetz (st.Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 14. Juni 2004
  130. - II ZR 393/02, BGHZ 159, 294, 299; Urteil vom 8. Mai 2006 - II ZR 123/05, ZIP
  131. 2006, 1201 Rn. 9). Eine Vollmacht, für die beklagte Treugeberin Verträge zu
  132. schließen, die diese selbst verpflichteten, enthält der Treuhandvertrag hier jedoch nicht. Die in § 1 Abs. 2 Satz 1 a - d des Treuhandvertrags genannten Verträge sind solche der Fondsgesellschaft oder der Objektgesellschaften mit Dritten.
  133. 13
  134. b) Der Freistellungsanspruch ist, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, wirksam an den Kläger abgetreten worden.
  135. -7-
  136. 14
  137. Die Abtretung ist nicht gemäß § 399 Fall 1 BGB ausgeschlossen. Zwar
  138. verändert der Freistellungsanspruch infolge der Abtretung seinen Inhalt, da er
  139. sich in einen Zahlungsanspruch umwandelt. Eine solche Veränderung des Leistungsinhalts hindert die Abtretung aber nicht, wenn der Freistellungsanspruch
  140. gerade an den Gläubiger der zu tilgenden Schuld abgetreten wird (vgl. BGH,
  141. Urteil vom 22. Januar 1954 - I ZR 34/53, BGHZ 12, 136, 141 f.; Urteil vom
  142. 5. Mai 2010 - III ZR 209/09, ZIP 2010, 1295 Rn. 12; Palandt/Grüneberg, BGB,
  143. 70. Aufl., § 399 Rn. 4 m.w.N.). Als solcher ist hinsichtlich der sich aus der Kommanditistenhaftung gemäß § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4 HGB ergebenden Ansprüche im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Kommanditgesellschaft
  144. der Insolvenzverwalter anzusehen (vgl. auch OLG Köln, NZG 2009, 543, 544;
  145. OLG Stuttgart, ZIP 2010, 1694, 1695 f. m.w.N.). Gemäß § 171 Abs. 2 HGB ist
  146. er zur Durchsetzung der Ansprüche gegen Kommanditisten ermächtigt, während die Gesellschaftsgläubiger, die materiell-rechtliche Anspruchsinhaber bleiben, daran gehindert sind, ihre Ansprüche selbst geltend zu machen. Berechtigte Interessen des Schuldners des Freistellungsanspruchs, deren Schutz das
  147. Abtretungsverbot nach § 399 Fall 1 BGB bezweckt, werden durch die Abtretung
  148. an den Insolvenzverwalter anstelle des Gesellschaftsgläubigers nicht beeinträchtigt.
  149. 15
  150. Die Parteien haben die Abtretung auch nicht vertraglich ausgeschlossen,
  151. § 399 Fall 2 BGB. Eine solche Abrede ergibt sich insbesondere nicht aus § 5
  152. des Treuhandvertrages, der den Freistellungsanspruch der Treuhandkommanditistin regelt. Anhaltspunkte, die ein konkludent vereinbartes Abtretungsverbot
  153. nahe legen, sind nicht ersichtlich. Die Abtretung ist ferner weder sittenwidrig
  154. noch stellt sie eine unzulässige Rechtsausübung gemäß § 242 BGB dar. Infolge
  155. der Abtretung verwirklicht sich vielmehr nur das mit dem Treuhandvertrag verbundene Ziel, dass die wirtschaftlichen Folgen der Kommanditbeteiligung die
  156. Treugeber selbst treffen.
  157. -8-
  158. 16
  159. c) § 172 Abs. 5 HGB steht dem Anspruch des Klägers entgegen der Ansicht der Anschlussrevision nicht entgegen. Ein Gutglaubensschutz nach dieser
  160. Vorschrift setzt den Bezug von Gewinn aufgrund einer unrichtigen Bilanz voraus, die tatsächlich nicht vorhandene Gewinne ausweist (vgl. BGH, Urteil vom
  161. 20. April 2009 - II ZR 88/08, ZIP 2009, 1222 Rn. 12 m.w.N.). Die Ausschüttungen beruhten hier nicht auf in den Bilanzen ausgewiesenen Gewinnen, sondern
  162. waren gemäß § 12 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages unabhängig von einem
  163. Gewinn der Gesellschaft aus den Liquiditätsüberschüssen zu zahlen.
  164. 17
  165. d) Infolge der Abtretung des Freistellungsanspruchs steht dem Kläger
  166. gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch in Höhe von 6.600,16 € zu. Die
  167. Treuhandkommanditistin kann in dieser Höhe die Freistellung von dem ihr gegenüber begründeten Anspruch nach § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 und 2 HGB
  168. von der beklagten Treugeberin verlangen.
  169. 18
  170. aa) Durch die Ausschüttungen an die über die Treuhandkommanditistin
  171. beteiligten Treugeber hat die Schuldnerin die Einlage im Sinne von § 172
  172. Abs. 4 HGB teilweise zurückbezahlt (vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 1975
  173. - II ZR 214/74, WM 1976, 130, 131; Urteil vom 28. Januar 1980 - II ZR 250/78,
  174. BGHZ 76, 127, 130; Strohn in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl.,
  175. § 172 Rn. 36). Der Anspruch aus § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 und 2 HGB ist
  176. zwar nicht begründet, soweit die Haftsumme zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger nicht benötigt wird (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 1958
  177. - II ZR 2/57, BGHZ 27, 51, 56 f.; Urteil vom 11. Dezember 1989 - II ZR 78/89,
  178. BGHZ 109, 334, 344; Strohn in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl.,
  179. § 171 Rn. 96). Diese Voraussetzung ist hier indes erfüllt. Die zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt
  180. werden können, übersteigen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
  181. die Summe aller Ausschüttungen.
  182. -9-
  183. 19
  184. bb) Entgegen der Auffassung der Revision haben jedoch nicht sämtliche
  185. Ausschüttungen die Haftung wieder aufleben lassen. Der Umfang, in dem die
  186. Haftung des Kommanditisten nach § 172 Abs. 4 HGB wieder auflebt, ist in dreifacher Hinsicht, nämlich durch die Haftsumme, die Höhe des ausgezahlten Betrags und durch das Ausmaß der dadurch gegebenenfalls entstehenden Haftsummenunterdeckung begrenzt (vgl. MünchKommHGB/K. Schmidt, 2. Aufl.,
  187. §§ 171, 172 Rn. 65). Im Streitfall ist das Kapitalkonto der Beklagten mit zuletzt
  188. 23.994,35 € gegenüber ihrer Haftsumme von 30.677,51 € (= 60.000 DM) nur
  189. um 6.683,16 € gemindert. Haftungsschädlich sind aber nur 6.600,16 € ausgezahlt worden. Die erste Ausschüttung für das 2. Halbjahr 1999 in Höhe von
  190. 178,95 € hat die Haftung aus § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB nur in Höhe von 95,95 €
  191. wieder begründet. Vor dieser Ausschüttung war dem Kapitalkonto der Beklagten nach dem insoweit maßgeblichen Vortrag des Klägers und den von ihm
  192. vorgelegten Unterlagen ein anteiliger Gewinn für 1999 in Höhe von 83 € gutgeschrieben worden, dessen Entnahme nicht zum Wiederaufleben der Haftung
  193. führte. Alle nachfolgenden Ausschüttungen erfolgten zwar bei bereits bestehender Haftsummenunterdeckung. Müsste die Beklagte - wie die Revision
  194. meint - alle Ausschüttungen erstatten, bliebe aber unberücksichtigt, dass das
  195. Kapitalkonto und damit die Haftsumme durch anteilige Gewinne in den Jahren
  196. 1999 bis 2002 teilweise wieder aufgefüllt wurden. Die Haftung nach § 171
  197. Abs. 1, § 172 Abs. 4 HGB soll aber nur gewährleisten, dass die Haftsumme im
  198. Gesellschaftsvermögen gedeckt ist; auf mehr können die Gläubiger nicht vertrauen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1982 - II ZR 201/81, BGHZ 84, 383, 387;
  199. MünchKommHGB/K. Schmidt, 2. Aufl., § 172 Rn. 64; Strohn in Ebenroth/
  200. Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 172 Rn. 44).
  201. 20
  202. Ausgehend von der Beispielsrechnung des Klägers ergibt sich bei Fortschreibung des Kapitalkontos der Beklagten folgende Berechnung:
  203. - 10 -
  204. Haftsumme/Einlage: 60.000 DM = 30.677,51 €
  205. Datum
  206. 21
  207. Stand
  208. Kapitalkonto
  209. Ausschüttung
  210. Stand
  211. Kapitalkonto
  212. nachher
  213. Beitritt
  214. 30.677,51 €
  215. 31.1.2000
  216. 31.7.2000
  217. 30.760,51 €
  218. 30.581,56 €
  219. 178,95 €
  220. 1.073,71 €
  221. 30.581,56 €
  222. 29.507,85 €
  223. 31.1.2001
  224. 31.7.2001
  225. 29.646,63 €
  226. 28.572,92 €
  227. 1.073,71 €
  228. 1.073,71 €
  229. 28.572,92 €
  230. 27.499,21 €
  231. 31.1.2002
  232. 31.7.2002
  233. 28.262,76 €
  234. 27.189,05 €
  235. 1.073,71 €
  236. 1.073,71 €
  237. 27.189,05 €
  238. 26.115,34 €
  239. 31.1.2003
  240. 31.7.2003
  241. 28.054,87 €
  242. 26.981,16 €
  243. 1.073,71 €
  244. 1.073,71 €
  245. 26.981,16 €
  246. 25.907,45 €
  247. 31.1.2004
  248. 31.7.2004
  249. 25.712,76 €
  250. 25.252,60 €
  251. 460,16 €
  252. 460,16 €
  253. 25.252,60 €
  254. 24.792,44 €
  255. 31.12.2004
  256. 23.994,35 €
  257. Gewinn/Verlust
  258. am Jahresende
  259. in 1999:
  260. + 83,00 €
  261. in 2000:
  262. + 138,78 €
  263. in 2001:
  264. + 763,55 €
  265. in 2002:
  266. + 1.939,53 €
  267. in 2003:
  268. - 194,69 €
  269. in 2004:
  270. - 798,09 €
  271. cc) Der Kläger muss sich an der von ihm selbst als Beispiel so vorgetragenen Kapitalkontoentwicklung für eine Beteiligungssumme von 100.000 DM
  272. festhalten lassen. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht nicht die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast für den Anspruch aus
  273. § 172 Abs. 4 HGB verkannt. Es hat zutreffend zugrunde gelegt, dass der Kommanditist darlegen und beweisen muss, dass eine unstreitige Ausschüttung die
  274. Haftung nicht wieder begründet hat (vgl. Strohn in Ebenroth/Boujong/
  275. Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 172 Rn. 55 f.). Hier hat jedoch der Kläger, worauf
  276. das Berufungsgericht zutreffend abgestellt hat, mit seiner Beispielsberechnung
  277. selbst vorgetragen, dass die Ausschüttungen teilweise nicht haftungsbegründend waren. Er hat zudem Handelsbilanzen vorgelegt, die für die Jahre 1999
  278. - 11 -
  279. bis 2002 jeweils Gewinne der Schuldnerin ausweisen. Dass die Gewinne tatsächlich erzielt worden sind, hat der Kläger in den Tatsacheninstanzen nicht
  280. substantiiert in Abrede gestellt. Der kurze schriftsätzliche Hinweis auf die steuerlichen Anlaufverluste, die zu der prospektierten Minderung der Steuerlast bei
  281. den Treugebern führen sollten, reicht dazu schon deshalb nicht, weil sich die
  282. Verluste aus der für die Kapitalkontoentwicklung maßgeblichen Handelsbilanz,
  283. auf die der Kläger sein Berechnungsbeispiel gestützt hat, nicht ergaben. Nach
  284. allgemeinen Grundsätzen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 1995 - X ZR 88/93,
  285. NJW-RR 1995, 684, 685) ist davon auszugehen, dass sich die Beklagte das
  286. Vorbringen des Klägers, soweit es für sie günstig ist, zumindest hilfsweise zu
  287. eigen gemacht hat. Dass der handelsbilanzielle Gewinn jeweils den Kapitalkonten der Treugeber gemäß § 12 Abs. 1, 3 des Gesellschaftsvertrages auch zugewiesen worden ist, hat der Kläger in seiner Beispielsberechnung für eine Kapitalkontenentwicklung bei einer Beteiligungssumme von 100.000 DM zugunsten der Treugeber selbst berücksichtigt und erstmals - gemäß § 559 Abs. 1
  288. ZPO unbeachtlich - in der Revisionsinstanz bestritten.
  289. 22
  290. e) Das Berufungsgericht hat entgegen der Ansicht der Anschlussrevision
  291. weiter zutreffend angenommen, dass der vom Kläger aus abgetretenem Recht
  292. geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht verjährt ist.
  293. 23
  294. aa) Die Verjährungsfrist für den Befreiungsanspruch eines Treuhänders
  295. nach § 257 Satz 1 BGB beginnt nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs frühestens mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem die
  296. Forderungen fällig werden, von denen zu befreien ist (BGH, Urteil vom 5. Mai
  297. 2010 - III ZR 209/09, ZIP 2010, 1295 Rn. 21 f.; Urteil vom 12. November 2009
  298. - III ZR 113/09, ZIP 2010, 1299 Rn. 13). Der gesetzliche Befreiungsanspruch
  299. nach § 257 Satz 1 BGB wird zwar nach allgemeiner Auffassung sofort mit der
  300. Eingehung der Verbindlichkeit, von der freizustellen ist, fällig, unabhängig da-
  301. - 12 -
  302. von, ob diese Verbindlichkeit ihrerseits bereits fällig ist (BGH, Urteil vom 5. Mai
  303. 2010 - III ZR 209/09, aaO Rn. 20 m.w.N.). Nach allgemeinen verjährungsrechtlichen Grundsätzen wäre der Zeitpunkt, zu dem ein Befreiungsanspruch entsteht und fällig wird, auch maßgeblich dafür, zu welchem Zeitpunkt die Verjährungsfrist des Freistellungsanspruchs beginnt (§ 199 BGB). Dies widerspräche
  304. indes den Interessen der Vertragsparteien eines Treuhandvertrags der hier vorliegenden Art. Wäre für den Lauf der Verjährungsfrist auf die Fälligkeit des Freistellungsanspruchs abzustellen, wäre die Treuhandkommanditistin regelmäßig
  305. bereits zu einem Zeitpunkt zur Geltendmachung ihres Freistellungsanspruchs
  306. gegenüber den Treugebern gezwungen, in dem weder die Fälligkeit der Drittforderung, von der freizustellen ist, absehbar ist noch feststeht, ob zu deren
  307. Erfüllung überhaupt auf Mittel der Treugeber zurückgegriffen werden muss.
  308. 24
  309. bb) Der Befreiungsanspruch der Treuhänderin ist danach nicht verjährt.
  310. Es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass keine der eingegangenen
  311. Verbindlichkeiten im Sinne von § 257 Satz 1 BGB, für die die Treuhänderin
  312. nach § 128, § 161 Abs. 2, § 171 Abs. 1 und 2, § 172 Abs. 4 HGB in Höhe von
  313. 6.600,16 € haftet, in - im Hinblick auf die dreijährige Verjährungsfrist nach
  314. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB und die Bekanntgabe des Ende Dezember 2006 eingereichten Prozesskostenhilfeantrags des Klägers (§ 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB) unverjährter Zeit fällig geworden ist.
  315. 25
  316. f) Im Ergebnis zutreffend hält das Berufungsgericht eine Aufrechnung der
  317. Beklagten gegenüber dem an den Kläger abgetretenen Rückzahlungsanspruch
  318. mit etwaigen gegen die Treuhandkommanditistin bestehenden Schadensersatzansprüchen für ausgeschlossen.
  319. - 13 -
  320. 26
  321. aa) Die Aufrechnung ist schon unzulässig.
  322. 27
  323. Über die gesetzlich oder vertraglich ausdrücklich geregelten Fälle hinaus
  324. ist eine Aufrechnung verboten, wenn nach dem besonderen Inhalt des zwischen den Parteien begründeten Schuldverhältnisses der Ausschluss als stillschweigend vereinbart angesehen werden muss (§ 157 BGB) oder wenn die
  325. Natur der Rechtsbeziehung oder der Zweck der geschuldeten Leistung eine
  326. Erfüllung im Wege der Aufrechnung als mit Treu und Glauben unvereinbar
  327. (§ 242 BGB) erscheinen lassen (BGH, Urteil vom 24. Juni 1985 - III ZR 219/83,
  328. BGHZ 95, 109, 113 m.w.N.). Die Treuhandkommanditistin hat die Beteiligung
  329. treuhänderisch für Rechnung der Treugeber übernommen und gehalten. Bei
  330. einer Gestaltung der Anlegerbeteiligung wie der vorliegenden darf der Anleger
  331. zwar grundsätzlich, soweit sich das nicht aus der Zwischenschaltung des Treuhänders unvermeidbar ergibt, nicht schlechter stehen, als wenn er selbst Kommanditist wäre; er darf aber auch nicht besser gestellt werden, als wenn er sich
  332. unmittelbar beteiligt hätte. Ihn trifft daher, wenn keine besonderen Verhältnisse
  333. vorliegen, auch das Anlagerisiko so, als ob er sich unmittelbar als Kommanditist
  334. beteiligt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 1979 - II ZR 240/78, ZIP
  335. 1980, 277, 278; Urteil vom 21. März 1988 - II ZR 135/87, BGHZ 104, 50, 55).
  336. Die Einbindung der Anleger durch das Treuhandverhältnis erfasst auch die Haftung der Treuhandkommanditistin gegenüber Gesellschaftsgläubigern, soweit
  337. die Einlagen nicht erbracht oder wieder zurückbezahlt worden sind. Aus diesem
  338. Grund kann sich der Anleger der ihn mittelbar über die Inanspruchnahme durch
  339. die Treuhandkommanditistin treffenden Haftung gegenüber Gesellschaftsgläubigern nach §§ 171, 172 Abs. 4 HGB nicht durch Aufrechnung mit Ansprüchen
  340. gegen die Treuhandkommanditistin entziehen (vgl. OLG Düsseldorf, ZIP 1991,
  341. 1494, 1499; OLG Köln, NZG 2009, 543, 544; Henze in Ebenroth/Boujong/
  342. Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 177a Anh. B Rn. 102; Heymann/Horn, HGB,
  343. 2. Aufl., § 161 Rn. 176).
  344. - 14 -
  345. 28
  346. bb) Die Aufrechnung der Beklagten würde im Übrigen auch nicht durchgreifen, weil sie eine Aufklärungspflichtverletzung nicht ausreichend dargelegt
  347. hat. Dass die Ausschüttungen nicht mit Gewinnen gleichzusetzen waren, ergab
  348. sich hinreichend deutlich aus dem Fondsprospekt. Dort wurde darauf hingewiesen, dass für die im Handelsregister eingetragenen Kommanditisten und für den
  349. Beteiligungstreuhänder eine persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der
  350. Gesellschaft entsteht, soweit die Einlagen der Kapitalanleger aus Liquiditätsüberschüssen der Gesellschaft zurückgezahlt werden. Ferner war dem Prospekt zu entnehmen, dass sich die prognostizierten Ausschüttungen nicht allein
  351. durch die angenommenen Mietzinsüberschüsse darstellen ließen, sondern
  352. auch durch die Höhe der Fremdfinanzierung (ca. 72 % des Gesamtaufwands
  353. der Objektgesellschaften), die anfänglichen Tilgungsaussetzungen und Entnahmen aus der Liquiditätsreserve, die zum Teil aus Eigenkapital gebildet wurde, in der ausgewiesenen Höhe möglich wurden.
  354. 29
  355. Auch war die Treuhandkommanditistin zu einer weitergehenden Erläuterung der Haftungsvorschrift des § 172 Abs. 4 HGB, die in § 12 des Gesellschaftsvertrages genannt wird, nicht verpflichtet (vgl. BGH, Beschluss vom
  356. 9. November 2009 - II ZR 16/09, ZIP 2009, 2335). Auf die eingeschränkte Handelbarkeit der Anteile weist der Prospekt ebenfalls hinreichend deutlich hin.
  357. 30
  358. 3. Ob der Kläger die Erstattung der Ausschüttungen gemäß §§ 143, 134
  359. Abs. 1 Satz 1 InsO verlangen könnte, kann dahinstehen. Jedenfalls ergäbe sich
  360. daraus keine höhere Forderung. Denn der Anspruch gemäß § 134 Abs. 1 InsO
  361. wäre begrenzt auf Ausschüttungen, die innerhalb von vier Jahren vor dem An-
  362. - 15 -
  363. trag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, den die Insolvenzschuldnerin am
  364. 29. Juli 2005 gestellt hat, vorgenommen worden sind, d.h. auf die Ausschüttungen ab dem 31. Juli 2001. Diese belaufen sich auf 6.288,87 €.
  365. Bergmann
  366. Caliebe
  367. Born
  368. Drescher
  369. Sunder
  370. Vorinstanzen:
  371. LG Düsseldorf, Entscheidung vom 04.12.2007 - 16 O 538/06 OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 20.11.2008 - I-6 U 8/08 -