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10 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. II ZR 189/11
  4. vom
  5. 15. Januar 2013
  6. in dem Rechtsstreit
  7. -2-
  8. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Januar 2013 durch den
  9. Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, den Richter Dr. Strohn, die Richterin
  10. Dr. Reichart und die Richter Dr. Drescher und Born
  11. einstimmig beschlossen:
  12. 1. Der Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision durch Beschluss gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.
  13. 2. Der
  14. Streitwert
  15. für
  16. das
  17. Beschwerdeverfahren
  18. wird
  19. auf
  20. 85.494,41 € festgesetzt (6.968,19 € für den Zahlungsantrag
  21. und 78.526,22 €, nämlich [6,26 € + 0,25 €] x 359 Mitglieder
  22. x 12 Monate x 3,5 - 20 % für den Feststellungsantrag).
  23. Gründe:
  24. 1
  25. A. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts besteht kein Grund
  26. für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO.
  27. 2
  28. Der Rechtsstreit der Parteien hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch
  29. erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des
  30. Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Auf die vom
  31. Berufungsgericht dazu angeführten Fragen, ob sich - allein - aus Satzungszielen Zahlungsansprüche gegen Vereinsmitglieder ergeben können und welche
  32. Voraussetzungen bei einer Gewerkschaft an den Erlass einer Arbeitskampfunterstützungsordnung zu stellen sind, kommt es für die Entscheidung nicht an.
  33. -3-
  34. 3
  35. B. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
  36. 4
  37. I. Die Klage ist zulässig.
  38. 5
  39. Das gilt insbesondere für die vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei als
  40. Zwischenfeststellungsklage i.S.d. § 256 Abs. 2 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom
  41. 6. Juli 1989 - IX ZR 280/88, NJW-RR 1990, 318, 320) angesehene Feststellungsklage. Die Pflicht zur Zahlung der monatlichen Mitgliedsbeiträge ist ein
  42. vorgreifliches Rechtsverhältnis, das nach § 256 Abs. 2 ZPO festgestellt werden
  43. kann. Der Beklagte wehrt sich jedenfalls gegen seine Verpflichtung, monatlich
  44. 0,25 € pro Mitglied in den Streikfonds zahlen zu müssen. Im Übrigen haben
  45. Land- und Oberlandesgericht rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Vortrag
  46. des Beklagten, er wehre sich nicht gegen den Mitgliedsbeitrag, eine unbeachtliche Schutzbehauptung sei.
  47. 6
  48. II. Die Klage ist auch begründet.
  49. 7
  50. 1. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung des
  51. - allgemeinen - Mitgliedsbeitrags in Höhe von 6,26 € pro Monat und Mitglied,
  52. von dem der Kläger für die Zeit von Juli bis September 2008 nur 6,22 € pro Monat und Mitglied geltend macht, nämlich insgesamt 6.698,94 € bei 359 Mitgliedern.
  53. 8
  54. Gegen die Befugnis des Klägers, einen Mitgliedsbeitrag zu erheben und
  55. seine Höhe nach § 7 der Satzung vom Gesamtvorstand festlegen zu lassen,
  56. bringt die Revision nichts vor. Dagegen bestehen auch keine Bedenken (vgl.
  57. BGH, Urteil vom 10. Juli 1995 - II ZR 102/94, BGHZ 130, 243, 246; Urteil vom
  58. 19. Juli 2010 - II ZR 23/09, ZIP 2010, 1793 Rn. 12).
  59. -4-
  60. 9
  61. 2. Der Kläger hat weiter einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 0,25 € pro Monat und Mitglied in den Streikfonds, das sind für den hier
  62. streitigen Zeitraum von Juli bis September 2008 insgesamt 269,25 €.
  63. 10
  64. Die Berechtigung zur Erhebung dieses einem speziellen Zweck gewidmeten Teils des Mitgliedsbeitrags ergibt sich ebenfalls aus § 7 der Satzung des
  65. Klägers. Dass der Gesamtvorstand keinen einheitlichen Mitgliedsbeitrag festgesetzt, sondern zwischen dem allgemeinen Zwecken dienenden Teil des Beitrags und dem zur Unterhaltung der Streikkasse bestimmten Beitragsteil differenziert hat, ist unschädlich. Entscheidend ist allein, dass beide Bestandteile
  66. des Beitrags den Anforderungen des § 7 der Satzung entsprechend festgesetzt
  67. worden sind. Danach setzt der Gesamtvorstand des Klägers die Mitgliedsbeiträge fest, wobei allein insoweit eine satzungsmäßige Bindung besteht, als sich
  68. die Höhe nach der Zahl der Mitglieder der Landesverbände richten muss.
  69. 11
  70. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Höhe auch des Beitrags zur
  71. Streikkasse richtet sich nach der Zahl der Mitglieder der Landesverbände. Es ist
  72. auch davon auszugehen, dass dieser Beitragsteil - ebenso wie der allgemeine
  73. Mitgliedsbeitrag - vom Gesamtvorstand des Klägers festgesetzt worden ist.
  74. Zwar rügt die Revision, dass dazu keine Feststellungen getroffen worden seien
  75. und dass der Gesamtvorstand am 20./21. Juni 2005 den Mitgliedsbeitrag auf
  76. 6,26 € pro Monat und Mitglied festgesetzt habe. Sie sagt aber nicht, dass der
  77. Beklagte behauptet hätte, der Beitrag zu der Streikkasse sei - entgegen der
  78. ausdrücklichen Zuständigkeitszuweisung in § 5 der Arbeitskampfunterstützungsordnung des Klägers - nicht vom Gesamtvorstand festgesetzt worden.
  79. Damit ist die dem Berufungsurteil zugrunde liegende Annahme, der Gesamtvorstand habe den Streikbeitrag zu einem früheren Zeitpunkt festgesetzt und im
  80. Juni 2005 nur über den allgemeinen Teil des Mitgliedsbeitrags entschieden,
  81. nicht in Frage gestellt.
  82. -5-
  83. 12
  84. Ob der Kläger die Voraussetzungen einer tariffähigen Gewerkschaft erfüllt, ist entgegen der Auffassung der Revision ohne Bedeutung. Entscheidend
  85. ist, dass er tatsächlich eine Streikkasse unterhält und sich damit die Möglichkeit
  86. von Arbeitskampfmaßnahmen offen hält. Wenn sich der Beklagte dagegen
  87. wehren will, muss er darauf hinwirken, dass die Arbeitskampfunterstützungsordnung aufgehoben wird. Im Übrigen hat das Landgericht - wenn auch mit
  88. knapper Begründung - festgestellt, dass der Kläger die Voraussetzungen einer
  89. tariffähigen Gewerkschaft erfüllt, und das Berufungsgericht hat sich diese Ausführungen zu eigen gemacht.
  90. 13
  91. 3. Dem Anspruch auf Zahlung des Mitgliedsbeitrags steht kein Zurückbehaltungsrecht entgegen. Das stellt die Revision nicht mehr in Frage.
  92. 14
  93. 4. Die Klageforderung ist durch die (Hilfs-)Aufrechnung des Beklagten
  94. nicht erloschen. Der Beklagte hatte keinen Anspruch gegen den Kläger auf
  95. Zahlung einer Strukturhilfe in Höhe von je 75.669 € für die Jahre 2005 und
  96. 2006.
  97. 15
  98. a) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus der Satzung
  99. des Klägers nicht, dass den Landesverbänden in strukturschwachen Bundesländern eine besondere finanzielle Unterstützung gewährt werden muss. Die
  100. gegenteilige Auslegung des Berufungsgerichts, die vom Senat voll überprüft
  101. werden kann (BGH, Beschluss vom 11. November 1985 - II ZB 5/85, BGHZ 96,
  102. 245, 250; Urteil vom 22. April 1996 - II ZR 65/95, NJW-RR 1996, 866; Beschluss vom 24. April 2012 - II ZB 8/10, WM 2012, 1009 Rn. 17), ist zutreffend.
  103. 16
  104. So werden die Aufgaben des Klägers in § 2 Abs. 1 der Satzung wie folgt
  105. festgelegt:
  106. Aufgabe des DJV ist die Wahrnehmung und Förderung aller
  107. beruflichen, rechtlichen und sozialen Interessen der haupt-
  108. -6-
  109. beruflich … tätigen Journalistinnen und Journalisten sowie
  110. Beratung und Unterstützung der Landesverbände in diesen
  111. Fragen.
  112. 17
  113. Dass sich daraus eine Pflicht zu Zahlungen an Landesverbände in strukturschwachen Bundesländern ergeben könnte, ist schon nach dem Wortlaut der
  114. Bestimmung nicht ersichtlich. Dagegen spricht zudem die Aufzählung von einzelnen Aufgaben in § 2 Abs. 2 der Satzung, die eine Strukturhilfe oder ähnliche
  115. Zahlungspflichten nicht vorsieht.
  116. 18
  117. b) Auch der Umstand, dass der Kläger in der Vergangenheit stets eine
  118. Strukturhilfe an den Beklagten gezahlt hat, gibt dem Beklagten noch keinen
  119. Rechtsanspruch auf eine Fortsetzung dieser Zahlungen. Insbesondere ist die
  120. Gewährung der Strukturhilfe damit nicht, wie die Revision meint, zur Grundlage
  121. des Vereinslebens geworden. Der Kläger war vielmehr frei, die Strukturhilfe
  122. einzuschränken und insbesondere organisatorisch neu zu gestalten.
  123. 19
  124. Da dies keine Satzungsänderung - und erst recht keine Änderung des
  125. Vereinszwecks im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB (dazu s. BGH, Beschluss
  126. vom 11. November 1985 - II ZB 5/85, BGHZ 96, 245, 249; Urteil vom
  127. 24. Oktober 1988 - II ZR 311/87, BGHZ 105, 306, 313 ff.) - darstellt, konnte der
  128. Gesamtvorstand des Klägers aufgrund seiner Zuständigkeit zur Entscheidung
  129. wichtiger Angelegenheiten nach § 17 Abs. 1 der Satzung am 20./21. Juni 2005
  130. den Beschluss fassen, einen Länderfonds zu gründen, dem zukünftig die Strukturförderung obliegt und dessen "organisatorische Abwicklung" von dem Landesverband Nordrhein-Westfalen übernommen wird. Dem entsprachen auch
  131. die Herabsetzung des allgemeinen Mitgliedsbeitrags um 0,64 € pro Monat und
  132. Mitglied und die Verpflichtung der Landesverbände, diesen besonderen Beitragsteil unmittelbar an den Länderfonds zu zahlen. Damit wurde die Strukturhil-
  133. -7-
  134. fe nicht eingestellt, sondern nur aus den allgemeinen Aufgaben des Klägers
  135. ausgegliedert und einer besonderen Organisation unterstellt.
  136. 20
  137. c) Der Einwand der Revision, bei dem Beitritt des Beklagten zum Kläger
  138. sei vereinbart worden, dass der Beklagte durch Strukturhilfezahlungen unterstützt werde, führt ebenfalls nicht zum Erfolg. Eine solche Vereinbarung kann
  139. sich nur auf die grundsätzliche Bereitschaft des Klägers bezogen haben, den
  140. Beklagten bei der Strukturhilfe angemessen zu berücksichtigen. Ein weitergehendes Zahlungsversprechen hätte jedenfalls gegen den in § 3 Abs. 1 Satz 4
  141. der Satzung bekräftigten und auch vom Beklagten herangezogenen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen.
  142. 21
  143. d) Schließlich bestand entgegen der Auffassung der Revision auch nicht
  144. deshalb ein Zahlungsanspruch gegen den Kläger, weil dieser mit seiner Weigerung, an den Beklagten Strukturhilfe zu zahlen, gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoßen habe. Dazu trägt die Revision vor, nur der Beklagte sei von
  145. weiteren Strukturhilfezahlungen ausgeschlossen worden, andere Landesverbände, wie etwa der Landesverband Berlin und der mit dem Beklagten konkurrierende Landesverband in Brandenburg, hätten weiter Strukturhilfezahlungen
  146. aus dem neu eingerichteten Länderfonds erhalten.
  147. 22
  148. Auch diesem Angriff hält das Berufungsurteil stand. Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass für Zahlungen aus dem Länderfonds ein Antrag
  149. und eine nachvollziehbare Begründung erforderlich seien und dass der Beklagte einen solchen Antrag nicht gestellt habe. Damit hat der Beklagte das dafür
  150. -8-
  151. vorgesehene Prüfverfahren nicht in Gang gesetzt und kann sich schon deshalb
  152. nicht auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen.
  153. Bergmann
  154. Strohn
  155. Drescher
  156. Reichart
  157. Born
  158. Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt
  159. worden.
  160. Vorinstanzen:
  161. LG Potsdam, Entscheidung vom 14.10.2009 - 8 O 385/08 OLG Brandenburg, Entscheidung vom 01.07.2011 - 3 U 147/09 -