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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. I ZR 62/01
  5. Verkündet am:
  6. 11. März 2004
  7. Walz
  8. Justizamtsinspektor
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGHR:
  16. ja
  17. Partnerschafts-Kurzbezeichnung
  18. PartGG § 2
  19. Die Aufnahme einer Phantasiebezeichnung in den Namen einer Partnerschaft
  20. verstößt nicht gegen § 2 PartGG.
  21. BORA § 9
  22. Der Vorschrift des § 9 BORA ist kein Verbot der Verwendung einer Phantasiebezeichnung als Teil einer Kurzbezeichnung bei gemeinschaftlicher Berufsausübung im Sinne dieser Vorschrift zu entnehmen.
  23. BRAO § 59k
  24. Der spezielle Regelungsgehalt des § 59k BRAO steht einer analogen Anwendung der Bestimmung auf den Bereich der sonstigen Zusammenschlüsse von
  25. Rechtsanwälten entgegen.
  26. BGH, Urt. v. 11. März 2004 - I ZR 62/01 - OLG Karlsruhe
  27. LG Waldshut-Tiengen
  28. -2-
  29. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
  30. und die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert
  31. für Recht erkannt:
  32. Die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe
  33. - 4. Zivilsenat in Freiburg - vom 1. Februar 2001 wird auf Kosten der
  34. Klägerin zurückgewiesen.
  35. Von Rechts wegen
  36. Tatbestand:
  37. Die klagende Rechtsanwaltskammer wendet sich dagegen, daß die Beklagte,
  38. eine aus Steuerberatern und Rechtsanwälten bestehende Partnerschaft, sich
  39. - entsprechend ihrer Eintragung in das Partnerschaftsregister - als "artax Steuerberater
  40. S.
  41. - Rechtsanwälte
  42. " bezeichnet.
  43. Partnerschaft
  44. A.
  45. -B.
  46. -H. -L.
  47. -
  48. -3-
  49. Nach der Auffassung der Klägerin verstößt die Beklagte durch die Verwendung des Begriffs "artax" in ihrem Namen gegen § 1 UWG i.V. mit § 9 der
  50. Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA). Dies folge namentlich aus der in der
  51. Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) für die Rechtsanwaltsgesellschaft getroffenen Neuregelung wie insbesondere aus § 59k BRAO. Bei der Rechtsanwalts-GmbH sei eine Sach- und Phantasiebezeichnung unzulässig. Ein sachlicher Grund für eine abweichende Behandlung der Partnerschaft sei nicht ersichtlich. Die Verwendung der Bezeichnung "artax" sei zudem irreführend i.S.
  52. des § 3 UWG.
  53. Die Klägerin hat beantragt,
  54. der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten,
  55. die
  56. Bezeichnung
  57. artax
  58. A.
  59. ,
  60. B.
  61. ,
  62. H. ,
  63. L.
  64. ,
  65. S.
  66. ,
  67. Partnerschaft Steuerberater, Rechtsanwälte im geschäftlichen Verkehr zu benutzen.
  68. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
  69. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG Waldshut-Tiengen
  70. BRAK-Mitt. 2000, 261). Die Berufung der Beklagten hat zur Abweisung der Klage geführt (OLG Karlsruhe NJW 2001, 1584).
  71. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
  72. -4-
  73. Entscheidungsgründe:
  74. I. Das Berufungsgericht hat die Klage als unbegründet angesehen und
  75. hierzu ausgeführt:
  76. Aus dem Verbot in § 2 Abs. 1 Satz 3 des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes (PartGG), in den Namen der Partnerschaft andere Namen als die der
  77. Partner aufzunehmen, lasse sich für die Entscheidung des Streitfalls nichts ableiten. Nach den Gesetzesmaterialien zu § 2 PartGG komme der Beifügung des
  78. Vornamens zwar der Vorrang vor der Beifügung von Sachzusätzen zu; damit
  79. seien aber auch diese nicht grundsätzlich unzulässig. Zudem fehle es für eine
  80. entsprechende Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12
  81. Abs. 1 GG an schützenswerten Gemeinwohlinteressen.
  82. Die nach dem allgemeinen Berufsrechtsvorbehalt in § 1 Abs. 3 PartGG
  83. ferner einschlägige Bestimmung des § 9 BORA stehe dem von der Beklagten
  84. gewählten Namen ebenfalls nicht entgegen. Ihr Wortlaut gebe keinen Hinweis,
  85. wie eine Kurzbezeichnung zu lauten habe. Der Bestimmung sei nicht das Gebot
  86. zu entnehmen, die Kurzbezeichnung allein aus den Namen der Sozien oder
  87. Partner zu bilden. Die Kurzbezeichnung solle eine andere, kürzere Firmierung
  88. als die vor allem früher übliche Aneinanderreihung der Namen der in der Kanzlei tätigen Rechtsanwälte ermöglichen, um so eine kurze, einprägsame und
  89. werbewirksame Kanzleibezeichnung zu erhalten. Hieraus folge nicht, daß
  90. Phantasie- und Sachbezeichnungen grundsätzlich unzulässig seien. Das von
  91. der Klägerin erstrebte Verbot widerspräche, da vernünftige Erwägungen des
  92. Gemeinwohls der Verwendung der Kurzbezeichnung "artax" nicht entgegen-
  93. -5-
  94. stünden, zudem der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit.
  95. Eine Irreführung sei weder durch die zusätzliche Verwendung der Kurzbezeichnung "artax" schlechthin noch durch deren Verwendung im Namen der
  96. Partnerschaft zu befürchten, da die dort tätigen Rechtsanwälte und Steuerberater nicht nur mit ihren Berufsbezeichnungen aufgeführt, sondern zusätzlich
  97. namentlich benannt seien.
  98. Die zusätzliche Verwendung einer einprägsamen Kurzbezeichnung zur
  99. Kennzeichnung einer aus Angehörigen verschiedener Berufe bestehenden
  100. Partnerschaft verstoße auch nicht gegen die Beschränkung der Werbung von
  101. Rechtsanwälten gemäß § 43b BRAO auf eine sachliche Unterrichtung; allenfalls
  102. liege eine zulässige Imagewerbung vor.
  103. II. Die Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit Recht
  104. angenommen, daß weder die Bestimmungen des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes noch die gemäß dessen § 1 Abs. 3 des weiteren in Betracht zu ziehenden berufsrechtlichen Vorschriften das von der Klägerin erstrebte Verbot
  105. rechtfertigen. Zutreffend ist auch seine Beurteilung, daß die von der Beklagten
  106. gewählte Namensgebung nicht i.S. des § 3 UWG irreführend ist.
  107. 1. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, daß die Aufnahme einer Phantasiebezeichnung in den Namen der Beklagten nicht gegen
  108. § 2 PartGG verstößt. Es hat hierbei zutreffend darauf abgestellt, daß diese Bestimmung für Sach- oder Phantasiebezeichnungen keine Regelung enthält. Die
  109. Begründung des Gesetzes (BT-Drucks. 12/6152, S. 12) geht von der grund-
  110. -6-
  111. sätzlichen Zulässigkeit entsprechender Zusätze aus. Der Umstand, daß § 2
  112. Abs. 2 PartGG auch nach der Änderung des § 18 Abs. 1 HGB durch das Handelsrechtsreformgesetz vom 22. Juni 1998 (BGBl. I S. 1474), aufgrund deren
  113. Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschaften im Gegensatz zu früher
  114. nunmehr ebenfalls Sach- und Phantasienamen tragen dürfen, (weiterhin) nicht
  115. auf diese Bestimmung Bezug nimmt, rechtfertigt entgegen der Auffassung der
  116. Revision keine andere Beurteilung. Denn der Gesetzgeber hatte, nachdem er
  117. bei den Partnerschaften die Beifügung von Sach- und Phantasieangaben von
  118. vornherein als zulässig erachtet hatte, keinen Anlaß, das Partnerschaftsgesellschaftsgesetz anläßlich der Änderung des Handelsgesetzbuchs, durch die das
  119. insoweit für Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschaften bestehende
  120. Verbot aufgehoben wurde, gleichfalls zu ändern.
  121. 2. Das von der Klägerin erstrebte Verbot hat auch in § 9 BORA keine
  122. Grundlage.
  123. a) § 9 Abs. 1 BORA gestattet es Rechtsanwälten, bei beruflicher Zusammenarbeit mit sozietätsfähigen Personen i.S. des § 59a BRAO, sei es, daß
  124. diese als Sozietät, als Partnerschaftsgesellschaft oder über das Verhältnis als
  125. Angestellter oder freier Mitarbeiter erfolgt, unter einer Kurzbezeichnung aufzutreten. Die Kurzbezeichnung darf sich auf den Namen einer oder mehrerer sozietätsfähiger Personen beschränken. Auch die Namen früherer Mitarbeiter
  126. dürfen in dieser Kurzbezeichnung weitergeführt werden (§ 9 Abs. 2 BORA).
  127. Zur Verwendung einer Sach- oder Phantasiebezeichnung enthält die genannte Vorschrift keine Regelung. Ihr ist lediglich zu entnehmen, daß die Verwendung von Namen in der Kurzbezeichnung geboten ist. Das legt es nahe,
  128. -7-
  129. daß nach dem Wortlaut der Berufsordnung die Verwendung allein einer Sachoder Phantasiebezeichnung als Kurzbezeichnung nicht gestattet ist. Diese Frage ist aber nicht Gegenstand des Streits. Ein Verbot der Verwendung einer
  130. Phantasiebezeichnung als Teil der Kurzbezeichnung bei beruflicher Zusammenarbeit ist dem § 9 BORA nicht zu entnehmen. Zweck der dort getroffenen
  131. Regelung ist es, daß jeder im Rechtsverkehr erkennen kann, mit wem er es zu
  132. tun hat, wer Rechtsberatung anbietet oder als Vertreter gegnerischer Interessen
  133. auftritt (BGH, Beschl. v. 17.12.2001 - AnwZ (B) 12/01, NJW 2002, 608, 609).
  134. Dieser Regelungszweck wird durch die Verwendung einer Phantasiebezeichnung neben Namen in der Kurzbezeichnung nicht in Frage gestellt (vgl. auch
  135. AnwGH Hamburg NJW 2004, 371, 372).
  136. Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich nach dem Vorgesagten
  137. entgegen der Ansicht der Revision nicht, wenn - wovon das Berufungsgericht
  138. ausgegangen ist - in der gewählten Bezeichnung neben dem Namen eines
  139. ausgeschiedenen Partners sämtliche sozietätsfähigen Mitglieder namentlich erwähnt sind. Das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit an einer eindeutigen
  140. Außendarstellung der Beklagten wird durch den Bezeichnungsteil "artax", der
  141. entgegen der Auffassung der Revision kein Zusatz i.S. des § 9 Abs. 3 BORA
  142. ist, nicht beeinträchtigt. Denn dieser ist als Teil der beanstandeten Gesamtbezeichnung nicht geeignet, im Rechtsverkehr Irrtümer hervorzurufen oder auch
  143. nur Unklarheiten entstehen zu lassen (vgl. BGH NJW 2002, 608, 609).
  144. b) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht der Regelung des § 59k
  145. BRAO, der die Firma der Rechtsanwaltsgesellschaft i.S. der §§ 59c ff. BRAO
  146. regelt, keinen die Zulässigkeit der im Streitfall beanstandeten Bezeichnung in
  147. Zweifel ziehenden Hinweis entnommen. Dementsprechend ist es auch uner-
  148. -8-
  149. heblich, ob diese Bestimmung bei wortlautgetreuem Verständnis einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhält (vgl. dazu BGH, Urt. v. 23.10.2003
  150. - I ZR 64/01, Umdr. S. 7 ff. - Rechtsanwaltsgesellschaft). Der spezielle Regelungsgehalt des § 59k BRAO steht einer analogen Anwendung dieser Bestimmung auf den Bereich der sonstigen Zusammenschlüsse von Rechtsanwälten
  151. entgegen.
  152. c) Ein Verbot im begehrten Umfang beeinträchtigte zudem die Beklagte
  153. ohne sachliche Rechtfertigung in ihrer nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützten
  154. Freiheit der Berufsausübung, sich im Rechtsverkehr in der von ihr vorgestellten
  155. Weise darzustellen.
  156. 3. Mit Recht hat das Berufungsgericht ferner angenommen, daß die Aufnahme von "artax" in den Namen der Beklagten, soweit dem eine werbende
  157. Wirkung zukommt, keinen Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot des § 43b
  158. BRAO darstellt, sondern in den Rahmen einer zulässigen Selbstdarstellung fällt
  159. (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.4.2000 - 1 BvR 721/99, NJW 2000, 3195, 3196 =
  160. WRP 2000, 720; Beschl. v. 4.8.2003 - 1 BvR 2108/02, GRUR 2003, 965, 966 =
  161. WRP 2003, 1213; BGH, Urt. v. 5.12.2002 - I ZR 115/00, GRUR 2003, 540, 541
  162. = WRP 2003, 745 - Stellenanzeige).
  163. 4. Zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet hat das Berufungsgericht im übrigen eine Irreführung i.S. des § 3 UWG durch die Namenswahl der Beklagten verneint. Eine Irreführung hinsichtlich der geschäftlichen
  164. Verhältnisse der Beklagten und insbesondere hinsichtlich ihrer Geschäftstätigkeit ist angesichts der weiteren Bestandteile ihres Namens ausgeschlossen.
  165. -9-
  166. III. Danach war die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97
  167. Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
  168. Ullmann
  169. Bornkamm
  170. Büscher
  171. Pokrant
  172. Schaffert