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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. I ZR 237/98
  5. Verkündet am:
  6. 5. Oktober 2000
  7. Führinger
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ
  15. : nein
  16. BGHR
  17. :
  18. ja
  19. Vielfachabmahner
  20. UWG § 13 Abs. 5
  21. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Geltendmachung eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs gegen eine irreführende Immobilienanzeige durch einen - zugleich als Bauträger und Altbausanierer tätigen Rechtsanwalt mißbräuchlich ist.
  22. BGH, Urt. v. 5. Oktober 2000 - I ZR 237/98 - OLG München
  23. LG München I
  24. -2-
  25. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Prof. Dr. Bornkamm und
  26. Pokrant
  27. für Recht erkannt:
  28. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 29. Zivilsenats
  29. des Oberlandesgerichts München vom 30. Juli 1998 aufgehoben.
  30. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts
  31. München I, 7. Kammer für Handelssachen, vom 25. Februar 1998
  32. wird zurückgewiesen.
  33. Die Kosten der Rechtsmittel werden dem Kläger auferlegt.
  34. Von Rechts wegen
  35. Tatbestand:
  36. Die Beklagte warb im "Münchener Merkur" vom 26./27. Juli 1997 mit einer Anzeige für den Erwerb von Neubauwohnungen in K.
  37. bei Rosenheim,
  38. die den Hinweis enthielt: "3 Jahre bis zu DM 350,-- mtl. Zuschuß".
  39. -3-
  40. Der Kläger ist Rechtsanwalt und außerdem nach seiner Behauptung mit
  41. einem Geschäftspartner in Berlin als Bauträger und Altbausanierer tätig. Er
  42. beanstandet die Immobilienanzeige der Beklagten als wettbewerbswidrig, da
  43. sie in übertriebener Weise anlocke und zudem gegen die Zugabeverordnung
  44. verstoße.
  45. Mit Bescheid der Landeshauptstadt München vom 9. Oktober 1997 hat
  46. der Kläger gemäß § 34 c GewO die Erlaubnis erhalten, gewerbsmäßig Bauvorhaben als Bauherr in eigenem Namen für eigene oder fremde Rechnung vorzubereiten oder durchzuführen und dazu Vermögenswerte von Erwerbern,
  47. Mietern, Pächtern oder sonstigen Nutzungsberechtigten oder von Bewerbern
  48. um Erwerbs- oder Nutzungsrechte zu verwenden.
  49. Der Kläger hat beantragt,
  50. der Beklagten zu verbieten, im Geschäftsverkehr zu Zwekken des Wettbewerbs für den Vertrieb von Immobilien insbesondere in Zeitungsanzeigen wie folgt zu werben:
  51. "Neubau-Wohnungen 3 Jahre bis zu DM 350,-- mtl. Zuschuß".
  52. Die Beklagte hat bestritten, daß der Kläger im Immobilienbereich gewerblich tätig sei. Seine angeblichen Immobilienangebote stünden jedenfalls
  53. nicht im Wettbewerb mit ihrem Angebot von Eigentumswohnungen in K.
  54. .
  55. Falls doch ein Wettbewerbsverhältnis bestehen sollte, mißbrauche der Kläger
  56. jedenfalls die Klagebefugnis durch seine umfangreiche Abmahntätigkeit zu
  57. -4-
  58. dem Zweck, Einkünfte als Rechtsanwalt zu erzielen. Die Beklagte hat weiterhin
  59. in Abrede gestellt, daß die beanstandete Anzeige wettbewerbswidrig sei.
  60. Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen.
  61. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
  62. Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt
  63. die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
  64. Entscheidungsgründe:
  65. Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
  66. I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß der Kläger als Wettbewerber für den von ihm geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch klagebefugt sei. Er habe ausreichend dargelegt, daß er als
  67. Bauträger und Altbausanierer in Berlin tätig sei und dort im Jahr 1997 mit einem Partner drei Objekte in der Absicht erworben habe, sie aufgeteilt in Eigentumswohnungen oder insgesamt an Anleger zu veräußern.
  68. Der Kläger sei allerdings nicht als unmittelbar betroffener Mitbewerber
  69. gemäß § 1 UWG klagebefugt, weil der konkrete Wettbewerbsverstoß nicht geeignet sei, ihn bei dem Absatz der Immobilien oder in sonstiger Weise zu be-
  70. -5-
  71. hindern. Seine Klagebefugnis ergebe sich aber aus § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG.
  72. Der Kläger habe zwar von der beanstandeten Anzeige keine unmittelbaren Beeinträchtigungen zu besorgen, weil diese Wohnungen im Raum Rosenheim
  73. betreffe und deshalb nicht mögliche Kunden des Klägers davon abhalten werde, eine der von ihm in Berlin angebotenen Wohnungen zu erwerben. Die
  74. Parteien stünden aber in einem abstrakten Wettbewerbsverhältnis zueinander,
  75. weil sie auf demselben Markt, der Bundesrepublik Deutschland, als Anbieter
  76. von Wohnungen aufträten. Es bestehe daher die nicht nur theoretisch denkbare Möglichkeit einer unmittelbaren oder mittelbaren beiderseitigen Absatzbehinderung, die für den jeweils Betroffenen wirtschaftlich nicht gänzlich unbedeutend sei.
  77. Von einer mißbräuchlichen Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs im Sinne des § 13 Abs. 5 UWG könne nicht ausgegangen werden, weil
  78. der Beweis, daß der Kläger mit der Verfolgung des Wettbewerbsverstoßes im
  79. wesentlichen ein Gebühreninteresse verfolge, derzeit nicht geführt werden
  80. könne. Der Kläger habe zwar früher (etwa von 1984 bis 1992) eine umfangreiche Abmahntätigkeit betrieben, um als Rechtsanwalt Gebühren zu erzielen. Es
  81. sei aber fernliegend, daß er seine Tätigkeit als Altbausanierer im wesentlichen
  82. zu dem Zweck aufgenommen habe, um als Rechtsanwalt einfachste Wettbewerbsverstöße verfolgen zu können, auch wenn er selbst einräume, im Jahr
  83. 1997 etwa 150 wettbewerbsrechtliche Abmahnungen vorgenommen zu haben.
  84. Der Kläger verstoße auch nicht gegen § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO, wenn er in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt Wettbewerbsverstöße abmahne, die er bei
  85. seiner Befassung mit Immobilienanzeigen festgestellt habe.
  86. -6-
  87. Die beanstandete Werbeaussage sei jedenfalls als irreführend wettbewerbswidrig. Sie erwecke bei nicht unerheblichen Teilen der angesprochenen
  88. Verkehrskreise den Eindruck, es würden Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln
  89. gewährt oder Steuervorteile etwa als "Eigenheimzulage" geboten, obwohl es
  90. sich um einen Zuschuß des Bauträgers selbst handele. Dieser Wettbewerbsverstoß sei auch geeignet, den Wettbewerb auf dem Markt wesentlich zu beeinträchtigen. Das Versprechen eines monatlichen Zuschusses bis zu
  91. 350,-- DM für die Dauer von drei Jahren stelle einen wesentlichen Kaufanreiz
  92. dar. Es bestehe eine erhebliche Gefahr, daß eine solche Werbung durch Wettbewerber nachgeahmt werde.
  93. II. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß der Kläger für die Verfolgung des geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs
  94. klagebefugt sei, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die
  95. Frage, ob die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind, kann danach offenbleiben.
  96. 1. Das Berufungsgericht hat allerdings zutreffend angenommen, daß der
  97. Kläger nicht bereits als unmittelbar betroffener Mitbewerber nach § 3 UWG
  98. sachbefugt ist. Als unmittelbar von einer zu Wettbewerbszwecken begangenen
  99. Handlung betroffen sind grundsätzlich diejenigen Mitbewerber anzusehen, die
  100. zu dem Verletzer (oder dem von diesem Geförderten) in einem konkreten
  101. Wettbewerbsverhältnis stehen (vgl. BGH, Urt. v. 5.3.1998 - I ZR 229/95, GRUR
  102. 1998, 1039, 1040 = WRP 1998, 973 - Fotovergrößerungen; Urt. v. 24.5.2000
  103. - I ZR 222/97, Umdruck S. 6 - Falsche Herstellerpreisempfehlung; Urt. v.
  104. 29.6.2000 - I ZR 29/98, Umdruck S. 10 f. - Filialleiterfehler, jeweils m.w.N.). Ein
  105. konkretes Wettbewerbsverhältnis ist dann gegeben, wenn beide Parteien
  106. -7-
  107. gleichartige Waren innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen
  108. versuchen mit der Folge, daß das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten
  109. den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann (vgl.
  110. BGH, Urt. v. 23.4.1998 - I ZR 2/96, GRUR 1999, 69, 70 = WRP 1998, 1065
  111. - Preisvergleichsliste II, m.w.N.). Dies hat das Berufungsgericht hier rechtsfehlerfrei verneint (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 5.10.2000 - I ZR 210/98, Umdruck
  112. S. 6 - Immobilienpreisangaben).
  113. 2. Das Berufungsgericht hat jedoch angenommen, daß der Kläger nach
  114. § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG klagebefugt sei. Er habe hinreichend dargetan, daß er
  115. in Berlin als Bauträger und Altbausanierer tätig sei und diese Wohnungen Anlegern in der Bundesrepublik Deutschland anbiete.
  116. Ob die Feststellungen des Berufungsgerichts zur gewerblichen Tätigkeit des
  117. Klägers den Revisionsangriffen standhalten, kann offenbleiben, weil die Klage
  118. bereits aus anderen Gründen abzuweisen ist (vgl. dazu nachfolgend unter 3.).
  119. Im rechtlichen Ansatzpunkt ist dem Berufungsgericht jedenfalls darin zuzustimmen, daß bei Zugrundelegung der getroffenen Feststellungen gemäß § 13
  120. Abs. 2 Nr. 1 UWG von der Klagebefugnis des Klägers auszugehen ist. Der
  121. nach dieser Vorschrift maßgebliche Markt ist in sachlicher Hinsicht anhand des
  122. Begriffs "Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art"
  123. abzugrenzen. Dieser Begriff ist weit auszulegen. Die vertriebenen Waren oder
  124. gewerblichen Leistungen müssen sich derart gleichen oder nahestehen, daß
  125. der Vertrieb der einen durch den Vertrieb der anderen beeinträchtigt werden
  126. kann (vgl. BGH, Urt. v. 30.4.1997 - I ZR 30/95, GRUR 1997, 934, 935 = WRP
  127. 1997, 1179 - 50 % Sonder-AfA; Urt. v. 5.6.1997 - I ZR 69/95, GRUR 1998, 489,
  128. 491 = WRP 1998,
  129. 42
  130. - Unbestimmter
  131. Unterlassungsantrag III;
  132. Urt.
  133. v.
  134. -8-
  135. 24.11.1999 - I ZR 189/97, GRUR 2000, 438, 440 = WRP 2000, 389 - Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge, jeweils m.w.N.). Danach ist vorliegend nicht auf den engeren Markt des Angebots von Immobilien durch Immobilienmakler abzustellen, sondern auf das Angebot von Immobilien schlechthin,
  136. sei es durch Makler, Bauträger oder Bauunternehmer (vgl. BGH GRUR 1997,
  137. 934, 935 - 50 % Sonder-AfA). Der maßgebliche räumliche Markt wird hier durch
  138. die Geschäftstätigkeit der Beklagten bestimmt (vgl. BGH, Urt. v. 11.7.1996
  139. - I ZR 79/94, GRUR 1996, 804, 805 = WRP 1996, 1034 - Preisrätselgewinnauslobung III; Urt. v. 19.6.1997 - I ZR 72/95, GRUR 1998, 170 = WRP 1997,
  140. 1070 - Händlervereinigung). Die Feststellung des Berufungsgerichts, daß die
  141. Beklagte Wohnungen im (ganzen) Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anbietet, wird von der Revision nicht angegriffen.
  142. 3. Die Geltendmachung des erhobenen Unterlassungsanspruchs ist unter den gegebenen Umständen mißbräuchlich im Sinne des § 13 Abs. 5 UWG.
  143. a) Bei der Anwendung der Mißbrauchsklausel des § 13 Abs. 5 UWG ist
  144. zu berücksichtigen, daß dieser Regelung neben der Aufgabe der Bekämpfung
  145. von Mißbräuchen bei Wettbewerbsverbänden die Funktion eines Korrektivs
  146. gegenüber der weit gefaßten Anspruchsberechtigung der Mitbewerber zukommt (vgl. BGH, Urt. v. 6.4.2000 - I ZR 76/98, WRP 2000, 1269, 1271 - Mißbräuchliche Mehrfachverfolgung, zum Abdruck in BGHZ bestimmt). Dies gilt vor
  147. allem dann, wenn ein Wettbewerber einen Unterlassungsanspruch nicht als
  148. unmittelbar Verletzter geltend macht, sondern sich auf eine Klageberechtigung
  149. aus § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG aufgrund eines lediglich abstrakten Wettbewerbsverhältnisses beruft. Nach § 13 Abs. 2 UWG kann ein und derselbe Wettbewerbsverstoß durch eine Vielzahl von Anspruchsberechtigten verfolgt werden.
  150. -9-
  151. Dies erleichtert zwar die im Interesse der Allgemeinheit liegende Rechtsverfolgung; die Fülle der Anspruchsberechtigten kann aber den Anspruchsgegner in
  152. erheblichem Maße belasten, so insbesondere dadurch, daß der Wettbewerbsverstoß zum Gegenstand mehrerer Abmahnungen und gerichtlicher Verfahren
  153. gemacht werden kann. Um so wichtiger ist es, daß die Regelung des § 13
  154. Abs. 5 UWG immer dann eine Handhabe bietet, wenn der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch mißbräuchlich geltend gemacht wird, insbesondere wenn sachfremde Ziele - wie das Interesse, den Gegner durch möglichst
  155. hohe Prozeßkosten zu belasten - als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (vgl. BGH WRP 2000,
  156. 1269, 1271 - Mißbräuchliche Mehrfachverfolgung, m.w.N.). Aus diesem Grund
  157. ist bei der Anwendung des § 13 Abs. 5 UWG auch in besonderer Weise die
  158. Zielsetzung der UWG-Novelle vom 25. Juli 1994 zu beachten, die § 13 UWG wenn auch nicht unmittelbar § 13 Abs. 5 UWG selbst - neu gefaßt hat. Zweck
  159. der UWG-Novelle 1994 war dabei auch, Mißbräuche abzustellen, die sich daraus ergeben haben, daß Mitbewerber auf der Grundlage eines lediglich abstrakten Wettbewerbsverhältnisses ohne wesentliche anderen Eigeninteressen
  160. als den finanziellen Anreizen, die sich aus der Rechtsverfolgung ergeben
  161. konnten, massenhaft - häufig aufgrund eines systematischen Durchforstens
  162. von gewerblichen Anzeigen in Tageszeitungen oder Zeitschriften - Wettbewerbsverstöße abmahnen konnten (vgl. die Begründung zu Art. 1 Nr. 4 des
  163. Entwurfs des UWG-Änderungsgesetzes, BT-Drucks. 12/7345 S. 10 f. = WRP
  164. 1994, 369, 376 f.).
  165. b) Bei Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 13 Abs. 5 UWG ergibt sich bereits aus dem unstreitigen Sachverhalt und dem eigenen Vorbrin-
  166. - 10 -
  167. gen des Klägers, daß die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs im
  168. vorliegenden Fall mißbräuchlich ist.
  169. Der Kläger hat schon nach eigenem Vorbringen im Jahr 1997, d.h. im
  170. Jahr der mit Schreiben vom 30. Juli 1997 ergangenen Abmahnung, etwa 150
  171. wettbewerbsrechtliche Abmahnungen vorgenommen. Im Jahr 1998 hat er nach
  172. eigener Darstellung immer noch etwa 35 Abmahnungen ausgesprochen. Wie
  173. das Berufungsgericht festgestellt hat, ist Grundlage seiner Abmahntätigkeit die
  174. Überprüfung des Immobilienteils von Tageszeitungen auf wettbewerbswidrige
  175. Anzeigen. Schon aus der Zahl der Abmahnungen des Klägers ergibt sich, daß
  176. seine Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zu
  177. seinen behaupteten gewerblichen Tätigkeiten gestanden hat.
  178. Als weiteres Indiz für ein mißbräuchliches Vorgehen kommt hinzu, daß der
  179. Kläger unter den gegebenen Umständen selbst dann, wenn seine eigenen Angaben zu seiner Tätigkeit als Bauträger und Altbausanierer zugrunde gelegt
  180. werden, an der Verfolgung des beanstandeten Wettbewerbsverstoßes kein
  181. nennenswertes wirtschaftliches Interesse haben kann. Aus der Sicht eines
  182. wirtschaftlich denkenden Gewerbetreibenden dient seine Rechtsverfolgung
  183. vielmehr keinem anderen Interesse als seinem Gebühreninteresse als Rechtsanwalt. Es ist jedoch nicht Sinn des § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG, den Gewerbetreibenden die Möglichkeit zu geben, unabhängig von jedem vernünftigen wirtschaftlichen Interesse ihres Unternehmens als selbsternannte Wettbewerbshüter Wettbewerbsverstöße jeglicher Art zu verfolgen. Der Kläger ist auch nach
  184. seinen eigenen Behauptungen lediglich in Berlin und dort auch nur bei einzelnen, wenn auch größeren Objekten, im Immobilienbereich gewerblich tätig. Die
  185. beanstandete Anzeige betraf dagegen Neubauwohnungen in K.
  186. bei Ro-
  187. - 11 -
  188. senheim, d.h. in einem weit von der Großstadt Berlin entfernten ländlichen
  189. Raum. Selbst dann, wenn solche Objekte in denselben Zeitungen angeboten
  190. werden sollten, ist es nach der Lebenserfahrung praktisch ausgeschlossen,
  191. daß sich die Angebote tatsächlich behindern könnten. Der Kläger hat in den
  192. Vorinstanzen selbst nichts anderes vorgetragen. Er hat sich lediglich darauf
  193. berufen, daß er befürchten müsse, daß der beanstandete Wettbewerbsverstoß
  194. von anderen nachgeahmt werde. Allein mit dieser Erwägung läßt sich jedoch
  195. die sich aufgrund der Gesamtumstände aufdrängende Annahme eines Handelns im Gebühreninteresse nicht widerlegen.
  196. Auf die Frage, ob der Kläger mit der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen subjektiv nicht vornehmlich sein Gebühreninteresse als Rechtsanwalt
  197. verfolgt hat, kommt es - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht an.
  198. Entscheidend ist, daß eine derartige Verselbständigung der Abmahn- und
  199. Rechtsverfolgungstätigkeit von der eigentlichen Tätigkeit als Wettbewerber der
  200. mit der Regelung der Klageberechtigung verfolgten Zielsetzung des Gesetzes
  201. so klar widerspricht, daß objektiv ein Mißbrauch im Sinne des § 13 Abs. 5
  202. UWG anzunehmen ist.
  203. Bei dieser Sachlage muß die Frage nicht mehr erörtert werden, ob die
  204. Mißbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung auch damit begründet werden könnte,
  205. daß der Kläger bei einer Verfolgung von Wettbewerbsverstößen im Immobilienbereich in der doppelten Eigenschaft als Rechtsanwalt und Gewerbetreibender (Bauträger und Altbausanierer) tätig wird und damit - wie die Beklagte
  206. meint - gegen § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO verstößt (vgl. dazu BGH, Urt. v.
  207. 14.10.1977
  208. - I ZR 160/75, GRUR 1978, 182 f. = WRP 1978, 119 - Kinder-Freifahrt; vgl. da-
  209. - 12 -
  210. zu auch BGH, Urt. v. 5.10.2000 - I ZR 224/98 - Verbandsklage gegen Vielfachabmahner; Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl.,
  211. Rdn. 443).
  212. III. Auf die Revision der Beklagten war danach das Berufungsurteil aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das landgerichtliche Urteil zurückzuweisen.
  213. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
  214. Erdmann
  215. v. Ungern-Sternberg
  216. Bornkamm
  217. Starck
  218. Pokrant