You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.

507 lines
32 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. I ZR 224/13
  5. Verkündet am:
  6. 9. Juli 2015
  7. Führinger
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. Kopfhörer-Kennzeichnung
  19. UWG § 4 Nr. 11; ElektroG § 7 Satz 1; Richtlinie 2012/19/EU Art. 12 Abs. 3 Unterabs. 2 Satz 1,
  20. Art. 15 Abs. 2; BGB § 157 Gh, § 339
  21. a)
  22. Die Bestimmung des § 7 Satz 1 ElektroG stellt insofern eine Marktverhaltensregelung im
  23. Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar, als sie den Schutz der Mitbewerber vor einer Belastung mit
  24. höheren Entsorgungskosten infolge nicht gekennzeichneter Elektrogeräte durch andere
  25. Marktteilnehmer bezweckt.
  26. b)
  27. Das in § 7 Satz 1 ElektroG geregelte Erfordernis der Dauerhaftigkeit der Kennzeichnung
  28. steht jedenfalls seit 13. August 2012 mit dem Unionsrecht in Einklang.
  29. c)
  30. Die Kennzeichnung eines Elektro- oder Elektronikgeräts ist als dauerhaft im Sinne von § 7
  31. Satz 1 ElektroG anzusehen, wenn sie ein Mindestmaß an Unzerstörbarkeit aufweist und
  32. auch sonst nicht unschwer zu entfernen ist.
  33. d)
  34. Mehrere Zuwiderhandlungen gegen ein Vertragsstrafeversprechen können als ein einziger
  35. Verstoß zu werten sein, wenn sie gleichartig sind, unter Außerachtlassung derselben
  36. Pflichtenlage begangen worden sind, zeitlich in einem engen Zusammenhang stehen und
  37. der Handelnde sein Verhalten als wettbewerbskonform angesehen hat (im Anschluss an
  38. BGHZ 146, 318, 329 ff. - Trainingsvertrag).
  39. BGH, Urteil vom 9. Juli 2015 - I ZR 224/13 - OLG Celle
  40. LG Hannover
  41. -2-
  42. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. April 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die
  43. Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, die Richterin Dr. Schwonke und den
  44. Richter Feddersen
  45. für Recht erkannt:
  46. Auf die Anschlussrevision des Klägers wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 21. November 2013 unter Zurückweisung der weitergehenden Anschlussrevision und der
  47. Revision der Beklagten aufgehoben, soweit dem Kläger statt der
  48. Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 555,60 € nebst Zinsen
  49. nur ein Anspruch auf Freistellung in entsprechender Höhe zuerkannt worden ist.
  50. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 26. Zivilkammer
  51. (6. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Hannover vom
  52. 30. April 2013 weitergehend dahin abgeändert, dass die Beklagte
  53. außer zu der in den Nummern 1 und 2 des Berufungsurteils geregelten Unterlassung und zur Bezahlung der in den Nummern 4 bis
  54. 6 dieses Urteils bestimmten Geldbeträge nicht zur Freistellung des
  55. Klägers von der Honorarforderung seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von bis zu 555,60 €, sondern zur Zahlung von
  56. 555,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz
  57. seit dem 29. Oktober 2013 verurteilt wird.
  58. Von den Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger 20%
  59. und die Beklagte 80%.
  60. Von Rechts wegen
  61. -3-
  62. Tatbestand:
  63. 1
  64. Die Parteien stehen beim Vertrieb von Kopfhörern und ähnlichen Elektronikwaren über die Handelsplattform eBay miteinander in Wettbewerb.
  65. 2
  66. Die Beklagte verpflichtete sich nach vorangegangenem Schriftverkehr
  67. der Parteien mit einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung vom 31. Oktober 2012 dem Kläger gegenüber, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr kennzeichnungspflichtige Waren aus dem Sortiment Unterhaltungselektronik im Sinne des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (im Weiteren: Elektrogesetz - ElektroG) wie insbesondere Ohrhörer für MP3-Player und MP4-Player
  68. in den Verkehr zu bringen, ohne vorher sicherzustellen, dass die Waren gemäß
  69. dem Elektrogesetz gekennzeichnet waren. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung
  70. versprach sie dem Kläger die Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.100 €.
  71. 3
  72. Der Kläger ließ bei der Beklagten am 1. November 2012 und am 5. Dezember 2012 durch von ihm beauftragte Personen zwei Testkäufe vornehmen.
  73. Die bei diesen Testkäufen erworbenen Kopfhörer wiesen Fähnchen auf, die um
  74. die Kabel verklebt und mit der nach dem Elektrogesetz vorgesehenen Kennzeichnung versehen waren. Mit seiner gegen die Beklagte nach erneuter Abmahnung erhobenen Klage macht der Kläger geltend, die Beklagte habe in beiden Fällen dadurch gegen das Elektrogesetz verstoßen und die Vertragsstrafe
  75. verwirkt, dass die Kennzeichnung des Herstellers nicht dauerhaft auf den Geräten angebracht gewesen sei. Er hat beantragt, die Beklagte unter Androhung
  76. bestimmter Ordnungsmittel zu verurteilen,
  77. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im
  78. Internet über die Verkaufsplattform eBay, wie bei den Angeboten mit den Artikelnummern 330813372257 (Anlage FN1) und 220956448290 (Anlage FN2)
  79. geschehen, Elektro- oder Elektronikgeräte in Deutschland anzubieten oder zu
  80. verkaufen, die keine dauerhafte Kennzeichnung nach § 7 ElektroG enthalten,
  81. die den Hersteller oder den Importeur eindeutig identifizieren.
  82. -4-
  83. 4
  84. Darüber hinaus hat der Kläger die Zahlung von zwei Vertragsstrafen in
  85. Höhe von jeweils 5.100 € und die Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von
  86. 555,60 € sowie der Kosten für die beiden Testkäufe in Höhe von 86,28 € und
  87. 28,29 € nebst Zinsen verlangt.
  88. 5
  89. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat
  90. dem Unterlassungsantrag und dem Antrag auf Ersatz der Kosten für die Testkäufe stattgegeben, nur eine einzige Vertragsstrafe als verwirkt angesehen und
  91. hinsichtlich der Abmahnkosten dem Kläger keinen Ersatz, sondern lediglich einen Freistellungsanspruch zuerkannt (OLG Celle, GRUR-RR 2014, 152 = WRP
  92. 2014, 228).
  93. 6
  94. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Der Kläger beantragt, die Revision
  95. zurückzuweisen, und verfolgt mit seiner Anschlussrevision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, seine im Berufungsverfahren erfolglosen Anträge
  96. weiter.
  97. Entscheidungsgründe:
  98. 7
  99. I. Das Berufungsgericht hat die Klage als aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in
  100. Verbindung mit § 7 Satz 1 ElektroG und aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG überwiegend begründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:
  101. 8
  102. Der Unterlassungsantrag sei hinreichend bestimmt. Er sei begründet,
  103. weil durch die Wettbewerbsverstöße, die die Beklagte nach der Abgabe der
  104. Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung am 31. Oktober 2012 begangen
  105. habe, ein neuer Unterlassungsanspruch entstanden sei. Die mit dem Kläger in
  106. Wettbewerb stehende Beklagte habe dadurch gegen § 7 Satz 1 ElektroG verstoßen, dass sie die bei den Testkäufen am 1. November und 5. Dezember
  107. -5-
  108. 2012 erworbenen Kopfhörer vertrieben habe. Diese seien nicht dauerhaft mit
  109. einer Herstellerkennzeichnung versehen gewesen, da sie lediglich ein Klebefähnchen auf dem Kabel aufgewiesen hätten. Eine solche Kennzeichnung könne ohne nennenswerte Schwierigkeiten abgerissen oder abgeschnitten werden.
  110. Sie sei nicht ausreichend dauerhaft im Sinne von § 7 Satz 1 ElektroG, wenn sie
  111. sich auf einem beim Betrieb des Geräts sichtbaren Kabel befinde, die Klebefähnchen daher von Verbrauchern als störend empfunden würden und daher
  112. anzunehmen sei, dass sie in einer nicht unerheblichen Zahl der Fälle entfernt
  113. würden. Die in § 7 Satz 1 ElektroG bestimmte Kennzeichnungspflicht diene
  114. zwar unmittelbar den für sich genommen wettbewerbsneutralen Belangen des
  115. Umweltschutzes. Sie bezwecke aber insoweit den Schutz der Marktteilnehmer,
  116. als vermieden werden solle, dass die Herstellergemeinschaft bei fehlender
  117. Kennzeichnung der Geräte mit Entsorgungskosten belastet werde, und sei damit im Verhältnis zu den Mitbewerbern wettbewerbsrechtlich relevant.
  118. 9
  119. Wegen der Honorarforderung seiner Prozessbevollmächtigten aufgrund
  120. der Abmahnung vom 7. Dezember 2012 habe der Kläger keinen Zahlungsanspruch, sondern lediglich einen Freistellungsanspruch. Die Auslegung der von
  121. der Beklagten am 31. Oktober 2012 abgegebenen Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ergebe, dass durch die Verstöße am 1. November und
  122. 5. Dezember 2012 nur eine einzige Vertragsstrafe verwirkt sei. Der Anspruch
  123. des Klägers auf Ersatz der Kosten der Testkäufe Zug um Zug gegen Herausgabe der gekauften Kopfhörer folge aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG, weil die Testkäufe zur Vorbereitung der nachfolgend vorgenommenen Abmahnung erforderlich gewesen seien.
  124. 10
  125. II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision im vollen Umfang
  126. und den Angriffen der Anschlussrevision überwiegend stand. Das Berufungsgericht hat den vom Kläger gestellten Unterlassungsantrag mit Recht als hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und damit zulässig (dazu
  127. -6-
  128. unter II 1) und als aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 7 Satz 1
  129. ElektroG begründet angesehen (dazu unter II 2). Mit Recht hat es auch angenommen, dass der Kläger aus der zwischen den Parteien getroffenen Vertragsstrafenvereinbarung nur eine Vertragsstrafe verlangen kann (dazu unter II 3).
  130. Erfolg hat die Anschlussrevision allerdings insoweit, als sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht dem Kläger hinsichtlich der Abmahnkosten keinen Zahlungsanspruch, sondern lediglich einen Freistellungsanspruch zuerkannt hat (dazu unter II 4).
  131. 11
  132. 1. Das Berufungsgericht hat den vom Kläger gestellten Unterlassungsantrag mit Recht als hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO
  133. und damit als zulässig angesehen.
  134. 12
  135. a) Der Unterlassungsantrag nimmt wegen der dauerhaften Kennzeichnung auf § 7 ElektroG Bezug. Nach § 7 Satz 1 ElektroG sind Elektro- und Elektronikgeräte, die nach dem 13. August 2005 in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union erstmals in Verkehr gebracht werden, dauerhaft so zu kennzeichnen, dass der Hersteller eindeutig zu identifizieren ist und festgestellt werden
  136. kann, dass das Gerät nach diesem Zeitpunkt erstmals in Verkehr gebracht wurde. Die Wiederholung eines gesetzlichen Gebots- oder Verbotstatbestands genügt grundsätzlich nicht für die Bestimmtheit des Unterlassungsantrags (st.
  137. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - I ZR 190/10, GRUR 2012,
  138. 842 Rn. 12 = WRP 2012, 1096 - Neue Personenkraftwagen; Urteil vom
  139. 2. Februar 2012 - I ZR 81/10, GRUR 2012, 945 Rn. 16 = WRP 2012, 1222
  140. - Tribenuronmethyl; Urteil vom 12. Februar 2015 - I ZR 36/11, GRUR 2015, 403
  141. Rn. 42 = WRP 2015, 444 - Monsterbacke II, jeweils mwN). Eine Ausnahme gilt
  142. jedoch, wenn der Kläger hinreichend deutlich macht, dass er kein Verbot im
  143. Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert (vgl. BGH,
  144. GRUR 2012, 842 Rn. 12 - Neue Personenkraftwagen; GRUR 2012, 945 Rn. 16
  145. -7-
  146. - Tribenuronmethyl, jeweils mwN) und ein zwischen den Parteien etwa bestehender Streit, ob das beanstandete Verhalten das fragliche Tatbestandsmerkmal erfüllt, sich auf die rechtliche Qualifizierung der angegriffenen Verhaltensweise beschränkt (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 202/07, GRUR
  147. 2010, 749 Rn. 21 = WRP 2010, 1030 - Erinnerungswerbung im Internet, mwN;
  148. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 12 Rn. 2.40).
  149. 13
  150. b) Im Streitfall hat der Kläger die erste dieser beiden Voraussetzungen
  151. dadurch erfüllt, dass er im Unterlassungsantrag auf von ihm beanstandete Angebote der Beklagten Bezug genommen hat. Die zweite Voraussetzung ist deshalb als gegeben anzusehen, weil die Parteien allein darüber streiten, ob die
  152. Kennzeichnungen an den von der Beklagten in Verkehr gebrachten Geräten
  153. nicht als dauerhaft im Sinne von § 7 Satz 1 ElektroG anzusehen sind, weil die
  154. Gefahr besteht, dass sie vielfach als störend empfunden und daher von den
  155. Geräten abgetrennt werden, womit sie ihre Funktion, den Gerätehersteller eindeutig zu identifizieren und den Zeitpunkt des erstmaligen Inverkehrbringens
  156. des Geräts festzustellen, nicht erfüllen können.
  157. 14
  158. 2. Der Unterlassungsantrag ist aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung
  159. mit § 7 Satz 1 ElektroG begründet.
  160. 15
  161. a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Bestimmung des § 7 Satz 1 ElektroG nicht deshalb eine Marktverhaltensregelung
  162. im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG darstellt, weil sie den Schutz der Umwelt bezweckt (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 2006 - I ZR 171/03, GRUR 2007, 162
  163. Rn. 12 = WRP 2007, 177 - Mengenausgleich in Selbstentsorgergemeinschaft;
  164. OLG Köln, Urteil vom 16. August 2013 - 6 U 18/13, juris Rn. 10; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 11.35b). Die Vorschrift des § 7 Satz 1 ElektroG bezweckt weiterhin nicht den Schutz von Verbraucherinteressen (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2014, 499, 502). Vielmehr schützt die Bestimmung Mitbewerber vor einer Belastung mit höheren Entsorgungskosten infolge nicht ge-
  165. -8-
  166. kennzeichneter Elektrogeräte durch andere Marktteilnehmer (vgl. OLG Köln
  167. aaO juris Rn. 16; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2014, 499, 500; OLG Hamm,
  168. GRUR-RR 2015, 60, 62 f.; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 11.155b;
  169. MünchKomm.UWG/Schaffert, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 303, jeweils mwN; Grotelüschen/Karenfort, BB 2006, 955, 959; aA nunmehr OLG Köln, WRP 2015, 616,
  170. 621). Die in § 7 Satz 1 ElektroG bestimmte Kennzeichnungspflicht ist erforderlich, um die Altgeräte für ihre Zuordnung nach § 14 Abs. 5 Satz 7 ElektroG identifizieren zu können und dadurch die Inanspruchnahme der Kollektivgemeinschaft zu verhindern.
  171. 16
  172. Letzteres gilt auch, wenn die Hersteller den von ihnen zu entsorgenden
  173. Anteil nicht gemäß § 14 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 ElektroG nach der individuell festgestellten Rücklaufmenge, sondern gemäß § 14 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 ElektroG
  174. nach dem Marktanteil der von ihnen in Verkehr gebrachten Menge bestimmen
  175. lassen (aA OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2014, 499, 501; Hilf in Giesberts/Hilf,
  176. ElektroG, 2. Aufl., § 14 Rn. 43). Zum einen kann die Identifizierbarkeit des einzelnen Herstellers auch im zweiten Fall relevant werden, um die gesonderte
  177. Entfernung bestimmter Gefahrstoffe dem Hersteller des einzelnen Produkts in
  178. Rechnung stellen zu können (Grotelüschen/Karenfort, BB 2006, 955, 959
  179. Fn. 42). Zum anderen besteht die Möglichkeit, dass der von den Herstellern zu
  180. entsorgende Anteil zumindest in Zukunft nach der individuell festgestellten
  181. Rücklaufmenge festgestellt werden wird. Damit besteht bereits gegenwärtig die
  182. Gefahr, dass Hersteller, die ihre Geräte vorschriftsgemäß dauerhaft kennzeichnen, durch Mitbewerber, die dies nicht tun, einen Nachteil im Wettbewerb erleiden. Im Hinblick auf die dadurch bewirkte Verfälschung des Wettbewerbs durch
  183. Marktteilnehmer, die sich nicht rechtstreu und damit auch nicht wettbewerbskonform verhalten, kann ferner nicht angenommen werden, dass einem Verstoß
  184. gegen § 7 Satz 1 ElektroG die für ein wettbewerbswidriges Verhalten gemäß
  185. § 3 Abs. 1 UWG erforderliche Eignung fehlt, die Interessen der davon betroffenen Mitbewerber spürbar zu beeinträchtigen (aA OLG Düsseldorf, GRUR-RR
  186. -9-
  187. 2014, 499, 502). Es kommt hinzu, dass eine den Erfordernissen des § 7 Satz 1
  188. ElektroG entsprechende dauerhafte Kennzeichnung eines Elektrogeräts regelmäßig Kosten verursacht, die sich derjenige Wettbewerber erspart, der keine
  189. solche Kennzeichnung vornimmt.
  190. 17
  191. b) Nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG können die durch das Verhalten der Beklagten potentiell geschädigten Hersteller anderer Geräte den Anspruch gemäß
  192. §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 7 Satz 1 ElektroG geltend machen
  193. (vgl. MünchKomm.UWG/Ottofülling aaO § 8 Rn. 348 mwN). Nach § 3 Abs. 11
  194. Nr. 3 Fall 1 ElektroG ist Hersteller im Sinne des Elektrogesetzes auch derjenige, der Elektro- oder Elektronikgeräte erstmals in den Geltungsbereich dieses
  195. Gesetzes einführt und in Verkehr bringt. Nach § 3 Abs. 12 Satz 2 ElektroG gelten zudem Vertreiber, das heißt Personen, die neue Elektro- oder Elektronikgeräte gewerblich für den Nutzer anbieten (§ 3 Abs. 12 Satz 1 ElektroG), als Hersteller im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie schuldhaft neue Elektro- oder Elektronikgeräte nicht registrierter Hersteller zum Verkauf anbieten. Bei diesen Gegebenheiten ist davon auszugehen, dass der Kläger - wie im Übrigen auch die
  196. Beklagte nicht in Zweifel gezogen hat - als Mitbewerber der Beklagten im Blick
  197. auf von dieser begangene Verstöße gegen § 7 Satz 1 ElektroG nach § 8 Abs. 3
  198. Nr. 1 UWG Abwehransprüche geltend machen kann.
  199. 18
  200. c) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Kennzeichnung an den
  201. Kabeln der bei den Testkäufen am 1. November und 5. Dezember 2012 erworbenen Kopfhörer sei nicht als dauerhaft im Sinne von § 7 Satz 1 ElektroG anzusehen, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
  202. 19
  203. aa) Mit der Vorschrift des § 7 Satz 1 ElektroG, die im Gesetzgebungsverfahren auf Vorschlag des Bundesrats geändert worden ist (vgl. Pschera/Enderle
  204. in Fluck/Frenz/Fischer/Franßen, Kreislaufwirtschaftsrecht, Abfallrecht und Bodenschutzrecht, 72. Lief. Juni 2007, § 7 ElektroG Rn. 4 bis 7), ist die Bestimmung des Art. 11 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2002/96/EG über Elektro- und
  205. - 10 -
  206. Elektronik-Altgeräte in deutsches Recht umgesetzt worden. Nach dieser Bestimmung sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass jeder Hersteller eines Elektrooder Elektronikgeräts, das nach dem 13. August 2005 in Verkehr gebracht wird,
  207. durch Kennzeichnung des Geräts eindeutig zu identifizieren ist. Unter welchen
  208. Voraussetzungen eine Kennzeichnung als dauerhaft im Sinne dieser Bestimmungen anzusehen ist, ist weder im deutschen Gesetz noch im Unionsrecht
  209. näher geregelt. In Art. 11 Abs. 2 Satz 3 der Richtlinie 2002/96/EG war lediglich
  210. bestimmt, dass die Kommission die Ausarbeitung von europäischen Normen zu
  211. diesem Zweck fördert. Nähere Vorgaben zur Kennzeichnung von Elektro- und
  212. Elektronikgeräten enthält die DIN EN 50419. Diese war zunächst als ein nicht in
  213. das Gesetz einbezogenes privates Regelwerk rechtlich nicht verbindlich. Sie
  214. enthält aber immerhin Anhaltspunkte für die Auslegung des Gesetzes (Pschera/
  215. Enderle in Fluck/Frenz/Fischer/Franßen aaO § 7 ElektroG Rn. 21 mwN).
  216. 20
  217. bb) Das in § 7 Satz 1 ElektroG geregelte Erfordernis der Dauerhaftigkeit
  218. der Kennzeichnung steht jedenfalls seit 13. August 2012 mit dem Unionsrecht
  219. in Einklang.
  220. 21
  221. (1) An die Stelle der Richtlinie 2002/96/EG ist die Richtlinie 2012/19/EU
  222. über Elektro- und Elektronik-Altgeräte getreten, die seit dem 13. August 2012
  223. gilt (Art. 25 und 26 der Richtlinie 2012/19/EU). Diese Richtlinie stellt in ihrem
  224. Erwägungsgrund 6 Satz 4 fest, dass die Wirksamkeit der Recyclingkonzepte
  225. beeinträchtigt wird, wenn die Mitgliedstaaten bei der Entsorgung von Elektround Elektronik-Altgeräten unterschiedliche Strategien verfolgen. Aus diesem
  226. Grund sollen nach Erwägungsgrund 6 Satz 5 der Richtlinie 2012/19/EU die
  227. maßgeblichen Kriterien auf Unionsebene festgelegt und Mindestnormen für die
  228. Behandlung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten entwickelt werden. Nach
  229. Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Hersteller mindestens die Sammlung, Behandlung, Verwertung und umweltgerechte
  230. Beseitigung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten aus privaten Haushalten
  231. - 11 -
  232. finanzieren, die bei den gemäß Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2012/19/EU eingerichteten Rücknahmestellen abgegeben werden. Dazu stellen die Mitgliedstaaten nach Art. 12 Abs. 3 Unterabs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2012/19/EU sicher,
  233. dass die Hersteller ihre Produkte gemäß Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie
  234. 2012/19/EU deutlich kennzeichnen. Für diesen Zweck ist nach Art. 15 Abs. 2
  235. Satz 2 der Richtlinie 2012/19/EU vorzugsweise die europäische Norm EN
  236. 50419 anzuwenden. Nach deren Nr. 4.1 muss die Kennzeichnung sichtbar, leserlich und dauerhaft sein.
  237. 22
  238. (2) Bei diesen Gegebenheiten ist das in § 7 Satz 1 ElektroG geregelte
  239. Erfordernis der Dauerhaftigkeit der Kennzeichnung von Elektro- und ElektronikAltgeräten jedenfalls seit 13. August 2012 unionsrechtskonform. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, dass die Richtlinie 2002/96/EG anders
  240. als die Richtlinie 2012/19/EU weder ausdrücklich eine Mindestharmonisierung
  241. vorgesehen noch einen Verweis auf die europäische Norm EN 50419 enthalten
  242. hat. Die in Rede stehenden Verstöße der Beklagten liegen nach dem Inkrafttreten der Richtlinie 2012/19/EU am 13. August 2012. Diese Richtlinie kann zur
  243. unionsrechtskonformen Auslegung des § 7 Satz 1 ElektroG bereits vor dem
  244. Zeitpunkt herangezogen werden, bis zu dem die Richtlinie nach ihrem Art. 24
  245. (14. Februar 2014) spätestens umzusetzen war (vgl. BGH, Urteil vom
  246. 5. Februar 1998 - I ZR 211/95, BGHZ 138, 55, 59 - Testpreis-Angebot). Der
  247. Richtlinie 2012/19/EU in Verbindung mit der EN 50419 ist eindeutig zu entnehmen, dass das bereits in § 7 Satz 1 ElektroG enthaltene Erfordernis der Dauerhaftigkeit der Kennzeichnung den unionsrechtlichen Vorschriften entspricht und
  248. durch die Richtlinie in diesem Punkt bei der deutschen Vorschrift kein Anpassungsbedarf besteht. Da in dieser Hinsicht keine vernünftigen Zweifel bestehen,
  249. ist insoweit auch keine Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV erforderlich (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982
  250. - 287/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 = NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T.; Urteil vom
  251. - 12 -
  252. 11. September 2008 - C-428/06, Slg. 2008, I-6747 = EuZW 2008, 757 Rn. 42
  253. - UGT Rioja u.a.).
  254. 23
  255. cc) Das Berufungsgericht hat die beanstandete Kennzeichnung der bei
  256. den Testkäufen erworbenen Kopfhörer mit Recht nicht bereits deshalb als unzulässig angesehen, weil sie nicht auf, sondern lediglich an den Hörern angebracht war. Nach § 7 Satz 3 ElektroG und der DIN EN 50419 Nr. 4.3 Unterabsatz 2 ist die Kennzeichnung (nur) auf die Verpackung, die Gebrauchsanweisung oder den Garantieschein für das Gerät aufzudrucken, sofern dies auf
  257. Grund der Größe oder der Funktion des Produkts erforderlich ist. Daraus ergibt
  258. sich, dass die Kennzeichnung grundsätzlich am Gerät anzubringen ist. Weitergehende Bestimmungen über die Stelle der Kennzeichnung enthält das Elektrogesetz nicht. Daraus folgt, dass auch eine Anbringung an und nicht nur auf
  259. den Kopfhörern den Erfordernissen des § 7 Satz 1 ElektroG entspricht.
  260. 24
  261. dd) Die vom Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung des Sachverhalts vorgenommene Beurteilung, die vom Kläger beanstandete Kennzeichnung
  262. der Kopfhörer der Beklagten sei nicht dauerhaft, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
  263. 25
  264. (1) Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist von der Dauerhaftigkeit einer
  265. Kennzeichnung gemäß § 7 Satz 1 ElektroG nur auszugehen, wenn die Kennzeichnung ein Mindestmaß an Unzerstörbarkeit aufweist und - im Blick auf den
  266. Wortlaut und den Zweck der gesetzlichen Regelung - nicht leicht zu entfernen
  267. ist. Die Empfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 20. Juni 2005, aufgrund der der Begriff "dauerhaft" in diese Vorschrift eingefügt worden sei, sei damit begründet worden, dass eine effektive
  268. Marktüberwachung erfordere, dass eine Kennzeichnung der Geräte bis zu deren Entsorgung Bestand habe. Die Bedeutung der Herstellerinformation für die
  269. Entsorgungsaktivität sei bereits im 22. Erwägungsgrund der durch das Elektrogesetz umgesetzten Richtlinie 2002/96/EG betont worden.
  270. - 13 -
  271. 26
  272. (2) Von diesem zutreffenden rechtlichen Maßstab ausgehend hat das
  273. Berufungsgericht angenommen, dass die Kennzeichnung unabhängig von der
  274. chemisch-physikalischen Beschaffenheit einer Klebeverbindung ein Mindestmaß an Unzerstörbarkeit aufweisen muss. Dies sei nicht der Fall, wenn die
  275. Kennzeichnung ohne nennenswerte Schwierigkeiten und ohne die Gefahr einer
  276. Beschädigung des Produkts durch einen einfachen Schnitt mit einer Schere
  277. vom Produkt entfernt werden könne. Das Berufungsgericht hat dabei erwogen,
  278. ob möglicherweise geringere Anforderungen an die physikalische Dauerhaftigkeit einer Kennzeichnung zu stellen sind, wenn diese nach ihrer Art oder im
  279. Hinblick auf die Stelle, an der sie angebracht ist, üblicherweise von Verbrauchern nicht als störend empfunden wird und daher zu erwarten ist, dass sie
  280. nicht entfernt wird. Es hat diese Frage unentschieden gelassen, weil es aufgrund der Inaugenscheinnahme der streitgegenständlichen Kopfhörer zu der
  281. Überzeugung gelangt ist, dass die Klebefähnchen an den Kabeln der Hörer wegen ihrer konkreten Gestaltung vielfach als störend empfunden und deshalb
  282. vom Verbraucher regelmäßig entfernt werden. Diese Feststellungen konnte das
  283. Berufungsgericht - anders als die Revision meint - aufgrund eigener Sachkunde
  284. treffen, weil die Mitglieder des Berufungsgerichts zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören. Dazu bedurfte es keiner weiteren Darlegungen in dem
  285. angefochtenen Urteil.
  286. 27
  287. (3) Nach diesen tatrichterlichen Feststellungen, die keinen rechtlichen
  288. Bedenken unterliegen, ist davon auszugehen, dass die an den von der Beklagten vertriebenen Kopfhörern angebrachten Herstellerkennzeichnungen jedenfalls deshalb nicht dauerhaft im Sinne von § 7 Satz 1 ElektroG angebracht waren, weil sie einerseits objektiv leicht und ohne großes Risiko zu entfernen und
  289. andererseits aus der Sicht der Verwender der Kopfhörer störend waren, weshalb ihre Entfernung durch die Verwender nahelag. Diese Beurteilung unterliegt
  290. auch im Blick auf das Unionsrecht keinen Bedenken, zumal in Art. 11 Abs. 2
  291. Satz 1 der Richtlinie 2002/96/EG die Bedeutung der Herstelleridentifizierung
  292. - 14 -
  293. mittels einer entsprechenden Kennzeichnung der Geräte besonders herausgestellt war.
  294. 28
  295. 3. Keinen Rechtsfehler lässt die Beurteilung des Berufungsgerichts erkennen, die Beklagte habe die Vertragsstrafe in Höhe von 5.100 €, zu deren
  296. Zahlung sie sich in der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung vom
  297. 31. Oktober 2002 dem Kläger gegenüber verpflichtet hatte, bei den von diesem
  298. veranlassten Testkäufen am 1. November 2012 und am 5. Dezember 2012
  299. einmal verwirkt.
  300. 29
  301. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs richtet sich die
  302. Auslegung eines Unterlassungsvertrags nach dem auch sonst für die Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2001
  303. - I ZR 323/98, BGHZ 146, 318, 322 - Trainingsvertrag; Urteil vom 17. Juli 2008
  304. - I ZR 168/05, GRUR 2009, 181 Rn. 32 = WRP 2009, 182 - Kinderwärmekissen;
  305. Urteil vom 13. November 2013 - I ZR 77/12, GRUR 2014, 595 Rn. 28 =
  306. WRP 2014, 587 - Vertragsstrafenklausel; Urteil vom 18. September 2014
  307. - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 57 = WRP 2015, 356 - CT-Paradies). Dabei
  308. ist der wirkliche Wille der Vertragsparteien maßgebend (§§ 133, 157 BGB), bei
  309. dessen Ermittlung neben dem Inhalt der Vertragserklärungen insbesondere die
  310. beiderseits bekannten Umstände, der Zweck der Vereinbarung, die Art und
  311. Weise ihres Zustandekommens, die wettbewerbsrechtlich relevante Beziehung
  312. zwischen den Vertragspartnern und deren Interessenlage zu berücksichtigen
  313. sind (BGHZ 146, 318, 322 - Trainingsvertrag; BGH, GRUR 2009, 181 Rn. 32
  314. - Kinderwärmekissen; BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - I ZR 169/10,
  315. GRUR 2013, 531 Rn. 32 = WRP 2013, 767 - Einwilligung in Werbeanrufe; BGH,
  316. GRUR 2015, 258 Rn. 57 - CT-Paradies). Das Versprechen, eine Vertragsstrafe
  317. "für jeden Fall der Zuwiderhandlung" zu zahlen, kann dahin auszulegen sein,
  318. dass mehrere zeitlich nicht zu weit auseinanderliegende Einzelverstöße, die auf
  319. fahrlässigem Verhalten beruhen, als eine einzige Zuwiderhandlung angesehen
  320. - 15 -
  321. werden (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 12 Rn. 1.149). Wenn es zu
  322. einer Mehr- oder Vielzahl von Verstößen gekommen ist, ist dabei zunächst zu
  323. prüfen, ob diese eine natürliche Handlungseinheit und damit nur eine Handlung
  324. darstellen (vgl. BGH, Urteil vom 20. September 1960 - I ZR 77/59, BGHZ 33,
  325. 163, 167 f. - Krankenwagen II; BGHZ 146, 318, 326 - Trainingsvertrag; BGH,
  326. GRUR 2009, 181 Rn. 38 - Kinderwärmekissen; Bornkamm in Köhler/Bornkamm
  327. aaO; Fezer/Büscher, UWG, 2. Aufl., § 8 Rn. 203; Großkomm.UWG/Feddersen,
  328. 2. Aufl., § 12 B Rn. 193, jeweils mwN). Wenn keine solche Handlungseinheit
  329. vorliegt, kann die Auslegung des Unterlassungsvertrags ergeben, dass mehrere
  330. fahrlässig begangene und zeitlich nicht zu weit auseinanderliegende Zuwiderhandlungen, die in der Weise zusammenhängen, dass sie gleichartig und unter
  331. Außerachtlassung derselben Pflichtenlage begangen worden sind, nur als ein
  332. Verstoß zu werten sind (vgl. BGHZ 33, 163, 168 - Krankenwagen II; 146, 318,
  333. 329 ff. - Trainingsvertrag; OLG Stuttgart, Urteil vom 24. Februar 2011 2 U 104/10, juris Rn. 112; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO; Großkomm.UWG/Feddersen aaO § 12 B Rn. 195 f. mwN).
  334. 30
  335. b) Nach diesen Maßstäben hält die Beurteilung des Berufungsgerichts,
  336. die Beklagte habe durch die Abgabe nicht dauerhaft gekennzeichneter Kopfhörer bei den vom Kläger veranlassten Testkäufen am 1. November 2012 und am
  337. 5. Dezember 2012 die bedungene Vertragsstrafe nur einmal verwirkt, der rechtlichen Nachprüfung stand.
  338. 31
  339. aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die beiden Verkäufe seien
  340. gleichartig und unter wiederholter Außerachtlassung derselben Pflichtenlage
  341. begangen worden. Sie stünden zeitlich noch in einem engen Zusammenhang
  342. und seien auch nur fahrlässig begangen worden, da die Beklagte darauf vertraut habe, die Kennzeichnungen in Übereinstimmung mit den Anforderungen
  343. des Elektrogesetzes vorgenommen zu haben. Angesichts des geringen Wertes
  344. eines einzelnen Kopfhörers im Verhältnis zu der Höhe der vereinbarten Ver-
  345. - 16 -
  346. tragsstrafe zeige sich, dass die Vertragsstrafe nicht bei jeder einzelnen Verletzungshandlung unbeschadet dieser verbindenden Umstände geschuldet sein
  347. sollte. Einer solchen Zusammenfassung stehe nicht das Sicherungsbedürfnis
  348. des Klägers entgegen. Wegen des geringen Preises sei es unwahrscheinlich,
  349. dass diesem bereits durch einen einmalig festgestellten Verstoß ein Schaden
  350. entstehen könnte. Ohne Zusammenfassung gleichartiger Verletzungshandlungen hätte der Kläger durch eine entsprechend hohe Zahl von Testkäufen in einem engen Zeitraum einen exorbitant hohen Vertragsstrafenanspruch begründen können.
  351. 32
  352. bb) Das Berufungsgericht konnte weiter berücksichtigen, dass die Beklagte jedenfalls hinsichtlich des von ihr begangenen Rechts- und Wettbewerbsverstoßes nur fahrlässig gehandelt hat, weil sie ihr Verhalten - wie im Übrigen auch das Landgericht - für zulässig gehalten hat (vgl. auch OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2014, 499, 502 und dazu oben unter II 2 a aE). Außerdem beruhten die beiden vom Kläger festgestellten Verstöße auf einer einzigen Entscheidung der Beklagten, die bei ihr noch vorhandenen, nicht ordnungsgemäß
  353. gekennzeichneten Kopfhörer weiterhin zu vertreiben. Zudem war die Beklagte
  354. nach dem ersten Verstoß vom Kläger auch nicht erneut abgemahnt worden.
  355. 33
  356. cc) Jedenfalls unter Berücksichtigung der vom Berufungsgericht festgestellten weiteren Umstände, die dafür sprechen, dass die vom Kläger durch die
  357. von ihm veranlassten Testkäufe ermittelten Zuwiderhandlungen in einer Weise
  358. zusammenhängen, die für die Annahme des Berufungsgerichts sprechen, dass
  359. nur eine einzige Vertragsstrafe verwirkt war, stellt sich die entsprechende Beurteilung des Berufungsgerichts nicht als rechtsfehlerhaft dar. Die festgestellten
  360. Verstöße haben kein Gewicht, das eine mehrfache Verhängung von Vertragsstrafen erfordert. Der Kläger hat zwar in der Klageschrift vorgetragen, dass die
  361. Kennzeichnung der Kopfhörer mittels Lasergravur deren Produktionskosten um
  362. etwa 100% erhöht. Es ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die
  363. - 17 -
  364. von der Beklagten mittlerweile vorgenommene Kennzeichnung ihrer Kopfhörer
  365. an deren Steckern ebenfalls entsprechende Mehrkosten verursacht. Der vom
  366. Berufungsgericht bejahte zeitliche Zusammenhang zwischen den beiden Verkäufen nicht ordnungsgemäß gekennzeichneter Kopfhörer vom 1. November
  367. 2012 und 5. Dezember 2012 liegt noch innerhalb angemessener tatrichterlicher
  368. Würdigung.
  369. 34
  370. 4. Erfolg hat die Anschlussrevision allerdings insoweit, als sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht dem Kläger hinsichtlich der Abmahnkosten statt des von diesem begehrten Zahlungsanspruchs nur einen Befreiungsanspruch zuerkannt hat. Der Befreiungsanspruch, der zunächst gegen die
  371. Beklagte bestand, hat sich gemäß § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 und 2 BGB
  372. in einen Zahlungsanspruch umgewandelt. Die Beklagte hat die Erfüllung dieses
  373. Anspruchs spätestens durch ihr Verhalten im Prozess im Sinne des § 281
  374. Abs. 2 BGB ernsthaft und endgültig verweigert (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli
  375. 2012 - II ZR 297/11, BGHZ 194, 180 Rn. 30; Urteil vom 6. Februar 2013
  376. - I ZR 106/11, GRUR 2013, 925 Rn. 59 = WRP 2013, 1198 - VOODOO; OLG
  377. Hamm, WRP 2013, 378, 381 f.; Großkomm.UWG/Feddersen aaO § 12 B
  378. Rn. 73 mwN). Zinsen auf den Zahlungsanspruch kann der Kläger nur seit dem
  379. 29. Oktober 2013 beanspruchen, weil die Beklagte erst zu diesem Zeitpunkt die
  380. Erfüllung des Anspruchs ernsthaft und endgültig verweigert hat.
  381. - 18 -
  382. 35
  383. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
  384. Büscher
  385. Schaffert
  386. Kirchhoff
  387. Richterin am BGH Dr. Schwonke
  388. ist in Urlaub und daher gehindert
  389. zu unterschreiben.
  390. Büscher
  391. Feddersen
  392. Vorinstanzen:
  393. LG Hannover, Entscheidung vom 30.04.2013 - 26 O 7/13 OLG Celle, Entscheidung vom 21.11.2013 - 13 U 84/13 -