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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. I ZR 155/14
  4. vom
  5. 7. Januar 2016
  6. in dem Rechtsstreit
  7. ECLI:DE:BGH:2016:070116BIZR155.14.0
  8. -2-
  9. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Januar 2016 durch
  10. den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert,
  11. Dr. Kirchhoff, Prof. Dr. Koch und Feddersen
  12. beschlossen:
  13. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil
  14. des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 26. Juni
  15. 2014 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
  16. Der Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird
  17. auf 191.903,42 € festgesetzt.
  18. Gründe:
  19. 1
  20. I. Die Klägerin, die Zentralstelle für Private Überspielungsrechte (ZPÜ),
  21. ist ein Zusammenschluss deutscher Verwertungsgesellschaften, der ihre Gesellschafter das Inkasso der von ihnen wahrgenommenen Ansprüche der Urheber auf Zahlung einer Gerätevergütung übertragen haben.
  22. 2
  23. Die Beklagte ist die deutsche Tochtergesellschaft des französischen
  24. Elektronikherstellers A. S.A., der unter anderem MP3-Player mit fest eingebautem Speicher produziert. Sie war im November 2004 als Importeurin, die die
  25. Geräte der französischen Muttergesellschaft im Inland vertrieb, dem zwischen
  26. der Klägerin und dem Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) im Oktober 2004 abgeschlossenen Gesamtvertrag zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht für Tonaufzeichnungsgeräte beigetreten. Der Gesamtvertrag sieht in § 4 seiner Anlage 1
  27. -3-
  28. für jeden im Inland veräußerten oder sonst in den Verkehr gebrachten MP3Player mit fest eingebautem Speicher eine Vergütung von 2,56 € nebst
  29. 7% Umsatzsteuer und abzüglich eines Gesamtvertragsnachlasses von 6% vor.
  30. 3
  31. Mit Schreiben vom 1. August 2006 setzte die Beklagte die Klägerin davon in Kenntnis, dass beginnend mit dem Jahre 2006 Importe direkt von der
  32. französischen Muttergesellschaft vorgenommen würden. Zugleich bat sie darum, die Rechnungen zu den beigefügten Meldungen an die angegebene Adresse der französischen Muttergesellschaft zu richten. Unter dem 6. Juli 2007
  33. teilte die Beklagte der Klägerin erneut mit, dass sämtliche Importe direkt von
  34. ihrer Muttergesellschaft in Frankreich vorgenommen würden und die Meldungen an die Klägerin daher auch von dort erfolgen würden. Die Klägerin erhielt
  35. am 31. Juli 2007 mit dem Stempel der Muttergesellschaft der Beklagten versehene Meldungen für das erste und zweite Quartal 2007, am 23. Oktober 2007
  36. für das dritte Quartal 2007 und am 28. Januar 2008 für das vierte Quartal 2007.
  37. Eine Abrechnung durch die Klägerin erfolgte nicht.
  38. 4
  39. Unter dem 23. April 2010 wandte sich die Beklagte mit folgendem
  40. Schreiben an die Klägerin:
  41. […] beiliegend übersenden wir Ihnen unsere Meldungen für die Jahre 2007,
  42. 2008 und 2009. Zeitgleich möchten wir Sie bitten, wieder die Kunden-AdressDaten zu nutzen, die bereits vor 2006 für uns gültig waren. Die aktuell eingetragene A. S.A. aus Frankreich müsste wie folgt geändert werden: A. Deutschland
  43. GmbH […]
  44. 5
  45. Die Klägerin stellte unter dem 1. Dezember 2010 der A. S.A. für im Jahr
  46. 2007 vertriebene MP3-Player mit fest eingebautem Speicher unter Berücksichtigung eines Gesamtvertragsnachlasses von 6% einen Betrag in Höhe von
  47. 195.479,09 € netto in Rechnung. Am 20. Dezember 2010 erteilte sie der A. S.A.
  48. über diesen Betrag eine Gutschrift und stellte stattdessen der Beklagten für im
  49. Jahre 2007 vertriebene MP3-Player einen Betrag in Höhe von 191.903,42 €
  50. -4-
  51. brutto in Rechnung. Mit E-Mails vom 27. und vom 28. Dezember 2010 wies die
  52. Beklagte die Klägerin darauf hin, dass für das Jahr 2007 die A. S.A. in Anspruch zu nehmen sei.
  53. 6
  54. Die Klägerin ist der Ansicht, die Parteien hätten sich mit Rücksicht auf
  55. das Schreiben der Beklagten vom 23. April 2010 darauf verständigt, dass die
  56. Beklagte für die Gerätevergütung für das Jahr 2007 unabhängig von einer sie
  57. treffenden gesetzlichen Zahlungsverpflichtung einzustehen habe. Darüber hinaus habe die Beklagte die Gerätevergütung als Importeurin der MP3-Player zu
  58. zahlen.
  59. 7
  60. Die Klägerin hat die Beklagte - nach Durchführung des in § 14 Abs. 1
  61. Nr. 1 Buchst. b, § 16 Abs. 1 UrhWG vorgesehenen Verfahrens vor der Schiedsstelle - auf Zahlung von 191.903,42 € zuzüglich Zinsen in Anspruch genommen.
  62. 8
  63. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Revision
  64. nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde. Mit der Revision will sie ihren Zahlungsantrag weiterverfolgen. Die
  65. Beklagte beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
  66. 9
  67. II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg, weil weder die
  68. Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO)
  69. noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2
  70. Satz 1 Nr. 2 ZPO).
  71. 10
  72. 1. Die Beschwerde macht ohne Erfolg geltend, das Oberlandesgericht
  73. habe eine Haftung der Beklagten als Importeurin der MP3-Player rechtsfehlerhaft verneint.
  74. -5-
  75. 11
  76. a) Gemäß § 54 Abs. 1 UrhG aF hat der Urheber eines Werkes, wenn
  77. nach der Art des Werkes zu erwarten ist, dass es durch Aufnahme von Funksendungen auf Bild- oder Tonträger oder durch Übertragungen von einem Bildoder Tonträger auf einen anderen nach § 53 Abs. 1 oder 2 UrhG aF vervielfältigt wird, gegen den Hersteller (§ 54 Abs. 1 Satz 1 UrhG aF) sowie gegen den
  78. Einführer und den Händler (§ 54 Abs. 1 Satz 2 UrhG aF) von Geräten und von
  79. Bild- und Tonträgern, die erkennbar zur Vornahme solcher Vervielfältigungen
  80. bestimmt sind, Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung für die
  81. durch die Veräußerung der Geräte sowie der Bild- oder Tonträger geschaffene
  82. Möglichkeit, solche Vervielfältigungen vorzunehmen. Einführer ist nach § 54
  83. Abs. 2 Satz 1 UrhG aF (jetzt § 54b Abs. 2 Satz 1 UrhG), wer die Geräte oder
  84. Bild- oder Tonträger in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbringt oder
  85. verbringen lässt. Liegt der Einfuhr ein Vertrag mit einem Gebietsfremden zugrunde, so ist Einführer nach § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG aF (jetzt § 54b Abs. 2
  86. Satz 2 UrhG) nur der im Geltungsbereich dieses Gesetzes ansässige Vertragspartner, soweit er gewerblich tätig wird.
  87. 12
  88. b) Das Oberlandesgericht hat angenommen, die Beklagte sei selbst dann
  89. nicht als Importeurin der im Jahre 2007 eingeführten Geräte anzusehen, wenn
  90. sie Vertragspartner der inländischen Händler gewesen wäre. Entweder habe
  91. die Beklagte die Geräte an die inländischen Händler veräußert, nachdem die
  92. A. S.A. die Geräte ins Inland verbracht habe. Dann sei nach § 54 Abs. 2 Satz 1
  93. UrhG aF allein die A. S.A. Importeurin der Geräte. Oder die A. S.A. habe die
  94. Geräte auf der Grundlage von bereits abgeschlossenen Händlerkäufen in ihr
  95. inländisches Auslieferungslager verbracht. Dann seien nach § 54 Abs. 2 Satz 2
  96. UrhG aF allein die mit der A. S.A. kontrahierenden inländischen Händler als
  97. Importeure anzusehen. Die Beklagte wäre nur Importeurin, wenn sie die Geräte
  98. hätte ins Inland verbringen lassen (§ 54 Abs. 2 Satz 1 UrhG aF) oder wenn die
  99. Geräte aufgrund eines Vertrags der Beklagten mit der A. S.A. eingeführt wor-
  100. -6-
  101. den wären (§ 54 Abs. 2 Satz 1 UrhG aF). Für beide Varianten fehle es an tatsächlichem Vorbringen der Klägerin.
  102. 13
  103. c) Die Nichtzulassungsbeschwerde macht geltend, das Oberlandesgericht habe damit eine Haftung der Beklagten als Importeurin zu Unrecht verneint. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts seien die Voraussetzungen des § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG aF auch dann erfüllt, wenn die Ware von
  104. einem Gebietsfremden bezogen werde, nachdem dieser sie bereits in sein inländisches Warenlager verbracht habe. Wenn die gewerblichen Abnehmer die
  105. gemeldeten Geräte von der Beklagten und nicht von deren Muttergesellschaft
  106. bezogen hätten, wovon das Oberlandesgericht ausgehe, müsse die Beklagte
  107. die Geräte zuvor von ihrer Muttergesellschaft auf vertraglicher Basis zur Verfügung gestellt bekommen haben, selbst wenn diese sie bereits zuvor in das inländische Warenlager verbracht habe. Auch in diesem Fall hafte die Beklagte
  108. als Importeurin, da sie dann einen Vertrag mit einem Gebietsfremden geschlossen habe und es für die Eigenschaft als Importeur nicht darauf ankomme, ob
  109. die Ware vor oder nach diesem Vertragsschluss in das inländische Warenlager
  110. des Gebietsfremden verbracht worden sei.
  111. 14
  112. d) Damit kann die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Erfolg haben. Das
  113. Oberlandesgericht hat mit Recht angenommen, dass der Einfuhr nur dann ein
  114. Vertrag mit einem Gebietsfremden im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG aF
  115. (jetzt § 54b Abs. 2 Satz 2 UrhG) zugrunde liegt, wenn der Vertrag vor der Einfuhr geschlossen worden ist. Der im Inland ansässige Vertragspartner eines
  116. Gebietsfremden ist daher nicht Einführer im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG
  117. aF (jetzt § 54b Abs. 2 Satz 2 UrhG), wenn er den Vertrag erst nach der Einfuhr
  118. geschlossen hat.
  119. -7-
  120. 15
  121. aa) Dem Wortlaut des § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG aF ist nicht zu entnehmen, dass der im Inland ansässige Vertragspartner eines Gebietsfremden als
  122. Einführer anzusehen ist, wenn er den Vertrag erst nach der Einfuhr geschlossen hat. Das Erfordernis, dass der Einfuhr ein Vertrag mit einem Gebietsfremden „zugrunde liegt“, legt vielmehr die Annahme nahe, dass der im Inland ansässige Vertragspartner eines Gebietsfremden nur als Einführer anzusehen ist,
  123. wenn die Einfuhr auf dem Vertrag mit dem Gebietsfremden beruht, der Vertrag
  124. zum Zeitpunkt der Einfuhr also bereits bestand.
  125. 16
  126. bb) Nichts anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Nichtzulassungsbeschwerde aus dem Regelungszusammenhang und dem Zweck des
  127. § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG aF. Mit der gesamtschuldnerischen Haftung des Importeurs neben dem Hersteller für die von diesem geschuldete Gerätevergütung
  128. soll die Durchsetzung des Vergütungsanspruchs für solche Fälle sichergestellt
  129. werden, in denen der Hersteller im Ausland zur Leistung nicht bereit oder imstande ist oder aus anderen Gründen nicht belangt werden kann (BGH, Urteil
  130. vom 29. November 1984 - I ZR 96/83, GRUR 1985, 280, 282 - Herstellerbegriff
  131. II). Daraus folgt jedoch nicht, dass der im Inland ansässige Vertragspartner eines Gebietsfremden als Einführer im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG aF an
  132. Stelle des Einführers im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 UrhG aF haftet, wenn er
  133. den Vertrag mit dem Gebietsfremden erst nach der Einfuhr geschlossen hat.
  134. Das Gesetz sieht nicht vor, dass auf jeden Fall ein im Inland ansässiger Vergütungsschuldner für die Gerätevergütung haftet. Vielmehr geht aus der Begründung zum Entwurf des § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG aF hervor, dass das ausländische Unternehmen als Einführer vergütungspflichtig bleibt, wenn die Voraussetzungen einer Haftung des inländischen Vertragspartners nicht erfüllt sind
  135. (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung
  136. des Urheberrechtsgesetzes, BR-Drs. 218/94, S. 20).
  137. -8-
  138. 17
  139. cc) Abweichendes folgt auch nicht aus einer im Blick auf Art. 5 Abs. 2
  140. Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte
  141. des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG
  142. aF. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist
  143. Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG zwar dahin auszulegen, dass
  144. der Mitgliedstaat, der eine Vergütungsregelung für Privatkopien zulasten des
  145. Herstellers oder Importeurs von Vervielfältigungsmedien für geschützte Werke
  146. eingeführt hat und in dessen Hoheitsgebiet der den Urhebern durch die Nutzung ihrer Werke durch dort ansässige Käufer zum privaten Gebrauch entstandene Schaden eintritt, zu gewährleisten hat, dass diese Urheber tatsächlich den
  147. gerechten Ausgleich erhalten, der zum Ersatz dieses Schadens bestimmt ist.
  148. Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, den geschädigten Urhebern die tatsächliche Zahlung eines gerechten Ausgleichs als Ersatz des in ihrem Hoheitsgebiet
  149. entstandenen Schadens zu gewährleisten, geht jedoch nicht so weit, dass sie
  150. sicherstellen müssten, dass die Urheber die Gerätevergütung gegenüber einem
  151. im Inland ansässigen Vergütungsschuldner geltend machen können. Vielmehr
  152. genügt es, wenn sie die Gerätevergütung gegenüber einem im Ausland ansässigen Vergütungsschuldner geltend machen können, der die Geräte ins Inland
  153. eingeführt hat (EuGH, Urteil vom 16. Juni 2011 - C-462/09, Slg. 2011, I-5331 =
  154. GRUR 2011, 909 Rn. 30 bis 41- Stichting/Opus).
  155. 18
  156. 2. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2
  157. Halbsatz 2 Fall 1 ZPO abgesehen.
  158. -9-
  159. 19
  160. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
  161. Büscher
  162. Schaffert
  163. Koch
  164. Kirchhoff
  165. Feddersen
  166. Vorinstanz:
  167. OLG München, Entscheidung vom 26.06.2014 - 6 Sch 1/13 WG -