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79 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. I ZR 124/11
  5. Verkündet am:
  6. 27. November 2014
  7. Bürk
  8. Amtsinspektorin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. Videospiel-Konsolen II
  19. UrhG § 95a, § 98 Abs. 1
  20. a) Wirksame technische Maßnahmen zum Schutz eines Videospiels, das aus einem
  21. Computerprogramm und aus anderen urheberrechtlich geschützten Werken besteht, sind nach § 95a UrhG geschützt.
  22. b) Eine im Sinne von § 95a Abs. 2 UrhG wirksame technische Maßnahme zum Schutz
  23. von Videospielen kann darin bestehen, dass Karten, auf denen die Videospiele gespeichert sind, und die Konsole, auf der diese Videospiele gespielt werden, in ihren
  24. Abmessungen so aufeinander abgestimmt werden, dass ausschließlich die auf diesen Karten gespeicherten Videospiele auf der Konsole gespielt werden können und
  25. ein Abspielen unbefugt vervielfältigter Videospiele auf der Konsole verhindert wird
  26. ("Schlüssel-Schloss-Prinzip").
  27. c) Wirksame technische Maßnahmen im Sinne von § 95a Abs. 2 UrhG sind nur dann
  28. nach § 95a UrhG geschützt, wenn ihr Einsatz den Grundsatz der Verhältnismäßig-
  29. -2-
  30. keit wahrt und legale Nutzungsmöglichkeiten nicht in übermäßiger Weise beschränkt.
  31. d) Bei der Beurteilung, ob Vorrichtungen im Sinne von § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG
  32. "hauptsächlich" für den Zweck entworfen oder hergestellt worden sind, die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen zu ermöglichen, kommt es entscheidend
  33. auf die objektive Zweckbestimmung dieser Vorrichtungen an, die sich in ihrer tatsächlichen Verwendung zeigt.
  34. e) Ein Verstoß gegen § 95a Abs. 3 UrhG verletzt weder das Urheberrecht noch ein
  35. anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht im Sinne von § 97
  36. Abs. 1 Satz 1, § 98 Abs. 1 Satz 1 UrhG (Fortführung von BGH, Urteil vom 17. Juli
  37. 2008 - I ZR 219/05, GRUR 2008, 996 = WRP 2008, 1149 - Clone-CD).
  38. f) Speichermedien, die noch nicht zur Vornahme von Vervielfältigungen verwendet
  39. worden sind ("Leermedien"), sind weder Vervielfältigungsstücke im Sinne von § 98
  40. Abs. 1 Satz 1 UrhG noch Vorrichtungen im Sinne von § 98 Abs. 1 Satz 2 UrhG, die
  41. zur Herstellung solcher Vervielfältigungsstücke gedient haben. Auf Leermedien ist
  42. § 98 Abs. 1 Satz 2 UrhG auch nicht entsprechend anwendbar.
  43. g) Ein Geschäftsführer kann bei einer Verletzung absoluter Rechte durch die von ihm
  44. vertretene Gesellschaft persönlich als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn er in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt und dabei zumutbare Verhaltenspflichten
  45. verletzt (Fortführung von BGH, Urteil vom 18. Juni 2014 - I ZR 242/12, BGHZ 201,
  46. 344 - Geschäftsführerhaftung).
  47. BGH, Urteil vom 27. November 2014 - I ZR 124/11 - OLG München
  48. LG München I
  49. -3-
  50. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  51. vom
  52. 27. November
  53. 2014
  54. durch
  55. den
  56. Vorsitzenden
  57. Richter
  58. Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Koch, Dr. Löffler und die
  59. Richterin Dr. Schwonke
  60. für Recht erkannt:
  61. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats
  62. des Oberlandesgerichts München vom 9. Juni 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten
  63. erkannt worden ist.
  64. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
  65. und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  66. Von Rechts wegen
  67. Tatbestand:
  68. 1
  69. Die beiden Klägerinnen entwickeln, produzieren und vertreiben Videospiele und Videospiel-Konsolen, darunter die Konsole "Nintendo DS" und zahlreiche dafür passende Spiele. Für diese Konsole passende Spiele werden auch
  70. von der mit den Klägerinnen verbundenen Nintendo of Europe GmbH angeboten. Die Klägerin zu 1 ist Inhaberin der urheberrechtlichen Schutzrechte an den
  71. Computerprogrammen, Sprach-, Musik-, Lichtbild- und Filmwerken sowie Laufbildern, die Bestandteil der Videospiele sind. Die Klägerin zu 2 ist ein Tochterunternehmen der Klägerin zu 1. Sie ist berechtigt, die geistigen Eigentumsrechte der Klägerin zu 1 weltweit durchzusetzen.
  72. -4-
  73. 2
  74. Die Videospiele werden ausschließlich auf besonderen, nur für die Nintendo-DS-Konsole passenden Speichermedien, den "Slot-1-Karten" angeboten,
  75. die in den Kartenschacht der Konsole, den "Slot-1", eingesteckt werden. Die
  76. Karten verfügen über einen eingebauten Speicher, auf dem die Software sowie
  77. die Grafik- und Audiodateien der Spiele gespeichert sind. Auf dem Endkundenmarkt sind keine Geräte erhältlich, mit denen die Karten ausgelesen oder
  78. beschrieben werden können. Ohne eine in den "Slot-1" eingesteckte Karte können auf der Konsole keine Spiele geladen und gespielt werden. Die Klägerinnen
  79. haben die "Slot-1-Karten" speziell für die Nintendo-DS-Konsole entwickelt, um
  80. damit eine Vervielfältigung der Spiele durch den Durchschnittsverbraucher zu
  81. verhindern.
  82. 3
  83. Die frühere Beklagte zu 1 (nachfolgend Schuldnerin), deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2 und 3 waren und über deren Vermögen im Laufe des
  84. Revisionsverfahrens das Insolvenzverfahren eröffnet und der jetzige Beklagte
  85. zu 1 (nachfolgend Beklagter zu 1) zum Insolvenzverwalter bestellt worden ist,
  86. bot im Jahr 2008 im Internet Adapter für die Nintendo-DS-Konsole an. Diese
  87. Adapter sind den "Slot-1-Karten" in Form und Größe genau nachgebildet, damit
  88. sie in den "Slot-1" der Konsole passen. Sie verfügen über einen Einschub für
  89. eine Micro-SD-Karte oder über einen eingebauten Speicherbaustein ("FlashSpeicher"). Nutzer der Konsole können mit Hilfe dieser Adapter im Internet angebotene Kopien von Spielen der Klägerinnen, die von Dritten durch Auslesen
  90. der Originalkarten unter Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen erstellt worden sind, auf der Konsole verwenden. Dazu laden sie Kopien der Spiele aus
  91. dem Internet herunter und übertragen diese entweder auf eine Micro-SD-Karte,
  92. die anschließend in den Adapter eingesteckt wird, oder unmittelbar auf den eingebauten Speicherbaustein des Adapters. Mithilfe der Adapter kann die Nintendo-DS-Konsole auch für eine Vielzahl von Spielen anderer Anbieter genutzt
  93. werden.
  94. -5-
  95. 4
  96. Die Klägerin zu 1 sieht in dem Vertrieb der Adapter einen Verstoß gegen
  97. die Vorschrift des § 95a Abs. 3 UrhG zum Schutz wirksamer technischer Maßnahmen (Schutzmaßnahmen), die ihrerseits dem Schutz urheberrechtlich geschützter Werke oder Leistungen dienen. Sie hat daher beantragt, den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen,
  98. zu gewerblichen Zwecken in den Kartenschacht der Nintendo-DS-Spielkonsole
  99. passende sogenannte "Slot-1-Karten", die über einen internen wiederbeschreibbaren Speicher oder eine Vorrichtung zur Verwendung einer Micro-SDKarte verfügen und geeignet sind, im Internet verfügbare Kopien von NintendoDS-Spielen der Klägerinnen auf einer Nintendo-DS-Konsole abzuspielen, insbesondere die [unter Bezugnahme auf Anlagen K 1 bis K 12 näher bezeichneten] "Slot-1-Karten", einzuführen, zu verbreiten, zu verkaufen, im Hinblick auf
  100. den Verkauf zu bewerben oder zu besitzen.
  101. 5
  102. Darüber hinaus erstrebt sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht
  103. der Beklagten, Erteilung von Auskünften und Vernichtung der Karten. Ferner
  104. hat sie markenrechtliche Ansprüche gegen die Beklagten erhoben.
  105. 6
  106. Die Klägerin zu 2 macht Ansprüche der Nintendo of Europe GmbH gegen die Beklagten geltend. Sie ist der Ansicht, der Vertrieb der nicht mit der
  107. Herstellerangabe und teilweise auch nicht mit der CE-Kennzeichnung versehenen Adapter verstoße gegen Vorschriften der Zweiten Verordnung zum Geräteund Produktsicherheitsgesetz (2. GPSGV - Verordnung über die Sicherheit von
  108. Spielzeug). Sie hat beantragt, den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen,
  109. die [unter Bezugnahme auf Anlagen K 1 bis K 12 näher bezeichneten] "Slot-1Karten" zu Wettbewerbszwecken im geschäftlichen Verkehr anzubieten oder in
  110. Verkehr zu bringen, sofern auf den Produkten oder ihrer Verpackung oder einem Etikett oder einem Begleitzettel nicht sichtbar, leserlich und dauerhaft das
  111. CE-Kennzeichen, sowie in gleicher Weise der Name oder die Firma und die
  112. Anschrift des Herstellers oder seines Bevollmächtigten oder des Einführers in
  113. die Europäische Gemeinschaft, angebracht sind.
  114. 7
  115. Darüber hinaus begehrt auch sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten und die Erteilung von Auskünften.
  116. -6-
  117. 8
  118. Das Landgericht hat den auf einen Verstoß gegen § 95a Abs. 3 UrhG
  119. gestützten Klageanträgen der Klägerin zu 1 und den auf einen Verstoß gegen
  120. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV gestützten Klageanträgen der Klägerin zu 2 im Wege des Teilurteils stattgegeben; über
  121. die von der Klägerin zu 1 erhobenen markenrechtlichen Ansprüche hat es mit
  122. diesem Urteil nicht entschieden (LG München I, MMR 2010, 341).
  123. 9
  124. Die Beklagten haben gegen das Teilurteil des Landgerichts Berufung
  125. eingelegt. Im Berufungsverfahren haben die Parteien den Antrag der Klägerin
  126. zu 1 auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten im Blick darauf,
  127. dass die Klägerin zu 1 ihren Schadensersatzanspruch teilweise beziffert und
  128. inzwischen vor dem Landgericht die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung
  129. von 1 Mio. € beantragt hat, übereinstimmend für teilweise erledigt erklärt. Das
  130. Berufungsgericht hat in Abänderung des landgerichtlichen Urteils festgestellt,
  131. dass die Beklagten der Klägerin zu 1 einen 1 Mio. € übersteigenden Schaden
  132. zu ersetzen haben. Ferner hat es das landgerichtliche Urteil insoweit abgeändert und die Klage abgewiesen, als die Klägerin zu 2 die Erteilung von Auskünften über Vorbesitzer der Adapter erstrebt hat. Im Übrigen hat es die Berufung
  133. der Beklagten zurückgewiesen.
  134. 10
  135. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die
  136. Klägerinnen beantragen, verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf vollständige
  137. Abweisung der Klage weiter. Nachdem im Laufe des Revisionsverfahrens das
  138. Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet worden war,
  139. hat der Beklagte zu 1 das Verfahren als Insolvenzverwalter aufgenommen. Die
  140. Klägerinnen haben hinsichtlich des Beklagten zu 1 bezogen auf den Unterlassungsantrag den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und bezüglich des Schadensersatzfeststellungsantrags beantragt, dass ein Betrag von
  141. einer (weiteren) Million Euro zur Insolvenztabelle festgestellt wird.
  142. -7-
  143. 11
  144. Mit Beschluss vom 6. Februar 2013 hat der Senat dem Gerichtshof der
  145. Europäischen Union folgende Frage zur Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a
  146. der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft zur
  147. Vorabentscheidung vorgelegt (GRUR 2013, 1035 = WRP 2013, 1355 - Videospiel-Konsolen I):
  148. Steht Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG der Anwendung einer
  149. Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29/EG ins nationale Recht umsetzenden Vorschrift (hier § 95a Abs. 3 UrhG) entgegen, wenn die in Rede stehende technische Maßnahme zugleich nicht nur Werke oder sonstige Schutzgegenstände,
  150. sondern auch Computerprogramme schützt?
  151. 12
  152. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil vom
  153. 23. Januar 2014 in einem anderen Vorabentscheidungsverfahren ausgeführt,
  154. bei einem Videospiel, das nicht nur aus einem Computerprogramm bestehe,
  155. sondern auch - etwa grafische oder klangliche - Bestandteile mit eigenem
  156. schöpferischen Wert umfasse, seien die an der Originalität des Werkes teilhabenden Teile des Videospiels zusammen mit dem Gesamtwerk durch das Urheberrecht im Rahmen der mit der Richtlinie 2001/29/EG eingeführten Regelung geschützt (C-355/12, GRUR 2014, 255 Rn. 23 = WRP 2014, 301
  157. - Nintendo/PC Box und 9Net).
  158. 13
  159. Der Senat hat im Hinblick auf diese Entscheidung des Gerichtshofs sein
  160. Vorabentscheidungsersuchen im vorliegenden Rechtsstreit zurückgenommen.
  161. Entscheidungsgründe:
  162. 14
  163. A. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin zu 1 auf einen Verstoß
  164. gegen die Bestimmung des § 95a Abs. 3 UrhG zum Schutz technischer Maßnahmen gestützten Ansprüche als begründet erachtet; der von der Klägerin
  165. zu 2 auf einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4
  166. -8-
  167. Abs. 1 der 2. GPSGV gestützten Klage hat es - bis auf einen Teil des Auskunftsantrags - gleichfalls stattgegeben. Dazu hat es ausgeführt:
  168. 15
  169. Die von der Klägerin zu 1 gegen die Beklagten geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht, Auskunftserteilung und Vernichtung der Adapterkarten seien begründet, weil die [frühere]
  170. Beklagte zu 1 gegen die Bestimmung des § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG zum Schutz
  171. technischer Maßnahmen verstoßen habe. Die konkrete Ausgestaltung der von
  172. den Klägerinnen hergestellten Karten und Konsolen stelle eine wirksame technische Maßnahme zum Schutz der zugunsten der Klägerin zu 1 urheberrechtlich geschützten Videospiele dar. Karten und Konsolen seien in ihren Abmessungen so aufeinander abgestimmt, dass ausschließlich Nintendo-DS-Karten in
  173. die Nintendo-DS-Konsolen passten. Dadurch werde verhindert, dass Videospiele der Klägerin zu 1, die unbefugt aus dem Internet heruntergeladen worden
  174. seien, auf den Konsolen abgespielt und damit unbefugt vervielfältigt werden
  175. könnten. Die [frühere] Beklagte zu 1 habe die Adapterkarten hauptsächlich entworfen und hergestellt, um diese Schutzmaßnahme zu umgehen. Die Möglichkeit des Abspielens von Raubkopien bilde den maßgeblichen wirtschaftlichen
  176. Anreiz zum Kauf der Adapterkarten. Die rechtmäßigen Einsatzmöglichkeiten
  177. der Adapterkarten träten demgegenüber eindeutig in den Hintergrund.
  178. 16
  179. Die Klägerin zu 2 sei befugt, Ansprüche der Nintendo of Europe GmbH
  180. gegen die Beklagten wegen Verstoßes gegen das sich aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG,
  181. § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV ergebende Verbot, Spielzeug
  182. - hier die Slot-1-Karten - ohne Herstellerangaben oder CE-Kennzeichnung zu
  183. vertreiben, im eigenen Namen im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft
  184. geltend zu machen. Ein Anspruch auf Auskunftserteilung über Hersteller, Lieferanten oder andere Vorbesitzer der Karten bestehe allerdings nicht.
  185. 17
  186. B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Sie führt
  187. zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache, so-
  188. -9-
  189. weit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat. Auf der
  190. Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die zuletzt verfolgten Ansprüche der Klägerin
  191. zu 1 gegen den Beklagten zu 1 (dazu B I) und die Beklagten zu 2 und 3 (dazu B
  192. II) wegen Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 UrhG und der Klägerin zu 2 gegen die
  193. Beklagten (dazu B III) wegen Verstoßes gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1,
  194. § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV begründet sind.
  195. 18
  196. I. Die Revision hat hinsichtlich der von der Klägerin zu 1 gegen den Beklagten zu 1 wegen Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 UrhG erhobenen Ansprüche
  197. Erfolg.
  198. 19
  199. 1. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der
  200. Schuldnerin ist der Rechtsstreit hinsichtlich der von der Klägerin zu 1 gegen die
  201. Schuldnerin wegen Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 UrhG verfolgten Klageanträge auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht, Auskunftserteilung und Vernichtung gemäß § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen worden, da der
  202. Rechtsstreit insoweit die Insolvenzmasse betrifft. Der Beklagte zu 1 hat die Aufnahme des Rechtsstreits erklärt. Sie ist hinsichtlich der Klageanträge auf Unterlassung und Vernichtung wirksam; ob sie auch hinsichtlich der Klageanträge auf
  203. Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunftserteilung wirksam ist, ist
  204. im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu klären.
  205. 20
  206. a) Die Aufnahme eines Rechtsstreits ist auch möglich, wenn dieser - wie
  207. im Streitfall - zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in der Revisionsinstanz anhängig war (BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2012 - III ZR 204/12,
  208. BGHZ 195, 233 Rn. 8 mwN; Urteil vom 18. September 2014 - VII ZR 58/13,
  209. NJW-RR 2014, 1512 Rn. 14).
  210. 21
  211. b) Hinsichtlich des Unterlassungsantrags konnte der Beklagte zu 1 den
  212. Rechtsstreit in entsprechender Anwendung des § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO aufneh-
  213. - 10 -
  214. men. Eine durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochene Rechtsstreitigkeit gegen den Schuldner kann vom Insolvenzverwalter in entsprechender Anwendung der unmittelbar für Masseverbindlichkeiten geltenden Regelung
  215. des § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO aufgenommen werden, wenn sie einen gegen den
  216. Insolvenzschuldner gerichteten gesetzlichen Unterlassungsanspruch wegen
  217. Verletzung eines gewerblichen Schutzrechts oder wegen eines Wettbewerbsverstoßes betrifft (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2010 - I ZR 158/07, BGHZ
  218. 185, 11 Rn. 20 bis 29 - Modulgerüst II). Entsprechendes gilt für den gegen die
  219. Schuldnerin gerichteten gesetzlichen Unterlassungsanspruch wegen Verletzung
  220. des § 95a Abs. 3 UrhG.
  221. 22
  222. c) Bezüglich des Vernichtungsantrags konnte der Beklagte zu 1 den
  223. Rechtsstreit nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO aufnehmen. Der zur Zeit der Eröffnung
  224. des Insolvenzverfahrens gegen die Insolvenzschuldnerin anhängige Rechtsstreit betrifft insoweit die Aussonderung eines Gegenstands aus der Insolvenzmasse im Sinne von § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO (vgl. BGHZ 185, 11 Rn. 27 - Modulgerüst II).
  225. 23
  226. d) Ob die Aufnahme des Rechtsstreits durch den Beklagten zu 1 auch
  227. hinsichtlich des Anspruchs auf Feststellung der Schadensersatzpflicht wirksam
  228. ist, ist im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu klären.
  229. 24
  230. aa) Ein Passivprozess, mit dem die Insolvenzmasse in Anspruch genommen wird, kann vom Gläubiger nur unter den besonderen, im Falle des
  231. hier in Rede stehenden Anspruchs auf Feststellung der Schadensersatzpflicht
  232. nicht vorliegenden Voraussetzungen des § 86 Abs. 1 InsO ohne weiteres aufgenommen werden. Im Übrigen können Insolvenzgläubiger ihre Forderungen
  233. nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen (§ 87 InsO).
  234. Trotz des bereits anhängigen Rechtsstreits muss der Insolvenzgläubiger deshalb seine Forderung zunächst nach § 174 InsO zur Insolvenztabelle anmelden.
  235. Die Forderung muss sodann in einem Prüfungstermin vor dem Insolvenzgericht
  236. - 11 -
  237. oder im schriftlichen Verfahren geprüft werden (§ 29 Abs. 1 Nr. 2, § 176 f.
  238. InsO). Wenn der Insolvenzverwalter oder ein anderer Insolvenzgläubiger der
  239. Forderung im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren widerspricht, kann
  240. der Gläubiger den anhängigen Rechtsstreit mit dem Ziel der Feststellung der
  241. Forderung zur Tabelle aufnehmen (§ 179 Abs. 1, § 180 Abs. 2 InsO). Liegt, wie
  242. im Streitfall, für die Forderung bereits ein Endurteil vor, obliegt die Aufnahme
  243. des unterbrochenen Rechtsstreits dem Bestreitenden (§ 179 Abs. 2 InsO).
  244. Bleibt dieser untätig, ist der Gläubiger zur Aufnahme befugt (BGHZ 195, 233
  245. Rn. 7 mwN; BGH, Urteil vom 3. Juli 2014 - IX ZR 261/12, NJW-RR 2014, 1270
  246. Rn. 9). Die Durchführung des insolvenzrechtlichen Feststellungsverfahrens
  247. dient dem Interesse der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger. Durch das Verfahren der Anmeldung und Prüfung soll ihnen die Möglichkeit gegeben werden,
  248. sich an der gerichtlichen Auseinandersetzung über die Begründetheit der Forderung zu beteiligen, zumal die gerichtliche Feststellung gegenüber allen Insolvenzgläubigern wirkt (§ 183 Abs. 1 InsO). Aus diesem Grund ist das Erfordernis
  249. des insolvenzrechtlichen Feststellungsverfahrens nicht abdingbar. Es handelt
  250. sich um eine zwingende Sachurteilsvoraussetzung sowohl im Falle einer neu
  251. erhobenen Feststellungsklage als auch bei der Aufnahme eines unterbrochenen Rechtsstreits (BGH, NJW-RR 2014, 1270 Rn. 10 mwN).
  252. 25
  253. bb) Mangels entsprechenden Sachvortrags der Parteien kann der Senat
  254. nicht beurteilen, ob die Aufnahme des Rechtsstreits durch den Beklagten zu 1
  255. hinsichtlich des Antrags auf Feststellung der Schadensersatzpflicht nach diesen
  256. Maßstäben wirksam ist. Die Parteien haben nicht vorgetragen, ob die Klägerin
  257. zu 1 ihre entsprechende Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet hat und ob
  258. diese Forderung nach den Vorschriften der Insolvenzordnung geprüft worden
  259. ist. Die Prüfung der Forderung nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften ist
  260. nicht deshalb entbehrlich, weil der Beklagte zu 1 die Forderung im vorliegenden
  261. Rechtsstreit bestreitet. Der Zweck, den übrigen Insolvenzgläubigern eine Beteiligung zu ermöglichen, kann nur durch eine förmliche Durchführung des Prü-
  262. - 12 -
  263. fungsverfahrens vor dem Insolvenzgericht erreicht werden (BGH, NJW-RR
  264. 2014, 1270 Rn. 12).
  265. 26
  266. cc) Da die Frage der Wirksamkeit der Aufnahme des Rechtsstreits durch
  267. den Beklagten zu 1 erstmals in der letzten mündlichen Verhandlung in der Revisionsinstanz erörtert worden ist, ist den Parteien im wiedereröffneten Berufungsrechtszug Gelegenheit zum Vortrag zu geben, ob das insolvenzrechtliche
  268. Feststellungsverfahren durchgeführt worden ist.
  269. 27
  270. e) Dem entsprechend ist auch hinsichtlich des Antrags auf Auskunftserteilung im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu klären, ob die Aufnahme des
  271. Rechtsstreits durch den Beklagten zu 1 wirksam ist. Mit diesem Antrag verfolgt
  272. die Klägerin zu 1 einen Auskunftsanspruch, der als Hilfsanspruch der Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs dient. Als Hilfsanspruch teilt der Auskunftsanspruch den rechtlichen Charakter des Hauptanspruchs als Insolvenzforderung (vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 1967 - VIII ZR 176/65, BGHZ 49,
  273. 11, 13 ff.; Urteil vom 2. Juni 2005 - IX ZR 221/03, NJW-RR 2005, 1714, 1715;
  274. BGHZ 185, 11 Rn. 31 - Modulgerüst II; MünchKomm.InsO/Ehricke, 3. Aufl.,
  275. § 38 Rn. 46). Da der Hilfsanspruch das rechtliche Schicksal des Hauptanspruchs teilt, setzt die wirksame Aufnahme des Rechtsstreits hinsichtlich des
  276. Auskunftsanspruchs voraus, dass die Aufnahme des Rechtsstreits hinsichtlich
  277. des Schadensersatzanspruchs wirksam ist.
  278. 28
  279. 2. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht bislang getroffenen
  280. Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob der Unterlassungsantrag wegen
  281. Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 UrhG, den die Klägerin zu 1 ursprünglich gegen
  282. die Schuldnerin erhoben und im Blick auf die Aufnahme des Rechtsstreits durch
  283. den Beklagten zu 1 einseitig für erledigt erklärt hat, begründet war und durch
  284. dieses Ereignis unbegründet geworden ist.
  285. - 13 -
  286. 29
  287. a) Die Erledigung der Hauptsache kann vom Kläger auch im Revisionsverfahren einseitig erklärt werden, wenn das Ereignis, das die Hauptsache erledigt haben soll - wie hier der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter (vgl. BGHZ 185, 11 Rn. 40 - Modulgerüst II) - als
  288. solches außer Streit steht. Zu prüfen ist, ob die Klage bis zu dem geltend gemachten erledigenden Ereignis zulässig und begründet war und - wenn das der
  289. Fall ist - ob sie durch dieses Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden
  290. ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die Erledigung der Hauptsache festzustellen; anderenfalls ist die Klage abzuweisen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom
  291. 18. Dezember 2003 - I ZR 84/01, GRUR 2004, 349 = WRP 2004, 496
  292. - Einkaufsgutschein II; Urteil vom 29. Oktober 2009 - I ZR 168/06, GRUR 2010,
  293. 57 Rn. 15 = WRP 2010, 123 - Scannertarif). Der Unterlassungsantrag war zwar
  294. bis zum fraglichen Zeitpunkt zulässig (dazu B II 2 b). Auf der Grundlage der
  295. vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann jedoch nicht beurteilt
  296. werden, ob er bis dahin auch begründet war (dazu B II 2 c) und - gegebenenfalls - durch dieses Ereignis unbegründet geworden ist (dazu B II 2 d).
  297. 30
  298. b) Der Unterlassungsantrag war bis zum Übergang der Verwaltungs- und
  299. Verfügungsbefugnis auf den Beklagten zu 1 als Insolvenzverwalter zulässig;
  300. insbesondere war er hinreichend bestimmt.
  301. 31
  302. aa) Ein Mangel der Bestimmtheit des Klageantrags ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf
  303. ein Unterlassungsantrag - und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung - nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts
  304. nicht mehr klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung
  305. darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (st. Rspr.; vgl. BGH,
  306. - 14 -
  307. Urteil vom 20. Juni 2013 - I ZR 55/12, GRUR 2013 Rn. 12 = WRP 2014, 75
  308. - Restwertbörse II, mwN).
  309. 32
  310. bb) Der hier in Rede stehende Unterlassungsantrag war nach diesen
  311. Maßstäben hinreichend deutlich gefasst.
  312. 33
  313. (1) Mit diesem Antrag wollte die Klägerin zu 1 der Schuldnerin untersagen lassen, zu gewerblichen Zwecken in den Kartenschacht der Nintendo-DSSpielkonsole passende sogenannte "Slot-1-Karten", die über einen internen
  314. wiederbeschreibbaren Speicher oder eine Vorrichtung zur Verwendung einer
  315. Micro-SD-Karte verfügen und geeignet sind, im Internet verfügbare Kopien von
  316. Nintendo-DS-Spielen der Klägerinnen auf einer Nintendo-DS-Konsole abzuspielen, insbesondere die unter Bezugnahme auf die Anlagen K 1 bis K 12 näher bezeichneten "Slot-1-Karten", einzuführen, zu verbreiten, zu verkaufen, im
  317. Hinblick auf den Verkauf zu bewerben oder zu besitzen.
  318. 34
  319. (2) Dieser Antrag war entgegen der Ansicht der Revision nicht deshalb
  320. unbestimmt, weil offen geblieben wäre, welche Nintendo-DS-Spiele im Einzelnen erfasst sein könnten. Es waren damit ersichtlich nicht nur einzelne, sondern
  321. sämtliche Nintendo-DS-Spiele gemeint und zwar auch solche, die erst nach der
  322. letzten mündlichen Verhandlung im Internet verfügbar sein würden.
  323. 35
  324. (3) Der Antrag war nicht etwa deshalb unbestimmt, weil er - wie die Revision geltend macht - Nintendo-DS-Spiele umfasst, die die Klägerinnen zwar
  325. hergestellt haben, an denen sie aber keine Verwertungsrechte besitzen, weil sie
  326. die Spiele im Auftrag von Dritten entwickelt haben. Mit den "Nintendo-DSSpielen der Klägerinnen" sind nur die von den Klägerinnen hergestellten Spiele
  327. gemeint, an denen die Klägerin zu 1 die ausschließlichen urheberrechtlichen
  328. Nutzungsrechte besitzt. Das ergibt sich daraus, dass die Klägerin zu 1 die Beklagten als Inhaberin der urheberrechtlichen Schutzrechte an den in den Videospielen enthaltenen Sprach-, Musik-, Lichtbild- und Filmwerken sowie Laufbil-
  329. - 15 -
  330. dern wegen Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 UrhG auf Unterlassung in Anspruch
  331. nimmt.
  332. 36
  333. (4) Der Unterlassungsantrag ist nicht deshalb unbestimmt, weil die im
  334. Insbesondere-Teil zur näheren Bezeichnung der Adapterkarten in Bezug genommenen Anlagen K 1 bis K 12 sich nicht bei den Gerichtsakten befanden.
  335. Die Anlagen K 1 bis K 12 befinden sich - jedenfalls mittlerweile wieder - bei den
  336. Gerichtsakten. Die Klägerinnen haben diese Anlagen mit der Revisionserwiderung noch einmal zu den Gerichtsakten gereicht. Die Beklagten haben nicht
  337. geltend gemacht, dass es sich dabei nicht um die im Unterlassungsantrag in
  338. Bezug genommenen Anlagen handelt. Die Revision weist allerdings zu Recht
  339. darauf hin, dass die Anlagen K 1 bis K 12 nicht körperlich mit der Urschrift des
  340. landgerichtlichen Urteils oder des Berufungsurteils verbunden sind. Grundsätzlich muss sichergestellt werden, dass der Urteilsausspruch bei Erlass des Urteils inhaltlich bestimmt ist. Aus diesem Grund muss der Urteilsausspruch in
  341. aller Regel aus sich heraus oder gegebenenfalls im Zusammenhang mit seiner
  342. Begründung bestimmbar sein. Daraus folgt, dass der Urteilsinhalt grundsätzlich
  343. in einer einheitlichen Urkunde festzulegen ist. Nur in besonders gelagerten Fällen können bei der Bemessung der Anforderungen, die zur Sicherung der Bestimmtheit des Urteilsspruchs aufzustellen sind, die Erfordernisse der Gewährung eines wirksamen Rechtsschutzes oder der Vermeidung eines unangemessenen Aufwands mit abzuwägen sein (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 1999
  344. - I ZR 117/97, BGHZ 142, 388, 390 bis 393 - Musical-Gala). Für einen solchen
  345. Ausnahmefall ist bei der überschaubaren Anzahl von Anlagen nichts ersichtlich.
  346. Das Berufungsgericht wird die Anlagen daher, soweit es auf sie zur Auslegung
  347. der Urteilsformel bei der erneuten Entscheidung ankommt, zum Urteil zu nehmen haben.
  348. 37
  349. (5) Die Revision macht vergeblich geltend, aus dem Unterlassungstenor
  350. des Berufungsurteils sei nicht ersichtlich, dass die hier in Rede stehende Unter-
  351. - 16 -
  352. lassungspflicht der Schuldnerin nur gegenüber der Klägerin zu 1 und nicht auch
  353. gegenüber der Klägerin zu 2 besteht. Es genügt, dass sich dies eindeutig aus
  354. den zur Auslegung des Unterlassungstenors heranzuziehenden Entscheidungsgründen, den in den Entscheidungsgründen wiedergegebenen Klageanträgen und den auf den Unterlassungstenor bezogenen Urteilsaussprüchen zur
  355. Feststellung der Schadensersatzpflicht und zur Auskunftserteilung ergibt.
  356. 38
  357. c) Aufgrund der vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen
  358. kann jedoch nicht beurteilt werden, ob der Unterlassungsantrag bis zum fraglichen Zeitpunkt (Insolvenzeröffnung) begründet war.
  359. 39
  360. aa) Gemäß § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG sind (unter anderem) die Einfuhr,
  361. die Verbreitung, der Verkauf, die Werbung im Hinblick auf den Verkauf und der
  362. gewerblichen Zwecken dienende Besitz von Vorrichtungen, Erzeugnissen oder
  363. Bestandteilen verboten, die hauptsächlich entworfen oder hergestellt werden,
  364. um die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen zu ermöglichen oder zu
  365. erleichtern. Die Bestimmung des § 95a Abs. 3 UrhG ist ein Schutzgesetz im
  366. Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Inhaber von Rechten an urheberrechtlich geschützten Werken oder anderen urheberrechtlich geschützten
  367. Schutzgegenständen (BGH, Urteil vom 17. Juli 2008 - I ZR 219/05, GRUR
  368. 2008, 996 Rn. 14 bis 16 = WRP 2008, 1149 - Clone-CD). Wer gegen diese Bestimmung verstößt kann daher vom Rechtsinhaber bei Wiederholungsgefahr
  369. gemäß § 1004 Abs. 1 BGB auf Unterlassung in Anspruch genommen werden
  370. (BGH, GRUR 2013, 1035 Rn. 11 - Videospiel-Konsolen I). Dabei begründet eine Rechtsverletzung die Vermutung der Wiederholungsgefahr (vgl. BGH,
  371. GRUR 2008, 996 Rn. 33 - Clone-CD).
  372. 40
  373. bb) Die Bestimmung des § 95a Abs. 3 UrhG ist anwendbar. Dem steht
  374. nicht entgegen, dass die Videospiele nicht nur aus Sprach-, Musik-, Lichtbildund Filmwerken sowie Laufbildern, sondern auch aus Computerprogrammen
  375. - 17 -
  376. bestehen und die Vorschriften der §§ 95a bis 95d UrhG gemäß § 69a Abs. 5
  377. UrhG auf Computerprogramme keine Anwendung finden.
  378. 41
  379. (1) Die Regelung des § 69a Abs. 5 UrhG dient der Umsetzung von Art. 1
  380. Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft und ist daher richtlinienkonform auszulegen. Nach ihrem Art. 1
  381. Abs. 2 Buchst. a lässt diese Richtlinie die bestehenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen über den rechtlichen Schutz von Computerprogrammen
  382. unberührt und beeinträchtigt sie in keiner Weise. Gemäß Erwägungsgrund 50
  383. Satz 2 der Richtlinie 2001/29/EG sollte ein gemäß Art. 6 der Richtlinie
  384. 2001/29/EG harmonisierter Rechtsschutz technischer Maßnahmen insbesondere nicht auf den Schutz der in Verbindung mit Computerprogrammen verwendeten technischen Maßnahmen Anwendung finden, der ausschließlich in der
  385. Richtlinie 91/250/EWG - sie ist mittlerweile durch die Richtlinie 2009/24/EG über
  386. den Rechtsschutz von Computerprogrammen kodifiziert worden - behandelt
  387. wird.
  388. 42
  389. (2) Der Bundesgerichtshof hat dem Gerichtshof der Europäischen Union
  390. mit Beschluss vom 6. Februar 2013 die sich im Hinblick auf diese Regelungen
  391. stellende Frage vorgelegt, ob Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG
  392. der Anwendung einer Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29/EG ins nationale
  393. Recht umsetzenden Vorschrift (hier § 95a Abs. 3 UrhG) entgegensteht, wenn
  394. die in Rede stehende technische Maßnahme zugleich nicht nur Werke oder
  395. sonstige Schutzgegenstände, sondern auch Computerprogramme schützt
  396. (BGH, GRUR 2013, 1035 Rn. 20 - Videospiel-Konsolen I).
  397. 43
  398. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil vom
  399. 23. Januar 2014 in einem anderen Vorabentscheidungsverfahren ausgeführt,
  400. bei einem Videospiel, das nicht nur aus einem Computerprogramm bestehe,
  401. sondern auch - etwa grafische oder klangliche - Bestandteile mit eigenem
  402. - 18 -
  403. schöpferischem Wert umfasse, seien die an der Originalität des Werkes teilhabenden Teile des Videospiels zusammen mit dem Gesamtwerk durch das Urheberrecht im Rahmen der mit der Richtlinie 2001/29/EG eingeführten Regelung geschützt (EuGH, GRUR 2014, 255 Rn. 23 - Nintendo/PC Box und 9Net).
  404. 44
  405. Danach sind wirksame technische Maßnahmen zum Schutz eines Videospiels, das aus einem Computerprogramm und aus anderen urheberrechtlich
  406. geschützten Werken besteht, (auch) nach Art. 6 der Richtlinie 2001/29/EG und
  407. der diese Bestimmung ins nationale Recht umsetzenden Regelung des § 95a
  408. UrhG geschützt.
  409. 45
  410. cc) Die Klägerin zu 1 war als Inhaberin der urheberrechtlichen Schutzrechte an den in den Videospielen enthaltenen Sprach-, Musik-, Lichtbild- und
  411. Filmwerken sowie Laufbildern berechtigt, den von ihr erhobenen Unterlassungsanspruch wegen eines Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG geltend
  412. zu machen.
  413. 46
  414. dd) Die konkrete Ausgestaltung der von den Klägerinnen hergestellten
  415. Karten und Konsolen stellt - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen
  416. hat - eine wirksame technische Maßnahme im Sinne von § 95a Abs. 2 und 3
  417. Nr. 3 UrhG dar.
  418. 47
  419. (1) Technische Maßnahmen sind (unter anderem) Vorrichtungen und
  420. Bestandteile, die im normalen Betrieb dazu bestimmt sind, Handlungen zu verhindern, die geschützte Werke oder andere nach dem Urheberrechtsgesetz
  421. geschützte Schutzgegenstände betreffen und die vom Rechtsinhaber nicht genehmigt sind (§ 95a Abs. 2 Satz 1 UrhG; Art. 6 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie
  422. 2001/29/EG). Technische Maßnahmen sind (unter anderem) wirksam, soweit
  423. der Rechtsinhaber mit ihrer Hilfe die Nutzung eines geschützten Werkes oder
  424. eines anderen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Gegenstandes
  425. durch einen Mechanismus kontrolliert, der die Erreichung des Schutzziels si-
  426. - 19 -
  427. cherstellt (§ 95a Abs. 2 Satz 2 UrhG, Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie
  428. 2001/29/EG).
  429. 48
  430. (2) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind aufgrund ihrer
  431. Abmessungen ausschließlich die "Slot-1-Karten" mit dem "Slot-1-Schacht" der
  432. Konsolen kompatibel und können damit ausschließlich die auf den originalen
  433. "Slot-1-Karten" vertriebenen Spiele der Klägerin zu 1 auf der Nintendo-DSKonsole gespeichert und gespielt werden. Dadurch, dass Karten und Konsolen
  434. in ihren Abmessungen so aufeinander abgestimmt sind, dass ausschließlich
  435. Nintendo-DS-Karten in die Nintendo-DS-Konsolen passen, wird nach den Feststellungen des Berufungsgerichts verhindert, dass Videospiele der Klägerin zu
  436. 1, die unbefugt aus dem Internet heruntergeladen worden sind, auf den Konsolen abgespielt und damit unbefugt vervielfältigt werden können.
  437. 49
  438. (3) Eine solche technische Maßnahme, die zum Teil in die physischen
  439. Träger der Videospiele und zum Teil in die Konsolen integriert ist und eine Interaktion zwischen beiden Teilen erfordert, fällt unter den Begriff der "wirksamen technischen Maßnahmen" im Sinne von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie
  440. 2001/29/EG, wenn sie - wie im Streitfall - bezweckt, Handlungen zu verhindern
  441. oder zu beschränken, die durch die Richtlinie geschützte Rechte des Betroffenen verletzen (EuGH, GRUR 2014, 255 Rn. 26 bis 28 - Nintendo/PC Box und
  442. 9Net). Sie stellt daher auch eine "wirksame technische Maßnahme" im Sinne
  443. der Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG ins nationale Recht umsetzenden
  444. Regelung des § 95a Abs. 2 UrhG dar.
  445. 50
  446. ee) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, die von
  447. den Beklagten vertriebenen Adapterkarten seien im Sinne von § 95a Abs. 3
  448. Nr. 3 UrhG hauptsächlich zu dem Zweck entworfen und hergestellt worden, die
  449. wirksamen technischen Maßnahmen zu umgehen.
  450. - 20 -
  451. 51
  452. (1) Die Beurteilung, ob Vorrichtungen, Erzeugnisse oder Bestandteile
  453. (nachfolgend Vorrichtungen) "hauptsächlich" zum Zweck der Umgehung technischer Maßnahmen entworfen oder hergestellt worden sind, liegt weitgehend auf
  454. tatsächlichem Gebiet. Sie kann im Revisionsverfahren daher nur daraufhin
  455. überprüft werden, ob das Berufungsgericht von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen ist, den Tatsachenstoff vollständig ausgeschöpft hat und
  456. ohne Widerspruch zu Denkgesetzen und Erfahrungssätzen geurteilt hat. Das ist
  457. hier der Fall.
  458. 52
  459. (2) Bei der Beurteilung, ob Vorrichtungen im Sinne von Art. 6 Abs. 2
  460. Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG - und damit auch im Sinne von § 95a
  461. Abs. 3 Nr. 3 UrhG - hauptsächlich für den Zweck entworfen oder hergestellt
  462. worden sind, die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen zu ermöglichen, kommt es insbesondere darauf an, in welcher Weise diese Vorrichtungen
  463. von Dritten tatsächlich verwendet worden sind (vgl. EuGH, GRUR 2014, 255
  464. Rn. 34 bis 36 - Nintendo/PC Box und 9Net). Die dem Entwurf oder der Herstellung solcher Vorrichtungen zugrunde liegenden Absichten des Entwerfers oder
  465. Herstellers sind demnach nicht ausschlaggebend. Vielmehr kommt es entscheidend auf die objektive Zweckbestimmung dieser Vorrichtungen an, die
  466. sich in ihrer tatsächlichen Verwendung zeigt. Es ist daher nicht maßgeblich, ob
  467. und inwieweit diese Vorrichtungen auch für andere Zwecke verwendet werden
  468. können, wenn sie tatsächlich vor allem zur Umgehung wirksamer technischer
  469. Maßnahmen verwendet worden sind.
  470. 53
  471. (3) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht - unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Landgerichts - ohne Rechtsfehler angenommen, dass die in Rede stehenden Adapter hauptsächlich zum Zweck der Umgehung von technischen Schutzmaßnahmen entworfen und hergestellt worden
  472. sind. Die Möglichkeit des Abspielens von Raubkopien bildet nach den Feststellungen des Berufungsgerichts den maßgeblichen wirtschaftlichen Anreiz zum
  473. - 21 -
  474. Kauf der Adapter; die legalen Einsatzmöglichkeiten der Adapter treten demgegenüber eindeutig in den Hintergrund.
  475. 54
  476. Die Revision macht vergeblich geltend, die Beklagten hätten niemals
  477. damit geworben, dass die Adapterkarten unzulässige Raubkopien von Videospielen der Klägerinnen abspielen könnten; aus den Anlagen K 1 bis K 9 ergebe sich vielmehr, dass die Beklagten mit der Abspielbarkeit zulässiger Drittentwicklungen geworben hätten. Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob die
  478. Werbung der Beklagten für die Adapterkarten - wie das Berufungsgericht angenommen hat - gezielt auf die in wirtschaftlicher Hinsicht allein lukrative Möglichkeit des Abspielens von Raubkopien abgestellt hat. Das Verbot der Verbreitung,
  479. des Verkaufs und der Werbung für den Kauf von Adapterkarten ist nicht darauf
  480. gestützt, dass diese Gegenstand einer Werbung mit dem Ziel der Umgehung
  481. wirksamer technischer Maßnahmen waren (§ 95a Abs. 3 Nr. 1 UrhG; Art. 6
  482. Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2001/29/EG). Es ist vielmehr darauf gestützt, dass
  483. diese Adapterkarten - nach ihrer objektiven Zweckbestimmung - hauptsächlich
  484. entworfen oder hergestellt waren, um die Umgehung wirksamer technischer
  485. Maßnahmen zu ermöglichen oder zu erleichtern (§ 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG;
  486. Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG).
  487. 55
  488. Die Revision macht - auch unter Hinweis auf die Anlagen BK 1 bis BK 3 ohne Erfolg geltend, es habe 1.143 Spiele und 638 andere Programme gegeben, die auf der Konsole verwendet werden konnten; darüber hinaus habe es
  489. Drittentwicklungen gegeben, die eine Nutzung der Konsole als internetfähiges
  490. Gerät ermöglicht und insbesondere den Zugriff auf Facebook und Twitter sowie
  491. die Nutzung als MP3-Player, Kalender und Organizer gestattet hätten. Für die
  492. Frage, ob die in Rede stehenden Adapter hauptsächlich zum Zweck der Umgehung von technischen Schutzmaßnahmen entworfen und hergestellt worden
  493. sind, ist es - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat - unerheblich, ob mit Hilfe der Adapter zahlreiche von Drittanbietern entwickelte Anwen-
  494. - 22 -
  495. dungen ohne Rechtsverstoß auf der Konsole zum Einsatz gebracht werden
  496. könnten. Entscheidend ist, dass die Adapterkarten - wie das Berufungsgericht
  497. ohne Rechtsfehler angenommen hat - nach der Lebenserfahrung tatsächlich
  498. vor allem dafür verwendet werden, Raubkopien von Videospielen der Klägerinnen auf der Konsole abzuspielen.
  499. 56
  500. ff) Das Berufungsgericht hat jedoch keine Feststellungen zur der Frage
  501. getroffen, ob der Einsatz der technischen Schutzmaßnahme den Grundsatz der
  502. Verhältnismäßigkeit wahrt und legale Nutzungsmöglichkeiten nicht in übermäßiger Weise beschränkt.
  503. 57
  504. (1) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seiner Entscheidung
  505. vom 23. Januar 2014 ausgeführt, der Rechtsschutz gegen die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen im Sinne von Art. 6 der Richtlinie 2001/29/EG
  506. müsse den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. Rechtsschutz werde
  507. daher nur für technische Maßnahmen gewährt, die das Ziel verfolgten, die vom
  508. Inhaber eines Urheberrechts nicht genehmigte Vervielfältigung, öffentliche Wiedergabe oder öffentliche Zugänglichmachung von Werken oder die Verbreitung
  509. des Originals eines Werkes und seiner Vervielfältigungsstücke zu verhindern
  510. oder zu unterbinden. Die Maßnahmen müssten zur Verwirklichung dieses Ziels
  511. geeignet sein und dürften nicht über das hierzu Erforderliche hinausgehen. In
  512. diesem Zusammenhang müsse geprüft werden, ob andere Maßnahmen zu geringeren Beeinträchtigungen oder Beschränkungen der Handlungen Dritter, für
  513. die es keiner Genehmigung des Inhabers der Urheberrechte bedürfe, hätten
  514. führen können, dabei aber einen vergleichbaren Schutz für die Rechte des Betroffenen geboten hätten (vgl. EuGH, GRUR 2014, 255 Rn. 30 bis 33
  515. - Nintendo/PC Box und 9Net).
  516. 58
  517. (2) Das Berufungsgericht, dessen Urteil vor der Entscheidung des Gerichtshofs in der Sache "Nintendo/PC Box und 9Net" ergangenen ist, hat nicht
  518. geprüft, ob die in der konkreten Ausgestaltung der von den Klägerinnen herge-
  519. - 23 -
  520. stellten Karten und Konsolen liegende wirksame technische Maßnahme zum
  521. Schutz der in den Videospielen enthaltenen urheberrechtlich geschützten Werke und Leistungen diesen Anforderungen genügt. Die von den Klägerinnen eingesetzte technische Maßnahme verfolgt allerdings das Ziel, eine von der Klägerin zu 1 als Inhaberin der urheberrechtlichen Schutzrechte nicht genehmigte
  522. Vervielfältigung der Videospiele zu verhindern. Sie ist auch zur Verwirklichung
  523. dieses Ziels geeignet. Das Berufungsgericht hat jedoch nicht festgestellt, dass
  524. die hier in Rede stehende technische Maßnahme nicht über das hinausging,
  525. was zur Verwirklichung des Ziels erforderlich war, ein unbefugtes Vervielfältigen
  526. von Videospielen der Klägerin zu 1 auf Nintendo-DS-Konsolen zu verhindern.
  527. Es hat nicht geprüft, ob die Videospiele - wie die Beklagten geltend gemacht
  528. haben - durch eine Verschlüsselung der Spieldaten vor einer unbefugten Vervielfältigung auf den Konsolen hätten geschützt werden können und damit ein
  529. Abspielen zulässiger Drittentwicklungen auf den Konsolen möglich geblieben
  530. wäre. Es hat weiter nicht festgestellt, dass eine Verschlüsselung der Spieldaten
  531. nicht zu einem vergleichbaren Schutz für die Videospiele geführt hätte wie die
  532. konkrete Ausgestaltung der von den Klägerinnen hergestellten Karten und Konsolen nach dem "Schlüssel-Schloss-Prinzip". Davon kann nicht allein deshalb
  533. ausgegangen werden, weil es Dritten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts möglich war, von der Klägerin zum Schutz ihrer Videospiele ergriffene
  534. elektronische Kopierschutzmaßnahmen zu umgehen und rechtswidrig Kopien
  535. dieser Spiele durch Auslesen der Originalkarten herzustellen und im Internet
  536. anzubieten, die mit Hilfe der von den Beklagten angebotenen Adapter auf der
  537. Konsole verwendet werden konnten.
  538. 59
  539. gg) Da die Schuldnerin die Adapter verbreitet, verkauft und im Hinblick
  540. auf den Verkauf beworben hat, hätte sie wegen eines Verstoßes gegen § 95a
  541. Abs. 3 Nr. 3 UrhG als Täter auf Unterlassung dieser Verhaltensweisen gehaftet.
  542. Die Revision macht jedoch mit Erfolg geltend, dass die vom Berufungsgericht
  543. getroffenen Feststellungen kein Verbot der Einfuhr oder des Besitzes von Adap-
  544. - 24 -
  545. terkarten getragen hätten. Allein daraus, dass die Schuldnerin, die selbst keine
  546. Adapterkarten herstellt, die Adapterkarten in ihrem Onlineshop zum Kauf angeboten hat, folgt nicht, dass sie die Adapterkarten eingeführt oder besessen hat.
  547. 60
  548. d) Es kann auch nicht beurteilt werden, ob der Unterlassungsantrag - unterstellt er war begründet - durch den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Beklagten zu 1 als Insolvenzverwalter infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unbegründet geworden ist. Der in die Zukunft
  549. gerichtete Unterlassungsanspruch setzt das Bestehen einer Begehungsgefahr
  550. voraus. Eine durch einen Verstoß der Schuldnerin gegen § 95a Abs. 3 Nr. 3
  551. UrhG in ihrer Person begründete Wiederholungsgefahr wäre dem Beklagten
  552. zu 1 nicht zuzurechnen (dazu B I 2 e aa). Feststellungen dazu, ob in der Person
  553. des Beklagten zu 1 eine Wiederholungsgefahr (dazu B I 2 e bb) oder Erstbegehungsgefahr (dazu B I 2 e cc) besteht, sind bislang nicht getroffen.
  554. 61
  555. aa) Ein unterstellter Verstoß der Schuldnerin gegen § 95a Abs. 3 UrhG
  556. begründet zwar in ihrer Person eine Wiederholungsgefahr. Diese ist jedoch
  557. nicht auf den Beklagten zu 1 als Insolvenzverwalter übergegangen. Die Wiederholungsgefahr ist ein tatsächlicher Umstand, der nach den Verhältnissen in
  558. der Person des in Anspruch Genommenen zu beurteilen ist. Dies gilt nicht nur,
  559. wenn der Rechtsvorgänger die Wiederholungsgefahr durch eigenes Verhalten
  560. begründet hat, sondern auch, wenn der Rechtsverstoß durch Organe des
  561. Rechtsvorgängers oder Mitarbeiter seines Unternehmens begangen worden ist
  562. (BGH, Urteil vom 26. April 2007 - I ZR 34/05, BGHZ 172, 165 Rn. 11 - Schuldnachfolge; Urteil vom 3. April 2008 - I ZR 49/05, GRUR 2008, 1002 Rn. 39 =
  563. WRP 2008, 1434 - Schuhpark). Rechtsverstöße des Insolvenzschuldners, seiner Organe, Mitarbeiter oder Beauftragten begründen daher in der Person des
  564. Insolvenzverwalters selbst dann keine Wiederholungsgefahr, wenn dieser den
  565. Betrieb des Insolvenzschuldners fortführt. Der Insolvenzverwalter übt als Partei
  566. - 25 -
  567. kraft Amtes die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse
  568. im eigenen Namen aus (vgl. BGHZ 185, 11 Rn. 40 - Modulgerüst II, mwN).
  569. 62
  570. bb) Da erst im Laufe des Revisionsverfahrens das Insolvenzverfahren
  571. über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Beklagte zu 1 zum Insolvenzverwalter bestellt worden ist, konnte das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu treffen, ob der Beklagte zu 1 die in Rede stehenden Adapterkarten
  572. eingeführt, verbreitet, verkauft oder im Hinblick auf den Verkauf beworben oder
  573. besessen hat und damit in seiner Person die Vermutung der Wiederholungsgefahr begründet ist.
  574. 63
  575. cc) Es kann nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass bei dem
  576. Beklagten zu 1 eine Erstbegehungsgefahr im Hinblick auf zukünftige Verletzungshandlungen besteht. Von einem auf Erstbegehungsgefahr gestützten vorbeugenden Unterlassungsanspruch ist nur auszugehen, soweit ernsthafte und
  577. greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten (vgl. BGH, Urteil vom
  578. 15. Januar 2009 - I ZR 57/07, GRUR 2009, 841 Rn. 8 = WRP 2009, 1139
  579. - Cybersky, mwN). Das Berufungsgericht konnte insoweit keine Feststellungen
  580. treffen. Allein der Umstand, dass der Beklagte zu 1 das vorliegende Verfahren
  581. als Insolvenzverwalter aufgenommen hat und der Klage entgegengetreten ist,
  582. ist kein ausreichender Anhaltspunkt dafür, dass er den Vertrieb der Adapter in
  583. naher Zukunft aufnimmt.
  584. 64
  585. 3. Das Berufungsgericht hat - unter Bezugnahme auf die entsprechenden
  586. Ausführungen des Landgerichts - angenommen, die Klägerin zu 1 habe gemäß
  587. § 98 Abs. 1 UrhG einen Anspruch darauf, dass die Beklagten die in ihrem Besitz befindlichen Adapterkarten vernichten. Diese Annahme hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
  588. - 26 -
  589. 65
  590. a) Gemäß § 98 Abs. 1 Satz 1 kann derjenige, der das Urheberrecht oder
  591. ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht widerrechtlich
  592. verletzt, von dem Verletzten auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des
  593. Verletzers befindlichen rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmten Vervielfältigungsstücke in Anspruch genommen werden. Diese Bestimmung ist gemäß § 98 Abs. 1 Satz 2 UrhG entsprechend auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Vorrichtungen anzuwenden, die vorwiegend zur Herstellung dieser Vervielfältigungsstücke gedient haben.
  594. 66
  595. b) Die gemäß Artikel 10 des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7. Juli 2008 (BGBl. I S. 1191)
  596. am 1. September 2008 in Kraft getretene Bestimmung des § 98 UrhG zielt auf
  597. die Beseitigung andauernder Verletzungen und ist daher auf Verletzungshandlungen anwendbar, die vor dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens begangen worden
  598. sind (J.B. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 98
  599. UrhG Rn. 2).
  600. 67
  601. c) Der von der Klägerin zu 1 erhobene Anspruch auf Vernichtung der
  602. Adapterkarten ist schon deshalb nicht begründet, weil ein - unterstellter - Verstoß der Schuldnerin gegen § 95a Abs. 3 UrhG weder das Urheberrecht noch
  603. ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht verletzt hat.
  604. 68
  605. Bei der Bestimmung des § 95a Abs. 3 UrhG handelt es sich zwar um ein
  606. Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB zugunsten der Inhaber
  607. von Urheberrechten und Leistungsschutzrechten, die wirksame technische
  608. Maßnahmen zum Schutz ihrer urheberrechtlich geschützten Werke und Leistungen einsetzen (BGH, GRUR 2008, 996 Rn. 14 bis 16 - Clone-CD). Die Regelung begründet jedoch weder ein Urheberrecht noch ein anderes nach dem
  609. Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht dieser Rechtsinhaber (Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl., § 95a UrhG Rn. 43; Czychowski in
  610. - 27 -
  611. Fromm/Nordemann aaO § 95a UrhG Rn. 52; Lindhorst in Möhring/Nicolini, Urheberrecht,
  612. 3. Aufl.,
  613. § 95a
  614. UrhG
  615. Rn. 23.1.;
  616. Schmidl/Lickleder
  617. in
  618. Bü-
  619. scher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht,
  620. 3. Aufl., § 95a UrhG Rn. 34; v. Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 321, 323; aA
  621. Wandtke/Ohst in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl., § 95a UrhG Rn. 88
  622. und 90; Götting in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, § 95a UrhG Rn. 40;
  623. Dreier in Dreier/Schulze aaO § 97 Rn. 5; Peukert in Loewenheim, Handbuch
  624. des Urheberrechts, 2. Aufl., § 82 Rn. 6; Arnold/Timmann, MMR 2008, 286,
  625. 288 f.; offen gelassen in BGH, GRUR 2008, 996 Rn. 12 - Clone-CD, mwN zu
  626. beiden Ansichten). Zu den anderen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechten im Sinne von § 97 Abs. 1 Satz 1, § 98 Abs. 1 Satz 1 UrhG zählen
  627. nur absolute Rechte (BT-Drucks. IV/270, S. 103; Wild in Schricker/Loewenheim
  628. aaO § 97 UrhG Rn. 3; J. B. Nordemann in Fromm/Nordemann aaO § 97 UrhG
  629. Rn. 8; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 97 Rn. 3; v. Wolff in Wandtke/Bullinger
  630. aaO § 97 UrhG Rn. 4; Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel aaO § 97 Rn. 1; Reber
  631. in Möhring/Nicolini aaO § 97 UrhG Rn. 2). Die Bestimmung des § 95a UrhG
  632. schafft jedoch kein absolutes Recht, sondern regelt lediglich Verhaltenspflichten, die unmittelbar dem Schutz technischer Maßnahmen und mittelbar dem
  633. Schutz der durch diese technischen Maßnahmen urheberrechtlich geschützten
  634. Werke und Leistungen dienen. Ein Verstoß gegen § 95a Abs. 3 UrhG verletzt
  635. daher weder das Urheberrecht noch ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht im Sinne von § 97 Abs. 1 Satz 1, § 98 Abs. 1 Satz 1
  636. UrhG.
  637. 69
  638. d) Der von der Klägerin zu 1 erhobene Anspruch auf Vernichtung der
  639. Adapterkarten ist ferner deshalb nicht nach § 98 Abs. 1 UrhG begründet, weil
  640. es sich bei den hier in Rede stehenden Adapterkarten weder um Vervielfältigungsstücke im Sinne von § 98 Abs. 1 Satz 1 UrhG handelt noch um Vorrichtungen im Sinne von § 98 Abs. 1 Satz 2 UrhG, die zur Herstellung solcher Vervielfältigungsstücke gedient haben.
  641. - 28 -
  642. 70
  643. aa) Das Berufungsgericht hat zwar festgestellt, dass es möglich ist, Kopien der zugunsten der Klägerin zu 1 urheberrechtlich geschützten Videospiele
  644. aus dem Internet herunterzuladen und diese entweder auf eine Micro-SD-Karte,
  645. die anschließend in den Adapter eingesteckt wird, oder unmittelbar auf den eingebauten Speicherbaustein des Adapters zu übertragen. Das Berufungsgericht
  646. hat jedoch nicht festgestellt, dass auf den von der Beklagten zu 1 angebotenen
  647. Adapterkarten bereits Videospiele der Klägerinnen in dieser Weise unbefugt
  648. gespeichert waren. Bei diesen Adapterkarten handelt es sich danach nicht um
  649. Vervielfältigungsstücke im Sinne von § 98 Abs. 1 Satz 1 UrhG.
  650. 71
  651. bb) Die Adapterkarten sind aber auch keine Vorrichtungen im Sinne von
  652. § 98 Abs. 1 Satz 2 UrhG, die zur Herstellung solcher Vervielfältigungsstücke
  653. gedient haben. Auf Speichermedien, die noch nicht zur Vornahme von Vervielfältigungen verwendet worden sind - wie die von den Beklagten angebotenen
  654. Adapterkarten - ist diese Bestimmung nicht anwendbar, da solche Leermedien
  655. nicht der Herstellung von Vervielfältigungstücken "gedient haben", sondern allenfalls zukünftig dienen können (J.B. Nordemann in Fromm/Nordemann aaO
  656. § 98 UrhG Rn. 20; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 98 Rn. 13; Wild in Schricker/Loewenheim aaO § 98 UrhG Rn. 11).
  657. 72
  658. Eine entsprechende Anwendung von § 98 Abs. 1 Satz 2 UrhG auf Vorrichtungen, die lediglich dazu bestimmt sind, zur Herstellung rechtswidriger
  659. Vervielfältigungsstücke verwendet zu werden, kommt auch unter Berücksichtigung des mit der Neuregelung verfolgten Zwecks, die Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums zu verbessern, nicht in Betracht (aA Bohne in
  660. Wandtke/Bullinger aaO § 98 UrhG Rn. 32), da keine Anhaltspunkte für eine
  661. planwidrige Regelungslücke bestehen.
  662. 73
  663. Nach § 99 UrhG aF, der Vorgängerregelung des § 98 Abs. 1 Satz 2
  664. UrhG, konnte der Verletzte die Vernichtung von im Eigentum des Verletzers
  665. stehenden, ausschließlich oder nahezu ausschließlich zur rechtswidrigen Her-
  666. - 29 -
  667. stellung von Vervielfältigungsstücken benutzten oder bestimmten Vorrichtungen
  668. verlangen. Mit § 98 Abs. 1 Satz 2 UrhG ist Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie
  669. 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums insoweit
  670. wörtlich ins deutsche Recht umgesetzt worden, als der Vernichtungsanspruch
  671. nunmehr voraussetzt, dass die Vorrichtungen "vorwiegend" zur Herstellung dieser Vervielfältigungsstücke "gedient haben". Es kann daher nicht angenommen
  672. werden, es widerspreche dem Regelungsplan des Gesetzes, dass die Neuregelung keinen Anspruch auf Vernichtung von Vorrichtungen vorsieht, die lediglich
  673. dazu bestimmt sind, zur Herstellung rechtswidriger Vervielfältigungsstücke verwendet zu werden.
  674. 74
  675. II. Die Revision hat auch hinsichtlich der von der Klägerin zu 1 gegen die
  676. Beklagten zu 2 und 3 wegen Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 UrhG erhobenen
  677. Ansprüche Erfolg.
  678. 75
  679. 1. Das Berufungsgericht hat unter Bezugnahme auf die Ausführungen
  680. des Landgerichts angenommen, die Beklagten zu 2 und 3 hafteten als Geschäftsführer für einen Verstoß der Schuldnerin gegen § 95a Abs. 3 UrhG, weil
  681. die Eignung und Bestimmung der Adapter zur Umgehung der Kopierschutzmaßnahmen der Klägerin zu 1 offensichtlich gewesen sei und die Beklagten zu
  682. 2 und 3 als Geschäftsführer der Schuldnerin sowohl tatsächlich als auch rechtlich die Möglichkeit gehabt hätten, die Zuwiderhandlungen abzustellen.
  683. 76
  684. 2. Diese Beurteilung hält einer Nachprüfung schon deshalb nicht stand,
  685. weil mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung ein Verstoß der
  686. Schuldnerin gegen § 95a UrhG nicht bejaht werden kann (vgl. oben Rn. 38 bis
  687. 59).
  688. 77
  689. 3. Darüber hinaus kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung eine Haftung der Beklagten zu 2 und 3 als Geschäftsführer der
  690. Schuldnerin nicht bejaht werden.
  691. - 30 -
  692. 78
  693. a) Nach der vom Berufungsgericht herangezogenen Rechtsprechung des
  694. Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 26. September 1985 - I ZR 86/83, GRUR
  695. 1986, 248, 251 - Sporthosen) haftet der Geschäftsführer allerdings für Wettbewerbsverstöße (vgl. Urteil vom 9. Juni 2005 - I ZR 279/02, GRUR 2005, 1061,
  696. 1064 = WRP 2005, 1501 - Telefonische Gewinnauskunft), Urheberrechtsverletzungen (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 14 f. und 18 - Cybersky) und Kennzeichenverletzungen (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2012 - I ZR 86/10, GRUR
  697. 2012, 1145 Rn. 36 = WRP 2012, 1392 - Pelikan) der Gesellschaft, wenn er von
  698. ihnen Kenntnis hatte und es unterlassen hat, sie zu verhindern.
  699. 79
  700. Der Bundesgerichtshof hat jedoch - nach Erlass des Berufungsurteils entschieden, dass an dieser Rechtsprechung in dieser Allgemeinheit nicht mehr
  701. festgehalten werden kann (BGH, Urteil vom 18. Juni 2014 - I ZR 242/12, BGHZ
  702. 201, 344 Rn. 15 - Geschäftsführerhaftung).
  703. 80
  704. Die Frage, ob sich jemand als Täter oder Teilnehmer in einer die zivilrechtliche Haftung begründenden Weise an der deliktischen Handlung eines
  705. Dritten beteiligt hat, beurteilt sich nach den im Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen (BGH, BGHZ 201, 344 Rn. 13 - Geschäftsführerhaftung, mwN).
  706. Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für deliktische Handlungen der
  707. von ihm vertretenen Gesellschaft besteht danach nur, wenn er daran entweder
  708. durch positives Tun beteiligt war oder wenn er sie aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte
  709. verhindern müssen (BGH, BGHZ 201, 344 Rn. 17 - Geschäftsführerhaftung,
  710. mwN).
  711. 81
  712. Darüber hinaus kommt eine zivilrechtliche Haftung für die deliktische
  713. Handlung eines Dritten nach den Grundsätzen der Störerhaftung in Betracht
  714. (vgl. BGH, GRUR 2014, 883 Rn. 11 - Geschäftsführerhaftung, mwN). Danach
  715. kann als Störer bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in ir-
  716. - 31 -
  717. gendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten
  718. Rechts beiträgt und zumutbare Verhaltenspflichten verletzt. Als Beitrag zur Verletzung des geschützten Rechts kann die Unterstützung oder Ausnutzung der
  719. Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der
  720. Inanspruchgenommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen eine Verhinderung der Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten
  721. ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12,
  722. BGHZ 200, 76 Rn. 22 - Bear-Share, mwN). Ein Störer haftet danach - anders
  723. als ein Täter oder Teilnehmer - nur bei einer Verletzung absoluter Rechte und
  724. nicht bei einer Verletzung bloßer Verhaltenspflichten. Er haftet ferner nur auf
  725. Unterlassung und nicht auf Schadensersatz. Ein Geschäftsführer kann bei einer
  726. Verletzung absoluter Rechte durch die von ihm vertretene Gesellschaft danach
  727. persönlich als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn
  728. er in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt und dabei zumutbare Verhaltenspflichten verletzt.
  729. 82
  730. b) Nach diesen Grundsätzen ist auch die Frage zu beurteilen, ob die Beklagten zu 2 und 3 für einen Verstoß der Schuldnerin gegen § 823 Abs. 2 BGB,
  731. § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG als deren Geschäftsführer persönlich haften.
  732. 83
  733. aa) Eine persönliche Haftung der Beklagten zu 2 und 3 als Täter oder
  734. Teilnehmer auf Unterlassung und Schadensersatz für einen Verstoß der
  735. Schuldnerin gegen § 823 Abs. 2 BGB, § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG kommt nur in
  736. Betracht, wenn sie an diesem Verstoß durch positives Tun beteiligt waren oder
  737. wenn sie diesen Verstoß aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des
  738. Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätten verhindern müssen. Die
  739. - 32 -
  740. schlichte Kenntnis von Rechtsverletzungen scheidet als haftungsbegründender
  741. Umstand aus. Erforderlich ist vielmehr grundsätzlich, dass die Rechtsverletzung
  742. auf einem Verhalten beruht, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und
  743. mangels abweichender Feststellungen dem Geschäftsführer anzulasten ist. Dazu rechnen Maßnahmen, über die typischerweise auf Geschäftsführerebene
  744. entschieden wird. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagten zu 2
  745. und 3 hätten den Verstoß gekannt und nicht verhindert, genügt danach für sich
  746. genommen nicht, um eine Haftung der Beklagten zu 2 und 3 als Täter oder
  747. Teilnehmer zu bejahen. Dazu, ob der beanstandete Vertrieb der Slot-1-Karten
  748. durch die Schuldnerin auf einer typischerweise auf Geschäftsführerebene zu
  749. treffenden Entscheidung beruht, hat das Berufungsgericht nichts festgestellt.
  750. 84
  751. bb) Eine persönliche Haftung der Beklagten zu 2 und 3 als Störer auf Unterlassung für einen Verstoß der Schuldnerin gegen § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG
  752. käme nur in Frage, wenn die Bestimmung des § 95a Abs. 3 UrhG nicht nur eine
  753. Verhaltenspflicht aufstellte, sondern ein absolutes Recht enthielte (aA
  754. Czychowski in Fromm/Nordemann aaO § 95a Rn. 51). Das ist jedoch nicht der
  755. Fall (vgl. oben Rn. 67 f.).
  756. 85
  757. III. Die Revision wendet sich mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht der auf wettbewerbsrechtliche Ansprüche der Nintendo of Europe GmbH
  758. gestützten Klage der Klägerin zu 2 gegen die Beklagten auf Unterlassung,
  759. Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunftserteilung - bis auf einen
  760. Teil des Auskunftsantrags - stattgegeben hat.
  761. 86
  762. 1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin zu 2 sei berechtigt,
  763. im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft wettbewerbsrechtliche Ansprüche der Nintendo of Europe GmbH gegen die Beklagten wegen Verstoßes gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV geltend zu machen, hält einer Nachprüfung nicht stand.
  764. - 33 -
  765. 87
  766. a) Eine gewillkürte Prozessstandschaft setzt eine wirksame Ermächtigung des Prozessstandschafters zur gerichtlichen Verfolgung der Ansprüche
  767. des Rechtsinhabers sowie ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten an dieser Rechtsverfolgung voraus, wobei dieses Interesse auch wirtschaftlicher Natur sein kann (BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 28/12, GRUR
  768. 2014, 65 Rn. 24 = WRP 2014, 68 - Beuys-Aktion, mwN).
  769. 88
  770. b) Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt sind.
  771. 89
  772. Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann
  773. nicht angenommen werden, die Klägerin zu 2 sei zur gerichtlichen Verfolgung
  774. der hier in Rede stehenden Ansprüche ermächtigt. Das Berufungsgericht hat
  775. - ebenso wie das Landgericht - lediglich festgestellt, die Klägerin zu 2 sei aufgrund einer konzerninternen Aufgabenzuweisung berechtigt, die geistigen Eigentumsrechte der Klägerin zu 1 weltweit durchzusetzen. Die Klägerin zu 2 verfolgt aber keine Ansprüche der Klägerin zu 1, sondern Ansprüche der Nintendo
  776. of Europe GmbH. Die Klägerin zu 2 macht auch keine geistigen Eigentumsrechte, sondern wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend.
  777. 90
  778. Das Berufungsgericht hat ferner keine Feststellungen zu einem eigenen
  779. schutzwürdigen Interesse der Klägerin zu 2 an einer gerichtlichen Verfolgung
  780. von wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen der Nintendo of Europe GmbH getroffen.
  781. 91
  782. 2. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die von
  783. der Klägerin zu 2 gegen den Beklagten zu 1 erhobenen Ansprüche nicht bejaht
  784. werden.
  785. 92
  786. a) Der durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen
  787. der Schuldnerin gemäß § 240 Satz 1 ZPO unterbrochene Rechtsstreit ist von
  788. - 34 -
  789. dem Beklagten zu 1 auch hinsichtlich des von der Klägerin zu 2 wegen Verstoßes der Schuldnerin gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4
  790. Abs. 1 der 2. GPSGV verfolgten Unterlassungsantrags wirksam aufgenommen
  791. worden (vgl. oben Rn. 21); ob die Aufnahme des Rechtsstreits hinsichtlich der
  792. Anträge auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunftserteilung
  793. wirksam ist, ist im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu klären (vgl. oben
  794. Rn. 23 bis 27).
  795. 93
  796. b) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob der Unterlassungsanspruch wegen Verstoßes gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der
  797. 2. GPSGV, den die Klägerin zu 2 ursprünglich gegen die Schuldnerin erhoben
  798. und im Blick auf den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf
  799. den Beklagten zu 1 einseitig für erledigt erklärt hat, durch dieses Ereignis unbegründet geworden ist.
  800. 94
  801. aa) Die Klägerin zu 2 hat den auf einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11
  802. UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV gestützten und ursprünglich gegen die Schuldnerin gerichteten Unterlassungsantrag wirksam für
  803. erledigt erklärt. Da der Beklagte zu 1 sich dieser Erklärung nicht angeschlossen
  804. hat, ist insoweit zu prüfen, ob die Klage mit diesem Antrag bis zu dem geltend
  805. gemachten erledigenden Ereignis zulässig und begründet war und - wenn das
  806. der Fall ist - ob sie durch dieses Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die Erledigung der Hauptsache
  807. festzustellen; anderenfalls ist die Klage abzuweisen (vgl. oben Rn. 29).
  808. 95
  809. bb) Der Unterlassungsantrag war bis zur Aufnahme des Rechtsstreits zulässig; insbesondere war er hinreichend bestimmt.
  810. 96
  811. cc) Der Unterlassungsantrag war bis zu diesem Zeitpunkt auch begründet.
  812. - 35 -
  813. 97
  814. (1) Der von der Klägerin zu 2 auf Wiederholungsgefahr gestützte und in
  815. die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch war gegen die Schuldnerin nur
  816. begründet, wenn das beanstandete Verhalten sowohl zur Zeit der Begehung im
  817. Jahre 2008 als auch bei Insolvenzeröffnung im Jahr 2013 wettbewerbswidrig
  818. war (vgl. nur BGH, Urteil vom 24. September 2014 – I ZR 35/11, GRUR 2015,
  819. 264 Rn. 27 = WRP 2015, 347 - Hi Hotel II, mwN).
  820. 98
  821. Die zum Zeitpunkt der Begehung des beanstandeten Verhaltens der
  822. Schuldnerin im Jahr 2008 maßgeblichen Bestimmungen der 2. GPSGV in der
  823. ab dem 9. Oktober 1995 (2. GPSGV [1995]) geltenden Fassung sind vor der
  824. Insolvenzeröffnung am 21. Januar 2013 durch die Bestimmungen der
  825. 2. GPSGV in der ab dem 20. Juli 2011 (2. GPSGV [2011]) geltenden Fassung
  826. abgelöst worden. Für den Streitfall haben sich dadurch jedoch keine Änderungen in der Sache ergeben. Spielzeug darf nach wie vor nur in Verkehr gebracht
  827. werden, wenn es mit der CE-Kennzeichnung und Herstellerangaben versehen
  828. ist.
  829. 99
  830. Gemäß § 3 Abs. 1 der 2. GPSGV (1995) muss das Spielzeug beim Inverkehrbringen mit der CE-Kennzeichnung versehen sein. Die CE-Kennzeichnung muss nach § 4 Abs. 1 Satz 1 der 2. GPSGV (1995) auf dem Spielzeug
  831. oder seiner Verpackung sichtbar, leserlich und dauerhaft angebracht sein. In
  832. gleicher Weise müssen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 der 2. GPSGV (1995) der
  833. Name, gegebenenfalls die Firma oder das Zeichen, sowie die Anschrift des
  834. Herstellers oder seines Bevollmächtigten oder des Einführers in die Gemeinschaft angebracht sein.
  835. 100
  836. Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 der 2. GPSGV (2011) haben die Hersteller beim
  837. Inverkehrbringen ihren Namen, ihren eingetragenen Handelsnamen oder ihre
  838. eingetragene Marke und ihre Kontaktanschrift entweder auf dem Spielzeug
  839. selbst oder, wenn dies nicht möglich ist, auf der Verpackung oder in den Unterlagen, die dem Spielzeug beigefügt sind, anzugeben. Bevor sie ein Spielzeug
  840. - 36 -
  841. auf dem Markt bereitstellen, haben die Händler nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der
  842. 2. GPSGV (2011) zu überprüfen, ob der Hersteller die Anforderungen von § 4
  843. Abs. 2 der 2. GPSGV (2011) erfüllt hat. Gemäß § 13 Abs. 1 der 2. GPSGV
  844. (2011) muss auf dem Markt bereitgestelltes Spielzeug die CE-Kennzeichnung
  845. tragen. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 der 2. GPSGV (2011) ist die CE-Kennzeichnung deutlich sichtbar und lesbar sowie dauerhaft auf dem Spielzeug, einem
  846. daran befestigten Etikett oder der Verpackung anzubringen.
  847. 101
  848. (2) Ein Unterlassungsanspruch der Nintendo of Europe GmbH gegen die
  849. Schuldnerin wegen eines Verstoßes gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung
  850. mit den hier in Rede stehenden Bestimmungen der 2. GPSGV setzt nach § 8
  851. Abs. 1 und 3 Nr. 1 UWG voraus, dass die Nintendo of Europe GmbH Mitbewerber der Schuldnerin ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, da die Nintendo of Europe GmbH und die Schuldnerin als Unternehmer beim Angebot von Waren in
  852. einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG). Sie
  853. versuchen, gleichartige Waren innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen, so dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten der
  854. Schuldnerin die Nintendo of Europe GmbH im Absatz behindern oder stören
  855. kann (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2014 - I ZR 43/13, GRUR 2014, 1114
  856. Rn. 24 = WRP 2014, 1307 - nickelfrei, mwN). Die Nintendo of Europe GmbH
  857. vertreibt "Slot-1-Karten" mit Videospielen für ihre Videospiel-Konsolen. Die
  858. Schuldnerin bietet - nach Ansicht der Klägerin zu 2 unter Verstoß gegen die
  859. Kennzeichnungsvorschriften der 2. GPSGV - Adapterkarten an, mit deren Hilfe
  860. im Internet angebotene Kopien von Videospielen der Klägerinnen auf diesen
  861. Videospiel-Konsolen verwendet werden können. Es liegt auf der Hand, dass der
  862. Absatz von Adapterkarten den Absatz von "Slot-1-Karten" beeinträchtigen kann.
  863. 102
  864. (3) Bei den hier in Rede stehenden Bestimmungen der 2. GPSGV handelt es sich um gesetzliche Vorschriften, die im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG auch
  865. dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu
  866. - 37 -
  867. regeln (vgl. zur CE-Kennzeichnung BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - I ZR 193/06,
  868. GRUR 2010, 169 Rn. 16 = WRP 2010, 247 - CE-Kennzeichnung). Ein Verstoß
  869. gegen diese Regelungen ist auch geeignet, die Interessen der Mitbewerber und
  870. Verbraucher im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG spürbar zu beeinträchtigen.
  871. 103
  872. (4) Die Schuldnerin hat gegen die angeführten Bestimmungen der
  873. 2. GPSGV verstoßen. Die von ihr im Jahr 2008 angebotenen Adapterkarten
  874. waren nicht in der nach der 2. GPSGV erforderlichen Weise mit Herstellerangaben und teilweise auch nicht mit der CE-Kennzeichnung versehen. Bei den
  875. Adapterkarten handelt es sich um Spielzeug im Sinne der 2. GPSGV. Gemäß
  876. § 1 Abs. 1 Satz 2 der 2. GPSGV (1995) sind Spielzeug alle Erzeugnisse, die
  877. dazu gestaltet oder offensichtlich bestimmt sind, von Kindern im Alter bis
  878. 14 Jahren zum Spielen verwendet zu werden. Gemäß § 2 Nr. 24a der
  879. 2. GPSGV (2011) sind Spielzeug alle Produkte, die ausschließlich oder nicht
  880. ausschließlich dazu bestimmt oder gestaltet sind, von Personen unter 14 Jahren zum Spielen verwendet zu werden. Die hier in Rede stehenden Adapterkarten und die darauf gespeicherten Videospiele werden - was ausreicht - auch
  881. von Personen unter 14 Jahren zum Spielen verwendet. Der Umstand, dass die
  882. Adapterkarten nicht allein, sondern nur in Verbindung mit den VideospielKonsolen zum Spielen verwendet werden können, ändert nichts daran, dass es
  883. sich dabei um Spielzeug im Sinne der 2. GPSGV handelt.
  884. 104
  885. dd) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht bislang getroffenen
  886. Feststellungen kann jedoch nicht beurteilt werden, ob der Unterlassungsantrag
  887. durch den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Beklagten zu 1 unbegründet geworden ist. Das Berufungsgericht konnte keine Feststellungen dazu treffen, ob in der Person des Beklagten zu 1, der den Rechtsstreit im Laufe des Revisionsverfahrens aufgenommen hat, die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Begehungsgefahr besteht (vgl. oben Rn. 60 bis
  888. 63).
  889. - 38 -
  890. 105
  891. 3. Auch die von der Klägerin zu 2 gegen die Beklagten zu 2 und 3 erhobenen Ansprüche können mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht bejaht werden (vgl. oben Rn. 77 bis 84). Die bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen keine persönliche Haftung der
  892. Beklagten zu 2 und 3 als Täter oder Teilnehmer für einen Verstoß der Schuldnerin gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der
  893. 2. GPSGV. Eine persönliche Haftung der Beklagten zu 2 und 3 als Störer
  894. kommt nicht in Betracht, weil die Schuldnerin mit dem Verstoß gegen §§ 3, 4
  895. Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV lediglich (wettbewerbsrechtliche) Verhaltenspflichten und kein absolutes Recht verletzt hat.
  896. 106
  897. C. Danach ist auf die Revision der Beklagten das Berufungsurteil im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht zum Nachteil der
  898. Beklagten erkannt hat. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist. Für das weitere Verfahren
  899. weist der Senat auf Folgendes hin:
  900. 107
  901. I. Das Berufungsgericht wird die erforderlichen Feststellungen zu der
  902. Frage zu treffen haben, ob der Einsatz der technischen Schutzmaßnahme im
  903. Streitfall den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt und legale Nutzungsmöglichkeiten nicht in übermäßiger Weise beschränkt (vgl. oben Rn. 56 bis 58).
  904. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass derjenige, der - wie die Klägerin zu 1 für eine wirksame technische Maßnahme nach § 95a UrhG Schutz beansprucht, grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen
  905. dieser Bestimmung trägt. Davon umfasst ist grundsätzlich auch die Darlegungsund Beweislast dafür, dass es keine andere Maßnahme gibt, die zu einer geringeren Beeinträchtigung oder Beschränkung zulässiger Handlungen Dritter führt
  906. und einen vergleichbaren Schutz für die Rechte des Betroffenen bietet. Da es
  907. - 39 -
  908. sich bei dem Umstand, dass es keine andere Maßnahme gibt, um eine negative
  909. Tatsache handelt, trägt die Gegenseite allerdings eine sekundäre Darlegungslast. Es ist zunächst ihre Sache, substantiiert darzulegen, dass es eine andere
  910. Maßnahme gibt. Der Anspruchsteller genügt seiner Darlegungs- und Beweislast, wenn er anschließend darlegt und beweist, dass diese Maßnahme zu einer
  911. größeren Beeinträchtigung oder Beschränkung zulässiger Handlungen Dritter
  912. führt oder keinen vergleichbaren Schutz für die Rechte des Betroffenen bietet
  913. (vgl. allgemein zu den Anforderungen an den Beweis negativer Tatsachen
  914. BGH, Urteil vom 8. Oktober 1992 - I ZR 220/90, GRUR 1993, 572, 573 f. - Fehlende Lieferfähigkeit; Urteil vom 22. November 2007 - I ZR 77/05, GRUR 2008,
  915. 625 Rn. 19 = WRP 2008, 924 - Fruchtextrakt, mwN; zur Darlegungs- und Beweislast für die negative Tatsache, dass ein Werk im Sinne des § 71 Abs. 1
  916. UrhG "nicht erschienen" ist BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 - I ZR 19/07,
  917. GRUR 2009, 942 Rn. 14 = WRP 2009, 1274 - Motezuma).
  918. 108
  919. II. Im Blick auf den von der Klägerin zu 1 erhobenen Anspruch auf Vernichtung der Adapterkarten (vgl. oben Rn. 64 bis 73) weist der Senat auf § 69f
  920. Abs. 2 UrhG hin. Nach dieser Vorschrift kann der Rechtsinhaber von dem Eigentümer oder Besitzer verlangen, dass Mittel, die allein dazu bestimmt sind,
  921. die unerlaubte Beseitigung oder Umgehung technischer Programmschutzmechanismen zu erleichtern, vernichtet werden. Die für Computerprogramme geltende Vorschrift ist auf die hier in Rede stehenden technischen Schutzmechanismen anwendbar, da diese auch dem Schutz der den Videospielen der Klägerinnen zugrunde liegenden Computerprogramme dienen. Bei den Adapterkarten
  922. handelt es sich um Mittel, die die unerlaubte Umgehung dieser Schutzmechanismen erleichtern. Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob diese Mittel
  923. "allein dazu bestimmt sind" diese Umgehung zu erleichtern (vgl. dazu Loewenheim in Schricker/Loewenheim aaO § 69f UrhG Rn. 14; Czychowski in Fromme/Nordemann aaO § 69f UrhG Rn. 11; Grützmacher in Wandtke/Bullinger aaO
  924. § 69f UrhG Rn. 21; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 69f Rn. 13; Kotthoff in Drey-
  925. - 40 -
  926. er/Kotthoff/Meckel aaO § 69f UrhG Rn. 7; Kaboth in Möhring/Nicolini aaO § 69f
  927. UrhG Rn. 10) und ob die Beklagten Eigentümer oder Besitzer dieser Mittel sind.
  928. Da die Beklagten die Adapterkarten nicht herstellen, kann von Letzterem nicht
  929. ohne weiteres ausgegangen werden. Auch daraus, dass die Schuldnerin Adapterkarten in ihrem Onlineshop zum Kauf angeboten hat, folgt nicht zwangsläufig, dass an den Adapterkarten Besitz oder Eigentum bestanden hat.
  930. 109
  931. III. Für den Fall, dass sich die Aufnahme des Rechtsstreits durch den
  932. Beklagten zu 1 hinsichtlich der von der Klägerin zu 1 wegen Verstoßes gegen
  933. § 95a Abs. 3 UrhG und der von der Klägerin zu 2 wegen Verstoßes gegen §§ 3,
  934. 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der 2. GPSGV gegen ihn verfolgten Klageanträge auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunftserteilung als wirksam erweisen sollte (vgl. oben Rn. 23 bis 27 und 92),
  935. wird auf Folgendes hingewiesen:
  936. 110
  937. 1. Die Klägerinnen konnten ihren Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Schuldnerin in der Revisionsinstanz ändern und die Feststellung eines Schadensersatzbetrags von einer (weiteren) Million Euro zur Insolvenztabelle beantragen. Antragsänderungen im Revisionsverfahren sind zwar
  938. nach § 559 ZPO grundsätzlich ausgeschlossen. Eine Ausnahme gilt jedoch vor
  939. allem für die Fälle, in denen die Änderung nur eine Beschränkung oder Modifikation des früheren Antrags darstellt und sich auf einen Sachverhalt stützt, der
  940. vom Tatrichter bereits gewürdigt worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom
  941. 5. Dezember 2012 - I ZR 85/11, GRUR 2013, 833 Rn. 23 = WRP 2013, 1038
  942. - Culinaria/Villa Culinaria, mwN). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Der
  943. ursprünglich gegen die Schuldnerin erhobene Schadensersatzfeststellungsantrag war mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens schon deshalb unzulässig,
  944. weil Ansprüche, die eine Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach zum
  945. Gegenstand haben, als solche nicht in die Insolvenztabelle eingetragen werden
  946. können. Solche Ansprüche müssen vielmehr nach § 174 Abs. 2, § 45 Satz 1
  947. - 41 -
  948. InsO mit einem bezifferten Geldbetrag geltend gemacht werden, der im vorliegenden Fall zu schätzen ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 - IX ZR
  949. 165/02, NJW-RR 2004, 1050, 1051; BGHZ 185, 11 Rn. 43 - Modulgerüst). Dieser Notwendigkeit haben die Klägerinnen mit der Modifikation ihres Klageantrags entsprochen.
  950. 111
  951. 2. Der von den Klägerinnen geltend gemachte Auskunftsanspruch, der
  952. der Vorbereitung eines bezifferten Schadensersatzanspruchs dient, ist nicht
  953. etwa deshalb unbegründet, weil die Klägerinnen den Schadensersatzanspruch
  954. bereits beziffert haben. Die Klägerinnen sind weiterhin auf die Auskunftserteilung zum Zwecke der Bezifferung des Schadensersatzanspruchs angewiesen.
  955. Ergibt sich aus den zu erteilenden Auskünften ein höherer als der bezifferte
  956. Schadensersatzanspruch, kommt eine nachträgliche Anmeldung der Forderung
  957. gemäß § 177 InsO in Betracht.
  958. 112
  959. IV. Hinsichtlich der von der Klägerin zu 2 im Wege gewillkürter Prozessstandschaft verfolgten Ansprüche der Nintendo of Europe GmbH gegen die Beklagten, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob eine wirksame Ermächtigung der Klägerin zu 2 zur gerichtlichen Verfolgung dieser Ansprüche vorliegt
  960. und die Klägerin zu 2 ein eigenes schutzwürdiges Interesse an dieser Rechtsverfolgung hat (vgl. oben Rn. 86 bis 90). Die Revisionserwiderung hat dazu auf
  961. das Vorbringen der Klägerinnen in der Klageschrift verwiesen. Die Klägerinnen
  962. haben dort vorgetragen, die Klägerin zu 2 sei von der Nintendo of Europe
  963. GmbH, die die Produkte als Lizenznehmerin der Klägerin zu 1 in Europa herstelle und vertreibe, ermächtigt worden, deren Rechte gegenüber den Beklagten durchzusetzen; die Nintendo of Europe GmbH habe alle ihr gegen die Beklagten zustehenden Rechte, insbesondere auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche, auf die Klägerin zu 2 übertragen. Sollte sich dieses Vorbringen als zutreffend erweisen, kann sich daraus eine wirksame Ermächtigung der Klägerin
  964. - 42 -
  965. zu 2 zur Verfolgung der hier in Rede stehenden wettbewerbsrechtlichen Ansprüche der Nintendo of Europe GmbH gegen die Beklagten ergeben.
  966. Büscher
  967. RiBGH Prof. Dr. Schaffert
  968. ist urlaubsbedingt an der
  969. Unterschriftsleistung verhindert.
  970. Koch
  971. Büscher
  972. Löffler
  973. Schwonke
  974. Vorinstanzen:
  975. LG München I, Entscheidung vom 14.10.2009 - 21 O 22196/08 OLG München, Entscheidung vom 09.06.2011 - 6 U 5037/09 -