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34 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. I ZR 117/15
  5. Verkündet am:
  6. 13. September 2018
  7. Führinger
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. YouTube-Werbekanal II
  19. UWG § 3a; Pkw-EnVKV § 5 Abs. 1 und 2 Satz 1 Halbsatz 2; Richtlinie
  20. 2010/13/EU Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Ziffer i und ii
  21. Weder ein bei dem Internetdienst YouTube zu Werbezwecken betriebener
  22. Videokanal noch ein dort abrufbares Werbevideo stellt einen audiovisuellen
  23. Mediendienst im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2010/13/EU
  24. dar. Wird mit einem auf diesem Werbekanal abrufbaren Video für neue Personenkraftwagen geworben, sind deshalb Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen der beworbenen
  25. Modelle zu machen.
  26. BGH, Urteil vom 13. September 2018 - I ZR 117/15 - OLG Köln
  27. LG Köln
  28. ECLI:DE:BGH:2018:130918UIZR117.15.0
  29. -2-
  30. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren,
  31. in dem Schriftsätze bis zum 26. Juni 2018 eingereicht werden konnten, durch
  32. den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, die Richter Prof. Dr. Schaffert,
  33. Prof. Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke
  34. für Recht erkannt:
  35. Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 29. Mai 2015 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
  36. Von Rechts wegen
  37. Tatbestand:
  38. 1
  39. Die Beklagte vertreibt in Deutschland Automobile unter der Marke
  40. P.
  41. . Sie unterhält bei dem Internetdienst YouTube einen Videokanal, auf
  42. dem sie am 17. Februar 2014 ein etwa fünfzehn Sekunden langes Video mit
  43. dem
  44. Titel
  45. "P.
  46. R.
  47. "
  48. veröffentlichte.
  49. Unter
  50. dem
  51. Video
  52. befand sich folgender Text: "In 5,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h mit dem
  53. stärksten
  54. Serienmotor
  55. der
  56. P.
  57. -Geschichte.
  58. Entdecke
  59. die
  60. R.
  61. bei einem Vertragspartner in Deiner Nähe und lass Dich begeistern."
  62. -3-
  63. 2
  64. Die in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragene
  65. Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe bei dieser Werbung Angaben
  66. zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und den offiziellen CO2-Emissionen des
  67. P.
  68. R.
  69. 3
  70. machen müssen.
  71. Die Klägerin hat zuletzt beantragt, die Beklagte unter Androhung näher
  72. bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,
  73. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für neue Personenkraftwagen P.
  74. R. , Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 5,9 Sekunden zu werben, ohne die gemäß § 5 Abs. 1 der Verordnung über Verbraucherinformationen zu Kraftstoffverbrauch, CO2-Emissionen und Stromverbrauch
  75. neuer Personenkraftwagen (Pkw-EnVKV) erforderlichen Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO 2-Emissionen des
  76. beworbenen Fahrzeugs zu machen, wenn dies geschieht wie am 17. Februar
  77. 2014 auf der Internetplattform "YouTube" in dem Videoclip "P.
  78. R.
  79. ", wie nachstehend wiedergegeben:
  80. (Es folgen Einblendungen der YouTube-Internetseite mit Standbildern aus dem
  81. Video sowie ein Drehbuch des Videos).
  82. 4
  83. Außerdem hat sie die Beklagte auf Erstattung von pauschalen Abmahnkosten in Höhe von 245 Euro nebst Zinsen in Anspruch genommen.
  84. 5
  85. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG Köln, GRUR-RS 2015,
  86. 19957). Die Beklagte hat im Berufungsverfahren eine Unterwerfungserklärung
  87. abgegeben, welche die Klägerin angenommen hat. Das Berufungsgericht hat
  88. die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung nach vorstehend wiedergegebenem
  89. Antrag ausgesprochen hat (OLG Köln, GRUR-RR 2016, 158 = WRP 2015,
  90. 1125).
  91. 6
  92. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung
  93. der Klage weiter.
  94. -4-
  95. 7
  96. Der Senat hat mit Beschluss vom 12. Januar 2017 dem Gerichtshof der
  97. Europäischen Union folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt (BGH,
  98. GRUR 2017, 412 = WRP 2017, 549 - YouTube-Werbekanal I):
  99. Betreibt derjenige, der bei dem Internetdienst YouTube einen Videokanal unterhält, von dem Internetnutzer kurze Werbevideos für
  100. Modelle neuer Personenkraftwagen abrufen können, einen audiovisuellen Mediendienst im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der
  101. Richtlinie 2010/13/EU zur Koordinierung bestimmter Rechts- und
  102. Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste?
  103. 8
  104. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat diese Frage wie folgt beantwortet (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2018 - C-132/17, GRUR 2018, 621 =
  105. WRP 2018, 543 - Peugeot Deutschland/Deutsche Umwelthilfe):
  106. Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2010/13/EU ist dahin auszulegen, dass die Definition des Begriffs "audiovisueller Mediendienst" weder einen Videokanal wie den im Ausgangsverfahren in
  107. Rede stehenden, auf dem die Internetnutzer kurze Werbevideos
  108. für Modelle neuer Personenkraftwagen abrufen können, noch eines dieser Videos für sich genommen erfasst.
  109. 9
  110. Die Parteien haben ihr Einverständnis mit einer Revisionsentscheidung
  111. im schriftlichen Verfahren erklärt.
  112. Entscheidungsgründe:
  113. 10
  114. I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche aus §§ 8, 3, § 4 Nr. 11 UWG (aF) in Verbindung mit
  115. § 5 Abs. 1 und 2 Pkw-EnVKV zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:
  116. -5-
  117. 11
  118. Die zulässige Klage sei auch begründet. Nach § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 und
  119. 2 Nr. 1 in Verbindung mit der Anlage 4 Abschnitt II Pkw-EnVKV seien Angaben
  120. des offiziellen Kraftstoffverbrauchs und der offiziellen CO2-Emissionen geschuldet. Die Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 2 Nr. 2 Pkw-EnVKV zugunsten audiovisueller Mediendienste nach Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2010/13/EG
  121. greife nicht ein.
  122. 12
  123. II. Über die Revision der Beklagten ist mit Zustimmung der Parteien im
  124. schriftlichen Verfahren zu entscheiden (§ 128 Abs. 2 ZPO). Es liegt eine wirksame Zustimmung vor, nachdem die Parteien am 5. Juli 2018 und 9. Juli 2018
  125. - weil die Frist des § 128 Abs. 2 Satz 3 ZPO zunächst nicht eingehalten werden
  126. konnte - erneut ihre Zustimmung erklärt haben, so dass auf dieser Grundlage
  127. gemäß § 128 Abs. 2 Satz 1 ZPO erkannt werden kann (BGH, Urteil vom 4. Juli
  128. 2017 - XI ZR 470/15, WM 2017, 1705 Rn. 10).
  129. 13
  130. III. Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Die auf Unterlassung
  131. gerichtete Klage ist zulässig (dazu III 1) und begründet (dazu III 2). Da die vorgerichtliche Abmahnung der Klägerin berechtigt war, ist die Beklagte verpflichtet, ihr die geltend gemachten Abmahnkosten zu erstatten (dazu III 3).
  132. 14
  133. 1. Der von der Klägerin zuletzt gestellte Unterlassungsantrag ist hinreichend bestimmt und damit zulässig.
  134. 15
  135. a) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klageantrag sei jedenfalls mit der klarstellenden Einbeziehung des Drehbuchs des auf dem YouTubeKanal der Beklagten abrufbaren Videos hinreichend bestimmt. Er nehme Bezug
  136. auf ein konkretisiertes Internetangebot, das mit einzelnen Abbildungen illustriert
  137. werde, auch wenn nicht der gesamte Ablauf der Videoaufzeichnung durch
  138. Screenshots abgebildet werde. Auf den Screenshots zu sehen seien diejenigen
  139. -6-
  140. Angaben, die den Kern des Unterlassungsgebots beträfen, nämlich die Bezeichnung des konkret beworbenen Fabrikats sowie der unter dem Video angegebene Text zur Beschleunigungsleistung des Fahrzeugs. Die Hinzufügung des
  141. Drehbuchs des Werbevideos stelle eine Klarstellung und sinnvolle weitere Konkretisierung des Antrags dar. Es werde deutlich, dass es lediglich um das konkrete Angebot gehe, nicht jedoch um die Überblicksseiten oder den gesamten
  142. YouTube-Auftritt der Beklagten. Diese Beurteilung lässt keine Rechtsfehler erkennen.
  143. 16
  144. b) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der
  145. Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was ihm verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen
  146. bleibt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 50/14,
  147. GRUR 2016, 705 Rn. 11 = WRP 2016, 869 - ConText; Urteil vom 9. November
  148. 2017 - I ZR 134/16, GRUR 2018, 417 Rn. 21 = WRP 2018, 466 - Resistograph).
  149. 17
  150. c) Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass Streitgegenstand nach dem Antragswortlaut nicht das Werbevideo allein, sondern das
  151. Video mit dem darunter befindlichen Werbetext betreffend die Beschleunigungsleistung des Fahrzeugs P.
  152. R.
  153. ist. Durch die das Video kenn-
  154. zeichnenden, in den Klageantrag aufgenommenen Standbilder und das Drehbuch des Videos wird zudem die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform hinreichend beschrieben. Dagegen wendet sich die Revision auch nicht.
  155. 18
  156. 2. Der Unterlassungsantrag ist auch begründet. Der Klägerin steht der
  157. geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3
  158. Nr. 3, § 3 Abs. 1, § 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG aF) in Verbindung mit § 5 Abs. 1
  159. und 2 Pkw-EnVKV zu. Die Beklagte hat gegen ihre Verpflichtung verstoßen, bei
  160. -7-
  161. der in Rede stehenden Werbung auf ihrem YouTube-Kanal für das Personenkraftwagenmodell P.
  162. R.
  163. Angaben zum offiziellen Kraftstoffverbrauch
  164. und zu den offiziellen spezifischen CO2-Emissionen zu machen.
  165. 19
  166. a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte sei Vertreterin
  167. des Herstellers von Kraftfahrzeugen der Marke P.
  168. in Deutschland. Sie
  169. habe auf ihrer YouTube-Plattform für das Fahrzeugmodell P.
  170. R.
  171. ge-
  172. worben. Sie sei deshalb nach § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 und 2 Nr. 1 in Verbindung
  173. mit Anlage 4 Abschnitt II Pkw-EnVKV verpflichtet, Angaben über den offiziellen
  174. Kraftfahrstoffverbrauch und die offiziellen CO2-Emissionen zu machen. Die Beklagte könne sich nicht auf die in § 5 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 Pkw-EnVKV vorgesehene Ausnahme berufen, nach der Hörfunkdienste und audiovisuelle Mediendienste nach Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2010/13/EU von dieser
  175. Verpflichtung befreit seien. Die produktbezogenen Informationspflichten gälten
  176. auch für Angebote auf elektronischen Videoportalen, die vornehmlich der Absatzförderung dienten. Der Werbespot und der YouTube-Kanal der Beklagten
  177. stellten keine audiovisuellen Medienangebote dar. Sie dienten vornehmlich der
  178. Werbung und nicht der Meinungsbildung. Die im deutschen Recht getroffene
  179. Ausnahmeregelung berücksichtige den Umstand, dass meinungsbildende Mediendienste einer anders ausgerichteten Regulierung unterlägen als Wirtschaftswerbung. Diesem Zweck trage § 5 Abs. 2 Pkw-EnVKV Rechnung, wenn
  180. er werbetypische Informationspflichten nur denjenigen auferlege, die Werbung
  181. für ihre Waren und Dienstleistungen betrieben, nicht jedoch denjenigen Diensten, die vornehmlich der Meinungsbildung dienten und dabei zur Finanzierung
  182. ihrer Angebote auch Werbung in ihre Programme integrierten.
  183. 20
  184. b) Nach dem von der Klägerin beanstandeten Gesetzesverstoß auf dem
  185. Internetportal YouTube im Februar 2014 ist das Lauterkeitsrecht durch das
  186. Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb
  187. mit Wirkung ab 10. Dezember 2015 novelliert worden (BGBl. I, S. 2158). Die
  188. -8-
  189. Vorschrift des § 4 Nr. 11 UWG aF ist nunmehr inhaltsgleich im um die Spürbarkeitsklausel des § 3 Abs. 1 UWG aF ergänzten § 3a UWG enthalten. Für den
  190. Tatbestand des Rechtsbruchs hat sich dadurch in der Sache nichts geändert
  191. (BGH, Urteil vom 2. März 2017 - I ZR 194/15, GRUR 2017, 537 Rn. 18 = WRP
  192. 2017, 542 - Konsumgetreide; Urteil vom 5. Oktober 2017 - I ZR 117/16, GRUR
  193. 2017, 1273 Rn. 13 = WRP 2018, 51 - Tabakwerbung im Internet).
  194. 21
  195. c) Die den Herstellern und Händlern in § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 PkwEnVKV auferlegte Verpflichtung sicherzustellen, dass die von ihnen verwendeten Werbeanzeigen Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die
  196. offiziellen spezifischen CO2-Emissionen der betreffenden Modelle neuer Personenkraftwagen nach Maßgabe von Abschnitt I der Anlage 4 enthalten, ist eine
  197. Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG aF und § 3a UWG nF
  198. (BGH, Urteil vom 5. März 2015 - I ZR 164/13, GRUR 2015, 1017 Rn. 13 = WRP
  199. 2015, 1087 - Neue Personenkraftwagen II). Dies gilt auch für die Regelung des
  200. § 5 Abs. 2 Pkw-EnVKV, welche die Verpflichtung des § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV
  201. für in elektronischer Form verbreitetes Werbematerial für entsprechend anwendbar erklärt. Hiervon ist das Berufungsgericht ausgegangen.
  202. 22
  203. d) Die Beklagte ist nach § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 und 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV
  204. grundsätzlich dazu verpflichtet, in der Werbung für das in Rede stehende Fahrzeugmodell P.
  205. R.
  206. Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch
  207. und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen zu machen. Diese Angaben hat
  208. die Beklagte nicht bereitgestellt.
  209. 23
  210. aa) Hersteller und Händler, die neue Personenkraftwagen ausstellen,
  211. zum Kauf oder Leasing anbieten oder für diese werben, haben dabei Angaben
  212. über den Kraftstoffverbrauch, die CO2-Emissionen nach Maßgabe der §§ 3 bis
  213. 5 Pkw-EnVKV zu machen (§ 1 Abs. 1 Pkw-EnVKV). Nach § 5 Abs. 1 PkwEnVKV haben Hersteller und Händler, die Werbeschriften verwenden, sicherzu-
  214. -9-
  215. stellen, dass dort Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen der betreffenden Modelle neuer Personenkraftwagen nach Maßgabe von Abschnitt I der Anlage 4 dieser Verordnung
  216. gemacht werden. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 Pkw-EnVKV gilt dies entsprechend für in elektronischer Form verbreitetes Werbematerial und Werbung
  217. durch elektronische, magnetische oder optische Speichermedien. Durch diese
  218. Vorschriften wird Art. 6 der Richtlinie 1999/94/EG über die Bereitstellung von
  219. Verbraucherinformationen über den Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen
  220. beim Marketing für neue Personenkraftwagen umgesetzt.
  221. 24
  222. bb) Die Beklagte ist die bevollmächtigte Vertreterin des Herstellers von
  223. Kraftfahrzeugen der Marke P.
  224. in Deutschland und gilt deshalb gemäß § 2
  225. Nr. 2 Pkw-EnVKV als Herstellerin im Sinne von § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV.
  226. 25
  227. cc) Das Berufungsgericht ist zutreffend und von der Revision unangegriffen davon ausgegangen, dass es sich bei dem YouTube-Kanal der Beklagten
  228. um Werbematerial im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 Pkw-EnVKV handelt. Nach § 2 Nr. 11 Pkw-EnVKV ist Werbematerial jede Form von Informationen, die für die Vermarktung und Werbung für Verkauf und Leasing neuer Personenkraftwagen in der Öffentlichkeit verwendet werden; dies umfasst auch
  229. Texte und Bilder auf Internetseiten. Ersichtlich werden Texte und Bilder auf Internetseiten lediglich beispielhaft genannt, so dass der Begriff des Werbematerials auch im Internet abrufbare Videos umfasst.
  230. 26
  231. dd) Es steht zwischen den Parteien nicht in Streit, dass sich diese Werbung auf neue Personenkraftwagen der Marke P.
  232. krete Modell R.
  233. bezieht und das kon-
  234. betrifft. Damit lagen, soweit nicht die Ausnahme nach § 5
  235. Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 Pkw-EnVKV eingreift, die Voraussetzungen vor, unter
  236. denen der offizielle Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO 2Emmissionen in dem Internetauftritt der Beklagten anzugeben sind.
  237. - 10 -
  238. 27
  239. e) Die Beklagte ist nicht von der Pflicht, Angaben über den offiziellen
  240. Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen zu machen,
  241. nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 Pkw-EnVKV befreit.
  242. 28
  243. aa) Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 Pkw-EnVKV sind Hörfunkdienste
  244. und audiovisuelle Mediendienste im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2010/13/EU von der Pflicht ausgenommen, den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen der betreffenden Modelle neuer Personenkraftwagen anzugeben.
  245. 29
  246. bb) Eine Regelung wie in § 5 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 Pkw-EnVKV ist
  247. zwar in der Richtlinie 1999/94/EG nicht ausdrücklich vorgesehen. Sie steht jedoch mit ihr im Einklang, weil sie auf einer in der Richtlinie vorgesehenen Empfehlung der Europäischen Kommission beruht.
  248. 30
  249. (1) Die Regelungen in Art. 3 und Art. 5 der Richtlinie 1999/94/EG enthalten Vorgaben für am Verkaufsort bereitzuhaltende Angaben zum Kraftstoffverbrauch und zu den CO2-Emissionen für neue Personenkraftwagenmodelle.
  250. Gemäß Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 1999/94/EG stellen die Mitgliedstaaten außerdem sicher, dass alle Werbeschriften die offiziellen Kraftstoffverbrauchswerte und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionswerte der betreffenden Personenkraftwagenmodelle gemäß Anhang IV enthalten. Die Mitgliedstaaten tragen
  251. nach Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 1999/94/EG gegebenenfalls dafür Sorge, dass
  252. anderes Werbematerial als die obengenannten Werbeschriften eine Angabe der
  253. offiziellen CO2-Emissionswerte und der offiziellen Kraftstoffverbrauchswerte des
  254. betreffenden Personenkraftwagenmodells enthält.
  255. 31
  256. (2) Die Richtlinie 1999/94/EG macht damit allein Vorgaben für die Werbung für neue Personenkraftwagenmodelle in Werbeschriften und anderem
  257. - 11 -
  258. Werbematerial. Bei Werbeschriften handelt es sich nach Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie um Druckschriften, die für den Vertrieb von Fahrzeugen und zur Werbung in
  259. der Öffentlichkeit verwendet werden. Eine ausdrückliche Regelung, nach der
  260. Angaben zum Kraftstoffverbrauch und zu den CO2-Emissionen bei der Werbung für neue Personenkraftwagen im Fernsehen, Hörfunk oder Internet sowie
  261. auf elektronischen Speichermedien zu machen sind, enthält die Richtlinie
  262. 1999/94/EG nicht.
  263. 32
  264. (3) Soweit Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 1999/94/EG anordnet, dass anderes Werbematerial, das beim Inverkehrbringen neuer Personenkraftwagen genutzt wird, die erforderlichen Angaben enthalten soll, hat die Kommission aufgrund der Regelung in Art. 9 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 1999/94/EG mit
  265. Empfehlung vom 26. März 2003 über die Anwendung der in der Richtlinie
  266. 1999/94/EG enthaltenen Bestimmungen über Werbeschriften auf andere Medien (ABl. L 82 vom 29. März 2003, S. 33) eine Erstreckung der Verpflichtung,
  267. Angaben über den spezifischen Kraftstoffverbrauch und die CO 2-Emissionen
  268. neuer Personenkraftwagen zu machen, auf elektronisch verbreitetes Werbematerial und auf Werbung in elektronischen, magnetischen und optischen Speichermedien empfohlen (Nr. 2 Abs. 2 der Kommissionsempfehlung). Diese Empfehlung gilt nach ihrer Nr. 4 nicht für Hörfunkdienste und Fernsehdienste gemäß
  269. Art. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/552/EWG zur Koordinierung bestimmter
  270. Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung
  271. der Fernsehtätigkeit (ABl. L 298 vom 17. Oktober 1989, S. 23), die nach mehreren Änderungen durch die Richtlinie 2010/13/EU zur Koordinierung bestimmter
  272. Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung
  273. audiovisueller Mediendienste (ABl. L 95 vom 15. April 2010, S. 1) ersetzt worden ist. Auf Grundlage dieser Empfehlung hat der deutsche Verordnungsgeber
  274. in § 5 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 Pkw-EnVKV angeordnet, dass Werbung für
  275. neue Personenkraftwagen in Hörfunkdiensten und audiovisuellen Mediendiensten vom Regelungsbereich der Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverord-
  276. - 12 -
  277. nung ausgenommen ist (BR-Drs. 143/04, S. 22; vgl. Wüstenberg, WRP 2014,
  278. 533, 535 f.).
  279. 33
  280. cc) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass weder das
  281. Werbevideo
  282. "
  283. P.
  284. R.
  285. "
  286. noch
  287. der
  288. von
  289. der
  290. Beklagten
  291. betriebene YouTube-Kanal einen audiovisuellen Mediendienst im Sinne von
  292. Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Ziffer i der Richtlinie 2010/13/EU darstellt.
  293. 34
  294. (1) Nach dieser Regelung ist ein audiovisueller Mediendienst eine
  295. Dienstleistung im Sinne der Artikel 56 und 57 AEUV, für die ein Mediendiensteanbieter die redaktionelle Verantwortung trägt und deren Hauptzweck die Bereitstellung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit über elektronische Kommunikationsnetze im Sinne des
  296. Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2002/21/EG ist. Bei diesen audiovisuellen Mediendiensten handelt es sich entweder um Fernsehprogramme oder um audiovisuelle Mediendienste auf Abruf, die in Art. 1 Abs. 1 Buchst. e und g der Richtlinie 2010/13/EU näher definiert werden. Eine Sendung ist nach Art. 1 Abs. 1
  297. Buchst. b der Richtlinie 2010/13/EU eine Abfolge von bewegten Bildern mit oder
  298. ohne Ton, die Einzelbestandteil eines von einem Mediendiensteanbieter erstellten Sendeplans oder Katalogs ist und deren Form und Inhalt mit der Form und
  299. dem Inhalt von Fernsehprogrammen vergleichbar sind. Beispiele für Sendungen sind unter anderem Spielfilme, Sportberichte, Fernsehkomödien, Dokumentarfilme, Kindersendungen und Originalfernsehspiele.
  300. 35
  301. (2) Der Werbevideokanal der Beklagten auf YouTube stellt jedenfalls
  302. deshalb keinen audiovisuellen Mediendienst im Sinne von Art. 1 Abs. 1
  303. Buchst. a Ziffer i der Richtlinie 2010/13/EU dar, weil er schon aufgrund seines
  304. Werbezwecks vom Geltungsbereich dieser Vorschrift ausgeschlossen ist
  305. (EuGH, GRUR 2018, 321 Rn. 24 - Peugeot Deutschland/Deutsche Umwelthilfe). Der Hauptzweck des YouTube-Kanals der Beklagten besteht nicht in der
  306. - 13 -
  307. Bereitstellung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung der
  308. allgemeinen Öffentlichkeit über elektronische Kommunikationsnetze, sondern in
  309. der Werbung zu rein kommerziellen Zwecken für die dargestellte Ware oder
  310. Dienstleistung; soweit ein Werbevideo Zuschauer informieren, unterhalten oder
  311. auch erziehen kann, geschieht dies nur mit dem Ziel und als Mittel der Werbung
  312. (EuGH, GRUR 2018, 321 Rn. 21 bis 23 - Peugeot Deutschland/Deutsche Umwelthilfe; BGH, GRUR 2017, 412 Rn. 32 - YouTube-Werbekanal I).
  313. 36
  314. (3) Die Beklagte kann demgegenüber nicht mit Erfolg geltend machen,
  315. diese Auslegung des Unionsrechts verletze das Grundrecht auf Freiheit der
  316. Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit nach Art. 11 der Charta der
  317. Grundrechte der Europäischen Union. Der Umstand, dass Werbevideos anders
  318. behandelt werden als Sendungen, mit denen keine Werbezwecke verfolgt werden, findet seine Rechtfertigung darin, dass sich Werbevideos im Hinblick auf
  319. das mit ihnen verfolgte Ziel nicht in einer vergleichbaren Situation befinden wie
  320. Sendungen ohne Werbezweck (EuGH, GRUR 2018, 321 Rn. 25 bis 26
  321. - Peugeot Deutschland/Deutsche Umwelthilfe).
  322. 37
  323. dd) Die Beklagte betreibt auch keinen audiovisuellen Mediendienst im
  324. Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Ziffer ii der Richtlinie 2010/13/EU.
  325. 38
  326. (1) Der Begriff der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation wird in
  327. Art. 1 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2010/13/EU dahingehend definiert, dass
  328. es sich dabei um Bilder mit oder ohne Ton handelt, die der unmittelbaren oder
  329. mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder des
  330. Erscheinungsbilds natürlicher oder juristischer Personen, die einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, dienen; diese Bilder sind einer Sendung gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung beigefügt oder
  331. darin enthalten. Zur audiovisuellen kommerziellen Kommunikation zählen unter
  332. anderem Fernsehwerbung, Sponsoring, Teleshopping und Produktplatzierung.
  333. - 14 -
  334. 39
  335. (2) Allerdings kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht angenommen werden, der YouTube-Kanal der Beklagten sei kein
  336. audiovisueller Mediendienst im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Ziffer ii der
  337. Richtlinie 2010/13/EU. Das Berufungsgericht hat angenommen, weder der
  338. Werbespot der Beklagten auf ihrem YouTube-Kanal noch der YouTube-Kanal
  339. selbst seien als audiovisueller Mediendienst anzusehen, weil sowohl der Werbespot als auch der YouTube-Kanal der Beklagten vornehmlich der Werbung
  340. und nicht der Meinungsbildung diene (so auch OLG München, Urteil vom
  341. 5. Februar 2015 - 29 U 3689/14 [juris Rn. 3]; LG Wuppertal, NJW 2015, 1256,
  342. 1257 [juris Rn. 23]). Die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation dient jedoch nicht der Meinungsbildung, sondern der Absatzförderung, dennoch sieht
  343. Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Ziffer ii der Richtlinie 2010/13/EU sie als audiovisuellen
  344. Mediendienst an. Die Bestimmungen der Richtlinie 2010/13/EU gelten zudem
  345. nach ihrem Art. 25 entsprechend für reine Werbe- und TeleshoppingFernsehkanäle sowie für Fernsehkanäle, die ausschließlich Eigenwerbung betreiben (insoweit zutreffend Sauer, WRP 2016, 807 Rn. 53; vgl. auch Brtka,
  346. GRUR-Prax 2016, 399, 401).
  347. 40
  348. (3) Der YouTube-Videokanal der Beklagten und das Video "P.
  349. R.
  350. " können jedoch deshalb nicht als audiovisuelle kom-
  351. merzielle Kommunikation angesehen werden, weil sie nicht einer Sendung gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung im Sinne
  352. von Art. 1 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2010/13 beigefügt oder darin enthalten
  353. sind.
  354. 41
  355. Der von der Beklagten betriebene Videokanal enthält nur individuelle und
  356. voneinander unabhängige Videos. Diese Videos sind damit keiner "Sendung"
  357. im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2010/13 beigefügt oder darin
  358. - 15 -
  359. enthalten (EuGH, GRUR 2018, 321 Rn. 28 - Peugeot Deutschland/Deutsche
  360. Umwelthilfe).
  361. 42
  362. Es kann auch nicht angenommen werden, die Bilder, mit denen Werbezwecke verfolgt würden, seien am Anfang und am Ende des fraglichen Videos
  363. zu finden und somit diesem Video, das eine Sendung darstelle, "beigefügt oder
  364. darin enthalten". Der Unionsgesetzgeber hat mit der Verwendung der Begriffe
  365. "beifügen" und "eingefügt sein" angesichts ihres üblichen Sinnes nicht auf Einzelbilder abgestellt, die zu einer Sendung gehören oder ihren Kern darstellen.
  366. Das von der Klägerin angegriffene Video hat als Ganzes Werbecharakter. Es
  367. wäre gekünstelt, allein den Bildern, die sich an seinem Anfang und seinem Ende befinden, Werbezwecke beizumessen (EuGH, GRUR 2018, 321 Rn. 29 bis
  368. 31 - Peugeot Deutschland/Deutsche Umwelthilfe).
  369. 43
  370. f) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die beanstandete Werbung der Beklagten geeignet ist, die durch die § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1
  371. Pkw-EnVKV geschützten Interessen von Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen (§ 3 Abs. 1 UWG aF, § 3a UWG).
  372. 44
  373. aa) Der Senat hat unter der Geltung des § 5a Abs. 2 UWG aF in ständiger Rechtsprechung angenommen, dass das Erfordernis der Spürbarkeit nach
  374. § 3 Abs. 1 und 2 Satz 1 UWG aF ohne weiteres erfüllt ist, wenn dem Verbraucher Informationen vorenthalten werden, die das Unionsrecht als wesentlich
  375. einstuft (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - I ZR 158/14, GRUR 2015, 1240
  376. Rn. 46 = WRP 2015, 1464 - Der Zauber des Nordens, mwN). Daran kann jedenfalls unter der Geltung des mit Wirkung vom 20. Dezember 2015 geänderten § 5a Abs. 2 UWG nicht festgehalten werden (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2016 - I ZR 194/14, GRUR 2016, 403 Rn. 25 = WRP 2016, 450 - Fressnapf).
  377. Die Voraussetzungen des in § 5a Abs. 2 UWG geregelten Unlauterkeitsbestands, dass der Verbraucher die ihm vorenthaltene wesentliche Information "je
  378. - 16 -
  379. nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen"
  380. und "deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen
  381. Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte", stellen
  382. nach § 5a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 UWG zusätzliche Tatbestandsmerkmale
  383. dar, die deshalb selbständig zu prüfen sind (BGH, Urteil vom 2. März 2017
  384. - I ZR 41/16, GRUR 2017, 922 Rn. 31 = WRP 2017, 1081 - Komplettküchen).
  385. 45
  386. bb) Der Verbraucher wird eine wesentliche Information schon im Allgemeinen und insbesondere in Fällen, in denen sie wesentliche Merkmale der
  387. Ware oder Dienstleistung im Sinne von § 5a Abs. 3 Nr. 1 UWG betrifft, für eine
  388. informierte Kaufentscheidung benötigen (BGH, GRUR 2017, 922 Rn. 33 - Komplettküchen). Ebenso wird, sofern im konkreten Fall keine besonderen Umstände vorliegen, grundsätzlich davon auszugehen sein, dass das Vorenthalten einer wesentlichen Information, die der Verbraucher nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen, geeignet ist, den Verbraucher
  389. zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er bei der geboten
  390. gewesenen Information nicht getroffen hätte (BGH, GRUR 2017, 922 Rn. 34
  391. - Komplettküchen). So liegt der Streitfall.
  392. 46
  393. cc) Der Verbraucher benötigt die Angaben zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und den offiziellen CO2-Emissionen, um beim Neuwagenkauf eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen. Genaue, zweckdienliche und
  394. vergleichbare Informationen über den spezifischen Kraftstoffverbrauch und die
  395. CO2-Emissionen von Personenkraftwagen können die Kaufentscheidung der
  396. Verbraucher zugunsten sparsamerer, CO2-reduzierter Fahrzeuge beeinflussen
  397. (Erwägungsgrund 5 der Richtlinie 1999/94/EG).
  398. 47
  399. dd) Das Vorenthalten der Angaben ist auch geeignet, den Verbraucher
  400. zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht
  401. getroffen hätte.
  402. - 17 -
  403. 48
  404. (1) Zwar kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich ein Verbraucher bereits aufgrund des von der Klägerin beanstandeten Werbevideos zum
  405. Kauf des beworbenen Fahrzeugs entschließt. Jedoch ist es geeignet, den Verbraucher dazu zu bewegen, sich mit diesem Angebot zu befassen, das er in
  406. Kenntnis des Kraftstoffverbrauchs und des CO2-Ausstoßes möglicherweise
  407. nicht in Betracht gezogen hätte (OLG Köln, GRUR-RR 2017, 319, 322 [juris
  408. Rn. 51] = WRP 2017, 870).
  409. 49
  410. (2) Der Begriff der geschäftlichen Entscheidung ist gemäß der Definition
  411. in Art. 2 Buchst. k der Richtlinie 2005/29/EG weit zu verstehen. Eine geschäftliche Entscheidung ist danach insbesondere jede Entscheidung eines Verbrauchers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er einen Kauf tätigen
  412. will. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union umfasst der Begriff "geschäftliche Entscheidung" nicht nur die Entscheidung über
  413. den Erwerb oder Nichterwerb eines Produkts, sondern auch damit unmittelbar
  414. zusammenhängende Entscheidungen wie insbesondere das Betreten des Geschäfts (EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-281/12, GRUR 2014, 196
  415. Rn. 36 = WRP 2014, 161 - Trento Sviluppo). Das Aufrufen eines Verkaufsportals im Internet steht dem Besuch eines stationären Geschäfts gleich (BGH,
  416. Urteil vom 14. September 2017 - I ZR 231/14, GRUR 2017, 1269 Rn. 19 = WRP
  417. 2018, 65 - MeinPaket.de II).
  418. 50
  419. (3) Das beanstandete Verhalten der Beklagten ist danach geeignet, den
  420. Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Die Beklagte fordert die Internetnutzer auf ihrem
  421. Werbekanal dazu auf, sich über den beworbenen Personenkraftwagen bei einem Vertragspartner in seiner Nähe zu informieren. Mangels abweichender Anhaltspunkte kann davon ausgegangen werden, dass Verbraucher dieser Aufforderung nachkommen.
  422. - 18 -
  423. 51
  424. ee) Die Revision macht nicht geltend, dass - abweichend vom Regelfall der Verbraucher die ihm vorenthaltene wesentliche Information für eine Kaufentscheidung nicht benötigt und das Vorenthalten dieser Information den Verbraucher nicht zu einer anderen Kaufentscheidung veranlassen kann (vgl. BGH,
  425. GRUR 2017, 922 Rn. 32 - Komplettküchen).
  426. 52
  427. g) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die für den geltend
  428. gemachten Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG erforderliche
  429. Wiederholungsgefahr bejaht. Ist es - wie im Streitfall - zu einem Wettbewerbsverstoß gekommen, streitet eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 14. Januar 2016 - I ZR 65/14,
  430. GRUR 2016, 946 Rn. 52 = WRP 2016, 958 - Freunde finden). Entgegen der
  431. Ansicht der Revision ist die Wiederholungsgefahr nicht deshalb entfallen, weil
  432. die Beklagte im Berufungsverfahren eine strafbewehrte Unterlassungserklärung
  433. abgegeben hat.
  434. 53
  435. aa) Eine Unterlassungserklärung muss, um die durch eine Verletzungshandlung begründete Gefahr der Wiederholung entsprechender Wettbewerbsverstöße auszuräumen, eindeutig und hinreichend bestimmt sein und den ernstlichen Willen des Schuldners erkennen lassen, die betreffende Handlung nicht
  436. mehr zu begehen, und daher durch ein angemessenes Vertragsstrafeversprechen abgesichert sein. Sie muss außerdem den bestehenden gesetzlichen Unterlassungsanspruch nach Inhalt und Umfang voll abdecken und dementsprechend uneingeschränkt, unwiderruflich, unbedingt und grundsätzlich auch ohne
  437. die Angabe eines Endtermins erfolgen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob die Unterlassungsverpflichtungserklärung die Wiederholungsgefahr beseitigt, ist derjenige der Abgabe der Erklärung (st. Rspr.; vgl.
  438. BGH, Urteil vom 17. September 2015 - I ZR 92/14, GRUR 2016, 395 Rn. 34 =
  439. WRP 2016, 454 - Smartphonewerbung).
  440. - 19 -
  441. 54
  442. bb) Die von der Beklagten abgegebene Unterlassungserklärung entspricht diesen Erfordernissen nicht.
  443. 55
  444. (1) Es kommt allerdings nicht darauf an, dass die Klägerin die Unterwerfungserklärung erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren angenommen hat. Die Wiederholungsgefahr entfällt bereits mit Abgabe des Angebots in Form der Unterwerfungserklärung (BGH, Urteil vom 18. Mai
  445. 2006 - I ZR 32/03, GRUR 2006, 878 Rn. 20 = WRP 2006, 1139 - Vertragsstrafevereinbarung). Da die Beklagte die Unterwerfungserklärung im Berufungsverfahren schriftsätzlich abgegeben und in der Berufungsverhandlung
  446. konkretisiert hat, hätte sie das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung berücksichtigen und die auf Unterlassung gerichtete Klage abweisen müssen,
  447. wenn die Unterlassungserklärung geeignet gewesen wäre, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen.
  448. 56
  449. (2) Die Unterlassungserklärung, die inhaltlich nicht vollständig mit dem
  450. geltend gemachten Unterlassungsanspruch übereinstimmt, lässt jedoch nicht
  451. den ernstlichen Willen der Beklagten erkennen, die mit dem Klageantrag beanstandete Handlung nicht mehr zu begehen. Die Beklagte hat im Berufungsverfahren erklärt, die Unterlassungserklärung betreffe einen bisher nicht streitgegenständlichen Sachverhalt und sei nur vorsorglich abgegeben worden, um
  452. einen weiteren Rechtsstreit zu vermeiden. Bei einer solchen Sachlage kann von
  453. einem Wegfall der Wiederholungsgefahr im Hinblick auf den streitgegenständlichen Unterlassungsanspruch nicht ausgegangen werden.
  454. 57
  455. 3. Der Klägerin steht danach auch ein Anspruch auf Ersatz pauschaler
  456. Abmahnkosten gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 nebst Zinsen zu, weil zum Zeitpunkt
  457. der Abmahnung der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestand.
  458. - 20 -
  459. 58
  460. IV. Danach ist die Revision gegen das Berufungsurteil auf Kosten der
  461. Beklagten (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.
  462. Koch
  463. Schaffert
  464. Löffler
  465. Kirchhoff
  466. Schwonke
  467. Vorinstanzen:
  468. LG Köln, Entscheidung vom 18.11.2014 - 81 O 59/14 OLG Köln, Entscheidung vom 29.05.2015 - 6 U 177/14 -