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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. BLw 16/04
  4. vom
  5. 5. November 2004
  6. in der Landwirtschaftssache
  7. betreffend Abfindungsansprüche nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz
  8. -2-
  9. Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 5. November
  10. 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die
  11. Richter Prof. Dr. Krüger und Dr. Lemke sowie die ehrenamtlichen Richter Kees
  12. und Andreae
  13. beschlossen:
  14. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Senats für
  15. Landwirtschaftssachen des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena
  16. vom 20. November 2003 wird auf Kosten des Antragstellers, der
  17. der Antragsgegnerin auch die außergerichtlichen Kosten des
  18. Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, zurückgewiesen.
  19. Der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird zurückgewiesen, da die Rechtsverfolgung ohne hinreichende Aussicht auf Erfolg ist.
  20. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 1.600,82 €.
  21. Gründe:
  22. I.
  23. Der Antragsteller ist Erbe seiner 1995 verstorbenen Mutter und seines
  24. 1975 verstorbenen Vaters. Diese hielten einen Anteil von 1/162 an einem Genossenschaftswald, den sie in die LPG M.
  25. (im folgenden: LPG), die
  26. -3-
  27. Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin, in der sie Mitglied waren, einbrachten. Im Jahre 1964 wurde der Wald von den Bodeneigentümern an das Ministerium für Nationale Verteidigung für militärische Zwecke verkauft. Der Kaufpreis wurde aufgeteilt. Diejenigen Bodeneigentümer, die nicht der LPG angehörten, sollten anteilig Bodenpreis und Bestandswert vergütet erhalten. Die
  28. LPG-Mitglieder sollten nur den anteiligen Bodenpreis ausgekehrt bekommen;
  29. der Teil des Kaufpreises, der auf den Bestandswert entfiel, wurde der LPG zugewiesen.
  30. Auf die Rechtsvorgänger des Antragstellers entfielen, ihrem Anteil gemäß, ein Bestandswert von 4.890,26 M und ein Bodenpreis von 730,72 M.
  31. Die Mutter des Antragstellers ist 1991 aus der LPG ausgeschieden. Sie
  32. und ihr verstorbener Ehemann erhielten im Zusammenhang mit dem Verkauf
  33. des Waldes insgesamt zumindest 4.067 M ausgezahlt. Der Antragsteller ist der
  34. Auffassung, seinen Eltern habe von dem Gesamtkaufpreis ein Betrag von
  35. 5.826,45 M zugestanden. Abzüglich der erhaltenen Zahlung verbleibe ein Rest
  36. von 1.758,95 DM, zu dem eine Verzinsung von 1.371,98 DM hinzuzurechnen
  37. sei. Den Gesamtbetrag von 3.130,95 DM (= 1.600,82 €) macht er vorliegend,
  38. soweit im Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung, geltend.
  39. Das Landwirtschaftsgericht hat den Zahlungsantrag abgewiesen. Die
  40. sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen Antrag weiter.
  41. -4-
  42. II.
  43. Die nach § 24 Abs. 1 Satz 1 LwVG zulässige Rechtsbeschwerde bleibt
  44. in der Sache ohne Erfolg.
  45. 1. Zutreffend nimmt das Beschwerdegericht an, daß Abfindungsansprüche nach § 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LwAnpG, die hier vorrangig geltend gemacht
  46. werden, nach § 64a Abs. 2 Satz 3 LwAnpG ausgeschlossen sind. Das ergibt
  47. sich aus folgendem.
  48. a) Das Landwirtschaftsanpassungsgesetz regelt die Abfindung von LPGMitgliedern wegen eingebrachter Waldflächen in besonderer Weise. Da ihnen
  49. das Bodeneigentum verblieb und nur der Bestand, unabhängig vom Grundeigentum, in das Vermögen der Genossenschaft überging (§ 13 Abs. 1 und 2
  50. LPGG/59), war nur insoweit eine Regelung zu treffen. Diese besteht nach
  51. § 64a Abs. 1 Satz 1 LwAnpG darin, das Eigentum am Boden mit dem Eigentum
  52. am Bestand in der Person des Grundstückseigentümers wieder zusammenzuführen. Daß der Bestand bei Einbringung einen anderen, geringeren oder höheren, Wert gehabt haben wird als im Zeitpunkt der Rückgabe, ist ohne Bedeutung. Wertunterschiede werden nicht ausgeglichen. Daß den Waldeinbringern
  53. für den Bestand Inventarbeiträge gutgeschrieben worden waren, findet ebenfalls keine Berücksichtigung. § 64a Abs. 2 Satz 3 LwAnpG schließt darauf gerichtete, sich etwa aus § 44 LwAnpG sonst ergebende Ansprüche aus (vgl. Senat, BGHZ 120, 361, 365 f.; Beschl. v. 4. November 1994, BLw 1/94, VIZ 1995,
  54. 174; erläuternd Wenzel, AgrarR 1995, 1, 7).
  55. -5-
  56. b) Solche Ansprüche können - entgegen diesem gesetzlichen Konzept vorliegend nicht deswegen ausnahmsweise geltend gemacht werden, weil Boden und Bestand infolge der Veräußerung an den Staat nicht an die früheren
  57. Waldeigentümer zurückgelangt sind, § 64a Abs. 1 LwAnpG daher leer läuft.
  58. Im Hinblick auf den Bodenwert kommt von vornherein kein Anspruch
  59. nach § 44 Abs. 1 LwAnpG in Betracht. Der Boden verblieb den Eltern des Antragstellers. Er ging nicht in das Eigentum der LPG über; dem Mitglied wurde
  60. hierfür kein Inventarbeitrag gutgeschrieben. Die Vermögensinteressen werden
  61. dadurch gewahrt, daß der anteilige Kaufpreis an den Bodeneigentümer auszukehren war. Wie bereits das Landwirtschaftsgericht zutreffend dargelegt hat,
  62. sind die Rechtsvorgänger des Antragstellers insoweit durch die von der LPG
  63. erbrachten Zahlungen befriedigt worden.
  64. Im Hinblick auf den Bestandswert könnte eher an einen Ausgleichsanspruch gedacht werden, weil die Rückgabe des Bestands infolge der Veräußerung ausscheidet und weil auch der Gegenwert den LPG-Mitgliedern nicht
  65. - anteilig - ausgezahlt wurde, er vielmehr dem Fonds der LPG zufloß. Gleichwohl sieht das Gesetz auch in diesem Fall keinen Abfindungsanspruch vor;
  66. § 44 LwAnpG wird von § 64a Abs. 2 Satz 3 LwAnpG generell ausgeschlossen.
  67. Eine einschränkende Interpretation dieser Norm kommt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht in Betracht. Allerdings darf der Wert des veräußerten Bestandes letztlich nicht uneingeschränkt der LPG verbleiben. Verliert sie den Bestand nach § 64a Abs. 1 LwAnpG an den Grundeigentümer, so
  68. kann der an dessen Stelle getretene Kaufpreiserlös vermögensmäßig nicht
  69. grundsätzlich anders behandelt werden. Das ist aber auch nicht der Fall, und
  70. zwar ohne, daß es der Zubilligung eines darauf gerichteten Abfindungsan-
  71. -6-
  72. spruchs bedürfte. Der Kaufpreis ist, worauf das Beschwerdegericht zutreffend
  73. hingewiesen hat, dem Fondsvermögen der LPG zugute gekommen. Er mehrt
  74. damit den Eigenkapitalanteil der Mitglieder. Dies kommt dem ausscheidenden
  75. Mitglied bei der Abfindung nach § 44 Abs. 1 LwAnpG allgemein zugute. Gerechtigkeitserwägungen verlangen nicht, daß dem Mitglied vorab ein Anspruch
  76. auf Inventarbeitragsrückzahlung oder auf Auskehrung des jeweiligen Kaufpreisanteils zugesprochen wird. Die Waldeinbringer werden nach der gesetzlichen Konzeption nur pauschal abgefunden, durch Restitution des Waldbestandes, unabhängig vom Wert und von der Wertrelation zum Zeitpunkt des Einbringens (vgl. Schweitzer, Das Recht der landwirtschaftlichen Betriebe nach
  77. dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz, 2. Aufl., Rdn. 689 ff.), oder durch Teilhabe am Erlös, insoweit er den Anteil am LPG-Vermögen wertmäßig erhöht
  78. hat. Eine weitere den Besonderheiten der jeweiligen Situation Rechnung tragende Abfindung sieht das Gesetz nicht vor. Das kann - wie bei jeder pauschalen Regelung - zu Begünstigungen (wie vom Beschwerdegericht näher dargelegt) wie auch zu Benachteiligungen einzelner Waldeinbringer führen, rechtfertigt aber keine zusätzlichen Ansprüche.
  79. 2. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 64a
  80. Abs. 2 Satz 1 und 2 LwAnpG.
  81. Nach diesen Vorschriften können Waldeigentümer auf Ansprüche der
  82. LPG zugreifen, die dieser aufgrund von Verträgen über den Waldbesitz gegen
  83. Dritte zustehen. Gleiches gilt für bereits an die LPG erbrachte Leistungen. Ein
  84. solcher Sachverhalt ist hier jedoch nicht gegeben.
  85. -7-
  86. Zum einen sind mit dieser Regelung nicht Kaufverträge über den Waldbestand gemeint, sondern Bewirtschaftungsverträge. Gedacht ist an entsprechende Verträge zwischen den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieben, die Ausgleichszahlungen
  87. für den Fall vorsehen, daß der zur Bewirtschaftung übertragene Waldbestand
  88. einen höheren Wert als bei Rückgabe durch die Staatliche Forstwirtschaft hatte
  89. (Schweitzer, aaO, Rdn. 687; Feldhaus, LwAnpG 1991, S. 63, vgl. auch OLG
  90. Brandenburg, AgrarR 1997, 158, 159; Senat, Beschl. v. 4. November 1994,
  91. BLw 1/94, VIZ 1995, 174). Um den Ausgleich solcher Wertverluste geht es vorliegend nicht. Wollte man auch Verkaufserlöse als von der Norm erfaßt ansehen, führte dies - wie das Beschwerdegericht zutreffend dargelegt hat - zu Brüchen in der Systematik. Der Wert des Waldbestandes wurde den jeweiligen
  92. Genossenschaftsmitgliedern als Inventar- bzw. zusätzliche Inventarbeiträge
  93. gutgeschrieben (Schweitzer, aaO, Rdn. 690; vgl. auch Senat, aaO). Die zusätzlichen Inventarbeiträge, also die über den pauschalen Pflichtbeitrag von 800 M
  94. pro ha hinausgehenden wertvolleren Waldbestand ausgleichenden Beiträge,
  95. waren den Genossenschaftsmitgliedern nach und nach aus den Einkünften der
  96. Waldwirtschaft zurückzuzahlen (Nr. 19 Abs. 3 LPG-MusterSt III/59; Schweitzer,
  97. aaO, Rdn. 690). Damit verträgt sich nicht eine Regelung, wonach der gesamte
  98. Verkaufserlös an die Waldeinbringer auszukehren wäre.
  99. Zum anderen geht § 64a Abs. 2 Satz 1 und 2 LwAnpG von Verträgen der
  100. LPG mit Dritten aus. Leistungen, die hieraus geschuldet werden oder geflossen
  101. sind, sollen unter Umständen auf die Genossenschaftsmitglieder aufgeteilt
  102. werden. Vorliegend hat aber nicht die LPG die Waldbestände an den Staat
  103. verkauft, sondern es waren die Waldeigentümer selbst, die von Vertretungsberechtigten der LPG kraft Vollmacht vertreten wurden. Das stellt strukturell eine
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  105. andere Situation dar (siehe auch OLG Dresden, OLG-NL 2003, 105, 107). Im
  106. übrigen zeigt sich auch in der konkreten Verfahrensweise, daß eine Auskehrung des Erlöses an die Genossenschaftsmitglieder nach der gesetzlichen
  107. Konzeption nicht in Betracht kommt. Der an sich den Waldeigentümern als
  108. Verkäufern zustehende Kaufpreis war, soweit er auf den Bestand entfiel, an die
  109. LPG zu überweisen. Er deckte anstelle des veräußerten Waldes die gutgeschriebenen Inventarbeiträge ab. Es ist dann folgerichtig, auf ihn die für Inventarbeiträge für Waldflächen geltenden Regelungen anzuwenden, nicht die Ausgleichsregelungen des § 64a Abs. 2 Satz 1 und 2 LwAnpG.
  110. 3. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde läßt sich den Vorschriften der §§ 44 und 64a LwAnpG insgesamt nicht das Regelungsziel entnehmen, den Wert der eingebrachten Waldbestände unvermindert den Waldeinbringern bei der Abfindung wieder zu vergüten. Wie bereits dargelegt, ist
  111. die Abfindung wegen eingebrachter Waldflächen im Landwirtschaftsanpassungsgesetz sehr pauschal geregelt. Sie beschränkt sich auf eine Rückführung
  112. der Waldbestände, unabhängig vom Wert derselben und unabhängig von zuvor zurückgezahlten Inventarbeiträgen (vgl. Senat, Beschl. v. 4. November
  113. 1994, BLw 1/94, VIZ 1995, 174, 175). Seine Rechtfertigung findet diese pauschale Abfindungslösung zum einen in dem Umstand, daß die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften die Waldbewirtschaftung nicht frei gestalten konnten. Sie waren auf eine Beteiligung an einer zwischengenossenschaftlichen Einrichtung oder auf Bewirtschaftungsverträge mit dem Staatlichen
  114. Forstwirtschaftsbetrieb verwiesen (vgl. näher Senat, aaO, S. 175). Es wäre angesichts der nur beschränkten Möglichkeiten, auf das Ergebnis der Bewirtschaftung Einfluß zu nehmen, unangemessen, die Genossenschaften mit einer
  115. ins Detail gehenden, sämtliche Vermögensinteressen des jeweiligen Waldein-
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  117. bringers Rechnung tragenden Abfindungsregelung zu belasten. Zum anderen
  118. ließe sich eine detaillierte Regelung nur unter Einbeziehung aller Waldeigentümer schaffen, etwa unter Gewährung von Ausgleichsansprüchen zwischen
  119. den Grundeigentümern. Von solchen Ausgleichsansprüchen, die Bestandteil
  120. eines Gesetzentwurfs waren (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes, BT-Drucks. 12/32), hat der Gesetzgeber aber
  121. abgesehen.
  122. Besteht - wie hier - eine bewußt so gestaltete nur pauschale Regelung
  123. zur Abfindung von Waldeinbringern, so können darauf beruhende Nachteile im
  124. Einzelfall von der Rechtsprechung nicht durch Rückgriff auf Vorschriften einer
  125. detaillierteren Abfindungsregelung (§ 44 LwAnpG) oder durch Ausweitung einer auf beschränkte Fälle zugeschnittenen Ausgleichsregelung (§ 64a Abs. 2
  126. Satz 1 und 3 LwAnpG) geglättet werden.
  127. III.
  128. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
  129. Wenzel
  130. Krüger
  131. Lemke