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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. AnwZ (B) 8/03
  4. vom
  5. 1. März 2004
  6. in dem Verfahren
  7. wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
  8. -2-
  9. Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten des
  10. Bundesgerichtshofs
  11. Prof. Dr. Hirsch,
  12. die
  13. Richter
  14. Basdorf,
  15. Dr. Ganter
  16. und
  17. Dr. Ernemann, den Rechtsanwalt Dr. Kieserling und die Rechtsanwältinnen
  18. Dr. Hauger und Kappelhoff
  19. nach mündlicher Verhandlung am 1. März 2004
  20. beschlossen:
  21. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß
  22. des Anwaltsgerichtshofs Berlin vom 12. Dezember 2002 wird zurückgewiesen.
  23. Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und
  24. der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
  25. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf
  26. 50.000 € festgesetzt.
  27. Gründe:
  28. I.
  29. Der Antragsteller, dessen Aufenthaltsort unbekannt ist, ist seit 1978 zur
  30. Rechtsanwaltschaft und als Rechtsanwalt bei dem Landgericht B.
  31. zugelas-
  32. sen. Mit Verfügung vom 13. März 2002 hat die Antragsgegnerin die Zulassung
  33. des Rechtsanwalts wegen fehlender Unterhaltung einer Berufshaftpflichtversicherung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 9 BRAO widerrufen und die sofortige Vollziehung der Verfügung angeordnet. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat
  34. -3-
  35. der Anwaltsgerichtshof mit am 12. Dezember 2002 verkündetem Beschluß zurückgewiesen. Ausweislich der Postzustellungsurkunde war unter der Anschrift
  36. B.
  37. , P.
  38. Straße 35, die Übergabe des den Beschluß enthaltenden
  39. Schriftstücks in der Wohnung/in dem Geschäftsraum nicht möglich; es wurde
  40. deshalb am 1. Februar 2003 in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt. Hiergegen richtet sich die am 17. Februar 2003 beim Anwaltsgerichtshof
  41. eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers.
  42. Vorsorglich beantragt dieser, ihm die Wiedereinsetzung in "das Verstreichen der mündlichen Verhandlung" zu gewähren.
  43. II.
  44. 1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4
  45. BRAO), sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Dabei kann dahinstehen, ob der Beschuß des Anwaltsgerichtshofs im Wege der Ersatzzustellung (nach § 40 Abs. 4 BRAO i.V.m. § 16 Abs. 2 FGG, § 180 Satz 1, 2. Alt. und
  46. Satz 2 ZPO in der seit dem 1. Juli 2002 geltenden Fassung) durch Einlegen des
  47. Briefes in den Briefkasten am 1. Februar 2003 wirksam zugestellt und damit die
  48. Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde in Lauf gesetzt worden ist.
  49. a) Ist die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde am 1. Februar
  50. 2003 wirksam in Gang gesetzt worden, so hat der Antragsteller diese mit dem
  51. am Montag, dem 17. Februar 2003, beim Anwaltsgerichtshof eingegangenen
  52. Beschwerdeschriftsatz vom 15. Februar 2003 gewahrt. Gegebenenfalls ist die
  53. zweiwöchige Frist nicht am 15. Februar 2003, einem Samstag, abgelaufen,
  54. sondern am Montag, dem 17. Februar 2003 (§ 193 BGB).
  55. -4-
  56. b) Ist die Ersatzzustellung durch Einlegen des Schriftstückes in den
  57. Briefkasten als unwirksam anzusehen, weil nicht feststeht, daß der Adressat
  58. der zuzustellenden Sendung die Wohnung oder die Geschäftsräume, in denen
  59. der Zustellungsversuch unternommen wurde, auch tatsächlich inne hatte (vgl.
  60. BGH, Beschl. v. 12. Februar 2001 - AnwZ (B) 14/00, BGHR 2001, 481), ist der
  61. Zustellungsmangel nach § 189 ZPO geheilt. Der angefochtene Beschluß ist
  62. dem Antragsteller zugegangen. Er lag ihm bei Abfassung des Beschwerdeschriftsatzes vom 15. Februar 2003 vor, wie dessen Inhalt und die Anlage (die
  63. Fotokopie des Briefumschlages) zeigen. Daß der Antragsteller von dem Inhalt
  64. des zuzustellenden Schriftstückes tatsächlich Kenntnis genommen hat, verlangt
  65. § 189 ZPO nicht. Für den tatsächlichen Zugang reicht es aus, daß der Adressat
  66. die Möglichkeit zur Kenntnisnahme hatte.
  67. c) Da die Beschwerdefrist in jedem Fall gewahrt ist, geht der von dem
  68. Antragsteller vorsorglich gestellte "Antrag auf Wiedereinsetzung in das Verstreichenlassen" der mündlichen Verhandlung vor dem Anwaltsgerichtshof ins Leere.
  69. 2. Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
  70. a) Der Antragsteller macht geltend, er sei nicht ordnungsgemäß zur
  71. mündlichen Verhandlung am 12. Dezember 2002 vor dem Anwaltsgerichtshof
  72. geladen worden. Die Ladung sei an die Anschrift B.
  73. , H.
  74. straße 52, im
  75. Wege der Ersatzzustellung durch Niederlegung (§ 181 ZPO) erfolgt. Unter dieser Anschrift, der Wohnung seiner am 24. Juli 2002 verstorbenen Mutter, sei er
  76. letztmalig im Jahre 1987 polizeilich gemeldet gewesen; er habe sich dort nur
  77. zeitweilig aufgehalten und sei abends regelmäßig weggegangen, um anderswo
  78. zu nächtigen.
  79. -5-
  80. Wenn dem Antragsteller deshalb, wie er ersichtlich rügen will, im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt
  81. worden ist, hat er sich dies selbst zuzuschreiben, weil er seinen tatsächlichen
  82. Aufenthaltsort geflissentlich verschweigt. Im übrigen wäre ein etwaiger Verfahrensmangel dadurch geheilt, daß der Antragsteller vor dem - ebenfalls als Tatsacheninstanz beschließenden - Senat Gelegenheit zur Äußerung gehabt hätte,
  83. wenn er erreichbar gewesen wäre und nicht durch öffentliche Zustellung zum
  84. Termin hätte geladen werden müssen (vgl. BGH, Beschl. v. 22. April 2002
  85. - AnwZ (B) 5/01, v. 24. Oktober 1994 - AnwZ (B) 30/94, BRAK-Mitt. 1995, 76 f.
  86. und v. 18. Juni 2001 - AnwZ (B) 10/00, NJW-RR 2001, 1642, 1643).
  87. b) Der Anwaltsgerichtshof ist zutreffend davon ausgegangen, daß die
  88. Voraussetzungen für einen Widerruf der Zulassung
  89. nach § 14 Abs. 2 Nr. 9
  90. BRAO zum maßgeblichen Zeitpunkt der Widerrufsverfügung gegeben waren.
  91. Der Versicherer hat den mit dem Antragsteller bestehenden Versicherungsvertrag durch Schreiben vom 21. Mai 2001 mit sofortiger Wirkung gekündigt. Dieses Kündigungsschreiben ist dem Antragsteller unter der Anschrift B.
  92. , H.
  93. straße 52, zugegangen. Das Vorbringen des Antragstellers gibt insofern zu
  94. Zweifeln keinen Anlaß. Denn er räumt ein, sich dort zeitweilig bis zum Abend
  95. aufgehalten zu haben. Er legt auch nicht dar, unter welcher anderen Adresse er
  96. im Mai 2001 gewohnt haben will.
  97. -6-
  98. Daß der Widerrufsgrund der fehlenden Unterhaltung einer Berufshaftpflichtversicherung inzwischen weggefallen sei, hat der Antragsteller weder
  99. dargetan noch ist es sonst ersichtlich.
  100. Hirsch
  101. Basdorf
  102. Kieserling
  103. Ganter
  104. Hauger
  105. Ernemann
  106. Kappelhoff