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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. AnwZ (B) 8/06
  4. vom
  5. 24. April 2007
  6. in dem Verfahren
  7. wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
  8. -2-
  9. Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten
  10. des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, die Richterin Dr. Otten, die Richter
  11. Dr. Ernemann und Dr. Frellesen sowie durch die Rechtsanwältin Kappelhoff
  12. und die Rechtsanwälte Prof. Dr. Stüer und Dr. Martini
  13. am 24. April 2007
  14. beschlossen:
  15. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des II. Senats des Anwaltsgerichtshofs in der Freien und
  16. Hansestadt Hamburg vom 22. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
  17. Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und
  18. der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
  19. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf
  20. 50.000 € festgesetzt.
  21. Gründe:
  22. I.
  23. Der Antragsteller ist seit 1981 als Rechtsanwalt bei dem Landgericht
  24. 1
  25. H.
  26. lassen.
  27. und seit 1986 auch bei dem Hanseatischen Oberlandesgericht zugeMit
  28. Verfügung
  29. vom
  30. 20.
  31. Juli
  32. 2005
  33. widerrief
  34. die
  35. Antrags-
  36. gegnerin die Zulassung des Antragsgegners gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO
  37. -3-
  38. wegen Vermögensverfalls. Zugleich ordnete sie die sofortige Vollziehung der
  39. Widerrufsverfügung an. Die hiergegen gerichteten Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und auf gerichtliche Entscheidung hat der
  40. Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Der Antragsteller hat gegen die Zurückweisung seines Antrags auf gerichtliche Entscheidung sofortige Beschwerde
  41. eingelegt. Gleichzeitig hat er die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde beantragt. Hierüber hat der Senat durch Beschluss vom 17. Juli 2006 vorweg entschieden und den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zurückgewiesen.
  42. II.
  43. 2
  44. Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO), hat in der
  45. Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft ist mit Recht gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls
  46. widerrufen worden.
  47. 3
  48. 1. Soweit der Antragsteller rügt, er habe keine Gelegenheit gehabt, in der
  49. mündlichen Verhandlung vor dem Anwaltsgerichtshof sein Vorbringen zu erläutern, vermag dies seinem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Anwaltsgerichtshof hat mit zutreffenden Erwägungen seinem Terminsverlegungsantrag nicht stattgegeben. Im Übrigen entscheidet der beschließende Senat als
  50. Beschwerdegericht in dem für Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
  51. geltenden Verfahren (§ 42 Abs. 5, 6 BRAO). Er ermittelt als Tatsacheninstanz
  52. den Sachverhalt in eigener Verantwortung, auf Verfahrensfehler der Vorinstanz
  53. kommt es daher grundsätzlich nicht an. Durch die Anhörung des Antragstellers
  54. im Beschwerdeverfahren würde eine etwaige Verletzung des rechtlichen Gehörs im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof geheilt (vgl. Henssler in: Henssler/Prütting, BRAO 2. Aufl. § 42 Rn. 20; Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober
  55. -4-
  56. 2003 - AnwZ(B) 36/02, vom 17. Mai 2004 - AnwZ(B) 48/03 und vom 25. April
  57. 2005 - AnwZ(B) 81/03).
  58. 4
  59. 2. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist,
  60. es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet
  61. sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren sowohl bei Erlass der angegriffenen Verfügung als auch zum Zeitpunkt der Senatsentscheidung (vgl.
  62. BGHZ 75, 356; 84, 149) erfüllt.
  63. 5
  64. a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht
  65. ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen.
  66. Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall sind die Erwirkung von Schuldtiteln und fruchtlose Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt
  67. (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. vom 25. März 1991 - AnwZ(B) 73/90, BRAKMitt. 1991, 102; Beschl. vom 21. November 1994 - AnwZ(B) 40/94, BRAK-Mitt.
  68. 1995, 126). Zum Zeitpunkt des Erlasses der Widerrufsverfügung waren gegen
  69. den Antragsteller zahlreiche Schuldtitel erwirkt und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolglos durchgeführt worden. Eine Auskehrung von Fremdgeldern in
  70. Höhe von ca. 200.000 Euro war nicht erfolgt. Für eine zwischenzeitliche Konsolidierung der Vermögensverhältnisse des Antragstellers besteht kein Anhaltspunkt; vielmehr spricht alles dafür, dass sich diese seitdem eher verschlechtert
  71. haben. Nach einer Mitteilung des Amtsgerichts H.
  72. vom 9. Mai 2006 ist es
  73. zu einer Vielzahl weiterer Vollstreckungsmaßnahmen in einer Größenordnung
  74. von ca. 480.000 € (Hauptforderungen) gegen den Antragsteller gekommen. Der
  75. Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 18. April 2006 selbst eingeräumt, dass eine „immer noch andauernde“ Zahlungsunfähigkeit vorliege. Zwar hat er im Senatstermin vom 5. Februar 2007 ein Schreiben einer Firma C.
  76. H.
  77. M.
  78. -5-
  79. mit Datum vom 2. Februar 2007 vorgelegt, in dem eine Honorarüberweisung in
  80. Höhe von 722.390 € innerhalb von sieben Tagen avisiert wird. Der Senat hat
  81. ihm daraufhin aufgegeben, innerhalb einer Frist von zwei Wochen den Eingang
  82. dieses Betrages auf seinem Konto nachzuweisen. Dem hat der Antragsteller
  83. jedoch nicht entsprochen.
  84. 6
  85. b) Infolge des Vermögensverfalls waren auch die Interessen der Rechtsuchenden gefährdet. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung insbesondere mit Blick auf den Umgang des Rechtsanwalts
  86. mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff seiner Gläubiger. Diese
  87. Gefährdung hatte sich zudem bereits konkretisiert. Der Antragsteller hat in einer
  88. Nachlasssache ("Nachlassverwaltung S.
  89. ") trotz wiederholter Mahnungen
  90. und Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens Fremdgelder in einer Größenordnung von zuletzt ca. 150.000 € nicht an die Berechtigten ausgekehrt. Seine
  91. Vermögensverhältnisse haben sich seitdem eher verschlechtert, er ist fortlaufenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen seiner Gläubiger ausgesetzt. In Anbetracht dieser Umstände bedarf es keiner weiteren Erörterung, dass gerade in
  92. Bezug auf den Umgang des Antragstellers mit Fremdgeldern die Interessen der
  93. Rechtsuchenden auch weiterhin gefährdet sind.
  94. -6-
  95. 7
  96. 3. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich
  97. die Beteiligten im Senatstermin vom 5. Februar 2007 mit einer Entscheidung im
  98. schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt haben.
  99. Hirsch
  100. Otten
  101. Kappelhoff
  102. Ernemann
  103. Stüer
  104. Frellesen
  105. Martini
  106. Vorinstanz:
  107. AGH Hamburg, Entscheidung vom 22.12.2005 - II ZU 12/05 -