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  1. 5 StR 13/07
  2. BUNDESGERICHTSHOF
  3. BESCHLUSS
  4. vom 14. Februar 2007
  5. in der Strafsache
  6. gegen
  7. 1.
  8. 2.
  9. wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u. a.
  10. -2-
  11. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Februar 2007
  12. beschlossen:
  13. 1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des
  14. Landgerichts Berlin vom 7. September 2006 nach § 349
  15. Abs. 4 StPO in den Rechtsfolgenaussprüchen mit den
  16. zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
  17. 2. Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349
  18. Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
  19. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der
  20. Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  21. G r ü n d e
  22. 1
  23. Das Landgericht Berlin hat die Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt, gegen den Angeklagten B.
  24. hat es auf eine Ge-
  25. samtfreiheitsstrafe von sechs Jahren, gegen den Angeklagten T.
  26. auf eine
  27. solche von fünf Jahren erkannt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit
  28. ihren auf die Sachrüge gestützten Revisionen, die sie jeweils nur hinsichtlich
  29. des Rechtsfolgenausspruchs – der Angeklagte B.
  30. strebt die Anord-
  31. nung der Maßregel des § 64 Abs. 1 StGB an – näher ausführen.
  32. 2
  33. Die Rechtsmittel haben den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im
  34. Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
  35. -3-
  36. 1. Die Begründung für die Nichtanordnung der Unterbringung in einer
  37. 3
  38. Entziehungsanstalt hält für beide Angeklagte rechtlicher Überprüfung nicht
  39. stand.
  40. a) Das Landgericht hat – sachverständig beraten – bei dem Angeklag-
  41. 4
  42. ten B.
  43. ein Abhängigkeitssyndrom mit daraus resultierender schwerer
  44. Persönlichkeitsveränderung festgestellt, welches einen Hang im Sinne des
  45. § 64 Abs. 1 StGB begründe. Weiter ist es davon ausgegangen, dass er und
  46. der Angeklagte T.
  47. die Taten begangen haben, um sich mit der Beute „die
  48. täglich benötigte Drogendosis” zu beschaffen, da sie Angst vor Entzugserscheinungen gehabt haben. Jedoch hat es einen symptomatischen Zusammenhang zwischen dem Hang und den Taten verneint. Denn der Angeklagte
  49. habe zur Milderung der Auswirkungen seiner Borderline-Persönlichkeitsstörung mit dem Drogenkonsum begonnen und sei dann abhängig geworden. Die Taten seien daher nur „vordergründig auf den Hang zurückzuführen” (UA S. 16). Jedenfalls aber sei eine Entziehungskur aussichtslos. Dies
  50. begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
  51. 5
  52. Zwar muss zwischen dem im § 64 Abs. 1 StGB vorausgesetzten Hang
  53. zum Konsum berauschender Mittel im Übermaß und den Taten sowie der
  54. zukünftigen Gefährlichkeit ein symptomatischer Zusammenhang bestehen
  55. (BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 1 und 2), jedoch kann
  56. dieser mit den Erwägungen des Landgerichts nicht in Frage gestellt werden.
  57. Bei der abgeurteilten massiven Beschaffungskriminalität besteht ein evidenter Zusammenhang zwischen Hang und Straftaten, der auch in früheren Verurteilungen des Angeklagten wegen aufgrund Betäubungsmittelabhängigkeit
  58. begangener Straftaten deutlich wurde. Dies lässt sich durch den Verweis auf
  59. die Borderline-Störung, die Anlass für die Entwicklung der Abhängigkeit sein
  60. mag, nicht entkräften. So fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten dafür, dass
  61. der Angeklagte – etwa aufgrund der Persönlichkeitsstörung – trotz erfolgreicher Behandlung seiner Sucht im gleichen Maße gefährlich im Sinne des
  62. § 64 Abs. 1 StGB wäre (vgl. hierzu BGHR aaO).
  63. -4-
  64. 6
  65. Den Urteilsgründen kann auch nicht entnommen werden, dass bei
  66. dem therapiewilligen Angeklagten die hinreichend konkrete Aussicht eines
  67. Behandlungserfolges (i. S. v. BVerfGE 91, 1) nicht besteht. Soweit das Landgericht – im Anschluss an den Sachverständigen – darauf abstellt, dass die
  68. Persönlichkeitsstörung einem therapeutischen Ansatz mit Gruppengesprächen entgegenstehe, fehlen Darlegungen dazu, wieso keine eine adäquate Behandlung des Angeklagten gewährleistende Therapieform in Betracht kommt, die hinreichend konkrete Erfolgsaussichten bietet. Schwierigkeiten bei der Ausgestaltung und praktischen Durchführung der Maßregel
  69. dürfen grundsätzlich nicht die Entscheidung über deren Anordnung beeinflussen, solange die übrigen Voraussetzungen vorliegen (vgl. BGHR StGB §
  70. 64 Abs. 2 Aussichtslosigkeit 6). Allein das Scheitern einer länger als elf Jahre
  71. zurückliegenden Entwöhnungstherapie – zu deren Behandlungskonzept
  72. nichts bekannt ist – lässt nicht den Schluss auf die Erfolglosigkeit jedweden
  73. Therapieansatzes zu.
  74. 7
  75. b) Bei dem Angeklagten T.
  76. hat das Landgericht – ohne insoweit
  77. sachverständig beraten worden zu sein – einen auf seiner Heroinsucht beruhenden Hang im Sinne des § 64 Abs. 1 StGB festgestellt, jedoch von der
  78. Anordnung der Maßregel abgesehen, da von dem Angeklagten keine suchtbedingten Straftaten mehr zu erwarten seien. Denn er habe sich während der
  79. Untersuchungshaft von Drogen ferngehalten und sei abstinenzwillig. Dies
  80. kann angesichts der Feststellungen, dass der Angeklagte die ausgeurteilten
  81. schwerwiegenden Taten aufgrund seines Hangs begangen hat, einer Gefährlichkeitsprognose nicht entgegenstehen. Allein der bekundete Abstinenzwille
  82. reicht angesichts der nach den Feststellungen bereits seit 1995 bestehenden
  83. Heroinabhängigkeit des Angeklagten, die zu seinem sozialen „Abstieg“ bis
  84. hin zur Obdachlosigkeit führte, ersichtlich nicht aus, die Gefährlichkeit zu beseitigen. Dies verkennt letztlich das Landgericht auch nicht, wenn es ausführt, der Angeklagte bedürfe weiterhin ambulanter Therapie. Danach liegt es
  85. aber nahe, dass die hangbedingte Gefährlichkeit fortbesteht.
  86. -5-
  87. 8
  88. 2. Nunmehr wird – unter Hinzuziehung von Sachverständigen auch für
  89. den Angeklagten T.
  90. – über die Maßregelfrage erneut zu entscheiden
  91. sein. Der Senat hat den jeweiligen Rechtsfolgenausspruch in vollem Umfang
  92. aufgehoben, um dem neuen Tatrichter die Möglichkeit zu geben, auch die
  93. Einzel- und Gesamtfreiheitsstrafen unter Berücksichtigung von etwaigen
  94. Maßregelanordnungen neu festzusetzen, zumal deren Auswirkung auf die
  95. Strafaussprüche sich hier nicht ausschließen lässt.
  96. Basdorf
  97. Häger
  98. Brause
  99. Jäger
  100. Raum