You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.

146 lines
6.1 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 48/06
  4. vom
  5. 6. Juli 2006
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen Beihilfe zum Raub u.a.
  9. -2-
  10. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 6. Juli 2006 gemäß § 349 Abs. 2
  11. und 4 StPO beschlossen:
  12. 1.
  13. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
  14. Landgerichts Krefeld vom 22. August 2005, soweit es ihn
  15. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben
  16. a)
  17. hinsichtlich der Verurteilung im Fall II 6 der Urteilsgründe,
  18. b)
  19. 2.
  20. im Gesamtstrafenausspruch.
  21. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
  22. Rechtsmittels, an eine andere - allgemeine - Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  23. 3.
  24. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
  25. Gründe:
  26. 1
  27. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum räuberischen
  28. Angriff auf Kraftfahrer in Tateinheit mit Raub und Freiheitsberaubung sowie wegen Betruges in drei Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, zu einer
  29. Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen
  30. wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den
  31. aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet
  32. im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
  33. -3-
  34. 2
  35. 1. Die Rüge der Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes ist bereits
  36. nicht zulässig erhoben. Hinsichtlich des Beweisantrags unterlässt die Revision
  37. die Mitteilung, dass dieser später zurückgenommen worden ist (Bd. VI Bl. 1310
  38. d.A.). Im Hinblick auf die Einlassung des Angeklagten trägt die Revision deren
  39. Inhalt nicht vor. Der Senat kann daher nicht prüfen, ob - wie dies bei der Übergabe der Polizeikelle ersichtlich der Fall ist - sich diese Einlassung unmittelbar
  40. auf diejenige des Mitangeklagten Markus L. bezog oder ob es sich um die Abgabe einer eigenständigen, davon unabhängigen Einlassung handelte, die von
  41. dem Ausschließungsbeschluss nicht mehr gedeckt gewesen wäre (vgl. BGH
  42. StV 1998, 364).
  43. 3
  44. 2. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge führt zur Aufhebung der Verurteilung im Fall II 6 der Urteilsgründe. Die hierzu getroffenen
  45. Feststellungen belegen nicht, dass sich der Angeklagte insoweit - auch - einer
  46. Beihilfe zum räuberischen Angriff auf Kraftfahrer, §§ 316 a Abs. 1, 27 StGB,
  47. schuldig gemacht hat.
  48. 4
  49. Nach den Urteilsfeststellungen war dem Angeklagten der Plan der früheren Mitangeklagten Markus L.
  50. und Jens G.
  51. bekannt, die durch einen
  52. Überfall auf einen Lkw-Fahrer eine große Menge Zigaretten erbeuten wollten.
  53. Er wusste, dass das Opfer während der Fahrt mit dem Tode bedroht und gezwungen werden sollte, an einen abgelegenen Ort zu fahren, um es zu berauben. Das Landgericht hat sich aber - trotz gewichtiger Indizien - nicht davon zu
  54. überzeugen vermocht, dass sich der Angeklagte von Beginn an als Mittäter an
  55. der plangemäß durchgeführten Tat beteiligte. Es hat vielmehr festgestellt, dass
  56. sich der Angeklagte erst zu dem Zeitpunkt in Kenntnis aller Umstände zur Unterstützung der Täter entschloss, als diese das Opfer bereits gefesselt und aus
  57. dem Lkw in den Kofferraum eines Pkw verbracht hatten, wo es bis zur Siche-
  58. -4-
  59. rung der Beute verbleiben musste, und der Lkw vom Tat- zum Abladeort gefahren worden war. Der Angeklagte fuhr den Lkw in eine Halle, half dort beim Entladen der Beute und stellte das Fahrzeug abschließend in einem Gewerbegebiet ab.
  60. 5
  61. Mit diesen Handlungen konnte der Angeklagte nur noch solche Delikte
  62. der Haupttäter fördern, deren Verwirklichung zu diesem Zeitpunkt noch andauerte, denn nach Beendigung der Haupttat ist eine Beihilfe ausgeschlossen (vgl.
  63. hierzu Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 27 Rdn. 4 m.w.N.). Möglich war hier
  64. daher noch ein Hilfeleisten zur Beutesicherung nach dem vollendeten Raub sowie ein solches zu der fortdauernden Freiheitsberaubung (vgl. BGHR StGB
  65. § 27 Rdn. 1, 25), nicht dagegen zur Begehung eines räuberischen Angriffs auf
  66. Kraftfahrer. Dieses Delikt war bereits beendet, denn es bestand ein längerer
  67. zeitlicher und räumlicher Abstand zu dem Angriff auf das Opfer.
  68. 6
  69. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass - wie der Angeklagte
  70. wusste - das Opfer aus dem Lkw, in dem der Angriff stattgefunden hatte, gefesselt in den Pkw verbracht worden war, mit dem der frühere Mitangeklagte G.
  71. solange auf öffentlichen Straßen umherfuhr, bis der Lkw entladen und an einen
  72. abgelegenen Abstellort verbracht war. Dieses Verhalten des Mitangeklagten
  73. erfüllt für sich genommen nicht den Tatbestand des § 316 a Abs. 1 StGB, da es
  74. an einem (fortdauernden) Angriff unter Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs fehlt (vgl. BGHSt 49, 8 f.; BGHR StGB § 316 a Abs. 1
  75. Straßenverkehr 11).
  76. 7
  77. 3. Die Sache bedarf hinsichtlich des Falles II 6 der Urteilsgründe insgesamt erneuter Verhandlung und Entscheidung, was auch die Aufhebung der
  78. Gesamtfreiheitsstrafe bedingt.
  79. -5-
  80. 8
  81. Es erscheint dabei nicht ausgeschlossen, dass in der erneuten Hauptverhandlung Feststellungen getroffen werden, die eine Beteiligung des Angeklagten als Mittäter oder Gehilfe an dem räuberischen Angriff auf Kraftfahrer
  82. belegen.
  83. 9
  84. Der neue Tatrichter wird nämlich - ohne Bindung an die zum Nachteil des
  85. früheren Mitangeklagten Markus L. getroffenen Feststellungen - auch zu der
  86. Haupttat eigene Feststellungen zu treffen haben, da das Urteil in Bezug auf den
  87. Angeklagten insgesamt aufgehoben ist. Er wird ferner zu prüfen haben, inwieweit das Vorgehen gegen den Lkw-Fahrer auch den Tatbestand des § 239 a
  88. Abs. 1 StGB erfüllt (vgl. BGHR StGB § 239 a Anwendungsbereich 1; BGH
  89. NStZ-RR 2003, 328 f.), hinter dem die Freiheitsberaubung möglicherweise zurücktreten würde (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 45, 46).
  90. -6-
  91. 10
  92. Der Senat verweist die Sache im Umfang der Aufhebung an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurück, nachdem sich das Verfahren
  93. nicht mehr gegen einen die Zuständigkeit der Jugendkammer begründenden
  94. Angeklagten richtet.
  95. Tepperwien
  96. RiBGH Maatz ist infolge
  97. urlaubsbedingter Ortsabwesenheit gehindert zu
  98. unterschreiben
  99. Kuckein
  100. Tepperwien
  101. Solin-Stojanović
  102. Sost-Scheible