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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 432/02
  4. vom
  5. 3. Dezember 2002
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
  9. Menge u.a.
  10. -2-
  11. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 3. Dezember 2002 gemäß § 349
  12. Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
  13. 1.
  14. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
  15. Landgerichts Bielefeld vom 23. Mai 2002
  16. a)
  17. hinsichtlich des Schuldspruchs im Fall B II der Urteilsgründe dahin geändert, daß der Angeklagte insoweit nur der Nötigung schuldig ist;
  18. b)
  19. in den übrigen Schuldsprüchen (B I der Urteilsgründe) und
  20. c)
  21. im gesamten Rechtsfolgenausspruch
  22. mit den Feststellungen aufgehoben.
  23. 2.
  24. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
  25. Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  26. 3.
  27. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
  28. Gründe:
  29. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen, davon in einem Fall in nicht geringer
  30. Menge, sowie wegen Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Nötigung zu einer
  31. -3-
  32. Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren
  33. Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen dieses Urteil richtet
  34. sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und
  35. materiellen Rechts rügt.
  36. 1. Das Rechtsmittel hat - wie auch der Generalbundesanwalt in seiner
  37. Antragsschrift ausgeführt hat - mit der auf einen Verstoß gegen § 258 StPO
  38. gestützten Verfahrensrüge insoweit Erfolg, als es die Schuldsprüche hinsichtlich der Betäubungsmitteldelikte (B I der Urteilsgründe) und den gesamten
  39. Strafausspruch betrifft.
  40. Das Landgericht ist nach dem letzten Wort des Angeklagten erneut in
  41. die Beweisaufnahme eingetreten und hat dessen persönliche Verhältnisse erörtert. Danach haben der Staatsanwalt und der Verteidiger Bezug auf ihre bereits gestellten Anträge genommen. Dem Angeklagten ist entgegen § 258
  42. Abs. 2 und 3 StPO das letzte Wort nicht nochmals erteilt worden. Dies rügt die
  43. Revision zu Recht. Ein Fall, in dem die erneute Einräumung der Gelegenheit
  44. zum letzten Wort ausnahmsweise entbehrlich sein oder in dem das Urteil auf
  45. dem Verfahrensfehler nicht beruhen kann (vgl. BGHR StPO § 258 Abs. 3 Wiedereintritt 8 m.w.N.), liegt hier, soweit es um die Schuldsprüche wegen der vom
  46. Angeklagten bestrittenen Betäubungsmitteldelikte und den gesamten Rechtsfolgenausspruch geht, nicht vor.
  47. Hinsichtlich der Verurteilung im Fall B II der Urteilsgründe führt der Verfahrensverstoß allerdings nur zur Aufhebung des Strafausspruchs, weil der
  48. Schuldspruch auf ihm nicht beruhen kann (vgl. BGHSt 21, 288, 290; BGH NStZ
  49. 1996, 612; 1999, 426). Der Angeklagte hat den insoweit festgestellten Sach-
  50. -4-
  51. verhalt glaubhaft eingestanden [UA 16]; sein Geständnis ist zudem durch die
  52. Angaben des früheren Mitangeklagten und die Bekundungen des Geschädigten bestätigt worden.
  53. 2. Allerdings bedarf es bezüglich dieser Tat einer Schuldspruchänderung, da der festgestellte Sachverhalt die Verurteilung wegen tateinheitlich mit
  54. der Nötigung begangener Freiheitsberaubung nicht trägt.
  55. Nach den Urteilsfeststellungen wollte der Angeklagte den Zeugen Ö. ,
  56. der bei der Polizei belastende Angaben zu seinen Betäubungsmittelgeschäften
  57. gemacht hatte, zum Widerruf dieser Aussage veranlassen. Er erreichte, daß
  58. Ö. freiwillig mit ihm und dem früheren Mitangeklagten eine Autofahrt zu einem
  59. Waldgebiet unternahm. Im Wald, in den ihm Ö. ebenfalls freiwillig gefolgt war,
  60. warf er ihn zu Boden, kniete sich auf dessen Oberkörper, fixierte dessen Hände
  61. mit seinen Knien und schlug dessen Kopf dreimal auf den Waldboden; dabei
  62. fragte er schreiend, warum Ö. ihn "verpfiffen" habe [UA 10]. Nach einem kurzen Wortwechsel erhoben sich beide und gingen zum Fahrzeug zurück, wo
  63. sich Ö. nach Vorhalt der Vernehmungsniederschrift bereit erklärte, seine Aussage zurückzunehmen, was er am folgenden Tag zunächst auch tat.
  64. Dieses Verhalten des Angeklagten erfüllt den Tatbestand der Freiheitsberaubung nicht. Zwar setzt dieser keine bestimmte Dauer der Entziehung der
  65. persönlichen Bewegungsfreiheit voraus; es reicht vielmehr grundsätzlich auch
  66. eine nur vorübergehende Einschränkung aus (vgl. BGHSt 14, 314, 315; BGH,
  67. Urteil vom 15. Mai 1975 - 4 StR 147/75). Andererseits stellt nicht jedes auch
  68. nur kurzzeitige Festhalten des Gegners im Verlauf einer körperlichen Auseinandersetzung, das - wie hier - zu einer zeitlich nur unerheblichen Beeinträchti-
  69. -5-
  70. gung der Fortbewegungsfreiheit führt, eine Freiheitsberaubung im Sinne des
  71. § 239 StGB dar. Der Senat ändert, da in der erneuten Hauptverhandlung weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, den Schuldspruch entsprechend ab.
  72. 3. Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt.
  73. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, daß die Bestimmung der Tagessatzhöhe auch dann erforderlich ist, wenn gemäß § 53
  74. Abs. 2 Satz 1 StGB aus einer oder mehreren Einzelfreiheitsstrafen und einer
  75. Einzelgeldstrafe eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden ist (vgl. BGHSt 30, 93,
  76. 96).
  77. Tepperwien
  78. Maatz
  79. 
  80.  
  81. Athing
  82. "!#