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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 304/16
  4. vom
  5. 13. September 2016
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
  9. ECLI:DE:BGH:2016:130916B4STR304.16.0
  10. -2-
  11. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts – zu 1.a) mit dessen Zustimmung – und der Beschwerdeführerin am
  12. 13. September 2016 gemäß § 154a Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
  13. 1. Auf die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 18. Januar 2016 wird
  14. a) die Verfolgung in den Fällen II. 1. und 2. der Urteilsgründe auf den Vorwurf eines unerlaubten Handeltreibens mit
  15. Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall II. 1.
  16. und in den Fällen II. 9. und 10. der Urteilsgründe auf den
  17. Vorwurf des bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit
  18. Betäubungsmitteln im Fall II. 10. der Urteilsgründe beschränkt;
  19. b) das Urteil im Schuldspruch dahin abgeändert, dass die
  20. Angeklagte des bewaffneten unerlaubten Handeltreibens
  21. mit Betäubungsmitteln sowie des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
  22. in sieben Fällen schuldig ist und
  23. c) in den Strafaussprüchen mit den Feststellungen aufgehoben; ferner werden die Feststellungen aufgehoben,
  24. soweit sie Handelsmengen betreffen, die über der Grenze zur nicht geringen Menge liegen.
  25. 2. Die weiter gehende Revision der Angeklagten wird verworfen.
  26. -3-
  27. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  28. Gründe:
  29. 1
  30. Das Landgericht hat die Angeklagte wegen „bewaffneten unerlaubten
  31. Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in einem Fall
  32. und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
  33. Menge in neun weiteren Fällen“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt sowie Einziehungs- und Verfallsanordnungen getroffen. Hiergegen
  34. richtet sich die auf eine Verfahrens- und die Sachrüge gestützte Revision der
  35. Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zu einer Verfahrensbeschränkung gemäß
  36. § 154a Abs. 2 StPO, zu einer entsprechenden Änderung des Schuldspruchs
  37. sowie zur Aufhebung aller Strafaussprüche. Im Übrigen hat es keinen Erfolg.
  38. 2
  39. 1. Der Senat beschränkt die Verfolgung gemäß § 154a Abs. 2 StPO in
  40. den Fällen II. 1. und 2. der Urteilsgründe auf den Vorwurf des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall II. 1. und
  41. – ebenfalls mit Zustimmung des Generalbundesanwalts – in den Fällen II. 9.
  42. und 10. auf den Vorwurf des bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln im Fall II. 10. der Urteilsgründe. Denn nach bisheriger Rechtsprechung des Senats werden diese Fälle durch die Zahlung von Teilbeträgen
  43. für die von der Angeklagten und ihrer Mittäterin in den Fällen II. 1. und 9. erworbenen Betäubungsmittel mit den Kaufpreisen des in den Fällen II. 2. und 10.
  44. -4-
  45. übergebenen Heroins zu jeweils einer Tat verbunden (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 13. Januar 2016 – 4 StR 322/15, NStZ 2016, 420).
  46. 3
  47. 2. Die Verfolgungsbeschränkung hat die entsprechende Änderung des
  48. Schuldspruchs zur Folge. Dieser weist im Übrigen keinen die Angeklagte beschwerenden Rechtsfehler auf.
  49. 4
  50. Zwar dienten die Taten – neben der Erzielung von Gewinn – nach den
  51. vom Landgericht getroffenen Feststellungen auch der Versorgung ihrer Mittäterin (ihrer Tochter), eines ihrer Söhne sowie ihres Lebensgefährten mit Heroin
  52. (vgl. UA S. 12, ferner S. 17, 38/39), wobei sich den Feststellungen nicht entnehmen lässt, ob die Angeklagte auch insofern eigennützig handelte. Durch das
  53. Unterlassen eines Schuldspruchs wegen tateinheitlich gegebenen unerlaubten
  54. Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bzw. wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln (sofern die Grenze zur nicht geringen Menge nicht überschritten wurde; vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juli 2013 – 2 StR
  55. 259/13, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 82) ist die Angeklagte
  56. aber nicht beschwert.
  57. 5
  58. Der Senat kann in allen Fällen ausschließen, dass die (tatsächlichen)
  59. Handelsmengen unter Berücksichtigung der Eigenbedarfsmengen ihrer Familienangehörigen und ihres Lebensgefährten unterhalb der Grenze zur nicht geringen Menge lagen. Hieran bestehen angesichts der Erwerbsmengen (zwischen 300 und 1.000 g Heroin), den hierfür bezahlten Kaufpreisen (25 € je
  60. Gramm Heroin) und der Abstände zwischen den einzelnen Taten von in der
  61. Regel höchstens drei Wochen keine Zweifel, zumal die seit 1995 von Sozialleistungen lebende Angeklagte (UA S. 5) auch den Kauf und die Instandsetzung
  62. bzw. die Instandhaltung des von einem ihrer Söhne und ihrem Lebensgefährten
  63. für 240.000 € erworbenen, von ihr ebenfalls bewohnten Anwesens mitfinanzier-
  64. -5-
  65. te (UA S. 6, 39/40). Der Senat hat daher den Schuldspruch wegen – teils bewaffneten – Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge entsprechend der Verfolgungsbeschränkung abgeändert.
  66. 6
  67. Die Einzelstrafaussprüche sowie der Gesamtstrafenausspruch haben
  68. dagegen keinen Bestand.
  69. 7
  70. Denn die Strafkammer hat die diesen Strafaussprüchen zugrunde gelegten Handelsmengen entsprechend den jeweiligen Erwerbsmengen bestimmt
  71. (UA S. 52/53), ohne zu berücksichtigen, dass diese einander wegen des Eigenbedarfs ihrer Familienangehörigen und ihres Lebensgefährten – zumindest
  72. möglicherweise – nicht ohne weiteres entsprachen. Denn sie hat weder festgestellt, dass die erworbenen Mengen zunächst jeweils insgesamt zum Handel
  73. bestimmt waren, noch hat sie festgestellt, dass die Angeklagte hinsichtlich der
  74. Eigenbedarfsmengen einen ihre Eigennützigkeit begründenden mittelbaren
  75. oder unmittelbaren Vorteil erlangt hat (vgl. dazu etwa BGH, Beschlüsse vom
  76. 12. Juni 2013 – 2 StR 608/12, juris Rn. 10; vom 12. August 2015 – 4 StR
  77. 312/15, juris Rn. 4; vom 16. März 2016 – 4 StR 42/16, NStZ-RR 2016, 212,
  78. 213). Soweit die Strafkammer ihre Vorgehensweise damit begründete, dass ihr
  79. eine entsprechende Schätzung mangels Tatsachengrundlage nicht möglich
  80. gewesen sei, weil diese Zeugen keine Angaben gemacht hätten, und zudem die
  81. Ermittlungsbehörden „nicht alle Fälle in Erfahrung bringen konnten“ (UA S. 39),
  82. übersieht die Strafkammer bei ihrer letzten Erwägung, dass sie selbst festgestellt hat, dass die Angeklagte bzw. ihre Mittäterin neue Bestellungen erst aufgegeben haben, wenn sich das Rauschgift aus der vorangegangenen Lieferung
  83. „dem Ende zuneigte“ (UA S. 12, 38). Dass die Tochter der Angeklagten, ihr
  84. Sohn sowie ihr Lebensgefährte keine Angaben gemacht haben, schließt eine
  85. -6-
  86. auf der Grundlage des in-dubio-Satzes vorgenommene Schätzung des zum
  87. Eigenkonsum abgegebenen Anteils an den Erwerbsmengen nicht aus.
  88. 8
  89. 3. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 4. Juli 2016 dargelegten Gründen keinen
  90. die Angeklagte beschwerenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO; vgl.
  91. zur Berücksichtigung des Alters der Angeklagten bei der Strafzumessung: BGH,
  92. Urteil vom 27. April 2006 – 4 StR 572/05, NStZ 2006, 500, 501). Dies gilt auch
  93. für die Einziehungs- und Verfallsanordnungen.
  94. 9
  95. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat darauf hin,
  96. dass die Aufhebung der Feststellungen lediglich diejenigen betrifft, die allein für
  97. die Strafaussprüche Bedeutung haben. Insbesondere werden die Feststellungen zu den jeweiligen Erwerbsmengen – anders als die Handelsmengen, soweit diese über der Grenze zur nicht geringen Menge liegen – von der Aufhebung nicht erfasst.
  98. Sost-Scheible
  99. Roggenbuck
  100. Mutzbauer
  101. Cierniak
  102. Quentin