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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 282/18
  4. vom
  5. 31. Juli 2018
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen versuchten Mordes u.a.
  9. ECLI:DE:BGH:2018:310718B4STR282.18.0
  10. -2-
  11. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 31. Juli 2018 gemäß
  12. § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
  13. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
  14. Landgerichts Münster vom 16. Februar 2018 mit den
  15. Feststellungen aufgehoben.
  16. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
  17. andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des
  18. Landgerichts zurückverwiesen.
  19. Gründe:
  20. 1
  21. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlichem gefährlichen Eingriff
  22. in den Straßenverkehr (zur Herbeiführung eines Unglücksfalls) zu der Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt; ferner hat es Maßnahmen
  23. nach den §§ 69, 69a StGB angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte
  24. mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.
  25. 2
  26. 1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten Mordes hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat mit rechtsfehlerhafter Begründung einen Rücktritt vom Versuch gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1
  27. StGB abgelehnt. Es hat gemeint, die Voraussetzungen eines strafbefreienden
  28. -3-
  29. Rücktritts vom versuchten Mord lägen nicht vor, weil es sich um einen beendeten Versuch handele.
  30. 3
  31. Diese knappen Ausführungen des Landgerichts zum Rücktritt vom versuchten Mord leiden an einem durchgreifenden Erörterungsmangel. Denn das
  32. Schwurgericht setzt sich nicht mit dem Vorstellungsbild des Angeklagten nach
  33. Abschluss der letzten Ausführungshandlung – dem sogenannten Rücktrittshorizont – auseinander. Soweit sich den Urteilsfeststellungen das entsprechende
  34. Vorstellungsbild des Angeklagten, das zur revisionsrechtlichen Prüfung des
  35. Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch unerlässlich ist, nicht hinreichend entnehmen lässt, kann das Urteil einer sachlich-rechtlichen Überprüfung nicht standhalten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. März 2018 – 1 StR 83/18,
  36. NStZ-RR 2018, 169; vom 23. August 2017 – 5 StR 303/17, NStZ-RR 2018, 10;
  37. vom 23. November 2016 – 4 StR 471/16, JuS 2017, 550; vom 11. März 2014
  38. – 1 StR 735/13, NStZ 2014, 396; vom 29. September 2011 – 3 StR 298/11,
  39. NStZ 2012, 263 und vom 11. Februar 2003 – 4 StR 8/03, StraFo 2003, 206;
  40. Urteil vom 19. März 2013 – 1 StR 647/12, NStZ-RR 2013, 273).
  41. 4
  42. Im vorliegenden Fall hat das Landgericht nicht erörtert, ob der den Tatort
  43. verlassende Angeklagte nach seinem Vorstellungsbild noch weitere Ausführungshandlungen ohne Unterbrechung des unmittelbaren Handlungsfortgangs
  44. hätte vornehmen können. Das Urteil teilt lediglich mit, dass der Angeklagte
  45. schnell davonfuhr, nachdem er den mit dem Fahrrad in die Kreuzung
  46. P.
  47. straße/K.
  48. straße in A.
  49. eingefahrenen neuen Freund seiner ehemali-
  50. gen Partnerin absichtlich angefahren, auf die Motorhaube aufgeladen und nach
  51. einem Aufprall gegen die Windschutzscheibe auf den Boden geschleudert hatte. Damit bleibt nach den Urteilsfeststellungen unklar, ob der Angeklagte von
  52. einem erfolgreichen oder nicht erfolgreichen vorangegangenen Tun ausging,
  53. mithin, ob es sich aus seiner Sicht um einen fehlgeschlagenen, beendeten oder
  54. -4-
  55. unbeendeten Versuch handelte. Mangels dahingehender Ausführungen im Urteil ist es nicht ausgeschlossen, dass der Angeklagte nach seinem Vorstellungsbild im unmittelbaren Anschluss an die Kollision noch weitere Ausführungshandlungen hätte vornehmen können, anstatt sogleich den Tatort zu verlassen (vgl. dazu auch BGH, Beschluss vom 7. März 2018, aaO). Das Fehlen
  56. entsprechender Feststellungen und Erörterungen steht einer abschließenden
  57. Prüfung durch das Revisionsgericht entgegen.
  58. 5
  59. 2. Der dargelegte Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung des Urteils mit den
  60. Feststellungen. Die Aufhebung umfasst auch die Verurteilung wegen der hiermit
  61. in Tateinheit stehenden weiteren Gesetzesverletzungen (vgl. Gericke in KKStPO, 7. Aufl., § 353 Rn. 12).
  62. Sost-Scheible
  63. Roggenbuck
  64. Bender
  65. Cierniak
  66. Quentin