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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. 4 StR 268/05
  5. vom
  6. 22. Dezember 2005
  7. in der Strafsache
  8. gegen
  9. wegen Verdachts der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
  10. Menge
  11. -2-
  12. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. Dezember
  13. 2005, an der teilgenommen haben:
  14. Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
  15. Dr. Tepperwien,
  16. Richter am Bundesgerichtshof
  17. Maatz,
  18. Prof. Dr. Kuckein,
  19. Richterinnen am Bundesgerichtshof
  20. Solin-Stojanović,
  21. Sost-Scheible
  22. als beisitzende Richter,
  23. Staatsanwalt
  24. als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
  25. Rechtsanwalt
  26. als Verteidiger,
  27. Justizangestellte
  28. als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
  29. für Recht erkannt:
  30. -3-
  31. 1.
  32. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil
  33. des Landgerichts Arnsberg vom 15. Februar 2005 wird
  34. verworfen.
  35. 2.
  36. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten
  37. im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
  38. Von Rechts wegen
  39. Gründe:
  40. Das Landgericht hat den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen von
  41. 1
  42. den Vorwürfen freigesprochen, a) ca. Anfang September 2000 mit drei Mittätern
  43. aus den Niederlanden 4 kg Haschisch und 1500 Ecstasytabletten unerlaubt
  44. nach Deutschland eingeführt (Anklagevorwurf Nr. 1 [Fall 1]), b) im September
  45. 2000 2,5 kg "weißes Rauschgiftpulver" unerlaubt besessen (Anklagevorwurf
  46. Nr. 2 [Fall 2]) und c) ca. im Oktober 2000 im Auftrag des gesondert verfolgten
  47. W.
  48. B.
  49. mit einem Mittäter unerlaubt zwischen 20 und 25 kg Ha-
  50. schisch aus den Niederlanden nach Deutschland eingeführt zu haben (Anklagevorwurf Nr. 3 [Fall 3]).
  51. 2
  52. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer Revision nur gegen die
  53. Freisprüche in den Fällen 1 und 3. Sie rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
  54. 3
  55. Das Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird,
  56. hat keinen Erfolg.
  57. -4-
  58. 4
  59. 1. Die Verfahrensbeschwerden (Ablehnung des Beweisantrags auf Einholung eines "ethnologisch/kulturanthropologischen" Gutachtens zum Aussageverhalten des Belastungszeugen Alexander S.
  60. ; Verwertung der in seinem
  61. eigenen Verfahren gemachten Angaben dieses Zeugen) sind aus den in der
  62. Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 2. September 2005 genannten
  63. Gründen jedenfalls unbegründet, so dass dahinstehen kann, ob die Rügen nicht
  64. bereits unzulässig erhoben sind, weil weder der Beweisantrag vom 15. Februar
  65. 2005 (samt Anlage) vollständig noch das Schreiben des Instituts für Forensische Ethnologie K.
  66. vom 1. April 2005 noch die Urteile des Amtsgerichts
  67. Soest und des Landgerichts Arnsberg mitgeteilt werden.
  68. 5
  69. 2. Auch die Sachrügen, mit denen die Beweiswürdigung des Landgerichts beanstandet wird (Rügen Nrn. 2 und 3 der Revisionsbegründung), haben
  70. keinen Erfolg.
  71. 6
  72. a) Der – nicht vorbestrafte – Angeklagte bestreitet, die ihm zur Last gelegten Taten begangen zu haben. Nach den Feststellungen des Landgerichts
  73. beruhen die Anklagevorwürfe allein auf den Angaben des Zeugen S.
  74. , der an
  75. der Einfuhr der 4 kg Haschisch und 1500 Ecstasytabletten im September 2000
  76. (Fall 1) beteiligt war und deswegen auch verurteilt wurde und der sein Wissen
  77. zu Fall 3 von dem angeblichen Mittäter des Angeklagten haben will, der den
  78. Tatvorwurf allerdings bestritten hat.
  79. 7
  80. Das Landgericht glaubt den Angaben des Zeugen S.
  81. nicht, weil nicht auszuschließen sei, dass S.
  82. zu Fall 1
  83. den Angeklagten zu Unrecht
  84. belastet habe, um die Vergünstigung des § 31 BtMG zu erhalten, die Tatschilderung des Zeugen nur eine geringe Konstanz und erhebliche Widersprüche
  85. aufweise, der Zeuge zu anderen Taten nachweislich in Teilbereichen die Un-
  86. -5-
  87. wahrheit gesagt und er zu Nebengeschehen wechselnde Angaben gemacht
  88. habe. Im Fall 3 hält die Strafkammer die Aussage des Zeugen S.
  89. zur
  90. Verurteilung des Angeklagten nicht für ausreichend, weil der Zeuge selbst eingeräumt habe, dass der angebliche Mittäter ihm gegenüber möglicherweise mit
  91. der Tat nur "geprahlt" habe. Das Landgericht hat sich nicht davon überzeugen
  92. können, dass die Tat tatsächlich begangen wurde.
  93. 8
  94. b) Diese Beweiswürdigung hält rechtlicher Nachprüfung stand.
  95. 9
  96. Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht kann auf Grund der Sachrüge nur prüfen, ob dem Tatrichter hierbei
  97. Rechtsfehler unterlaufen sind (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16 und Überzeugungsbildung 33). Wie der Generalbundesanwalt in
  98. seiner Antragsschrift im Einzelnen ausgeführt hat, enthält das Urteil keine den
  99. Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler. Insbesondere hat das Landgericht
  100. bei der Glaubwürdigkeitsbeurteilung des Zeugen S.
  101. zu Recht erwogen, dass
  102. sich dieser durch den Angeklagten möglicherweise zu Unrecht belastende Angaben nur die Strafmilderung nach § 31 BtMG "verdienen" wollte (vgl. BGHSt
  103. 48, 161, 168; BGH NStZ-RR 2003, 245; StV 2004, 578, 579). Da die Strafkammer alle wesentlichen den Angeklagten be- und entlastenden Umstände bedacht hat und in einem Fall, in dem - wie hier - Aussage gegen Aussage steht,
  104. besonders strenge Anforderungen an eine zur Verurteilung führende Beweiswürdigung zu stellen sind (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 13, 14, 15, 17, 23, 29), ist die freisprechende Entscheidung des
  105. -6-
  106. Landgerichts vom Revisionsgericht aus Rechtsgründen hinzunehmen, wenn
  107. auch eine andere Würdigung möglich gewesen wäre. Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Revisionsbegründung eine eigene Beweiswürdigung vornimmt,
  108. kann sie damit im Revisionsverfahren nicht gehört werden.
  109. Tepperwien
  110. Maatz
  111. Solin-Stojanović
  112. Kuckein
  113. Sost-Scheible