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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 4 StR 251/14
  4. vom
  5. 9. September 2014
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. 1.
  9. 2.
  10. wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.
  11. -2-
  12. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 9. September 2014 gemäß § 349
  13. Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
  14. 1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des
  15. Landgerichts Essen vom 21. Januar 2014, soweit es diese
  16. Angeklagten betrifft, aufgehoben,
  17. a) soweit der Angeklagte Mo.
  18. O.
  19. wegen
  20. gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in zwei Fällen (Fälle II. 1 und II. 7 der Urteilsgründe) und der Angeklagte J.
  21. O.
  22. wegen gefährlichen Eingriffs in den
  23. Straßenverkehr in fünf Fällen (Fälle II. 4, 5, 6, 8 und 10
  24. der Urteilsgründe) verurteilt worden ist,
  25. b) in den Aussprüchen über die Gesamtstrafen.
  26. Die Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zur konkreten
  27. Gefährdung fremder Sachen von bedeutendem Wert bleiben
  28. aufrechterhalten.
  29. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  30. 2. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
  31. -3-
  32. Gründe:
  33. 1
  34. Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, den Angeklagten Mo.
  35. O.
  36. un-
  37. ter Freispruch im Übrigen wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in
  38. zwei Fällen, wegen Sachbeschädigung und wegen Betruges in vier Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, den Angeklagten J.
  39. O.
  40. we-
  41. gen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und wegen Betruges in jeweils
  42. fünf Fällen.
  43. 2
  44. Die Revisionen der Angeklagten, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts rügen, haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg;
  45. die weiter gehenden Rechtsmittel sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2
  46. StPO.
  47. I.
  48. 3
  49. Die vom Angeklagten J.
  50. O.
  51. erhobene, nicht näher ausgeführte
  52. Verfahrensrüge ist unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
  53. II.
  54. 4
  55. 1. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der von beiden
  56. Angeklagten geltend gemachten sachlich-rechtlichen Beanstandungen führt zur
  57. Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit das Landgericht sie wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verurteilt hat. Die bisherigen, zu den
  58. einzelnen Taten getroffenen Feststellungen belegen nicht hinreichend, dass ihr
  59. -4-
  60. Fehlverhalten eine konkrete Gefährdung der in § 315b Abs. 1 StGB bezeichneten Individualrechtsgüter zur Folge hatte.
  61. 5
  62. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats liegt ein vollendeter
  63. gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr im Sinne des § 315b Abs. 1 StGB
  64. erst dann vor, wenn durch eine der in § 315b Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StGB genannten Tathandlungen eine Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs
  65. herbeigeführt worden ist und sich diese abstrakte Gefahrenlage zu einer
  66. konkreten Gefährdung von Leib und Leben eines anderen Menschen oder
  67. fremder Sachen von bedeutendem Wert verdichtet hat (Senatsurteil vom
  68. 4. Dezember 2002 – 4 StR 103/02, BGHSt 48, 119, 122; Senatsbeschlüsse
  69. vom 25. April 2012 – 4 StR 667/11, NStZ 2012, 700, 701 und vom 18. Juni
  70. 2013 – 4 StR 145/13, Rn. 7; SSW-StGB/Ernemann, 2. Aufl., § 315b Rn. 5, 17).
  71. Die Annahme einer solchen, über die abstrakte Beeinträchtigung der Sicherheit
  72. des Straßenverkehrs hinausgehende konkrete Gefährdung wird im angefochtenen Urteil in keinem der betreffenden Fälle belegt.
  73. 6
  74. b) Die Angeklagten führten nach den Feststellungen des Landgerichts
  75. als Fahrer verschiedener Kraftfahrzeuge absichtlich insgesamt neun Verkehrsunfälle herbei und machten im Anschluss gegenüber den gegnerischen Haftpflichtversicherungen unberechtigte Schadensersatzansprüche geltend, um
  76. sich dadurch eine nicht nur vorübergehende und nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle zu verschaffen. Zum Beleg der Voraussetzungen des gefährlichen
  77. Eingriffs in den Straßenverkehr in insgesamt sieben Fällen teilt die Strafkammer
  78. in den Urteilsgründen den jeweiligen Anschaffungs- bzw. Zeitwert des Fahrzeugs des Unfallgegners sowie, aufgeschlüsselt nach einzelnen Schadenspositionen, die Beträge mit, die die Angeklagten mit Anwaltsschreiben bei den gegnerischen Haftpflichtversicherungen geltend machten und welche Summen sie
  79. -5-
  80. letztlich ausgezahlt erhielten. Daraus sowie aus den Feststellungen zum jeweiligen Unfallhergang folgert das Landgericht, in den betreffenden Fällen seien
  81. schon deshalb fremde Sachen von bedeutendem Wert, nämlich in der vom
  82. Senat in ständiger Rechtsprechung angenommenen Mindesthöhe von 750,00 €
  83. (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 28. September 2010 – 4 StR 245/10, BGHR
  84. StGB § 315b Abs. 1 Gefährdung 5) gefährdet worden, weil es im Zuge der jeweiligen Vorfälle tatsächlich zu Kollisionen zwischen den beteiligten Kraftfahrzeugen gekommen sei. Feststellungen zu den jeweils konkret eingetretenen
  85. Fremdschäden werden in den Urteilsgründen indes nicht mitgeteilt. Diese und
  86. die konkrete Gefahr weiterer Schäden lassen sich auch dem Gesamtzusammenhang der Schilderung der jeweiligen Kollisionen und dem jeweils mitgeteilten Schadensbild nicht hinreichend sicher entnehmen. Die Sache bedarf daher
  87. insoweit neuer Prüfung durch den Tatrichter, der auch über die Gesamtstrafe
  88. neu zu befinden haben wird. Da sich der durchgreifende Rechtsfehler auf die
  89. Feststellungen zur konkreten Gefährdung fremder Sachen von bedeutendem
  90. Wert beschränkt, hat der Senat die übrigen Urteilsfeststellungen aufrecht erhalten.
  91. 7
  92. 2. Den weiter gehenden Rechtsmitteln bleibt der Erfolg aus den Gründen
  93. der Antragsschriften des Generalbundesanwalts vom 4. Juli 2014 versagt.
  94. 8
  95. Der Senat bemerkt insoweit lediglich ergänzend, dass in der strafschärfenden Berücksichtigung der Vorverurteilung vom 26. November 1998 hinsichtlich des Angeklagten Mo.
  96. O.
  97. entgegen der Auffassung des
  98. Generalbundesanwalts kein Verstoß gegen § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG liegt: Gemäß § 46 Abs. 3 BZRG verlängert sich die Frist von 15 Jahren um die Dauer
  99. der durch das damalige Urteil des Landgerichts Essen verhängten Freiheits-
  100. -6-
  101. strafe von zwei Jahren und neun Monaten (vgl. Senatsbeschluss vom 27. April
  102. 1999 – 4 StR 125/99, BGHR BZRG § 46 Abs. 1 Tilgungsfrist 2).
  103. Sost-Scheible
  104. Cierniak
  105. Bender
  106. Franke
  107. Quentin