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114 lines
5.5 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. 2 StR 1/05
  5. vom
  6. 25. Mai 2005
  7. in der Strafsache
  8. gegen
  9. wegen Totschlags
  10. -2-
  11. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. Mai 2005,
  12. an der teilgenommen haben:
  13. Richter am Bundesgerichtshof
  14. Dr. Bode
  15. als Vorsitzender
  16. und die Richterin am Bundesgerichtshof
  17. Dr. Otten,
  18. der Richter am Bundesgerichtshof
  19. Rothfuß,
  20. die Richterin am Bundesgerichtshof
  21. Roggenbuck,
  22. der Richter am Bundesgerichtshof
  23. Dr. Appl,
  24. Staatsanwalt
  25. als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
  26. Justizangestellte
  27. als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
  28. für Recht erkannt:
  29. -3-
  30. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 6. Mai 2004 wird verworfen.
  31. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch
  32. entstandenen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
  33. Von Rechts wegen
  34. Gründe:
  35. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Dagegen wendet sich die vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die
  36. Verletzung materiellen Rechts rügt. Sie erstrebt eine Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes.
  37. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
  38. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte seine
  39. Mutter mit mehreren wuchtigen, mit einem harten stumpfen Gegenstand geführten Schlägen getötet. Das Landgericht hat weder eine heimtückische Begehungsweise noch ein Handeln aus Habgier (oder ein sonstiges Mordmerkmal)
  40. feststellen können und das Geschehen als Totschlag gewertet.
  41. -4-
  42. Die dieser Wertung zugrundeliegende Beweiswürdigung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
  43. Das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen ist Sache
  44. des Tatrichters. Das Revisionsgericht hat die Entscheidung des Tatrichters
  45. grundsätzlich hinzunehmen und sich auf die Prüfung zu beschränken, ob die
  46. Urteilsgründe Rechtsfehler enthalten. Diese sind namentlich dann gegeben,
  47. wenn die Beweiswürdigung lückenhaft, in sich widersprüchlich oder unklar ist,
  48. gegen die Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur
  49. Verurteilung erforderliche Gewißheit übertriebene Anforderungen gestellt worden sind (vgl. BGHSt 29, 18, 20; BGH NStZ 1984, 180; BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2; Schoreit in KK StPO 5. Aufl. § 261 Rdn. 51 m.w.N.). Rechtsfehler in diesem Sinne enthält das Urteil nicht.
  50. a) Heimtückisch handelt, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und
  51. Wehrlosigkeit des Tatopfers bewußt zur Tötung ausnutzt. Das Landgericht hat
  52. bereits die objektiven Voraussetzungen dieses Mordmerkmals, die Arg- und
  53. Wehrlosigkeit des Tatopfers, nicht feststellen können. Nach den Urteilsausführungen war auch mit sachverständiger Hilfe nicht zu klären, ob der Angeklagte,
  54. der im Ermittlungsverfahren die Tat bestritten und sich in der Hauptverhandlung nicht zur Sache eingelassen hat, seiner Mutter offen gegenüberstand, als
  55. er ihr die tödlichen Schläge versetzte, oder - was Indiz für ihre Arglosigkeit sein
  56. könnte -, sie ihm den Rücken zuwandte oder sich gerade bückte und deshalb
  57. einen von vorn geführten Angriff nicht sehen konnte (UA S. 36). Soweit die Revision darauf verweist, daß nach den Darlegungen des Sachverständigen Dr.
  58. B.
  59. bei einem Angriff von vorn die Schläge auf das gesenkte Haupt der Mut-
  60. ter erfolgt seien, findet dies in den Urteilsgründen keine Stütze. Gleiches gilt für
  61. den von der Revision angeführten, für eine mögliche Arglosigkeit des Opfers
  62. -5-
  63. sprechenden Umstand, daß das Opfer geraucht habe, als es im Flur angegriffen worden sei. Allerdings hat sich das Landgericht nicht damit auseinandergesetzt, daß der Angeklagte seiner Mutter möglicherweise zwar offen feindselig
  64. gegenübertrat, aber sie so überraschend angegriffen haben könnte, daß ihr keine
  65. Möglichkeit blieb, dem Angriff irgendwie zu begegnen. Ein Rechtsfehler kann
  66. darin angesichts des letztlich ungeklärten Ablaufs des Geschehens nicht gesehen werden. Allein das Fehlen von Abwehrverletzungen bei dem Tatopfer
  67. drängte nicht zu einer weiteren Erörterung.
  68. b) Die Ausführungen, mit denen das Landgericht dargelegt hat, warum
  69. es sich nicht von Habgier als Motiv für die Tötung des Tatopfers hat überzeugen können, halten ebenfalls rechtlicher Überprüfung stand. Das Landgericht
  70. hat gesehen, daß die Beziehung zwischen dem Angeklagten und seiner Mutter
  71. wesentlich davon bestimmt war, daß der Angeklagte sich in ständigen Geldnöten befand und sich von ihr Zuwendungen erhoffte, was sie als Machtmittel einzusetzen wußte. Daß der Angeklagte seiner Mutter - entgegen deren Angaben
  72. gegenüber Dritten - schon zuvor Geld weggenommen hatte, hat das Landgericht mit rechtsfehlerfreier Begründung als widerlegt angesehen. Zudem pflegte
  73. die Getötete Umgang mit nicht ermittelten Personen, die in der Vergangenheit
  74. möglicherweise hohe Geldbeträge von ihr erhalten hatten oder sie um diese
  75. Beträge gebracht hatten. Unter diesen Umständen bewegt sich die Annahme
  76. des Landgerichts, der Angeklagte habe seine Mutter nicht getötet, um die von
  77. ihr am Morgen von der Bank abgehobenen 1.000 Euro zu erlangen - wobei
  78. schon nicht feststeht, ob sie dieses Geld noch hatte, als sie mit dem Angeklagten zusammentraf - im Rahmen möglicher und damit vom Revisionsgericht hinzunehmender tatrichterlicher Beweiswürdigung.
  79. -6-
  80. c) Ein sonstiger niedriger Beweggrund als Tötungsmotiv liegt nach den
  81. Feststellungen nicht nahe, zu einer Erörterung mußte sich das Landgericht entgegen der Auffassung der Revision nicht gedrängt sehen.
  82. Bode
  83. Otten
  84. Roggenbuck
  85. Rothfuß
  86. Appl