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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. 2 StR 604/12
  5. vom
  6. 10. April 2013
  7. in der Strafsache
  8. gegen
  9. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
  10. -2-
  11. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. April 2013,
  12. an der teilgenommen haben:
  13. Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
  14. Becker,
  15. die Richter am Bundesgerichtshof
  16. Prof. Dr. Fischer,
  17. Dr. Appl,
  18. Dr. Berger,
  19. Prof. Dr. Krehl,
  20. Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
  21. als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
  22. Rechtsanwalt
  23. als Verteidiger,
  24. der Angeklagte Y.
  25. K.
  26. in Person,
  27. Justizangestellte
  28. als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
  29. für Recht erkannt:
  30. -3-
  31. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
  32. Frankfurt am Main vom 30. Juli 2012 wird verworfen.
  33. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
  34. Von Rechts wegen
  35. Gründe:
  36. 1
  37. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine auf die
  38. Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision bleibt ohne Erfolg.
  39. I.
  40. 2
  41. 1. Nach den Feststellungen verkaufte der Angeklagte für seinen Cousin,
  42. den gesondert Verurteilten H.
  43. K.
  44. , ab März 2010 Heroin. Der Ange-
  45. klagte war dergestalt in das Absatzsystem seines Cousins eingebunden, dass
  46. dieser ihm regelmäßig die seinen Abnehmern zu verkaufende Heroinmenge
  47. und den Preis vorgab. Bei den von ihm vorgenommenen Rauschgiftverkäufen
  48. verdiente der Angeklagte pro veräußertem Gramm Heroin 2 €. Insgesamt verkaufte der Angeklagte für seinen Cousin bis November 2010 mindestens 2 kg
  49. Heroingemisch.
  50. -4-
  51. 3
  52. Bei gelegentlichen Auslandsaufenthalten seines Cousins in Marokko hielt
  53. der Angeklagte für ihn in F.
  54. die Stellung und traf sich nach telefonischer
  55. Instruktion auch mit Lieferanten, um für seinen Cousin Heroin anzukaufen. Das
  56. erworbene Rauschgift verbrachte der Angeklagte anschließend in die Wohnung
  57. des Cousins, die ihm auch selbst als Unterkunft diente. Von dort aus sollte das
  58. Heroin an die Abnehmer gewinnbringend weiterverkauft werden. Für die Zeiträume, in denen sich der Angeklagte während der Marokko-Aufenthalte seines
  59. Cousins um die Rauschgiftgeschäfte kümmerte, zahlte dieser ihm unabhängig
  60. von der verkauften Heroinmenge 1.000 €.
  61. 4
  62. Während solcher Auslandsaufenthalte seines Cousins beschaffte der
  63. Angeklagte in drei Fällen am 1. Mai, 25. Juni und 10. Oktober 2010 Heroin.
  64. Hierzu traf sich der Angeklagte nach Instruktion durch seinen Cousin jeweils mit
  65. dessen Lieferanten, dem gesondert Verurteilten
  66. A.
  67. , und ließ sich je-
  68. weils 1 kg Heroinzubereitung mit einem Wirkstoffgehalt von 5% übergeben. Bei
  69. der ersten Heroinlieferung vom 1. Mai 2010 übergab der Angeklagte dabei an
  70. den Lieferanten auch eine Anzahlung von 3.000 € auf den Ankaufspreis von
  71. 13.000 €.
  72. 5
  73. 2. Das Landgericht ist der Auffassung, dass der Angeklagte durch seine
  74. Beteiligung an den drei Erwerbsgeschäften jeweils täterschaftlich mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben hat. Zwar habe der
  75. Cousin die Treffen mit dem Lieferanten arrangiert, den Angeklagten telefonisch
  76. instruiert und das Geld zum Ankauf des Heroins gestellt. Auch habe der Cousin
  77. den Kontakt zu den Abnehmern gehalten und Menge sowie Preis der Weiterverkäufe vorgegeben. Die nicht nur untergeordnete Rolle des Angeklagten zeige sich aber schon daran, dass er selbst in nicht unerheblichem Umfang am
  78. Gewinn mit einem Anteil von 40% an der Gewinnspanne zwischen Einkaufspreis und Weiterverkaufspreis beteiligt gewesen sei und dementsprechend ein
  79. starkes eigenes Interesse am Gelingen der Taten gehabt habe. Als fester Be-
  80. -5-
  81. standteil der von seinem Cousin organisierten Absatzmaschinerie sei dem Angeklagten gerade während der Marokko-Aufenthalte seines Cousins eine verantwortungsvolle Rolle zugekommen, da er nun auch in Kontakt mit dem Lieferanten getreten sei, größere Rauschgiftmengen in seiner Obhut gehabt und
  82. Drogengelder transferiert habe.
  83. II.
  84. 6
  85. Der Schuldspruch hält sachlich-rechtlicher Prüfung stand. Die Feststellungen belegen ein täterschaftliches Handeltreiben des Angeklagten mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hinreichend.
  86. 7
  87. 1. Ob die Beteiligung am Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe zu bewerten ist, beurteilt sich nach den allgemeinen
  88. Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen. Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag
  89. derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Tatbeitrag als Teil der
  90. Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein solches enges Verhältnis des Beteiligten zur
  91. Tat besteht, ist nach den gesamten Umständen in wertender Betrachtung zu
  92. beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses
  93. am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft in dem Sinne sein, dass Durchführung und
  94. Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Angeklagten abhängen (st.
  95. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 2011 - 3 StR 445/10, BGHR BtMG § 29
  96. Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 77; Beschlüsse vom 19. Januar 2012 - 2 StR
  97. 590/11, NStZ 2012, 517 und vom 8. Januar 2013 - 5 StR 606/12).
  98. -6-
  99. 8
  100. Bei einer Bewertung von Transporttätigkeit eines Beteiligten an Rauschgiftgeschäften kommt es für die Frage, ob täterschaftliches Handeltreiben angenommen werden muss, nicht entscheidend darauf an, welches Maß an
  101. Selbstständigkeit und Tatherrschaft der Beteiligte hinsichtlich dieses isolierten
  102. Teilakts des Umsatzgeschäfts innehat. Abzustellen ist vielmehr darauf, welche
  103. Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäfts zukommt. Mittäterschaftliches Handeltreiben wird daher vor allem dann
  104. in Betracht kommen, wenn der Beteiligte erhebliche, über den reinen Transport
  105. hinausgehende Tätigkeiten entfaltet, etwa am An- und Verkauf des Rauschgifts
  106. unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal
  107. des Gesamtgeschäfts hat, weil er eine Beteiligung am Umsatz oder dem zu erzielenden Gewinn erhalten soll (vgl. Senat, Urteil vom 28. Februar 2007 - 2 StR
  108. 516/06, BGHSt 51, 219, 222 ff. mwN; Beschluss vom 21. November 2007
  109. - 2 StR 468/07, NStZ 2008, 285; BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 - 4 StR
  110. 421/06, NStZ 2007, 288; Beschluss vom 25. April 2007 - 1 StR 159/07,
  111. BGHSt 51, 324; Urteil vom 5. Mai 2011 - 3 StR 445/10, aaO; Beschluss vom
  112. 22. August 2012 - 4 StR 272/12, NStZ-RR 2012, 375).
  113. 9
  114. 2. Gemessen an diesen Maßstäben begegnet die Entscheidung der
  115. Strafkammer, den Angeklagten als Täter zu verurteilen, keinen durchgreifenden
  116. rechtlichen Bedenken.
  117. 10
  118. Die Tatbeiträge des Angeklagten erschöpften sich bei den drei Erwerbsgeschäften nicht in einer untergeordneten Hilfstätigkeit. Er beteiligte sich nicht
  119. nur unmittelbar an der Abwicklung der Heroinankäufe, indem er jeweils vom
  120. Lieferanten das Rauschgift abholte und dessen Transport zu der Lagerstätte
  121. durchführte, von der aus der Weiterverkauf stattfand. Vielmehr führte der Angeklagte während der Auslandsabwesenheit seines Cousins als dessen Statthalter die Rauschgiftgeschäfte und wurde hierfür umsatzunabhängig entlohnt. Weiter war er durch seine Einbindung in das Absatzsystem seines Cousins auch
  122. -7-
  123. unmittelbar an dessen Rauschgiftverkäufen beteiligt, wenngleich das Landgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, in welchem Umfang die von dem
  124. Angeklagten veräußerte Heroingesamtmenge aus den drei von ihm abgewickelten Lieferungen stammte. Zudem hatte er aufgrund seiner erheblichen Gewinnbeteiligung auch ein großes finanzielles Interesse am Gelingen der gesamten
  125. Umsatzgeschäfte seines Cousins. Auch hat er - seinem den Feststellungen zugrunde liegenden Geständnis zufolge - selbstständig entscheiden können,
  126. wann er Heroin habe verkaufen wollen. Danach ist von den Feststellungen eine
  127. täterschaftliche Begehungsweise des Angeklagten hinreichend belegt.
  128. Becker
  129. Fischer
  130. Berger
  131. Appl
  132. Krehl