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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. 1 StR 273/15
  4. vom
  5. 1. Dezember 2015
  6. in der Strafsache
  7. gegen
  8. wegen Steuerhinterziehung u.a.
  9. ECLI:DE:BGH:2015:011215B1STR273.15.0
  10. -2-
  11. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Dezember 2015 gemäß
  12. § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
  13. 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 16. Januar 2015 im Strafausspruch mit
  14. den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
  15. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
  16. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
  17. Gründe:
  18. 1
  19. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in vier
  20. Fällen jeweils in Tateinheit mit zwei weiteren Fällen der Steuerhinterziehung
  21. sowie wegen Steuerhinterziehung in vier weiteren Fällen und wegen versuchter
  22. Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
  23. 2
  24. Seine auf Verfahrensbeanstandungen und die ausgeführte Sachrüge
  25. gestützte Revision erzielt lediglich den aus der Beschlussformel ersichtlichen
  26. Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von
  27. § 349 Abs. 2 StPO.
  28. -3-
  29. 3
  30. 1. Ein Verfahrenshindernis besteht nicht.
  31. 4
  32. Soweit die Revision ein solches auf die Erwägung stützen wollte, das Urteil beziehe sich auch auf Betriebsausgaben im Zusammenhang mit einem von
  33. dem Angeklagten genutzten Pkw Rolls Royce Ghost, obwohl der betreffende
  34. Sachverhalt nicht Gegenstand von Anklage und Eröffnungsbeschluss gewesen
  35. sei, dringt dies nicht durch. Die mit dem Fahrzeug zusammenhängenden Kosten waren in den Körperschaft-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuererklärungen
  36. der E.
  37. E.
  38. GmbH (nachfolgend: E.
  39. GmbH) für
  40. den Veranlagungszeitraum 2011 enthalten. Damit sind die den Pkw Rolls Royce für diesen Veranlagungszeitraum betreffenden tatsächlichen Umstände Gegenstand der entsprechenden prozessualen Tat (§ 264 StPO) und mithin Verfahrensgegenstand. Denn Tat in diesem Sinne ist der vom Eröffnungsbeschluss betroffene geschichtliche Lebensvorgang einschließlich aller damit zusammenhängenden oder darauf bezogenen Vorkommnisse und tatsächlichen
  41. Umstände, die geeignet sind, das in diesen Bereich fallende Tun des Angeklagten unter irgendeinem rechtlichen Gesichtspunkt als strafbar erscheinen zu lassen
  42. (st.
  43. Rspr.;
  44. siehe
  45. nur
  46. BGH,
  47. Urteil
  48. vom
  49. 11. September
  50. 2007
  51. – 5 StR 213/07, NStZ 2008, 411, 412; BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2015
  52. – 1 StR 256/15 Rn. 23). Dazu gehören die fraglichen, als Betriebsausgaben
  53. geltend gemachten Aufwendungen für das Leasing des Fahrzeugs sowie dessen Reparatur.
  54. 5
  55. Aus einer Verfahrensstoffbeschränkung gemäß § 154a Abs. 2 StPO folgt
  56. kein Verfahrenshindernis. Von der Verfolgung ausgenommene Tatteile oder
  57. Gesetzesverletzungen einschließlich des zugehörigen Tatsachenstoffs bleiben
  58. Verfahrensgegenstand (BGH, Urteil vom 12. August 1980 – 1 StR 422/80,
  59. BGHSt 29, 315, 316; Radtke in Radtke/Hohmann, StPO, § 154a Rn. 34 mwN).
  60. -4-
  61. 6
  62. 2. Die Verfahrensbeanstandungen haben aus den Gründen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Erfolg.
  63. 7
  64. 3. Sämtliche Schuldsprüche, sowohl hinsichtlich der die Hinterziehung
  65. von Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuer zugunsten der E.
  66. GmbH als
  67. auch der die (teils lediglich versuchte) Hinterziehung von Einkommensteuer
  68. zugunsten des Angeklagten betreffenden Taten, werden durch die insoweit
  69. rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen getragen.
  70. 8
  71. a) Die Angriffe der Revision auf die den Schuldsprüchen zugrunde liegende Beweiswürdigung erschöpfen sich in dem revisionsrechtlich unbeachtlichen Unterfangen, die tatrichterliche Beweiswürdigung durch eine eigene, teils
  72. zudem auf urteilsfremdes Vorbringen gestützte Würdigung zu ersetzen.
  73. 9
  74. b) Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen begegnet es im
  75. rechtlichen Ausgangspunkt keinen Bedenken, dass das Landgericht die in den
  76. verfahrensgegenständlichen Veranlagungszeiträumen angefallenen Aufwendungen (Leasing-, Reparatur- und teils sonstige Unterhaltskosten) für die dem
  77. Angeklagten überlassenen Kraftfahrzeuge als verdeckte Gewinnausschüttungen gewertet hat. Dementsprechend hat es im Ansatz ohne Rechtsfehler auf
  78. der Ebene der E.
  79. winn der E.
  80. GmbH die ermittelten Brutto-Fahrzeugkosten als den Ge-
  81. GmbH erhöhend (nachfolgend aa) und auf der Ebene des Ange-
  82. klagten als Gesellschafter die tatsächlich von der Gesellschaft getragenen Aufwendungen für die Fahrzeuge als Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1
  83. Nr. 1 Satz 2 EStG) bewertet (nachfolgend bb).
  84. 10
  85. aa) Die Voraussetzungen von verdeckten Gewinnausschüttungen seitens der E. GmbH liegen nach den tatrichterlichen Feststellungen vor.
  86. -5-
  87. 11
  88. (1) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist unter einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG eine Vermögensminderung (oder verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die
  89. durch das Gesellschaftsverhältnis (mit-)veranlasst ist, sich auf die Höhe des
  90. Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG
  91. auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht;
  92. dabei muss die Unterschiedsbetragsminderung die objektive Eignung haben,
  93. beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2
  94. EStG auszulösen (etwa BFH, Urteile vom 3. Mai 2006 – I R 124/04, BFHE 214,
  95. 80; vom 23. Januar 2008 – I R 8/06, BFHE 220, 276 mwN und vom
  96. 22. Dezember 2012 – I R 47/10, GmbHR 2011, 601, 602). Eine Veranlassung
  97. durch das Gesellschaftsverhältnis ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn die
  98. Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter (oder einer diesem nahestehenden
  99. Person) einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht
  100. gewährt hätte (Fremdvergleich; vgl. etwa BFH, Urteile vom 23. Februar 2005
  101. – I R 70/04, BFHE 209, 252; vom 23. Januar 2008 – I R 8/06, BFHE 220, 276
  102. und vom 22. Dezember 2012 – I R 47/10, GmbHR 2011, 601, 602). Die Nutzung eines der Gesellschaft gehörenden Fahrzeugs durch einen Gesellschafter
  103. ist dementsprechend regelmäßig nur dann betrieblich veranlasst, wenn diese
  104. durch eine fremdübliche Überlassungs- oder Nutzungsvereinbarung abgedeckt
  105. ist (BFH, Urteil vom 23. Januar 2008 – I R 8/06, BFHE 220, 276).
  106. 12
  107. Von diesen Grundsätzen ist das Landgericht erkennbar ausgegangen.
  108. Es hat sich bei der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen der verdeckten Gewinnausschüttung von solchen – von ihm festgestellten – tatsächlichen Umständen leiten lassen, denen nach der Rechtsprechung der des Bundesfinanzhofs indizielle Bedeutung dafür zukommt, dass die Zuwendung eines
  109. -6-
  110. Vermögensvorteils durch die Gesellschaft an einen Gesellschafter einem
  111. Fremdvergleich nicht stand hält. Solche Umstände können hinsichtlich der
  112. Überlassung eines Kraftfahrzeugs u.a. die unbeschränkte Zugriffsmöglichkeit
  113. darauf sowie die fehlende Führung eines Fahrtenbuchs sein (vgl. etwa BFH,
  114. Beschlüsse vom 13. April 2005 – VI B 59/04, BFH/NV 2005, 1300 und vom
  115. 27. Oktober 2005 – VI B 43/05, BFH/NV 2006, 292; BFH, Urteile vom
  116. 7. November 2006, VI R 19/05, BFHE 215, 256 und vom 23. Januar 2008 – I R
  117. 8/06, BFHE 220, 276 mwN). Zudem geht die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs von einer verdeckten Gewinnausschüttung in Fällen der Nutzung eines „Betriebs-Pkws“ der Gesellschaft durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer ohne eine entsprechende Gestattung der Gesellschaft aus (siehe nur
  118. BFH, Urteil vom 23. Januar 2008 – I R 8/06, BFHE 220, 276 mit zahlr. Nachw.).
  119. 13
  120. Die vom Landgericht festgestellten Umstände belegen nach dem maßgeblichen Fremdvergleich verdeckte Gewinnausschüttungen an den Angeklagten als Gesellschafter dem Grunde nach ohne Weiteres. Eine unentgeltliche
  121. Nutzungsüberlassung von Fahrzeugen mit den jeweils sehr hohen Werten der
  122. hier fraglichen Personenkraftwagen und den damit einhergehenden Aufwendungen, um die Nutzung zu ermöglichen, an einen Nichtgesellschafter ist mit
  123. der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters schlechterdings unvereinbar. Darüber hinaus wird die rechtliche Bewertung der Strafkammer auch durch Vorliegen derjenigen Umstände gestützt, die in der Gesellschafter-Geschäftsführer betreffenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs
  124. als Beweisanzeichen für eine verdeckte Gewinnausschüttung anerkannt sind
  125. und die auch für Zuwendungen an einen Gesellschafter ohne Geschäftsführerposition fruchtbar gemacht werden können. Dazu gehört vorliegend nach den
  126. Feststellungen u.a. das Fehlen jeglicher Vereinbarung zwischen der E.
  127. GmbH und dem Angeklagten über Art und Umfang der Fahrzeugnutzung, das
  128. -7-
  129. Fehlen von Fahrtenbüchern sowie dasjenige eines über die Gesellschafterstellung hinausgehenden Beschäftigungsverhältnisses mit der Gesellschaft und die
  130. völlig unterschiedslose Nutzung der fraglichen Fahrzeuge mit privaten Kraftfahrzeugen des Angeklagten.
  131. 14
  132. (2) Auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen ist auch in
  133. sämtlichen Fällen der Hinterziehung von Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuer zugunsten der E.
  134. GmbH der Eintritt eines Hinterziehungserfolges
  135. (§ 370 Abs. 4 AO) belegt. Dass durch die E.
  136. GmbH gewinnmindernd geltend
  137. gemachte Aufwendungen für die von dem Angeklagten genutzten Fahrzeuge
  138. vollständig betrieblich veranlasst sein könnten und deshalb ein Hinterziehungserfolg nicht eingetreten wäre, ist nach rechtsfehlerfreien Feststellungen ausgeschlossen.
  139. 15
  140. bb) Die verdeckten Gewinnausschüttungen seitens der E.
  141. GmbH an
  142. den Angeklagten als ihren Gesellschafter führen bei diesem zu einem sonstigen Bezug im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG (vgl. BFH, Urteil vom
  143. 23. Januar 2008 – I R 8/06, BFHE 220, 276; siehe auch Saarl. FG, Beschluss
  144. vom 7. Januar 2015 – 1 V 1407/14 Rn. 18 ff.). Diese Einkünfte hat der Angeklagte in seinen Einkommensteuererklärungen nicht angegeben. Dadurch ist es
  145. in den Veranlagungszeiträumen 2007 bis 2009 zu der Hinterziehung von Einkommensteuer (einschließlich Solidaritätszuschlag) gekommen. Für die Veranlagungszeiträume 2010 und 2011 ist ein Hinterziehungserfolg ausgeblieben,
  146. weil keine Einkommensteuerbescheide ergangen sind (UA S. 24). Aus den zu
  147. der Hinterziehung von Steuern zugunsten der E.
  148. GmbH genannten Gründen
  149. ist auf der Grundlage der Feststellungen das vollständige Fehlen eines Hinterziehungserfolges für die Veranlagungszeiträume 2007 bis 2009 auszuschließen. Die jeweiligen Schuldsprüche sind daher rechtsfehlerfrei.
  150. -8-
  151. 16
  152. 4. Die Aussprüche über die jeweiligen Einzelstrafen und in der Folge
  153. auch der Gesamtstrafenausspruch halten dagegen rechtlicher Überprüfung
  154. nicht in jeder Hinsicht stand.
  155. 17
  156. Das Landgericht ist zwar hinsichtlich der Feststellungen zur Höhe der
  157. jeweiligen Hinterziehungsbeträge bzw. der vom Angeklagten erstrebten Hinterziehung in den beiden Fällen der versuchten Hinterziehung von Einkommensteuer von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen (nachfolgend a).
  158. Soweit es allerdings im Rahmen der Bestimmung der Höhe der hinterzogenen
  159. Beträge für sämtliche betroffenen Fahrzeuge und alle verfahrensgegenständlichen Veranlagungszeiträume eine ausschließlich private Nutzung durch den
  160. Angeklagten zugrunde gelegt hat, ist eine solche nicht ausreichend beweiswürdigend belegt (nachfolgend b).
  161. 18
  162. a) Es ist im rechtlichen Ausgangspunkt nicht zu beanstanden, dass das
  163. Landgericht die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung auf der Gesellschaftsebene mittels einer Schätzung auf der Grundlage von jeweils 2/3 der in
  164. der Gesellschaft insgesamt tatsächlich angefallenen Kosten für die Fahrzeugnutzung unter Verzicht auf einen angemessenen Gewinnaufschlag (UA S. 53 f.)
  165. bestimmt hat (nachfolgend aa). Angesichts von der Strafkammer rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellung, dass von den in der E.
  166. GmbH für sämtliche
  167. Fahrzeuge steuerlich geltend gemachten Leasingkosten 75 % bis 96 % auf die
  168. verfahrensgegenständlichen Luxusfahrzeuge entfallen sind (UA S. 53), liegt
  169. eine für den Angeklagten besonders günstige Schätzung des Kostenanteils der
  170. fraglichen Fahrzeuge an den Gesamtfahrzeugkosten in der GmbH vor.
  171. 19
  172. Auf der Gesellschafterebene ist es ebenso wenig zu beanstanden, dass
  173. die Strafkammer die insoweit zu berücksichtigenden Einkünfte des Angeklagten
  174. für die Veranlagungszeiträume 2007 und 2008 nach dem Halbeinkünfteverfah-
  175. -9-
  176. ren (vgl. § 3 Nr. 40 EStG) sowie für die Zeiträume 2009 bis 2011 nach dem
  177. Teileinkünfteverfahren bestimmt hat (nachfolgend bb).
  178. 20
  179. aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist eine verdeckte
  180. Gewinnausschüttung in Konstellationen vertrags- bzw. abredewidriger privater
  181. Nutzung von als Dienstfahrzeugen überlassenen Pkw's auf der Ebene der Kapitalgesellschaft nicht mit dem lohnsteuerrechtlichen Wert (1 % des Listenpreises
  182. des Fahrzeugs; § 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) zu bewerten. Der dem Gesellschafter (oder einem Dritten) eingeräumte Vorteil ist
  183. vielmehr ausschließlich nach Fremdvergleichsmaßstäben zu bewerten, was in
  184. der Regel zum Ansatz des gemeinen Wertes führe und damit einen angemessenen Gewinnaufschlag einbeziehe (etwa BFH, Urteil vom 23. Januar 2008
  185. – I R 8/06, BFHE 220, 276; BFH, Beschluss vom 22. Dezember 2010 – I R
  186. 47/10, BFH/NV 2011, 1019; siehe auch Saarl. FG, Beschluss vom 7. Januar
  187. 2015 – 1 V 1407/14 Rn. 20 mwN sowie Pfützenreuther jurisPR-SteuerR
  188. 29/2009 Anm. 3).
  189. 21
  190. Den „gemeinen Wert“ des Vorteils hat das Landgericht vorliegend im
  191. Ausgangspunkt rechtsfehlerfrei anhand derjenigen aufgewendeten Kosten bestimmt, die mit der hier allein maßgeblichen Einräumung der Nutzungsmöglichkeit der Fahrzeuge in Gestalt vor allem der Leasingraten und Reparaturkosten
  192. verbunden waren. Da die Zuordnung der tatsächlich bei der E.
  193. GmbH ange-
  194. fallenen Kosten nach der Buchhaltung des Unternehmens nicht eindeutig den
  195. einzelnen von dem Angeklagten genutzten Fahrzeugen zugeordnet werden
  196. konnte, war das Landgericht zu einer Schätzung bezüglich der für das jeweilige
  197. Fahrzeug getätigten Aufwendungen berechtigt. Dass es lediglich von jeweils
  198. 2/3 der festgestellten tatsächlichen Kosten ausgegangen und auf einen ange-
  199. - 10 -
  200. messenen Gewinnaufschlag verzichtet hat, wirkt sich ersichtlich nicht zu Lasten
  201. des Angeklagten aus.
  202. 22
  203. bb) Es bestehen keine rechtlichen Bedenken, die Höhe der Einkünfte
  204. des Angeklagten aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG
  205. als sonstige Bezüge in Gestalt der verdeckten Gewinnausschüttungen ebenfalls nach Fremdvergleichsmaßstäben und damit im Gleichlauf mit der Wertbestimmung bei der Gesellschaft vorzunehmen (Saarl. FG, Beschluss vom
  206. 7. Januar 2015 – 1 V 1407/14 Rn. 21). Eine Bewertung der Einkünfte auf der
  207. Grundlage der sog. 1 %-Regelung gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1
  208. Nr. 4 Satz 2 EStG kommt in der hier vorliegenden Konstellation der zumindest
  209. ganz überwiegenden privaten Nutzung von Kraftfahrzeugen nicht in Betracht
  210. (zutreffend Saarl. FG, Beschluss vom 7. Januar 2015 – 1 V 1407/14 Rn. 29
  211. bzgl. der Nutzung durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer). Die insoweit
  212. rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts belegen zumindest eine
  213. ganz überwiegend private Nutzung (siehe aber nachfolgend b) der hier fraglichen Fahrzeuge durch den Angeklagten.
  214. 23
  215. b) Die Beweiswürdigung des Landgerichts trägt allerdings nicht die Feststellung, sämtliche der fraglichen Fahrzeuge seien in allen verfahrensgegenständlichen Veranlagungszeiträumen ausschließlich durch den Angeklagten
  216. privat genutzt worden. Ausweislich der Urteilsgründe betreibt die E.
  217. GmbH
  218. u.a. drei FKK-Klubs an drei unterschiedlichen Orten sowie eine Werbeagentur,
  219. die sich mit der Beratung von Sauna- und Wellnessclubs, Bordellen und bordellähnlichen Betrieben (UA S. 15) beschäftigt. Die vom Tatrichter herangezogenen Beweisanzeichen (vor allem UA S. 35 ff.) hat dieser zwar im rechtlichen
  220. Ausgangspunkt ohne Rechtsfehler in der Beweiswürdigung als für eine private
  221. Nutzung sprechend gewertet. Allerdings ergeben sich bereits aus dem ausge-
  222. - 11 -
  223. übten Unternehmenszweck, der Belegenheit der von der GmbH betriebenen
  224. Klubs und vor allem dem Zuschnitt der Werbeagenturtätigkeit Anhaltspunkte
  225. dafür, dass ein gewisser Teil der auf die Fahrzeuge entfallenden Kosten betriebliche Aufwendungen darstellen können. Insoweit legt die Strafkammer ihrer
  226. Beweiswürdigung zugrunde nicht ausschließen zu können, dass der Angeklagte tatsächlich Klubs beraten und die E.
  227. GmbH dafür eine Vergütung – er-
  228. sichtlich gemeint: von Seiten der Beratenen – erhalten hat (UA S. 42). Da sich
  229. aus dem Urteil nicht ergibt, dass zur Ausübung dieser Tätigkeit andere Fahrzeuge als die hier fraglichen Luxusfahrzeuge zur Verfügung standen, genügt
  230. die Beweiswürdigung als Grundlage für den Schluss auf eine ausschließlich
  231. private Nutzung sämtlicher Fahrzeuge nicht.
  232. 24
  233. Dieser Mangel wirkt sich allein auf die Bestimmung der Höhe der auf
  234. Seiten der E.
  235. GmbH und des Angeklagten jeweils zu berücksichtigenden
  236. verdeckten Gewinnausschüttungen und damit auf die Höhe der jeweiligen Hinterziehungsbeträge aus. Da das Landgericht sich bei der Bemessung der Einzelstrafen, wie an den jeweiligen Relationen erkennbar ist, an der Höhe der
  237. Hinterziehungsbeträge (bzw. der erstrebten) orientiert hat, vermag der Senat
  238. trotz der für den Angeklagten sehr günstigen Schätzung der Besteuerungsgrundlagen (oben Rn. 21) nicht auszuschließen, dass die Strafkammer jeweils
  239. geringere Einzelstrafen verhängt hätte, wenn sie wegen der Annahme einer
  240. gewissen betrieblichen Nutzung der fraglichen Fahrzeuge zu niedrigen Kosten
  241. für die Nutzung der Fahrzeuge gelangt wäre. Damit entfällt auch die Gesamtstrafe.
  242. 25
  243. Der Senat hebt wegen der Verknüpfung zwischen der jeweiligen Höhe
  244. des Hinterziehungsbetrages und der Strafzumessung die dem Strafausspruch
  245. zugrunde liegenden Feststellungen insgesamt auf (§ 353 Abs. 2 StPO), um
  246. - 12 -
  247. dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie Feststellungen zu den Hinterziehungsbeträgen zu ermöglichen.
  248. 26
  249. 5. Sollte der neue Tatrichter eine gewisse betriebliche Nutzung der geleasten Fahrzeuge in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen nicht auszuschließen vermögen, den Umfang einer solchen Nutzung und die darauf entfallenden Kosten aber nicht im Einzelnen feststellen können, kommt eine Schätzung der entsprechenden Kosten in Betracht. Dabei wird angesichts der Höhe
  250. der Aufwendungen die Begrenzung des Betriebsausgabenabzugs gemäß § 4
  251. Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG (vgl. im hier relevanten Zusammenhang dazu BFH,
  252. Urteil vom 29. April 2014 – VIII R 20/12, BFHE 245, 338) berücksichtigt werden
  253. dürfen.
  254. Raum
  255. Graf
  256. Radtke
  257. Jäger
  258. Fischer