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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- 1 StR 157/10
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- 29. Juni 2010
- in der Strafsache
- gegen
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- wegen Diebstahls u.a.
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- Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Juni 2010 beschlossen:
- Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
- Würzburg vom 29. Oktober 2009 wird verworfen.
- Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
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- Gründe:
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- Der Angeklagte wurde wegen Diebstahls in 19 Fällen und versuchten
- Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Seine auf die zu einer Tat
- näher ausgeführte Sachrüge und auf zwei den Strafausspruch betreffende Verfahrensrügen gestützte Revision ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
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- 1. In einem Fall haben der Angeklagte und ein Mittäter aus einem fremden Pkw arbeitsteilig mehrere Geräte ausgebaut und unter sich aufgeteilt. Der
- Angeklagte hat demgegenüber angegeben, er habe zwar in Kenntnis aller Umstände den Mittäter zum Tatort gefahren, dessen Tatbegehung abgesichert und
- einen Teil der Beute bekommen, aber nichts selbst ausgebaut. Es kann offen
- bleiben, ob diese im Urteil und von der Revision eingehend behandelte Differenz
- für den Strafausspruch oder sogar für den Schuldspruch bedeutsam sein könnte,
- da die Beweiswürdigung entgegen der Auffassung der Revision rechtsfehlerfrei
- ist. Die Feststellungen beruhen auf den Angaben des Mittäters, dessen Angaben
- sich auch in einem anderen vom Angeklagten nicht eingeräumten Fall im Blick
- auf die Aussagen eines weiteren Mittäters als zutreffend erwiesen haben. Soweit
- ergänzend ausgeführt ist, der Angeklagte sei nicht der „Typ“, der abseits des
- Tatorts wartet, ist mit dieser umgangssprachlich formulierten Erwägung offen-
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- sichtlich auf die zu den übrigen Taten gewonnenen Erkenntnisse verwiesen.
- Auch sonst ist der Schuldspruch rechtsfehlerfrei.
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- 2. Gleiches gilt für den Strafausspruch. Zum Revisionsvorbringen bemerkt der Senat:
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- Hinsichtlich der dem Angeklagten in mehreren Fällen tateinheitlich zum
- Diebstahl zur Last gelegten Sachbeschädigung wurde in der Hauptverhandlung
- gemäß § 154a StPO verfahren. Die vom Angeklagten verschuldeten Schäden
- sind trotzdem ausdrücklich strafschärfend berücksichtigt. In diesem Zusammenhang macht die Revision mehrere Mängel geltend:
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- a) Der Angeklagte sei nicht auf die mögliche strafschärfende Bewertung
- der Sachschäden hingewiesen worden.
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- b) In zwei Fällen seien die Schäden näher festgestellt und quantifiziert
- worden. Sachbeschädigung habe dem Angeklagten aber nicht nur in diesen,
- sondern auch in weiteren Fällen zur Last gelegen; da die Schäden strafschärfend
- berücksichtigt seien, sei zu besorgen, dass dies sämtliche gemäß § 154a StPO
- behandelten Schäden betreffe, auch soweit sie in den Urteilsgründen nicht überprüfbar dargelegt seien.
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- 3. Dieses Vorbringen bleibt erfolglos.
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- a) Der Vortrag zu dem unterbliebenen Hinweis ist widersprüchlich (1); der
- Hinweis wurde erteilt (2).
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- (1) Bei den Ausführungen zur unzulänglichen Darlegung der Schäden in
- den Urteilsgründen heißt es, dieser Mangel sei „unabhängig davon, ob
- dass
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- bzw.
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- (Hervorhebung hier vorgenommen) die Kammer hinsichtlich der ausge-
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- schiedenen Tatteile einen solchen Hinweis <gemeint: auf die mögliche strafschärfende Bewertung> gegeben hat“.
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- Es ist als sowohl vorgetragen, dass der Hinweis nicht erteilt wurde, als
- auch, dass er doch erteilt wurde. In tatsächlicher Hinsicht widersprüchliches Vorbringen innerhalb der Revisionsbegründung - sei es auch in unterschiedlichen
- Zusammenhängen - kann aber schon im Ansatz nicht Grundlage einer erfolgreichen Verfahrensrüge sein (BGH NStZ 2008, 353; b. Sander/Cirener NStZ-RR
- 2008, 1). Die auf den angeblich unterbliebenen Hinweis gestützte Rüge geht daher fehl, ohne dass es auf weiteres noch ankäme.
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- (2) Die Rüge bliebe aber auch sonst erfolglos. Aus dem Protokoll der
- Hauptverhandlung ergibt sich zu dem Hinweis nichts, im Urteil heißt es, der Vorsitzende habe den Hinweis erteilt. Die Revision ist im Kern darauf gestützt, ein
- solcher Hinweis sei als wesentliche Verfahrensförmlichkeit gemäß § 274 StPO
- nur durch das Hauptverhandlungsprotokoll beweisbar (so ohne nähere Begründung auch OLG München NJW 2010, 1826, 1827; OLG Hamm NStZ-RR 2003,
- 368; Beulke in Löwe/Rosenberg StPO 26. Aufl. § 154 Rdn. 59), nicht aber durch
- die Urteilsgründe (BGH NJW 1976, 977, 978; Meyer-Goßner StPO 53. Aufl.
- § 274 Rdn. 3 m.w.N.). Der Senat teilt diese Auffassung nicht. Ein nach Maßgabe
- des Einzelfalls erforderlicher (vgl. BGH NStZ 2004, 277, 278 m.w.N.) Hinweis auf
- die beabsichtigte Verwertung von gemäß §§ 154, 154a StPO ausgeschiedenem
- Verfahrensstoff bei der Beweiswürdigung oder Strafzumessung ist keine wesentliche Verfahrensförmlichkeit. Er betrifft die Tatsachengrundlage des Urteils. Bei
- einem anderweit erforderlichen Hinweis auf wesentliche Änderungen in tatsächlicher Hinsicht (§ 265 StPO) handelt es sich regelmäßig nicht um eine wesentliche
- Verfahrensförmlichkeit (vgl. zusammenfassend Stuckenberg in KMR § 265 StPO
- Rdn. 57, 61 ff. m.w.N.). Für den hier in Rede stehenden, ebenfalls Tatsachen
- betreffenden Hinweis kann nichts anderes gelten (vgl. Rieß NStZ 1987, 134, 135
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- <Anm. zu BGH aaO 134>; Schimansky MDR 1986, 283; im Ergebnis ebenso
- Pelchen JR 1986, 166, 167). Auch wenn die Aufnahme eines solchen Hinweises
- in das - zur Dokumentation von Verfahrensgeschehen eher als das Urteil geeignete - Hauptverhandlungsprotokoll dennoch zweckmäßig ist (vgl. Schimansky
- aaO 284), ist dieses also nicht das einzig zulässige Beweismittel. Angesichts der
- Urteilsgründe ist auch unter Berücksichtigung des Revisionsvorbringens nicht
- zweifelhaft, dass der Hinweis hier erteilt wurde.
- b) Es ist auch nicht ersichtlich, dass im Urteil weder dem Grunde noch der
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- Höhe nach festgestellte Schäden strafschärfend berücksichtigt wurden. Allein
- daraus, dass dem Angeklagten nicht nur in den Fällen, in denen Schäden festgestellt sind, ebenfalls gemäß § 154a Abs. 2 StPO behandelte Schäden zur Last
- lagen, folgt dies nicht. Erhärtet wird dies dadurch, dass die ausdrücklich am jeweiligen Beutewert orientierten Einzelstrafen trotz einer gegenüber sonstigen
- Taten nicht wertvolleren Beute in den Fällen etwas höher sind, in denen zusätzlich noch Schäden ausdrücklich festgestellt und strafschärfend bewertet sind.
- Nack
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- Wahl
- Jäger
-
- Graf
- Sander
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