You can not select more than 25 topics Topics must start with a letter or number, can include dashes ('-') and can be up to 35 characters long.

292 lines
16 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XII ZR 236/03
  5. Verkündet am:
  6. 14. Dezember 2005
  7. Breskic,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk: ja
  13. BGHZ:
  14. nein
  15. BGHR:
  16. ja
  17. BGB § 305 c Abs. 2; AGBG § 5
  18. Zur Anwendung des § 5 AGBG, wenn unklar bleibt, ob eine automatische Verlängerungsklausel erst nach Ausübung aller Verlängerungsoptionen des Mieters oder auch schon zuvor Anwendung findet.
  19. BGH, Urteil vom 14. Dezember 2005 - XII ZR 236/03 - OLG Karlsruhe
  20. LG Offenburg
  21. -2-
  22. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  23. vom 14. Dezember 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter
  24. Sprick, Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose
  25. für Recht erkannt:
  26. Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des
  27. 14. Zivilsenats in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom
  28. 7. November 2003 aufgehoben und das Urteil der 3. Zivilkammer
  29. des Landgerichts Offenburg vom 8. Januar 2002 abgeändert.
  30. Es wird festgestellt, dass das Mietverhältnis zwischen den Parteien über die Räumlichkeiten in der R.
  31. … O.
  32. Straße …
  33. in
  34. nicht durch Ablauf der (um einen einmaligen Op-
  35. tionszeitraum von fünf Jahren verlängerten) festen Mietzeit zum
  36. 31. August 2001 geendet hat, sondern darüber hinaus fortbesteht.
  37. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  38. Von Rechts wegen
  39. Tatbestand:
  40. 1
  41. Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein gewerbliches Mietverhältnis fortbesteht.
  42. 2
  43. Mit schriftlichem Vertrag vom 29. August 1985 vermietete die Rechtsvorgängerin der Klägerin der Beklagten noch zu erstellende Gewerberäume in O.
  44. -3-
  45. § 3 des von der Beklagten gestellten Formularmietvertrages lautet wie
  46. 3
  47. folgt:
  48. "(1) Die Mietzeit beginnt mit der Übernahme des schlüsselfertigen Mietobjekts am 1.9.1986 und beträgt 10 Jahre. …
  49. (2) Der Mieter ist berechtigt, durch schriftliche Erklärung, die dem Vermieter spätestens 6 Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses zugehen muss, die Verlängerung des Mietverhältnisses um 5 Jahre zu verlangen (Option). Dieses Recht kann der Mieter viermal ausüben.
  50. (3) Nach Ablauf der Mietzeit (einschließlich der Optionszeiträume) verlängert sich das Mietverhältnis jeweils um 5 Jahre, falls es nicht seitens
  51. einer Vertragspartei spätestens 12 Monate vor seiner Beendigung gekündigt wird."
  52. Mit Schreiben vom 5. Januar 1996 übte die Beklagte ihr Optionsrecht
  53. 4
  54. aus, weshalb sich das Mietverhältnis bis zum 31. August 2001 verlängerte. Eine
  55. weitere Optionserklärung gab die Beklagte nicht ab. Sie ist der Ansicht, das
  56. Mietverhältnis sei mit dem 31. August 2001 beendet.
  57. Die Klägerin meint demgegenüber, dass sich das Mietverhältnis nach § 3
  58. 5
  59. Abs. 3 des Mietvertrages bis zum 31. August 2006 verlängert habe, da keine
  60. Vertragspartei spätestens zwölf Monate vor dem 31. August 2001 gekündigt
  61. habe.
  62. 6
  63. Das Landgericht hat die Klage auf Feststellung, dass das Mietverhältnis
  64. zwischen den Parteien über den 1. September 2001 hinaus bestehe, abgewiesen. Die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil hat das Oberlandesgericht
  65. zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
  66. -4-
  67. Entscheidungsgründe:
  68. 7
  69. Die Revision der Klägerin hat Erfolg und führt zur Feststellung, dass das
  70. Mietverhältnis der Parteien über den 1. September 2001 hinaus fortbesteht.
  71. 8
  72. 1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, das Mietverhältnis zwischen
  73. den Parteien sei mit Ablauf des 31. August 2001 beendet. Zu diesem Zeitpunkt
  74. sei die in § 3 Abs. 1 und 2 des Mietvertrages vereinbarte Grundmietzeit von
  75. zehn Jahren zuzüglich eines einmaligen Optionszeitraums von fünf Jahren abgelaufen, ohne dass es einer vorherigen "Kündigung" des Vertragsverhältnisses
  76. durch die Parteien bedurft habe. Das Optionsrecht nach § 3 Abs. 2 des Vertrages habe die Beklagte nur einmal ausgeübt. Die in § 3 Abs. 3 vereinbarte Verlängerungsklausel sei damit noch nicht anwendbar. Das ergebe eine Auslegung
  77. dieser Bestimmung. Bei § 3 Abs. 3 des Mietvertrages handele es sich um eine
  78. von der Mieterin gestellte und von der Unternehmensgruppe T. für eine Vielzahl
  79. von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung im Sinne von § 1 AGBG. Die
  80. Auslegung sei nach den allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 BGB dahin vorzunehmen, dass die Verlängerungsklausel nicht schon nach Ablauf der fest
  81. vereinbarten Mietzeit von 10 Jahren, sondern erst nach dieser zuzüglich der
  82. vier Optionszeiträume, also erst 30 Jahre nach Mietbeginn, zur Anwendung
  83. komme. Die Voraussetzungen des § 5 AGBG seien nicht erfüllt, weil nur eine
  84. einzige Auslegung vertretbar sei. Der Wortlaut führe allerdings zu keinem eindeutigen Ergebnis. Zwar lege die Formulierung "nach Ablauf der Mietzeit (einschließlich der Optionszeiträume) …" ein Verständnis nahe, dass damit der
  85. nach Ausübung aller der Mieterin vertraglich eingeräumten Optionsrechte verstrichene Zeitraum gemeint sei. Indessen erscheine aber auch eine Interpretation dahin möglich, dass die Verlängerungsklausel sowohl für die fest vereinbarte
  86. Mietzeit von zehn Jahren als auch für aufgrund Optionsausübung begründete
  87. weitere Vertragsabschlüsse gelten solle.
  88. -5-
  89. 9
  90. Lasse der Wortlaut mehrere Auslegungsmöglichkeiten zu, so sei derjenigen der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und
  91. den Interessen beider Vertragsparteien gerecht werdenden Ergebnis führe.
  92. Dem entspreche allein das Verständnis der Beklagten. Die Kumulation von Verlängerungsklausel, Kündigungsmöglichkeit zum Ablauf der festen Mietzeit für
  93. beide Parteien und Optionsrechte könne bei Vereinbarung einer festen Mietzeit
  94. zwar sinnvoll sein, weil sie dem Mieter die Möglichkeit gebe, durch seine Optionserklärung die Beendigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter zu
  95. verhindern. Entgegen der Auffassung des Klägers sei eine solche Kumulation
  96. aber nicht immer sinnvoll und im Zweifel nicht gewollt. Bei der hier vorliegenden
  97. Vertragsgestaltung führe sie zu Widersprüchlichkeiten, weil für beide Parteien
  98. die Frist nach § 3 Abs. 3 12 Monate, die Frist für die Option des Mieters nach
  99. § 3 Abs. 2 nur sechs Monate betrage. Lasse man die Verlängerungsklausel bereits nach Ablauf der zunächst vereinbarten Mietzeit von zehn Jahren und nicht
  100. erst nach Ablauf der Mietzeit zuzüglich der Optionszeiträume eingreifen, werde
  101. der Mieterin die in § 3 Abs. 2 eingeräumte Möglichkeit genommen, sich erst
  102. sechs Monate vor Ablauf der Mietzeit zu entscheiden, ob sie von ihrem Optionsrecht Gebrauch machen wolle oder nicht. Bei Unentschiedenheit werde sie gezwungen, vorsorglich bereits zwölf Monate vor dem vereinbarten Vertragsende
  103. einer Verlängerung des Mietvertrages zu widersprechen, um ein möglicherweise gegen ihren Willen erfolgendes Wirksamwerden der Verlängerungsklausel
  104. nach § 3 Abs. 3 des Vertrages zu verhindern. Entscheide sie sich später dann
  105. für eine Verlängerung des Vertrages und übe sie ihr Optionsrecht nach § 3
  106. Abs. 2 aus, laufe sie Gefahr, dass ihr die Einrede widersprüchlichen Verhaltens
  107. entgegengesetzt werde.
  108. 10
  109. 2. Die Auslegung des Berufungsgerichts hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
  110. -6-
  111. 11
  112. a) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts
  113. handelt es sich bei der Regelung in § 3 Abs. 3 des Mietvertrages um eine vorformulierte Vertragsbedingung im Sinne von § 1 AGBG, die von der Unternehmensgruppe T. für eine Vielzahl von Verträgen verwendet worden ist. Der Senat kann die Klausel selbst auslegen, ohne dass es darauf ankommt, ob die
  114. Unternehmensgruppe die Klausel über den Bezirk des Oberlandesgerichts hinaus verwendet hat, da nunmehr auch gegen Berufungsurteile der Landgerichte
  115. eine Revision stattfinden kann (vgl. Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04 - NJW
  116. 2005, 2919, 2921).
  117. 12
  118. b) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass bei der Auslegung vorformulierter Vertragsbedingungen die allgemeinen Regeln der §§ 133,
  119. 157 BGB gelten (MünchKomm/Basedow AGB-Gesetz 4. Aufl. § 5 Rdn. 1) und
  120. in erster Linie vom Wortlaut der Erklärung auszugehen ist (Palandt/Heinrichs
  121. BGB 65. Aufl. § 133 Rdn. 14 m.w.N.). Dem Berufungsgericht ist auch darin zu
  122. folgen, dass der Wortlaut hier zu keinem eindeutigen Ergebnis führt. Die Formulierung "nach Ablauf der Mietzeit (einschließlich der Optionszeiträume)" lässt
  123. die Auslegung zu, dass es erst nach Ausübung aller der Mieterin eingeräumter
  124. Optionsmöglichkeiten (hier also nach 30 Jahren Vertragslaufzeit) zu einer Verlängerung des Mietvertrages nach Abs. 3 kommen soll. Aber auch die Meinung,
  125. dass schon nach Ablauf der regulären Mietzeit von zehn Jahren sowie jeweils
  126. nach Ablauf einer der ersten drei Optionszeiträume eine Vertragsverlängerung
  127. gemäß Abs. 3 eintritt, wenn keine der Parteien ein Jahr vor Ablauf der Mietzeit
  128. die Beendigung erklärt, ist mit dem Wortlaut der Klausel ohne weiteres vereinbar. Lässt der Wortlaut mehrere Auslegungsmöglichkeiten zu, so ist, wie das
  129. Berufungsgericht richtig sieht, derjenigen der Vorzug zu geben, die zu einem
  130. vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragsparteien
  131. gerecht werdenden Ergebnis führt (Palandt/Heinrichs aaO Rdn. 18 m.w.N.).
  132. -7-
  133. 13
  134. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Anwendung der Verlängerungsklausel bereits nach Ablauf der regulären Mietzeit führe zu Widersprüchlichkeiten, die den Interessen der Parteien entgegenstünden, teilt der Senat
  135. jedoch nicht. Zwar trifft es zu, dass bei dieser Auslegung der Mieter bereits
  136. zwölf Monate vor dem vereinbarten Vertragsende eine Entscheidung treffen
  137. muss; auch kann es sein, dass ihm widersprüchliches Verhalten entgegengehalten wird, wenn er zunächst eine Verlängerung ablehnt, aber später seine
  138. Meinung ändert und von seinem Optionsrecht Gebrauch machen will. Das Berufungsgericht räumt bei seiner Interessenabwägung diesem Umstand aber ein
  139. Gewicht ein, das ihm bei ausgewogener Berücksichtigung der Interessen beider
  140. Parteien nicht zukommt.
  141. 14
  142. aa) Die Verlängerungsklausel mit der einjährigen "Kündigungsfrist" (§ 3
  143. Abs. 3) und die Optionsregelung mit der Sechsmonatsfrist (§ 3 Abs. 2) stehen
  144. selbständig nebeneinander. Insbesondere ist das Verlängerungsrecht in Abs. 3
  145. eigenständig und nicht als Unterfall des Optionsrechts geregelt. Dafür spricht
  146. bereits die Ausgestaltung beider Regelungen in jeweils selbständigen Absätzen. Aber auch inhaltlich beeinträchtigt die Verlängerungsklausel das Optionsrecht über den vom Berufungsgericht angeführten - eher seltenen und von der
  147. Mieterin beherrschbaren - Fall hinaus nicht. Vielmehr kann der Mieter nach Ablauf der Verlängerung das ihm eingeräumte Optionsrecht uneingeschränkt ausüben. Wenn die Vermieterin die Verlängerung nicht will und deshalb "kündigt",
  148. kommt das Optionsrecht zur Geltung. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung kann der Gesamtregelung auch nicht
  149. entnommen werden, dass der Mieter für jedwede Art der Vertragsverlängerung
  150. die Entscheidungsfreiheit bis sechs Monate vor Erreichen des regulären Vertragsendes haben sollte. Im Gegenteil müsste, käme die Verlängerungsklausel
  151. entsprechend der Auffassung des Berufungsgerichts erst nach Ablauf der gesamten Optionszeit zur Anwendung, der Mieter ebenfalls bereits ein Jahr vor
  152. -8-
  153. Ablauf entscheiden, ob er nach Ende des letzten Optionszeitraumes die Verlängerung will.
  154. 15
  155. bb) Der Senat sieht keine ins Gewicht fallende Beeinträchtigung der Interessen der Beklagten, wenn sie sich spätestens ein Jahr und nicht erst sechs
  156. Monate vor Ablauf der regulären Mietzeit entscheiden muss, ob sie eine automatische Verlängerung nach § 3 Abs. 3 verhindern will. Entscheidet sie sich
  157. gegen eine Beendigung und damit für die Verlängerung, wird der Mietvertrag
  158. um weitere fünf Jahre fortgesetzt und die Beklagte behält im Anschluss daran
  159. die Optionsmöglichkeit nach § 3 Abs. 2. Ein Nachteil kann ihr überhaupt nur
  160. entstehen, wenn sie sich zunächst gegen die Verlängerung ausspricht, aber
  161. später ihr Optionsrecht dennoch ausüben will. Vor den Folgen eines solchen
  162. widersprüchlichen Verhaltens muss sie jedoch nicht durch eine zu Lasten der
  163. Vermieterin gehende Interessenauslegung geschützt werden. Den vom Berufungsgericht geschilderten Entscheidungskonflikt im Falle der Unentschlossenheit kann die Beklagte ohne Schwierigkeiten bewältigen. So kann sie etwa dem
  164. Einwand widersprüchlichen Verhaltens dadurch vorbeugen, dass sie sich bei
  165. Ablehnung der Verlängerung nach § 3 Abs. 3 das Optionsrecht ausdrücklich
  166. vorbehält. Will die Vermieterin den Vertrag nicht fortsetzen und "kündigt" sie
  167. deshalb ihrerseits, entsteht auch bei dieser Auslegung für die Mieterin kein
  168. Nachteil, weil sie durch Ausübung ihres Optionsrechts die Verlängerung gegen
  169. den Willen der Vermieterin erzwingen kann.
  170. 16
  171. cc) Geht man demgegenüber davon aus, dass sich der Vertrag nicht
  172. schon nach Ablauf der regulären Mietzeit (10 Jahre) automatisch verlängert, ist
  173. der Vorteil für die Mieterin gering. Zwar verbleiben ihr sechs Monate mehr an
  174. Bedenkzeit. Es ist aber eher fern liegend, dass die Entscheidung für sie dann
  175. leichter wird. Wenn sie nach neun Jahren unentschlossen ist, wird ihr die Entscheidung nach neuneinhalb Jahren in aller Regel nicht leichter fallen. Der Ent-
  176. -9-
  177. scheidungsdruck könnte sich für sie sogar erhöhen. Macht sie nämlich von der
  178. ersten Option keinen Gebrauch, so verliert sie ihr gesamtes Optionsrecht endgültig.
  179. 17
  180. dd) Es darf auch nicht übersehen werden, dass die Mieterin bei dieser
  181. Auslegung neben dem (geringen) Nachteil, sich bereits ein Jahr vor Vertragsende entscheiden zu müssen, einen erheblichen Vorteil erlangt. Sie hat, wenn
  182. die Vermieterin nicht "kündigt", die Möglichkeit, das Mietverhältnis über die in
  183. Abs. 2 eingeräumten Optionsmöglichkeiten hinaus um weitere fünf Jahre zu
  184. verlängern, ein Vorteil, der den vom Berufungsgericht hervorgehobenen Nachteil ausgleichen kann. "Kündigt" die Vermieterin, so erleidet die Mieterin keinen
  185. Nachteil, weil ihr in jedem Falle 20 Jahre Optionsmöglichkeit gemäß Abs. 2 verbleiben.
  186. 18
  187. ee) Schließlich darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Verlängerungsklausel mit der einjährigen "Kündigungsfrist" für beide Seiten gilt. Ein
  188. Entscheidungskonflikt kann auch bei der Vermieterin entstehen. Kündigt sie
  189. nicht ein Jahr vor Ablauf der regulären Mietzeit, dann verlängert sich das Mietverhältnis ebenfalls um fünf Jahre. Entscheidet sie sich für die Kündigung, so
  190. kann ihr die Mieterin mit der Ausübung der Option entgegentreten. Die Vermieterin muss damit ihre Entscheidung genauso früh wie die Mieterin treffen, ohne
  191. ihrerseits die Möglichkeit einer Option zu haben, wenn die Mieterin sich gegen
  192. eine Fortsetzung entscheidet.
  193. 19
  194. ff) Letztlich kann die Verlängerungsmöglichkeit bereits am Ende der regulären Mietzeit und der ersten drei Optionszeiträume auch zu einem gewissen
  195. Ausgleich der beiderseitigen Interessen führen. Die in Abs. 2 vorgesehene Optionsmöglichkeit begünstigt nämlich einseitig die Mieterin. Sie hat jeweils viereinhalb Jahre Zeit, um sich klar zu werden, ob sie die Option ausüben will, und
  196. - 10 -
  197. muss ihre Entscheidung der Vermieterin erst sechs Monate vor Mietende mitteilen. Schöpft sie diese Möglichkeit voll aus, verbleiben der Vermieterin gerade
  198. sechs Monate Zeit zur Suche eines Nachmieters. Es wäre deshalb interessengerecht, wenn der Vermieterin bei der erstmaligen Verlängerung nach immerhin
  199. zehn Jahren gemäß § 3 Abs. 3 ein Jahr Zeit verbliebe, um einen neuen Mieter
  200. zu suchen.
  201. 20
  202. c) Aus den dargelegten Überlegungen hält der Senat eine vom Berufungsgericht abweichende Auslegung für möglich. Andererseits ist eine Auslegung zugunsten des Klägers ebenfalls nicht zwingend. Da nach Ausschöpfung
  203. der in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten ein nicht behebbarer
  204. Zweifel verbleibt, geht nach § 5 AGBG die Unsicherheit zulasten der Beklagten,
  205. die die Klausel verwendet hat und deshalb die Folgen der fehlenden Eindeutigkeit tragen muss (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 1997 - X ZR 146/94 - NJW
  206. 1997, 3434, 3435). Das bedeutet, dass der Vertrag nach Ablauf der regulären
  207. Laufzeit und des ersten Optionszeitraums mangels "Kündigung" fortbesteht.
  208. - 11 -
  209. 3. Der Senat kann aufgrund der bisherigen Feststellungen in der Sache
  210. 21
  211. selbst entscheiden, da weiterer entscheidungserheblicher Sachvortrag nicht zu
  212. erwarten ist. Es ist daher festzustellen, dass das Mietverhältnis zwischen den
  213. Parteien fortbesteht.
  214. Hahne
  215. Sprick
  216. Vézina
  217. Fuchs
  218. RiBGH Dose ist urlaubsbedingt
  219. verhindert zu unterschreiben.
  220. Hahne
  221. Vorinstanzen:
  222. LG Offenburg, Entscheidung vom 08.01.2002 - 3 O 216/01 OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 07.11.2003 - 14 U 23/02 -