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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XII ZR 207/06
  5. Verkündet am:
  6. 29. Oktober 2008
  7. Küpferle,
  8. Justizamtsinspektorin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren
  14. gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 1. Oktober 2008 am
  15. 29. Oktober 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin
  16. Weber-Monecke, die Richter Prof. Dr. Wagenitz, Fuchs und Dr. Klinkhammer
  17. für Recht erkannt:
  18. Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der 6. Zivilkammer des
  19. Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 12. Dezember 2006 aufgehoben.
  20. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das
  21. Landgericht zurückverwiesen.
  22. Streitwert: 4.600 €
  23. Von Rechts wegen
  24. Tatbestand:
  25. 1
  26. Die Kläger verlangen Nutzungsentschädigung nach dem Schuldrechtsanpassungsgesetz.
  27. 2
  28. Die Beklagten schlossen am 1. August 1970 mit dem Rat der Gemeinde
  29. G. einen als Pachtvertrag bezeichneten Vertrag über die Nutzung der Parzelle 6
  30. auf einem nicht näher bezeichneten Gelände für die Dauer von 25 Jahren zum
  31. jährlichen Pachtzins von 50 Mark.
  32. -3-
  33. 3
  34. Im Jahre 1979 erwarb Jürgen S. das Grundstück Gemarkung G. Flur 3
  35. Flurstück 24, zu dem die an die Beklagten verpachtete Parzelle gehört, zu Eigentum. Mit Schreiben vom 21. Juni 1994 kündigte Jürgen S. den Nutzungsvertrag ohne Begründung zum 31. Dezember 1994. Seine Räumungsklage wies
  36. das Amtsgericht Strausberg am 7. September 1994 (1 C 382/94) mit der Begründung ab, den Beklagten komme Bestandsschutz nach dem Moratorium zu.
  37. 4
  38. Mit Schreiben vom 22. Juni 1994 erhöhte das Amt Märkische Schweiz
  39. das Nutzungsentgelt - ausgehend von einer Bodenfläche von 285 m² und einem
  40. zulässigen Entgelt von 0,30 DM/m² zum 1. November 1993 - auf jährlich
  41. 0,60 DM/m² zum 1. September 1995.
  42. 5
  43. Am 9. Oktober 1997 veräußerte Jürgen S. das gesamte Grundstück Gemarkung G., Flur 3 Flurstück 24 an die Kläger und die Eheleute Bärbel und
  44. Werner H. zu je ¼. Nachdem Frau H. den ¼-Anteil ihres Ehemannes mit dessen Tod im Wege der Erbfolge erworben hatte, veräußerte sie mit notariellem
  45. Vertrag vom 4. August 2004 ihren jetzt hälftigen Miteigentumsanteil an die Klägerin zu 1. Diese wurde am 24. Mai 2005 im Grundbuch eingetragen.
  46. 6
  47. Im Jahre 2003 wurden die Flurstücksbezeichnungen neu festgelegt. Aus
  48. der überlassenen Parzelle ist nunmehr das Flurstück 59 geworden.
  49. 7
  50. Mit Schreiben vom 16. August 2000 erklärte der Kläger zu 2 im eigenen
  51. Namen und als Bevollmächtigter der Miteigentümer die Erhöhung des Nutzungsentgelts auf 7,58 DM/m² pro Jahr. Die Erhöhungserklärung führte eine
  52. Bodenfläche von 283,50 m² und eine mit einem Gebäude bebaute Fläche von
  53. 37,44 m² auf. Als am 2. Oktober 1990 zulässiges Entgelt nannte sie für die Bodenfläche einen Betrag von 0,20 Mark-DDR/m² und für die bebaute Fläche
  54. 1,25 Mark-DDR/m². Die Preisansätze wurden damit begründet, dass sie anderen Nutzungsverträgen des vormaligen Flurstücks 24 entnommen seien. Insge-
  55. -4-
  56. samt verlangten die Kläger ab 1. November 2000 ein Nutzungsentgelt von
  57. 2.150,01 DM/Jahr "für den Fall, wenn in einem anhängigen Zahlungs- und
  58. Räumungsrechtsstreit dem Räumungsantrag nicht stattgegeben werden sollte".
  59. Zur Begründung der Ortsüblichkeit nannten die Kläger vier in ihrem Eigentum
  60. befindliche Grundstücke, für die sie 1998 Nutzungsverträge abgeschlossen hatten.
  61. 8
  62. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2001 folgte eine Erhöhung ab 1. März
  63. 2002 auf 2.436,68 DM/Jahr. In einem weiteren Erhöhungsschreiben vom
  64. 26. Oktober 2004 wurde unter Zugrundelegung der neu vermessenen Bodenfläche von 294 m² mit einem Ausgangswert von 109,60 DM zum 2. Oktober
  65. 1990 ab dem 1. Januar 2005 ein Nutzungsentgelt von 1.790,74 €/Jahr verlangt.
  66. Die Vollmacht für dieses Erhöhungsverlangen war lediglich von der Klägerin
  67. zu 1 unterzeichnet, was die Beklagten gerügt haben. Die Beklagten haben allen
  68. Erhöhungsverlangen widersprochen und in den Folgejahren unter Zugrundelegung einer Fläche von 283,50 m² jeweils geringere Nutzungsentschädigungen
  69. gezahlt, als von den Klägern verlangt.
  70. 9
  71. Die Kläger haben für die Zeit vom 1. November 2000 bis 31. Dezember
  72. 2005 rückständiges Nutzungsentgelt in Höhe von 4.599,95 € geltend gemacht.
  73. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung haben die Kläger
  74. weiterhin das Nutzungsentgelt, hilfsweise im Wege der Klageerweiterung Räumung und Herausgabe des Grundstücks sowie Zahlung von 11.253,68 € nebst
  75. 2.532,08 € Zinsen (Schadensersatz und Bereicherung) verlangt. Die Berufung
  76. ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wenden sich die Kläger mit der vom Senat
  77. zugelassenen Revision.
  78. -5-
  79. Entscheidungsgründe:
  80. 10
  81. Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung des Berufungsurteils
  82. und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht.
  83. 11
  84. 1. Das Berufungsgericht hat, soweit für die Revision noch von Bedeutung, ausgeführt: Der Nutzungsvertrag zwischen dem Beklagten und dem Rat
  85. der Gemeinde auf Überlassung sei nicht unwirksam. Nutzer, die einen Nutzungsvertrag nicht mit dem Eigentümer, sondern mit einem Dritten, einer LPG
  86. oder mit staatlichen Stellen abgeschlossen hätten, seien geschützt. In der ehemaligen DDR habe es zahlreiche Fallgestaltungen gegeben, in denen staatliche
  87. Stellen Nutzern Grundstücke ohne Mitwirkung von Eigentümern zur Verfügung
  88. gestellt hätten, ohne dass für ihr Handeln eine ausreichende Rechtsgrundlage
  89. erkennbar gewesen sei. Teilweise habe sich in vielen Gemeinden eine Praxis
  90. "wilder Verwaltungen" entwickelt, nach der nicht genutzte Grundstücke ohne
  91. oder ohne ausreichende Rechtsgrundlage Bürgern zur Nutzung überlassen
  92. worden seien. Mit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsanpassungsgesetzes hätten die Eigentümer in diese Nutzungsverhältnisse eintreten sollen. Das Fehlen
  93. oder die Überschreitung einer Rechtsgrundlage zur Grundstücksüberlassung
  94. sei in diesen Fällen nur beachtlich, wenn der Nutzer den Mangel gekannt habe.
  95. Vor Inkrafttreten des Schuldrechtsanpassungsgesetzes habe bereits Artikel 232
  96. § 4a EGBGB (so genanntes Vertragsmoratorium) den Nutzer geschützt. Dieses
  97. habe Wirksamkeitshindernisse ausdrücklich für unerheblich erklärt, wenn der
  98. Vertrag von einer hierzu nicht ermächtigten Stelle geschlossen worden sei.
  99. 12
  100. Die Behauptung der Kläger, die Bürgermeisterin der Gemeinde habe mit
  101. Schreiben vom 20. Februar 1991 allen Nutzern gegenüber die Kündigung der
  102. Nutzungsverträge ausgesprochen, sei rechtlich schon deshalb unerheblich, weil
  103. mit dem Beweisantritt der vom Beklagten bestrittene Zugang des Schreibens
  104. -6-
  105. nicht bewiesen werden könne. Ein Kündigungsgrund habe dem Rechtsvorgänger der Kläger auch im Jahre 1994 nicht zur Verfügung gestanden. Die Kündigung, deren Zulässigkeit sich nach dem BGB richte, sei unwirksam, weil sie
  106. keinen Kündigungsgrund enthalte.
  107. 13
  108. Die Erhöhungsverlangen der Kläger seien aus formellen Gründen unwirksam. Die Erhöhungserklärungen vom 16. August 2000 und 13. Dezember
  109. 2001 seien unwirksam, weil sie nicht den nach den §§ 3 Abs. 1, 6 Abs. 1
  110. NutzEV erforderlichen formellen Anforderungen an Erhöhungserklärungen entsprächen. Notwendiger Mindestinhalt sei nach § 6 Abs. 1 Satz 1 NutzEV die
  111. genaue Bezeichnung von Grundstück und Vertrag sowie des Betrages des erhöhten Nutzungsentgelts und dessen kalendermäßige Fälligkeit. Der Nutzer
  112. müsse der Erklärung entnehmen können, welchen Betrag er von wann ab nach
  113. der Nutzungsentgeltverordnung für die vertragliche Nutzung welchen Grundstücks zahlen solle. Darüber hinaus müsse der Nutzer aus der Erklärung erkennen können, welchen oder welche Erhöhungsschritte im Sinne des § 3
  114. Abs. 1 Nr. 1 NutzEV der Grundstückseigentümer vollziehen wolle. Nach § 6
  115. Abs. 1 Satz 2 und 3 NutzEV in der Fassung der Änderungsverordnung vom
  116. 24. Juli 1997 habe der Grundstückseigentümer sein Erhöhungsverlangen
  117. schriftlich zu erklären. Es müsse stets dargelegt werden, dass mit dem Erhöhungsverlangen die ortsüblichen Entgelte nicht überschritten würden (Satz 1).
  118. Diese Regelung solle der Vermeidung unbegründeter Erhöhungsverlangen dienen, indem der Grundstückseigentümer gezwungen werde, sich vor weiteren
  119. Erhöhungsschritten ein Bild von der Höhe des ortsüblichen Entgelts zu verschaffen. Die zum 2. Oktober 1990 vereinbarten Nutzungsentgelte sollten
  120. schrittweise an die auf dem freien Grundstücksmarkt üblichen Entgelte herangeführt werden.
  121. -7-
  122. 14
  123. Lege der Grundstückseigentümer seiner Erhöhungserklärung unrichtige
  124. Mietwerte zugrunde, z.B. in Form falscher Ausgangswerte oder unrichtiger angeblicher ortsüblicher Miete, müsse der Nutzer solche Unrichtigkeiten aus der
  125. Erklärung zumindest erkennen können. Die Erhöhungserklärung müsse deshalb auch eine für den Nutzer nachvollziehbare Berechnung unter Angabe des
  126. ortsüblichen Entgelts als zu beachtende Obergrenze enthalten. Diesen Anforderungen genügten die genannten Erhöhungserklärungen vom 16. August 2000
  127. und 13. Dezember 2001 nicht. Für beide Erklärungen sei bereits fraglich, ob sie
  128. von den Klägern aufrechterhalten worden seien. Mit ihrem Schriftsatz vom
  129. 21. Februar 2006 hätten die Kläger nämlich ihren Zahlungsanspruch reduziert.
  130. Dies könne nur so verstanden werden, dass sie an ihrem ursprünglichen Erhöhungsverlangen nicht mehr festhielten. Dazu seien sie ohne Zustimmung der
  131. Nutzer befugt. Ihr neues Erhöhungsverlangen hätten die Kläger unter Beachtung der Erhöhungsschritte des § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 NutzEV auf 3 DM/m² reduziert, ohne jedoch das in § 6 Abs. 1 NutzEV zwingend vorgeschriebene Erläuterungs- und Begründungsgebot beachtet und Ausführungen zum ortsüblichen Entgelt gemacht zu haben. Deshalb seien die Erhöhungsverlangen auch
  132. in der reduzierten Form unwirksam und könnten keine Rechtsfolge im Sinne
  133. des § 6 Abs. 2 NutzEV auslösen. Die Unwirksamkeit ergebe sich zudem
  134. daraus, dass weder das Schuldrechtsanpassungsgesetz noch die nach § 20
  135. Abs. 1 Satz 2 SchuldRAnpG maßgebliche Entgeltverordnung eine rückwirkende
  136. Erhöhung des Entgelts vorsehe.
  137. 15
  138. Selbst wenn man der Auffassung sei, dass die Kläger ihre Erhöhungsverlangen vom 16. August 2000 und 13. Dezember 2001 zumindest hilfsweise aufrechterhalten hätten, seien diese infolge der Nichtbeachtung der formellen und
  139. materiellen Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 NutzEV i.V.m. § 3 Abs. 1
  140. NutzEV unwirksam.
  141. -8-
  142. 16
  143. Da es sich bei der Erhöhungserklärung um eine rechtsgestaltende Willenserklärung handele, sei diese grundsätzlich bedingungsfeindlich, da dem
  144. Erklärungsempfänger keine Ungewissheit und kein Schwebezustand zugemutet
  145. werden könnten.
  146. 17
  147. Ausgangspunkt für eine Entgelterhöhung sei nach § 3 Abs. 1 NutzEV das
  148. am 2. Oktober 1990 zulässige Entgelt; darunter sei das am 2. Oktober 1990
  149. tatsächliche Entgelt zu verstehen. Sinn und Zweck der Nutzungsentgeltverordnung sei es, das zwischen den Parteien vereinbarte Nutzungsentgelt an die
  150. tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse anzupassen. Die Heranziehung
  151. von Vergleichsgrundstücken sei nur für die Frage der Ortsüblichkeit des Entgelts im Sinne von § 3 Abs. 2 NutzEV, nicht aber für die Frage des am
  152. 2. Oktober 1990 zulässigen Entgelts zulässig. Dies hätten die Kläger nicht beachtet. Es komme auch keine geltungserhaltende Reduktion in Höhe des Mindestentgeltes von 0,30 DM/m² in Betracht. Die Kläger hätten von Anfang an
  153. einen falschen Ansatz gewählt. Die Erhöhungen seien schon im Ausgangspunkt
  154. falsch. Sinn und Zweck des Erläuterungserfordernisses nach § 6 Abs. 1 NutzEV
  155. sei es, dem Nutzer die Erhöhung des Entgelts plausibel zu erklären und ihm die
  156. Möglichkeit einer Überprüfung und Entscheidung zu bieten, ob er die Erhöhung
  157. akzeptiere. Dieser Zweck könne nicht erreicht werden, wenn bereits die Grundlage des Erhöhungsbegehrens den gesetzlichen Anforderungen nicht entspreche. Es widerspreche auch der Systematik der Nutzungsentgeltverordnung,
  158. verschiedene Preise für die Erhöhung in Ansatz zu bringen. Sei ein Grundstück
  159. bebaut, so gelte das für bebaute Grundstücke maßgebliche Mindestentgelt für
  160. die gesamte verpachtete Grundstücksfläche.
  161. 18
  162. Die Kläger hätten als Rechtsnachfolger die vom Rechtsvorgänger vorgenommene Erhöhung vom 22. Juni 1994 zur Grundlage ihrer Erhöhungsschritte
  163. -9-
  164. zu wählen. Sie hätten kein Recht mehr zu einer neuen Berechnung, sondern
  165. seien an vorangegangene Erhöhungen gebunden.
  166. 19
  167. Die Frage, ob der Überlassende in der Vergangenheit versäumte Erhöhungserklärungen nachholen könne und ob dies in einem Schritt möglich sei,
  168. werde nach der Neufassung des § 3 Abs. 1 NutzEV durch die Verordnung vom
  169. 24. Juli 1997 zu verneinen sein.
  170. Die Erhöhungserklärung vom 26. November 2004 (richtig: 26. Oktober
  171. 20
  172. 2004) sei bereits deshalb formell unwirksam, da sie nicht von allen Grundstückseigentümern abgegeben worden sei. Mehrere Grundstückseigentümer
  173. könnten die Erhöhungserklärung nur gemeinsam abgeben. Zum Zeitpunkt dieser Erhöhungserklärung sei noch Frau H. Miteigentümerin des Grundstücks
  174. gewesen. Zwar habe sie einen Anteil an die Klägerin veräußert. Die Eigentumsüberschreibung sei aber erst am 24. Mai 2005 erfolgt. Eine Ermächtigung
  175. zur Entgelterhöhung liege nicht vor. Die Vollmacht sei von Frau H. nicht unterzeichnet. Der Bevollmächtigte der Beklagten habe deshalb die Erklärung mit
  176. Schriftsatz vom 20. November 2004 zurückgewiesen. Gehe man davon aus,
  177. dass die Kläger ihr Erhöhungsverlangen im Schriftsatz vom 21. Februar 2006
  178. erneut geltend gemacht hätten, sei festzustellen, dass ihr neues Erhöhungsverlangen unter Beachtung der Erhöhungsschritte des § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 5
  179. NutzEV erfolgt, aber dennoch unwirksam sei, da das in § 6 Abs. 1 NutzEV zwingend vorgesehene Erläuterungs- und Begründungsgebot nicht beachtet sei. Die
  180. Unwirksamkeit ergebe sich zudem daraus, dass weder das Schuldrechtsanpassungsgesetz noch die nach § 20 Abs. 1 Satz 2 SchuldRAnpG maßgebliche
  181. Nutzungsentgeltverordnung eine rückwirkende Erhöhung des Entgelts vorsähen.
  182. - 10 -
  183. 21
  184. Die Hilfsanträge seien zulässig, in der Sache aber unbegründet. Den
  185. Klägern stehe weder ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB noch ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung gemäß §§ 987 f. BGB zu. Der Beklagte sei
  186. nämlich aus dem Nutzungsvertrag vom 1. August 1970, in den die Kläger eingetreten seien, zum Besitz berechtigt (§ 986 BGB). Darüber hinaus habe er
  187. nach dem 2. Oktober 1990 bis zum Inkrafttreten des Schuldrechtsanpassungsgesetzes am 1. Juli 1995 (richtig: 1. Januar 1995) auf Grund des Vertragsmoratoriums (Art. 232 § 4 Abs. 3 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 232 § 4 Abs. 2 EGBGB
  188. a.F.) ein Recht zum Besitz gehabt, da die Vorschrift des Art. 232 § 4 a EGBGB
  189. (jetzt § 8 SchuldRAnpG) gemäß Art. 232 § 4 Abs. 4 EGBGB a.F. für die vor
  190. dem 1. Januar 1976 geschlossenen Verträge, durch die land- und forstwirtschaftlich nicht genutzte Bodenflächen Bürgern zur Erholung und Freizeitgestaltung bzw. zum Zwecke der nicht gewerblichen kleingärtnerischen Nutzung
  191. überlassen worden seien, zur Anwendung komme. Art. 232 § 4 a Abs. 2 und 3
  192. EGBGB a.F. habe als Vorläufer des § 8 SchuldRAnpG den gesetzlichen Bestandsschutz der am 2. Oktober 1990 existenten Nutzungsverträge unabhängig
  193. davon angeordnet, ob diese Verträge unmittelbar mit den tatsächlichen Eigentümern geschlossen worden seien. Geschützt seien auch diejenigen Nutzer, die
  194. einen Nutzungsvertrag nicht unmittelbar mit dem Grundstückseigentümer, sondern mit einem Dritten, einer LPG oder mit staatlichen Stellen abgeschlossen
  195. hätten. Der Nutzer habe so gestellt werden sollen, wie er bei gesetzeskonformem Vorgehen der Behörden der DDR gestanden hätte. Seine schuldrechtliche
  196. Rechtsposition habe gesichert werden sollen. Diesem Anliegen sei der Gesetzgeber ab dem 1. Juli 1995 (richtig: 1. Januar 1995) mit dem Schuldrechtsanpassungsgesetz nachgekommen.
  197. 22
  198. 2. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen
  199. Nachprüfung nur zum Teil stand.
  200. - 11 -
  201. 23
  202. a) Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, das Berufungsgericht hätte, weil der Rechtsvorgänger der Kläger den Nutzungsvertrag wirksam
  203. gekündigt habe, den Hauptantrag abweisen und dem Hilfsantrag stattgeben
  204. müssen. Im Ergebnis zutreffend ist das Berufungsgericht nämlich davon ausgegangen, dass den Beklagten ein Recht zum Besitz (§ 986 BGB) zusteht und
  205. deshalb die Hilfsanträge keinen Erfolg haben können.
  206. 24
  207. Zwar erlaubte der Vertrag, worauf die Revision zutreffend hinweist, die
  208. Kündigung zum 31. Dezember 1994, weil der Wortlaut zu diesem Zeitpunkt eine
  209. Kündigung zuließ. Nach § 2 erfolgte die Verpachtung bis 31. Dezember 1994
  210. und verlängerte sich um jeweils ein weiteres Jahr, wenn der Vertrag nicht spätestens 6 Monate vor dem Ablauf schriftlich gekündigt wurde. Gleichwohl hat
  211. die Kündigung den Nutzungsvertrag nicht beendet.
  212. 25
  213. aa) Am 7. September 1994 hat nämlich das Amtsgericht Strausberg die
  214. Räumungs- und Herausgabeklage des Rechtsvorgängers der Kläger abgewiesen. Im damaligen Verfahren hatten die Rechtsvorgänger der Kläger mit einem
  215. Hilfsantrag Räumung zum 1. Januar 1995 begehrt. Dieser Antrag wurde abgewiesen mit der Begründung, dass das Vertragsmoratorium entgegenstehe.
  216. Zwar laufe der Bestandsschutz nach dem Moratorium am 31. Dezember 1994
  217. aus, werde aber durch das geplante Schuldrechtsanpassungsgesetz fortgesetzt. Damit wurde über die Kündigung vom 21. Juni 1994, auf die die Kläger ihr
  218. jetziges Herausgabeverlangen stützen, rechtskräftig entschieden, unabhängig
  219. davon, ob sie im Räumungsrechtsstreit in das Verfahren eingeführt worden ist.
  220. Die Kläger können sich auf eine Kündigung, die schon im Räumungsrechtsstreit
  221. hätte geltend gemacht werden können, nicht mehr berufen. Über sie ist mit
  222. Rechtskraftwirkung entschieden (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 26. Aufl. vor § 322
  223. Rdn. 21).
  224. - 12 -
  225. 26
  226. bb) Unabhängig von der Rechtskraft des die Räumungsklage abweisenden Urteils stehen der Wirksamkeit der Kündigung zum 1. Januar 1995 auch
  227. materiellrechtliche Gründe entgegen. Der Nutzungsvertrag ist am 1. August
  228. 1970 geschlossen worden. Damals galt auch im Gebiet der DDR das BGB. Am
  229. 1. Januar 1976 trat das ZGB in Kraft. Es ist auf die vor dem 1. Januar 1976 geschlossenen Verträge, somit auch auf den hier im Streit befindlichen Nutzungsvertrag, anzuwenden (vgl. Senatsurteil vom 31. März 1993 - XII ZR 265/91 DtZ 1993, 343; vgl. auch OG, Urteil vom 23. Mai 1978 - NJ 8/78 -). Danach gilt
  230. § 313 ZGB, dessen Abs. 2 lautet: "Der Vertrag kann unbefristet oder befristet
  231. abgeschlossen werden. Ein Vertrag darf nur befristet abgeschlossen werden,
  232. wenn dafür gesellschaftlich gerechtfertigte Gründe vorliegen. Sie sind im Vertrag anzugeben". Da der Nutzungsvertrag keine Begründung für die Befristung
  233. enthielt, ist diese unwirksam (OG aaO). Eine Kündigung wäre nur unter den
  234. besonderen Voraussetzungen des § 314 Abs. 3 ZGB möglich gewesen. Das
  235. Berufungsgericht hat die Kündigung des Rechtsvorgängers der Kläger vom
  236. 21. Juni 1994, weil sie keine Begründung enthielt, deshalb im Ergebnis zu
  237. Recht als unwirksam angesehen. Aus denselben Gründen scheitert auch die
  238. Kündigung der Gemeinde vom 20. Februar 1991, auf die sich die Revision berufen hat.
  239. 27
  240. b) Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Nutzungsentgelt sind
  241. nicht frei von Rechtsfehlern.
  242. 28
  243. aa) Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht an, die Kläger hätten ihre
  244. Ansprüche im Laufe des Verfahrens reduziert und machten nur noch die Mindestentschädigung nach § 3 NutzEV geltend. Diese Auffassung lässt sich mit
  245. der Aktenlage und den im Berufungsurteil wiedergegebenen Anträgen nicht
  246. vereinbaren. Bereits mit ihrer Anspruchsbegründung haben die Kläger
  247. 4.599,95 € geltend gemacht. Diesen Betrag haben sie entgegen der Auffassung
  248. - 13 -
  249. des Berufungsurteils nicht reduziert, sondern lediglich im Rahmen ihrer Berufung hilfsweise ausgeführt, dass die Mindestbeträge des § 3 NutzEV auf jeden
  250. Fall zuzusprechen seien.
  251. 29
  252. bb) Soweit das Berufungsgericht - in einer Hilfsbegründung - die - nicht
  253. reduzierten - Ansprüche erörtert und ablehnt, kann ihm ebenfalls nicht gefolgt
  254. werden.
  255. 30
  256. (1) Im Ausgangspunkt noch zutreffend geht es allerdings davon aus,
  257. dass die Kläger für die nach § 3 NutzEV vorgenommenen Erhöhungsschritte
  258. einen falschen Ausgangspunkt zu Grunde gelegt haben. Nach der gesetzlichen
  259. Regelung (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 NutzEV) darf nämlich das Nutzungsentgelt "ab dem
  260. 1. November 1993 auf das Doppelte des am 2. Oktober 1990 zulässigen Entgelts" und in den Folgejahren auf dieser Grundlage aufbauend erhöht werden.
  261. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, zulässiges Entgelt könne, wie die Kläger vortragen, das Entgelt sein, das die zuständigen DDR-Behörden im Frühjahr 1990 mit Nachbarnutzern vereinbart hätten. Dies gelte umso mehr, als der
  262. im Jahre 1970 vereinbarte Betrag von 50 Mark weder einen Quadratmeterpreis
  263. ausweise noch die Fläche der Parzelle nenne, so dass ein Quadratmeterpreis
  264. auch nicht berechenbar sei. Mit Urteil vom 11. Juni 2008 (- XII ZR 206/06 WuM 2008, 493, 495) hat der Senat entschieden, dass "zulässiges Entgelt" im
  265. Sinne von § 3 NutzEV das von den Parteien des Nutzungsvertrages in zulässiger Weise vereinbarte Entgelt ist.
  266. 31
  267. Zwar ist der Gesetzeswortlaut nicht eindeutig und ließe die von der Revision vorgenommene Auslegung zu. Gleichwohl ist der vom Berufungsgericht
  268. unter Hinweis auf Stimmen in der Literatur vorgenommenen Auslegung, als "zulässiges Entgelt" sei das von den Parteien in zulässiger Weise vereinbarte Entgelt anzusehen, der Vorzug zu geben. Die Regelung bezweckte, das in der
  269. - 14 -
  270. DDR niedrige Nutzungsentgelt in einem dafür vorgesehenen Verfahren schrittweise an das am 1. November 1993 ortsübliche Entgelt heranzuführen. Einerseits sollten die Eigentümer alsbald die ortsübliche Gegenleistung für die
  271. - zwangsweise - Überlassung des Grundstücks erhalten, andererseits sollten
  272. die Nutzer - vertrauend auf die in der DDR niedrigen Entgelte - nicht durch eine
  273. zu schnelle Anpassung wirtschaftlich überfordert werden. Damit war es nahe
  274. liegend, als Ausgangspunkt für die schrittweise Anpassung nicht das ortsübliche, sondern das vereinbarte Entgelt zu Grunde zu legen. Damit konnten am
  275. 2. Oktober 1990 bereits vergleichsweise hohe Entgelte schneller an die Marktmiete herangeführt werden, während die Nutzer bei niedrigen Entgelten auf einen langsameren Anstieg vertrauen durften. Für diese Auslegung sprechen
  276. auch Gründe der Praktikabilität. Da die Entgelte in der DDR weitgehend unverändert geblieben sind (Kiethe/Schilling, Schuldrechtsanpassungsgesetz, § 3
  277. Rdn. 25), ergibt sich das am 2. Oktober 1990 zulässige Entgelt in der Regel aus
  278. dem Nutzungsvertrag und kann problemlos festgestellt werden, während bei
  279. der von den Klägern vorgenommenen Auslegung das am 2. Oktober 1990 ortsübliche Entgelt aufwändig - gegebenenfalls unter Einschaltung eines Sachverständigen - ermittelt werden müsste.
  280. 32
  281. (2) Soweit das Berufungsgericht aber meint, die Wahl des falschen Ausgangspunktes für die Erhöhung führe zur Unwirksamkeit des Erhöhungsverlangens, kann ihm nicht gefolgt werden.
  282. 33
  283. § 6 Abs. 1 Satz 1 NutzEV verlangt eine Begründung des Erhöhungsverlangens. Zwingend vorgesehen ist dabei die Erklärung, dass mit der Erhöhung
  284. das ortsübliche Entgelt nicht überschritten wird. Weitere Anforderungen werden
  285. nicht gestellt. Damit genügen Hinweise und Angaben, die dem Nutzer eine
  286. Nachprüfung und darauf gestützt eine eigene Berechnung ermöglichen, ob das
  287. Erhöhungsverlangen gerechtfertigt ist (Thiele/Krajewski, Schuldrechtsände-
  288. - 15 -
  289. rungsgesetz, § 6 NutzEV Rdn. 4 e). Die Erhöhungserklärung ist nicht deshalb
  290. unwirksam, weil einzelne Angaben unzutreffend sind. Bei einer inhaltlich unrichtigen Erhöhung ist der Nutzer nur zur Zahlung des Entgelts verpflichtet, das sich
  291. anhand der tatsächlich gegebenen Größen errechnet (Kiethe/Schilling, aaO,
  292. Schuldrechtsanpassungsgesetz, § 6 NutzEV Rdn. 19). Verlangt der Grundstückseigentümer eine Erhöhung, welche die in § 3 Abs. 1 NutzEV zugelassenen Erhöhungsschritte oder das ortsübliche Entgeltniveau übersteigt, so ist die
  293. Erhöhungserklärung nicht insgesamt, sondern nur in dem Umfang unwirksam,
  294. in dem sie das zulässige Maß überschreitet (Rövekamp, Schuldrechtsanpassung, Rdn. 331).
  295. Die Erhöhungserklärungen der Kläger genügen den formellen Begrün-
  296. 34
  297. dungsanforderungen. Die Kläger haben durch Vorlage des Nutzungsvertrages
  298. und die Angabe der Grundstücksgröße das am 2. Oktober 1990 zulässige Entgelt ausreichend dargelegt. Sie haben ferner erklärt und belegt, dass mit der
  299. verlangten Erhöhung das ortsübliche Nutzungsentgelt nicht überschritten werde. Dass sie auf Grund falscher Subsumtion als Basis für die Erhöhung nicht
  300. das mit der Gemeinde vereinbarte Entgelt, sondern das am 2. Oktober 1990
  301. ortsübliche Entgelt gewählt haben, macht das Erhöhungsverlangen nicht unwirksam. Es ist vom Tatrichter durch zutreffende Subsumtion zu korrigieren.
  302. Dementsprechend schadet es auch nicht, dass die Kläger für bebaute
  303. 35
  304. und unbebaute Teile des Grundstücks jeweils unterschiedliche Entgelte zu
  305. Grunde gelegt haben, während für ein bebautes Grundstück nach herrschender
  306. Meinung (vgl. Wardenbach, MDR 1993, 711/712; Kiethe/Schilling aaO § 3
  307. NutzEV Rdn. 29) ein einheitlicher Preis für das gesamte Grundstück anzunehmen ist. Auch dieser Subsumtionsfehler hindert die Nachvollziehbarkeit des
  308. Erhöhungsverlangens nicht und kann vom Tatrichter unschwer korrigiert werden.
  309. - 16 -
  310. cc) Soweit das Berufungsgericht meint, es sei unzulässig, versäumte Er-
  311. 36
  312. höhungen in einem Schritt nachzuholen, ist dem nicht zu folgen. Der Senat hat
  313. - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden, dass versäumte Erhöhungen
  314. zu einem späteren Zeitpunkt in voller Höhe und in einem Schritt für die Zukunft
  315. nachgeholt werden können (Senatsurteile vom 9. April 2008 - XII ZR 205/06 WuM 2008, 356, 359 und vom 11. Juni 2008 - XII ZR 206/06 - WuM 2008, 493,
  316. 496).
  317. 37
  318. (1) § 3 NutzEV bestimmt, dass ab 1. November 1993 die Entgelte
  319. schrittweise bis zum Erreichen der ortsüblichen Miete angepasst werden können. Dabei ist genau geregelt, in welcher Höhe die Miete ab dem Jahre 1993
  320. jährlich angepasst werden darf. Die Erhöhungsmöglichkeit ist betragsmäßig nur
  321. insoweit beschränkt, als die zulässige Erhöhung sich jeweils an der für einen
  322. früheren Zeitpunkt zulässigen Erhöhung orientiert. So darf z.B. nach § 3 Ziff. 5
  323. NutzEV die ab 1. November 1998 zulässige Erhöhung nur noch 1/3 der sich
  324. aus Ziff. 3 ergebenden Erhöhungsmöglichkeit betragen.
  325. 38
  326. (2) Weder § 3 NutzEV noch eine andere Vorschrift bestimmen zeitliche
  327. Mindestabstände zwischen einzelnen Entgelterhöhungen. Die Verordnung
  328. weicht bewusst von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Miethöhegesetz (= § 558 BGB) ab
  329. (Kiethe/Schilling, aaO). Dort hat der Gesetzgeber zusätzlich Hürden für die jeweilige Erhöhung geschaffen. So darf eine Erhöhung die letzte Miete nicht um
  330. mehr als 20 % übersteigen (so genannte Kappungsgrenze). Das hat zur Folge,
  331. dass der Vermieter, der die Miete längere Zeit nicht erhöht hat, nicht in einem
  332. Schritt die Marktmiete verlangen kann. Zwar ist die Erhöhung nach der Nutzungsentgeltverordnung im oben genannten Sinne begrenzt. Für jede Erhöhung
  333. gibt es eine Obergrenze, die für jedes Jahr - beginnend mit dem Jahr 1993 festgelegt ist. Im Gegensatz zum Miethöhegesetz bzw. zu § 558 BGB ist der
  334. - 17 -
  335. Erhöhungsbetrag aber nicht durch die letzte vorgenommene Erhöhung begrenzt.
  336. 39
  337. (3) Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts Görlitz (WuM 2001, 26)
  338. und von Thiele/Winterstein (Schuldrechtsanpassungsgesetz 2. Aufl. § 3 NutzEV
  339. Rdn. 6) kann auch der Verordnung zur Änderung der Nutzungsentgeltverordnung vom 24. Juli 1997 nicht entnommen werden, dass der Gesetzgeber mit
  340. dieser Verordnung die Erhöhung in einem Schritt nicht mehr zulassen wollte.
  341. Die Änderungsverordnung hat in der Überschrift und in § 3 Abs. 1 Satz 1
  342. NutzEV die ortsüblichen Entgelte als absolute Obergrenze noch deutlicher als
  343. in der ursprünglichen Fassung ausformuliert und in § 3 Abs. 1 Satz 2 NutzEV
  344. noch klarer herausgestellt, dass die angemessene Gestaltung in der zeitlich
  345. gestreckten Erhöhung bis zur Ortsüblichkeitsgrenze besteht (Kiethe/Schilling
  346. aaO Rdn. 3). In der amtlichen Begründung heißt es dazu (BR-Drucks. 381/97
  347. S. 12): "Angemessen ist danach nicht ein sofortiges, mit einem Sprung erreichtes ortsübliches Entgelt, sondern eine über einen bestimmten Zeitraum verteilte
  348. Erhöhung". Dieser Formulierung wollen Thiele/Winterstein (aaO Rdn. 6) entnehmen, dass nunmehr - anders als vorher - die Erhöhung in einem Schritt,
  349. auch in Nachholung vorher versäumter Schritte, nicht mehr zulässig sei. Dem
  350. ist nicht zu folgen. Die in der Begründung geforderte Verteilung der Erhöhung
  351. "über einen bestimmten Zeitraum" bezieht sich vielmehr auf die gesamte, seit
  352. 1993 verflossene und künftig ablaufende Zeit. Dementsprechend steht in Seite 13 der Begründung das Ziel einer zeitlich verteilten Erhöhung "nicht der Möglichkeit entgegen, unterbliebene Erhöhungsschritte … zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen und sie auch mit einem oder mehreren folgenden Erhöhungsschritten zu verbinden".
  353. 40
  354. (4) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gebietet auch das
  355. Schutzbedürfnis des Mieters keine Begrenzung. Zwar sollte die Verteilung der
  356. - 18 -
  357. Erhöhung auf einen längeren Zeitraum "einen sprunghaften Anstieg der Nutzungsentgelte verhindern", der viele Nutzer gezwungen hätte, ihre Erholungsgrundstücke aufzugeben (BR-Drucks. 344/93 zu § 3). Die Anpassung in einem
  358. Schritt führt aber "insgesamt nicht zu höheren und damit zu verfrühten Belastungen des Nutzers" (Kiethe/Schilling aaO Rdn. 36). Im Gegenteil hat der Nutzer durch die Nichtanpassung jahrelang weniger bezahlt, als der Vermieter hätte verlangen können.
  359. 41
  360. dd) Dem Erhöhungsverlangen steht auch nicht entgegen, dass das Amt
  361. Märkische Schweiz am 22. Juni 1994 die Nutzungsentschädigung von
  362. 0,30 DM/m² auf 0,60 DM/m² erhöht hat. Es kann dahinstehen, ob der Eigentümer an die zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgenommene Erhöhung gebunden ist. Die - bindende - Erhöhung zu einem bestimmten Zeitpunkt hindert den
  363. Eigentümer jedenfalls nicht, für spätere Zeiträume eine eigenständige Erhöhung
  364. ohne Bindung an frühere Erhöhungen vorzunehmen. Nach der gesetzlichen
  365. Regelung in § 3 NutzEV kann die Erhöhung für jedes Jahr gesondert - ohne
  366. Bindung an frühere Erhöhungen - erfolgen. Nach dem insoweit eindeutigen
  367. Wortlaut des § 3 NutzEV ist die Erhöhung nicht davon abhängig, was der Eigentümer im vorangegangenen Jahr verlangt hat, sondern davon, was er hätte
  368. verlangen können. Schöpft der Eigentümer die erlaubte Erhöhungsmöglichkeit
  369. nicht aus, so kann er für einen neuen Zeitraum eine andere Erhöhung wählen,
  370. genauso wie er vollständig unterlassene Erhöhungen (vgl. cc)) für die Zukunft
  371. nachholen kann (Senatsurteil vom 11. Juni 2008 - XII ZR 206/06 - WuM 2008,
  372. 493, 496).
  373. 42
  374. ee)
  375. Soweit
  376. das
  377. Berufungsgericht
  378. die
  379. Erhöhungserklärung
  380. vom
  381. 16. August 2000 deshalb für unwirksam hält, weil es sich um eine rechtsgestaltende und damit bedingungsfeindliche Willenserklärung handele, tragen die
  382. Feststellungen die getroffene Entscheidung nicht. Zwar besteht Einigkeit, dass
  383. - 19 -
  384. rechtsgestaltende Erklärungen grundsätzlich bedingungsfeindlich sind, da dem
  385. Erklärungsempfänger keine Ungewissheit und kein Schwebezustand zugemutet
  386. werden kann (Palandt/Heinrichs BGB 67. Aufl. Einführung vor § 158 Rdn. 13
  387. m. Rspr. Nachw.). Unbedenklich sind aber solche Bedingungen, die den Erklärungsempfänger nicht in eine ungewisse Lage versetzen und seine berechtigten
  388. Interessen somit nicht beeinträchtigen (Palandt/Heinrichs aaO). Den Feststellungen des Berufungsgerichts sowie dem Parteivortrag kann nicht mit ausreichender Sicherheit entnommen werden, ob für den Beklagten hier eine Ungewissheit bzw. Unsicherheit bestand. Dagegen spricht, dass der Beklagte das
  389. Erhöhungsverlangen zwar zurückgewiesen, sich dabei aber nicht auf Unsicherheiten wegen der Bedingung berufen hat. Da der Erfolg des Räumungsbegehrens weitgehend vom Willen des Beklagten abhängt, könnte es sich um eine so
  390. genannte Potestativbedingung gehandelt haben, die möglicherweise die Interessen des Beklagten nicht beeinträchtigt hat und damit zulässig wäre (vgl.
  391. Palandt/Heinrichs aaO). Jedenfalls kann ohne nähere Feststellungen nicht angenommen werden, dass die Bedingung für den Beklagten zu einem unzumutbaren Schwebezustand geführt hat.
  392. 43
  393. ff) Ohne Rechtsfehler und von der Revision nicht angegriffen geht das
  394. Berufungsgericht davon aus, dass das Erhöhungsverlangen vom 26. Oktober
  395. 2004 bereits deshalb unwirksam ist, weil die Erklärung nicht von allen Grundstückseigentümern abgegeben wurde. Soweit das Berufungsgericht es für möglich hält, im Schriftsatz der Kläger vom 21. Februar 2006 ein erneutes Erhöhungsverlangen zu sehen, dieses aber wie die anderen Erhöhungsverlangen an
  396. mangelnder Begründung scheitern lässt, stellt es auch hier übertriebene Anforderungen. Dieses Erhöhungsverlangen könnte aber für das Jahr 2005 zu keiner
  397. Erhöhung mehr führen, da nach § 6 Abs. 2 NutzEV das erhöhte Nutzungsentgelt erst von dem Beginn des dritten auf die Erhöhung folgenden Monats zu
  398. entrichten ist. Allerdings hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, dass
  399. - 20 -
  400. bereits in der Klagebegründung vom 29. Mai 2005 ein Erhöhungsverlangen für
  401. das Jahr 2005 zu sehen sein kann. Zu diesem Zeitpunkt waren die Kläger bereits Eigentümer des Grundstücks. Die Erhöhungserklärung scheitert für die
  402. Zeit ab Zustellung der Anspruchsbegründung nicht an der mangelnden Aktivlegitimation.
  403. 44
  404. 3. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Zwischen den
  405. Parteien ist die Größe des überlassenen Grundstücks streitig. Die Kläger gehen
  406. von einer Nutzungsfläche von 294 m² aus, während die Beklagten eine solche
  407. von 283,50 m² behaupten. Daneben ist die Höhe des ortsüblichen Entgelts
  408. streitig. Grundstücksgröße und Höhe des ortsüblichen Entgelts sind entscheidungserheblich.
  409. Hahne
  410. Weber-Monecke
  411. Fuchs
  412. Wagenitz
  413. Klinkhammer
  414. Vorinstanzen:
  415. AG Strausberg, Entscheidung vom 07.02.2006 - 24 C 201/05 LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 12.12.2006 - 6a S 44/06 -