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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. XII ZB 40/13
  4. vom
  5. 24. Juli 2013
  6. in der Betreuungssache
  7. Nachschlagewerk:
  8. ja
  9. BGHZ:
  10. nein
  11. BGHR:
  12. ja
  13. FamFG § 70 Abs. 3; GG Art. 103 Abs. 1
  14. Vor Verwerfung einer Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist ist dem
  15. Rechtsmittelführer durch einen Hinweis rechtliches Gehör zu gewähren, um ihm die
  16. Möglichkeit zu geben, sich zu der Fristversäumung zu äußern und einen Antrag auf
  17. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu stellen (im Anschluss an Senatsbeschluss
  18. vom 24. Februar 2010 - XII ZB 168/08 - FamRZ 2010, 882).
  19. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2013 - XII ZB 40/13 - LG Nürnberg-Fürth
  20. AG Schwabach
  21. -2-
  22. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juli 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Günter
  23. und Dr. Nedden-Boeger
  24. beschlossen:
  25. Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluss
  26. der 13. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom
  27. 10. Januar 2013 aufgehoben.
  28. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch
  29. über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
  30. Beschwerdewert: 3.000 €
  31. Gründe:
  32. I.
  33. 1
  34. Die Beteiligte zu 1 wendet sich gegen die Verwerfung ihrer Beschwerde,
  35. die sie in einem - ihre Tante betreffenden - Betreuungsverfahren eingelegt hat.
  36. 2
  37. Das Amtsgericht hat für die Betroffene, die im September 2011 der Beteiligten zu 1 eine notarielle Vorsorgevollmacht erteilt hatte, eine Betreuung angeordnet und einen Betreuer bestellt. Dieser Beschluss ist der Beteiligten zu 1 am
  38. 29. Oktober 2012 zugestellt worden. Ihre mit Schriftsatz vom 29. November
  39. 2012 eingelegte Beschwerde hat das Landgericht als unzulässig verworfen.
  40. Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 1 mit ihrer Rechtsbeschwerde.
  41. -3-
  42. II.
  43. 3
  44. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.
  45. 4
  46. 1. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1 folgt die Statthaftigkeit
  47. der Rechtsbeschwerde indessen nicht aus § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i.V.m.
  48. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO, weil es sich vorliegend nicht um eine Familienstreitsache im Sinne von § 112 i.V.m. § 117 FamFG handelt, sondern um ein Betreuungsverfahren und damit um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
  49. Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich allerdings aus § 70 Abs. 3
  50. Satz 1 Nr. 1 FamFG. Danach ist die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss
  51. des Beschwerdegerichts in Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers
  52. ohne Zulassung statthaft.
  53. 5
  54. 2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Durch die Verwerfung ihrer
  55. Beschwerde wird die Beteiligte in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
  56. 6
  57. a) Die Pflicht zur Anhörung des Rechtsmittelführers folgt nach ständiger
  58. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unmittelbar aus Art. 103 Abs. 1 GG.
  59. Diese Norm gibt dem Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens ein Recht darauf, dass er Gelegenheit erhält, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung
  60. zugrundeliegenden Sachverhalt (hier: zu der vom Landgericht angenommenen
  61. Fristversäumung) zu äußern (Senatsbeschluss vom 24. Februar 2010 - XII ZB
  62. 168/08 - FamRZ 2010, 882 Rn. 7 mwN) und ggf. auch einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen.
  63. -4-
  64. 7
  65. b) Gemessen hieran ist die Entscheidung des Landgerichts - was die
  66. Rechtsbeschwerde im Ergebnis zu Recht gerügt hat - verfahrensfehlerhaft ergangen.
  67. 8
  68. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass die mit Schriftsatz vom
  69. 29. November 2012 erfolgte Beschwerde der Beteiligten zu 1 erst am
  70. 30. November 2012 beim Amtsgericht eingegangen ist, und damit ein Tag nach
  71. Fristablauf. Dabei hat es versäumt, die Beteiligte zu 1 vor seiner Entscheidung
  72. hierauf hinzuweisen und ihr somit die Möglichkeit genommen, hierzu Stellung
  73. zu nehmen und - wie nunmehr mit der Rechtsbeschwerde vorgebracht - ein
  74. entsprechendes Sendeprotokoll für eine Telefaxversendung zur Kenntnis zu
  75. geben, wonach die Beschwerde bereits am 29. November 2012 versandt worden ist.
  76. -5-
  77. 9
  78. 3. Gemäß § 74 Abs. 5 FamFG ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. Eine abschließende Entscheidung durch den Senat selbst gemäß § 74
  79. Abs. 6 Satz 1 FamFG ist nicht möglich, da das Landgericht keine Feststellungen zur Sache getroffen hat. Deshalb ist die Sache gemäß § 74 Abs. 6 Satz 2
  80. FamFG an das Landgericht zurückzuverweisen.
  81. Dose
  82. Klinkhammer
  83. Günter
  84. Schilling
  85. Nedden-Boeger
  86. Vorinstanzen:
  87. AG Schwabach, Entscheidung vom 24.10.2012 - 2 XVII 413/12 LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 10.01.2013 - 13 T 110/13 -