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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. XI ZR 209/04
  5. Verkündet am:
  6. 19. September 2006
  7. Herrwerth,
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. -2-
  13. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. September 2006 durch den Vorsitzenden Richter
  14. Nobbe sowie die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Ellenberger und
  15. Prof. Dr. Schmitt
  16. für Recht erkannt:
  17. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des
  18. 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom
  19. 27. Mai 2004 aufgehoben.
  20. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
  21. an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  22. Von Rechts wegen
  23. Tatbestand:
  24. 1
  25. Der Kläger wendet sich aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau gegen die Zwangsvollstreckung der beklagten Bank aus einer vollstreckbaren notariellen Urkunde. Dem liegt folgender Sachverhalt
  26. zugrunde:
  27. 2
  28. Der Kläger, ein damals 45 Jahre alter Kalkulator, und seine Ehefrau, eine damals 43 Jahre alte Hausfrau, wurden im Jahre 1993 von ei-
  29. -3-
  30. nem Vermittler geworben, zwecks Steuerersparnis ohne Eigenkapital eine Eigentumswohnung in einer Appartementwohnanlage in D.
  31. zu
  32. erwerben. Zur Durchführung des Erwerbs der Eigentumswohnung erteilten sie der
  33. G.
  34. Treuhandgesellschaft mbH (im Folgenden: Treu-
  35. händerin) mit notarieller Urkunde vom 8. Dezember 1993 im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages eine umfassende Vollmacht. Die
  36. Treuhänderin, die über eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz
  37. nicht verfügte, sollte unter anderem den Kaufvertrag abschließen sowie
  38. zur Bestellung der dinglichen und persönlichen Sicherheiten befugt sein.
  39. 3
  40. Am 19./23. Dezember 1993 schlossen der Kläger und seine Ehefrau persönlich mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden:
  41. Beklagte) zur Finanzierung des Kaufpreises und der Erwerbsnebenkosten einen Darlehensvertrag über 232.200 DM mit einer Gesamtlaufzeit
  42. bis 31. Dezember 2023 und einem festen Zinssatz bis 31. Dezember
  43. 2001 ab. Der formularmäßige Darlehensvertrag enthielt in Ziffer 10 unter
  44. anderem die Verpflichtung, der Beklagten eine Grundschuld in Darlehenshöhe nebst dinglicher Vollstreckungsunterwerfung zu bestellen und
  45. sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu
  46. unterwerfen. Eine Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz
  47. (HWiG) erfolgte nicht.
  48. 4
  49. Am 4. Februar 1994 erwarb die Treuhänderin für den Kläger und
  50. seine Ehefrau mit notariellem Kauf- und Werklieferungsvertrag eine Eigentumswohnung nebst Doppelparker zum Preis von 132.121 DM. Mit
  51. notarieller Urkunde vom selben Tage bestellte die Voreigentümerin zugunsten der Beklagten eine nach § 800 ZPO vollstreckbare Grundschuld
  52. in Höhe von 233.000 DM. Zugleich übernahm die Treuhänderin für den
  53. -4-
  54. Kläger und seine Ehefrau gegenüber der Beklagten die persönliche Haftung in Höhe des Grundschuldbetrages und unterwarf sie der Zwangsvollstreckung durch die Beklagte in ihr gesamtes Vermögen.
  55. 5
  56. Die Beklagte überwies die Darlehensvaluta auf ein bei ihr geführtes Konto des Klägers und seiner Ehefrau.
  57. 6
  58. Mit Schreiben vom 14. Januar 2002 widerriefen der Kläger und
  59. seine Ehefrau ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen unter Hinweis auf § 1 HWiG mit der Behauptung,
  60. zur Abgabe der Erklärungen in einer Haustürsituation bestimmt worden
  61. zu sein. Da sie ihre Zahlungsverpflichtungen aus dem Darlehensverhältnis nur bis Anfang Januar 2002 erfüllten, forderte die Beklagte sie mit
  62. Schreiben vom 14. März 2002 unter Androhung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zur Zahlung der rückständigen Beträge auf.
  63. 7
  64. Gegen die Vollstreckung aus der Grundschuldbestellungsurkunde
  65. vom 4. Februar 1994 wendet sich der Kläger. Er macht geltend, die
  66. durch die Treuhänderin erklärte Unterwerfung unter die sofortige
  67. Zwangsvollstreckung sei als Vollstreckungstitel unwirksam, da der Geschäftsbesorgungsvertrag und die in ihm enthaltene Vollmacht wegen
  68. Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig seien. Darüber hinaus macht er materiell-rechtliche Einwendungen gegen den titulierten
  69. Anspruch geltend. Der Beklagten stehe kein Darlehensrückzahlungsanspruch zu, da er den Darlehensvertrag wirksam widerrufen habe. Auch
  70. habe die Beklagte, die dauerhaft und eng mit dem Bauträger, dem Vermittler und der Treuhänderin zusammengearbeitet habe, nicht hinreichend über die wirtschaftlichen Risiken des Objekts aufgeklärt. Insbe-
  71. -5-
  72. sondere habe sie gewusst, dass der Verkehrswert der Immobilie nur
  73. 39,9% des Kaufpreises betragen habe. Hilfswiderklagend macht die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung der ausgereichten Darlehensvaluta zuzüglich Zinsen geltend.
  74. 8
  75. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
  76. Entscheidungsgründe:
  77. 9
  78. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung
  79. des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das
  80. Berufungsgericht.
  81. I.
  82. 10
  83. Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren bedeutsam - im Wesentlichen ausgeführt:
  84. 11
  85. Die auf die Unwirksamkeit des Vollstreckungstitels gestützte prozessuale Gestaltungsklage analog § 767 ZPO sei unbegründet. Die dingliche Unterwerfungserklärung sei wirksam, da sie von der damaligen Eigentümerin und nicht vom Kläger erklärt worden sei. Auf eine etwaige
  86. Unwirksamkeit der persönlichen Unterwerfungserklärung wegen Nichtigkeit der Vollmacht gemäß § 134 BGB i.V. mit Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1
  87. -6-
  88. RBerG könne sich der Kläger jedenfalls nach § 242 BGB nicht berufen,
  89. da sich aus Ziffer 10.3 des Darlehensvertrages eine Verpflichtung zur
  90. Abgabe einer solchen Erklärung ergebe. Ein Recht zum Widerruf des
  91. Darlehensvertrages nach § 1 Abs. 1 HWiG stehe dem Kläger nicht zu.
  92. Selbst wenn man trotz gravierender Bedenken unterstelle, dass der Abschluss des Darlehensvertrages in einer Haustürsituation erfolgt sei, sei
  93. diese der Beklagten weder nach § 123 Abs. 1 BGB noch nach § 123
  94. Abs. 2 BGB zuzurechnen. Einwendungen aus dem finanzierten Immobilienkauf könne der Kläger dem Darlehensvertrag nicht nach § 9 Abs. 3
  95. Satz 1 VerbrKrG entgegenhalten, da es sich um einen Realkredit im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG gehandelt habe.
  96. 12
  97. Die Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO sei ebenfalls unbegründet. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers wegen Verschuldens der Beklagten bei Vertragsschluss sei nicht gegeben. Es liege keine der Fallgruppen vor, bei denen die Rechtsprechung ausnahmsweise
  98. eine Aufklärungspflicht der Bank annehme. Insbesondere genüge der
  99. Vortrag des Klägers zum sittenwidrigen Missverhältnis zwischen dem
  100. Verkehrswert der Immobilie und dem Kaufpreis sowie der Kenntnis der
  101. Beklagten davon nicht den Anforderungen an schlüssige Darlegungen.
  102. II.
  103. 13
  104. Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
  105. -7-
  106. 14
  107. 1. Die Abweisung der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) wird
  108. durch die Begründung des Berufungsurteils nicht getragen. Wenn der
  109. Abschluss des Darlehensvertrages in einer Haustürsituation erfolgt ist,
  110. wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist, unterliegt die titulierte
  111. Forderung der Bereicherungseinrede (§ 821 BGB).
  112. 15
  113. a) Rechtsfehlerfrei ist allerdings die Ansicht des Berufungsgerichts, dass der Kläger der Beklagten etwaige Einwendungen aus dem
  114. finanzierten Immobilienkauf nach § 9 Abs. 3 Satz 1 VerbrKrG schon deshalb nicht entgegenhalten kann, weil diese Vorschrift nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG auf Realkreditverträge, die
  115. - wie hier - zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite üblichen Bedingungen gewährt worden sind, keine Anwendung findet. Das gilt, wie
  116. der Senat in seinem erst nach Abfassung der Revisionsbegründung ergangenen Urteil vom 25. April 2006 (XI ZR 219/04, WM 2006, 1060,
  117. 1065 f., für BGHZ vorgesehen), auf das Bezug genommen wird, ausführlich dargelegt hat, auch dann, wenn der Erwerber das Grundpfandrecht
  118. - wie hier - nicht selbst bestellt hat. An seiner abweichenden Rechtsprechung (BGHZ 159, 294, 307 f.), auf die sich die Revision maßgeblich
  119. stützt, hält der II. Zivilsenat, wie er auf Anfrage mitgeteilt hat, nicht fest.
  120. Zu einer anderen rechtlichen Bewertung geben, wie der Senat in seinem
  121. Urteil vom 16. Mai 2006 (XI ZR 6/04, WM 2006, 1194, 1196 f., für BGHZ
  122. vorgesehen) näher ausgeführt hat, auch die Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (künftig: EuGH) vom
  123. 25. Oktober 2005 (WM 2005, 2079 ff. - Schulte und WM 2005, 2086 ff.
  124. - Crailsheimer Volksbank) keinen Anlass.
  125. -8-
  126. 16
  127. b) Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht einen dem Anspruch der Beklagten entgegenzusetzenden Schadensersatzanspruch
  128. des Klägers aus Verschulden bei Vertragsschluss verneint.
  129. 17
  130. aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist
  131. eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Bauherren-, Bauträgerund Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Sie darf
  132. regelmäßig davon ausgehen, dass die Kunden entweder über die notwendigen Kenntnisse oder Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der
  133. Hilfe von Fachleuten bedient haben. Aufklärungs- und Hinweispflichten
  134. bezüglich des finanzierten Geschäfts können sich daher nur aus den besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls ergeben. Dies kann der
  135. Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin
  136. hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken
  137. hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden
  138. schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit Kreditgewährungen sowohl an den Bauträger als auch an
  139. einzelne Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder
  140. wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten
  141. Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (vgl. etwa BGHZ 159, 294, 316; 161, 15, 20 sowie Senatsurteil
  142. vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04, WM 2006, 1194, 1199 m.w.Nachw., für
  143. BGHZ vorgesehen).
  144. 18
  145. Eine solche Aufklärungspflicht hat das Berufungsgericht bei den
  146. von ihm geprüften, möglicherweise verletzten Aufklärungspflichten auf
  147. -9-
  148. der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  149. rechtsfehlerfrei verneint. Entgegen der Ansicht der Revision traf die Beklagte auch unter dem Gesichtspunkt eines für sie erkennbaren Wissensvorsprungs keine Aufklärungspflicht.
  150. 19
  151. (1) Eine Pflicht der Bank zur Aufklärung über die Unangemessenheit des Kaufpreises, die grundsätzlich nicht einmal den Verkäufer trifft
  152. (BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, WM 2003, 1686, 1688),
  153. kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es - bedingt durch eine
  154. versteckte Innenprovision oder aus anderen Gründen - zu einer so wesentlichen Verschiebung des Verhältnisses zwischen Kaufpreis und Verkehrswert kommt, dass die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung
  155. des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muss. Das ist nach ständiger
  156. Rechtsprechung erst dann der Fall, wenn der Wert der Leistung knapp
  157. doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (vgl. etwa Senatsurteile vom 20. Januar 2004 - XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 524, vom
  158. 23. März 2004 - XI ZR 194/02, WM 2004, 1221, 1225 und vom 16. Mai
  159. 2006 - XI ZR 6/04, WM 2006, 1194, 1200, für BGHZ vorgesehen).
  160. 20
  161. Ein den Substantiierungsanforderungen genügender Vortrag zu
  162. einem entsprechenden Minderwert der erworbenen Wohnung erfordert
  163. die Darlegung konkreter, dem Beweis zugänglicher Angaben zu den
  164. wertbildenden Faktoren der erworbenen Wohnung (Senat, Urteil vom
  165. 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62). Daran fehlt es aber
  166. nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts.
  167. 21
  168. (2) Allein die Behauptung des Klägers, der tatsächliche Verkehrswert der Wohnung habe nach Auskunft des Gutachterausschusses der
  169. - 10 -
  170. Stadt D.
  171. zum Stichtag 4. Februar 1994 mit 46.200 DM im Ver-
  172. hältnis zum verlangten Wohnungskaufpreis lediglich 39,9% betragen,
  173. wovon die Beklagte auf Grund der von ihr selbst vorgenommenen Einwertung Kenntnis gehabt habe, genügt hier den Anforderungen an einen
  174. substantiierten Sachvortrag zum angeblichen Minderwert der Immobilie
  175. nicht. Der Kläger hat weder die Anfrage noch die Stellungnahme des
  176. Gutachterausschusses inhaltlich konkretisiert, geschweige denn vorgelegt, so dass Angaben zu den wertbildenden Faktoren fehlen. Darüber
  177. hinaus hat die Beklagte das Übernahmeprotokoll für den Kredit sowie
  178. das Sicherheitenblatt vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass sie die
  179. Wohnung mit einem Verkehrswert von 146.000 DM und einem Beleihungswert von 131.000 DM angesetzt hat. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt hat, dass nach seinen eigenen Schlussfolgerungen der Wertermittlungsbogen seitens der Beklagten verfälscht
  180. worden sei, hat dies das Berufungsgericht mit zutreffenden Erwägungen
  181. als unbeachtlich angesehen. Vor diesem Hintergrund ist der Vortrag des
  182. Klägers, die Beklagte habe die streitgegenständliche Wohnung selbst mit
  183. lediglich 39,9% des tatsächlichen Wohnungskaufpreises eingewertet, als
  184. unbeachtliche Behauptung aufs Geratewohl zu werten. Es fehlt danach,
  185. wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, auch an der
  186. Kenntnis der Beklagten von einem sittenwidrigen Missverhältnis von
  187. Kaufpreis und Verkehrswert der Eigentumswohnung.
  188. 22
  189. bb) Soweit der erkennende Senat mit Urteil vom 16. Mai 2006
  190. (XI ZR 6/04, WM 2006, 1194, 1200 f., Tz. 50 ff., für BGHZ vorgesehen)
  191. im Interesse der Effektivierung des Verbraucherschutzes bei realkreditfinanzierten Wohnungskäufen und Immobilienfondsbeteiligungen, die nicht
  192. als verbundene Geschäfte behandelt werden können, und um dem in den
  193. - 11 -
  194. Entscheidungen des EuGH vom 25. Oktober 2005 (WM 2005, 2079 ff.
  195. - Schulte und WM 2005, 2086 ff. - Crailsheimer Volksbank) zum Ausdruck kommenden Gedanken des Verbraucherschutzes vor Risiken von
  196. Kapitalanlagemodellen im nationalen Recht Rechnung zu tragen, seine
  197. Rechtsprechung zum Bestehen von Aufklärungspflichten der kreditgebenden Bank in diesen Fällen ergänzt hat, rechtfertigt dies hier kein anderes Ergebnis.
  198. 23
  199. (1) Nach dieser Rechtsprechung können sich die Anleger in Fällen
  200. des institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit
  201. dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objekts unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des
  202. Fondsprospekts über das Anlageobjekt berufen. Die Kenntnis der Bank
  203. von einer solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet,
  204. wenn Verkäufer oder Fondsinitiatoren, die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise
  205. zusammenwirken, auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler, sei es auch nur über einen von ihm benannten Finanzierungsvermittler, angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben
  206. des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw.
  207. des Verkaufs- oder Fondsprospekts nach den Umständen des Falles evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen (Senat, Urteil vom 16. Mai 2006 - XI ZR
  208. 6/04, WM 2006, 1194, 1200 f., für BGHZ vorgesehen).
  209. - 12 -
  210. (2) Diese Voraussetzungen liegen hier schon deshalb nicht vor,
  211. 24
  212. weil es bisher an ausreichendem Vorbringen zu einer arglistigen Täuschung durch evident unrichtige Angaben des Vermittlers fehlt. Hierzu ist
  213. erforderlich, dass sich die behauptete Täuschung durch Vorspiegeln oder
  214. Entstellen von Umständen auf objektiv nachprüfbare Angaben bezieht
  215. und nicht lediglich subjektive Werturteile oder marktschreierische Anpreisungen vermittelt werden (vgl. PWW/Ahrens, BGB § 123 Rdn. 5;
  216. MünchKommBGB/Kramer, 4. Aufl. § 123 Rdn. 15; Palandt/Heinrichs,
  217. BGB, 65. Aufl. § 123 Rdn. 3). Ein die Aufklärungspflicht der finanzierenden Bank auslösender konkreter Wissensvorsprung im Zusammenhang
  218. mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers setzt dem entsprechend
  219. konkrete, dem Beweis zugängliche unrichtige Angaben des Vermittlers
  220. oder Verkäufers über das Anlageobjekt voraus. Daran fehlt es hier nach
  221. dem insoweit revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vortrag des Klägers.
  222. 25
  223. Danach hat der Vermittler fälschlich angegeben, es handele sich
  224. um eine risikolose Immobilie, die ihren Wert nicht nur erhalte, sondern
  225. mit großer Wahrscheinlichkeit sogar noch steigere. Nach Ende der Zinsfestschreibung könne die Wohnung auch ohne Verlust verkauft und das
  226. Darlehen wieder zurückgeführt werden. Bis auf einen monatlichen Geringst-Betrag würden die Kosten des Erwerbs der Wohnung aufgefangen
  227. durch Mieteinnahmen und Steuervorteile. Insbesondere die falsche Zusicherung, eine Immobilie ohne Eigenmittel erwerben zu können, die hervorragend zur Altersvorsorge und zum Steuersparen geeignet sei, habe
  228. den Kläger überzeugt.
  229. - 13 -
  230. 26
  231. Bei diesen Aussagen des Vermittlers handelt es sich lediglich um
  232. subjektive Werturteile und unverbindliche Anpreisungen, nicht aber um
  233. eine Täuschung durch unrichtige Angaben zu dem Anlageobjekt. Die
  234. verwandten Attribute und unbestimmten Formulierungen wie etwa "risikolose" Immobilie, die ihren Wert "mit großer Wahrscheinlichkeit sogar
  235. noch steigere" und "hervorragend" zur Altersvorsorge und Steuerersparnis "geeignet" sei sowie einen verlustfreien Verkauf und Rückführung
  236. des Darlehens nach Ende der Zinsfestschreibung ermögliche, haben ersichtlich werbenden Charakter. Es fehlt an der Darlegung konkreter
  237. wertbildender Merkmale der Immobilie, insbesondere zu ihrem Verkehrswert, den Finanzierungskosten sowie den versprochenen Mieteinnahmen und Steuervorteilen, welche objektiv nachprüfbar und einem
  238. Beweis zugänglich wären. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des
  239. - wie dargelegt - substanzlosen Vorbringens des Klägers zur sittenwidrigen Verschiebung des Verhältnisses zwischen Kaufpreis und Verkehrswert. Erst recht kann angesichts der allgemeinen anpreisenden Aussagen des Vermittlers zu dem Anlageobjekt keine Rede davon sein, dass
  240. die vom Kläger behauptete Unrichtigkeit der Angaben so evident war,
  241. dass sich aufdrängt, die Beklagte habe sich der Kenntnis der arglistigen
  242. Täuschung geradezu verschlossen.
  243. 27
  244. c) Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung aber nicht
  245. stand, soweit das Berufungsgericht ein Widerrufsrecht des Klägers nach
  246. § 1 Abs. 1 HWiG verneint hat, weil die von ihm unterstellte und infolgedessen in der Revisionsinstanz als gegeben anzusehende Haustürsituation der Beklagten nicht zuzurechnen sei. Das Berufungsurteil entspricht
  247. insoweit zwar der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  248. (vgl. etwa BGHZ 159, 280, 285 f.; BGH, Urteile vom 12. November 2002
  249. - 14 -
  250. - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 63, vom 15. Juli 2003 - XI ZR 162/00,
  251. ZIP 2003, 1741, 1743 und vom 20. Januar 2004 - XI ZR 460/02,
  252. WM 2004, 521, 523). An dieser Rechtsprechung hält der erkennende
  253. Senat, wie er bereits in seinen Urteilen vom 14. Februar 2006 (XI ZR
  254. 255/04, WM 2006, 674, 675) und vom 20. Juni 2006 (XI ZR 224/05, Umdruck S. 7 f.), auf die Bezug genommen wird, näher dargelegt hat, veranlasst
  255. durch
  256. die
  257. Entscheidung
  258. des
  259. EuGH
  260. vom
  261. 25. Oktober
  262. 2005
  263. (WM 2005, 2086 ff. - Crailsheimer Volksbank) nicht fest. Danach bedarf
  264. es einer gesonderten Zurechnung der Haustürsituation entsprechend
  265. § 123 BGB, die das Berufungsgericht für notwendig erachtet hat, nicht.
  266. Das Berufungsgericht hat deshalb - von seinem Standpunkt aus
  267. 28
  268. konsequent - noch keine Feststellungen getroffen, ob es sich bei dem
  269. streitigen Darlehensvertrag um ein Haustürgeschäft im Sinne des § 1
  270. Abs. 1 HWiG handelt. Das wird nachzuholen sein.
  271. 2. Auch die Abweisung der gegen die Wirksamkeit des Vollstre-
  272. 29
  273. ckungstitels gerichteten prozessualen Gestaltungsklage analog § 767
  274. ZPO lässt sich danach mit der gegebenen Begründung nicht halten.
  275. a) Mit Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen,
  276. 30
  277. dass gegen die Wirksamkeit der in der Grundschuldbestellungsurkunde
  278. vom 4. Februar 1994 enthaltenen Unterwerfung unter die sofortige
  279. Zwangsvollstreckung in die Eigentumswohnung keine Bedenken bestehen. Denn diese Unterwerfungserklärung wurde nicht von der Treuhänderin, sondern von der damaligen Eigentümerin und Grundschuldbestellerin erklärt und lässt die Vollstreckung gegen den jeweiligen Eigentümer
  280. zu.
  281. - 15 -
  282. 31
  283. b) Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Ansicht des Berufungsgerichts, die prozessuale Gestaltungsklage sei auch unbegründet, soweit
  284. sie sich gegen die Wirksamkeit der Unterwerfung unter die sofortige
  285. Zwangsvollstreckung in das gesamte Vermögen des Klägers richtet.
  286. 32
  287. aa) Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht dabei davon
  288. aus, dass diese Unterwerfungserklärung in der Grundschuldbestellungsurkunde vom 4. Februar 1994 unwirksam ist, da der Kläger von der
  289. Treuhänderin nicht wirksam vertreten worden ist. Die der Geschäftsbesorgerin erteilte Vollmacht ist wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG
  290. unwirksam. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  291. bedarf derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche
  292. Abwicklung eines Grundstückserwerbs im Rahmen eines Steuersparmodells für den Erwerber besorgt, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG. Ein
  293. - wie hier - ohne diese Erlaubnis abgeschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag mit derartigen umfassenden Befugnissen ist nichtig. Die
  294. Nichtigkeit erfasst auch die der Geschäftsbesorgerin erteilte Prozessvollmacht zur Abgabe einer Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung, deren Nichtigkeit mit Hilfe der §§ 171, 172 BGB nicht überwunden
  295. werden kann (st.Rspr.; BGHZ 154, 283, 287 f.; Senatsurteile vom
  296. 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 830 und vom 21. Juni
  297. 2005 - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520, 1521, jeweils m.w.Nachw.).
  298. 33
  299. bb) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist es dem Kläger nach dem in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Sachverhalt
  300. jedoch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die
  301. Unwirksamkeit der notariell beurkundeten Unterwerfungserklärung zu
  302. - 16 -
  303. berufen. Das wäre nur dann der Fall, wenn der Kläger gegenüber der
  304. Beklagten verpflichtet wäre, sich hinsichtlich der Darlehensverbindlichkeit der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen (st.Rspr.; Senatsurteile vom 15. Februar 2005 - XI ZR 396/03, WM 2005, 1698, 1701,
  305. vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 830 und vom 21. Juni
  306. 2005 - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520, 1521 f., jeweils m.w.Nachw.). Eine
  307. solche Verpflichtung hat das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen.
  308. 34
  309. Aus dem Darlehensvertrag von 1993 ergibt sich zwar die Verpflichtung des Klägers, das Darlehen durch eine Grundschuld in Höhe der
  310. Darlehenssumme zuzüglich Zinsen abzusichern und sich der Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Der Kläger
  311. könnte sich deshalb nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242
  312. BGB) auf die Nichtigkeit der persönlichen Vollstreckungsunterwerfung
  313. vom 4. Februar 1994 nicht berufen, wenn er an den Kreditvertrag vom
  314. 19./23. Dezember 1993 gebunden wäre. Von der Wirksamkeit des Kreditvertrages aus dem Jahre 1993 kann aber entgegen der Auffassung
  315. des Berufungsgerichts deshalb nicht ausgegangen werden, weil der Kläger - wie dargelegt (II. 1. c) - nach dem in der Revisionsinstanz zugrunde
  316. zu legenden Sachverhalt seine zum Abschluss des Darlehensvertrages
  317. führende Willenserklärung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG wirksam widerrufen hat.
  318. III.
  319. 35
  320. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1
  321. ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie zur weite-
  322. - 17 -
  323. ren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563
  324. Abs. 1 Satz 1 ZPO).
  325. 36
  326. 1. Dieses wird nunmehr Beweis darüber zu erheben haben, ob die
  327. Behauptung des Klägers zutrifft, er und seine Ehefrau hätten den Darlehensvertrag in einer Haustürsituation, also im Geltungsbereich der Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den
  328. Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Verträge (ABl. Nr. L 372/31; Haustürgeschäfterichtlinie), abgeschlossen.
  329. 37
  330. 2. Sollte die Beweisaufnahme ergeben, dass der Kläger und seine
  331. Ehefrau den Darlehensvertrag gemäß § 1 Abs. 1 HWiG wirksam widerrufen haben, stünde der Beklagten der mit der Hilfswiderklage zu b) geltend gemachte Anspruch aus § 3 HWiG auf Erstattung des ausgezahlten
  332. Nettokreditbetrages sowie auf dessen marktübliche Verzinsung zu (Senat
  333. BGHZ 152, 331, 338 f.; Senatsurteile vom 26. November 2002 - XI ZR
  334. 10/00, WM 2003, 64, 66, vom 28. Oktober 2003 - XI ZR 263/02,
  335. WM 2003, 2410, 2411, vom 21. März 2006 - XI ZR 204/03, ZIP 2006,
  336. 846, 847 und vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04, WM 2006, 1194, 1196
  337. m.Nachw., für BGHZ vorgesehen).
  338. 38
  339. a) Wie der Senat in seinem Urteil vom 16. Mai 2006 (XI ZR 6/04,
  340. WM 2006, 1194, 1197 f., für BGHZ vorgesehen) entschieden und im Einzelnen begründet hat, steht dem aus § 3 HWiG folgenden Rückzahlungsanspruch nicht entgegen, dass der Verbraucher nach Ansicht des
  341. EuGH durch die Haustürgeschäfterichtlinie vor den Folgen der in seinen
  342. Entscheidungen vom 25. Oktober 2005 (WM 2005, 2079 ff. - Schulte und
  343. - 18 -
  344. WM 2005, 2086 ff. - Crailsheimer Volksbank) angesprochenen Risiken
  345. von Kapitalanlagen der vorliegenden Art zu schützen ist, die er im Falle
  346. einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung der kreditgebenden Bank
  347. hätte vermeiden können.
  348. 39
  349. b) Aufgrund der Entscheidungen des EuGH vom 25. Oktober 2005
  350. könnte jedoch ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus Verschulden bei Vertragsschluss wegen unterbliebener Widerrufsbelehrung gemäß § 2 Abs. 1 HWiG in Betracht kommen, den der Kläger ggf. dem Anspruch der Beklagten aus § 3 HWiG entgegenhalten könnte.
  351. 40
  352. aa) Nach den vorgenannten Entscheidungen enthält die Haustürgeschäfterichtlinie eine "echte" Rechtspflicht des Unternehmers. Unter
  353. Beachtung dieser für nationale Gerichte bindenden Auslegung ist auch
  354. § 2 HWiG - dessen Wortlaut die Annahme einer solchen Rechtspflicht
  355. nicht ausschließt - richtlinienkonform als Rechtspflicht des Unternehmers
  356. zu verstehen, deren Verletzung Ersatzansprüche zur Folge haben kann.
  357. Wie bereits das OLG Stuttgart ausgeführt hat (NJW-RR 1988, 558, 559
  358. und NJW 1988, 1986, 1987), will das Gesetz mit der Belehrung über das
  359. Widerrufsrecht den Kunden vor allem über Existenz, Inhalt und Bedeutung seines Widerrufsrechts informieren, damit er überhaupt erst in die
  360. Lage versetzt wird, seine Rechte auszuüben und sich auf die schwebende Unwirksamkeit des Vertrages zu berufen. Dieses Ziel lässt sich nur
  361. erreichen, wenn eine Pflicht zur Belehrung besteht.
  362. 41
  363. bb) Ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus Verschulden bei
  364. Vertragsschluss wegen unterbliebener Belehrung gemäß § 2 Abs. 1
  365. HWiG setzt zwingend ein Verschulden der Beklagten voraus. Die An-
  366. - 19 -
  367. nahme eines evtl. vom Berufungsgericht festzustellenden verschuldeten
  368. Rechtsirrtums könnte allerdings bei dem vorliegenden Fall aus dem Jahre 1993 zweifelhaft sein. Einer verschuldensunabhängigen Haftung stehen wesentliche Grundsätze des nationalen Haftungsrechts entgegen,
  369. insbesondere der in § 276 Abs. 1 BGB a.F. verankerte allgemeine
  370. Grundsatz, dass eine Schadensersatzpflicht in der Regel nur bei schuldhaftem Verhalten besteht. Zwar ermöglichte die Vorschrift des § 276
  371. Abs. 1 BGB a.F. auch eine verschuldensunabhängige Haftung, sofern
  372. "ein anderes bestimmt war". Für eine solche Bestimmung, die sich aus
  373. dem Gesetz, den vertraglichen Vereinbarungen oder dem Inhalt des
  374. Schuldverhältnisses ergeben kann, fehlt hier jedoch jeder Anhalt. Auch
  375. die Annahme einer Gefährdungshaftung kommt nicht in Betracht. Die für
  376. einzelne, näher umschriebene Tatbestände normierten Gefährdungshaftungen stellen spezielle Ausnahmen dar, die der an das Gesetz gebundene Richter nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  377. nicht von sich aus erweitern darf (vgl. BGHZ 54, 332, 336 f.; 55, 229,
  378. 232 f., 234; 114, 238, 240 f.; 115, 38, 42 f.; 119, 152, 168).
  379. 42
  380. cc) Darüber hinaus wären für den Fall der Annahme eines Verschuldens der Beklagten zur Schadensursächlichkeit des Belehrungsverstoßes Feststellungen zu treffen. Es genügt nicht, dass der Kläger und
  381. seine Ehefrau bei ordnungsgemäßer Belehrung die Möglichkeit gehabt
  382. hätten, mit dem Widerruf des Darlehensvertrages auch Risiken des Anlagegeschäftes zu vermeiden. Dies wäre mit dem Grundprinzip des nationalen Schadensersatzrechts, dass eine Pflichtverletzung nur dann zum
  383. Ersatz des Schadens verpflichten kann, wenn er auch auf den Pflichtenverstoß ursächlich zurückzuführen ist, schlechthin unvereinbar (siehe
  384. bereits Senatsurteil vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04, WM 2006, 1194,
  385. - 20 -
  386. 1199, für BGHZ vorgesehen). Der Kläger muss vielmehr konkret nachweisen, dass er und seine Ehefrau den Darlehensvertrag bei ordnungsgemäßer Belehrung tatsächlich widerrufen und die Anlage nicht getätigt
  387. hätten. Auf die so genannte Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens
  388. kann sich der Kläger, anders als etwa das Oberlandesgericht Bremen
  389. (WM 2006, 758, 766 f.) gemeint hat, nicht stützen. Diese Vermutung
  390. setzt voraus, dass es für ihn bei Belehrung über sein Widerrufsrecht damals nur eine bestimmte Möglichkeit der Reaktion gab (vgl. BGHZ 160,
  391. 58, 66 m.w.Nachw.). Davon kann hier indes nicht ausgegangen werden,
  392. da nichts dafür ersichtlich ist, dass die Risiken des Vertragswerks vom
  393. Kläger innerhalb der einwöchigen Widerrufsfrist erkannt worden wären
  394. (vgl. OLG Celle NJW 2006, 1817 f.; OLG München NJW 2006, 1811,
  395. 1815; Bungeroth WM 2004, 1505, 1509).
  396. Nobbe
  397. Müller
  398. Ellenberger
  399. Joeres
  400. Schmitt
  401. Vorinstanzen:
  402. LG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.05.2003 - 15 O 522/02 OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 27.05.2004 - I-6 U 137/03 -