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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. VI ZR 158/10
  5. Verkündet am:
  6. 12. April 2011
  7. Holmes
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. ja
  16. BGHR:
  17. ja
  18. SGB X § 116; SGB XI §§ 36 ff.; BGB § 843
  19. a) Der Übergang von Schadensersatzansprüchen nach § 1542 RVO, § 116
  20. Abs. 1 SGB X vollzieht sich grundsätzlich schon im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses, soweit der Sozialversicherungsträger dem Geschädigten
  21. möglicherweise in Zukunft Leistungen zu erbringen hat, die sachlich und zeitlich mit den Erstattungsansprüchen des Geschädigten kongruent sind.
  22. b) Dieser Grundsatz erfährt eine Ausnahme in den Fällen, in denen neue Leistungsberechtigungen erst nach dem Schadensereignis aufgrund sogenannter
  23. "Systemänderungen" geschaffen werden.
  24. c) Die Neuregelung des Anspruchs auf häusliche Pflegehilfe in §§ 36 ff. SGB XI
  25. bedeutet keine Systemänderung, sondern lediglich eine Modifizierung der
  26. bereits seit 1989 in §§ 53 ff. SGB V a.F. vorgesehenen Pflegeleistungen
  27. (Fortentwicklung der Senatsurteile vom 18. Februar 1997 - VI ZR 70/96,
  28. BGHZ 134, 381, 386 und vom 3. Dezember 2002 - VI ZR 142/02, VersR
  29. 2003, 267).
  30. BGH, Urteil vom 12. April 2011 - VI ZR 158/10 - OLG Schleswig
  31. LG Lübeck
  32. - 2 -
  33. Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  34. vom 12. April 2011 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Zoll, die
  35. Richterin Diederichsen, den Richter Pauge und die Richterin von Pentz
  36. für Recht erkannt:
  37. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des
  38. Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom
  39. 4. Juni 2010 aufgehoben.
  40. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  41. über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  42. Von Rechts wegen
  43. Tatbestand:
  44. 1
  45. Die Klägerin, eine Trägerin der gesetzlichen Pflegeversicherung, nimmt
  46. die beklagte Stadt aus übergegangenem Recht ihrer Versicherten I. auf Schadensersatz wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung in Anspruch.
  47. 2
  48. Die Versicherte erlitt bei ihrer Geburt am 22. März 1981 im Städtischen
  49. Krankenhaus G., dessen Trägerin die Beklagte war, infolge eines ärztlichen
  50. Behandlungsfehlers einen irreversiblen Hirnschaden. Am 25./31. Dezember
  51. 1991 schlossen die Versicherte und die Beklagte einen Vergleich, in dem sich
  52. - 3 -
  53. die Beklagte zur Zahlung von 626.000 DM verpflichtete. Mit der Zahlung sollten
  54. alle Ansprüche der Versicherten aus Anlass ihrer Geburt abgegolten sein. Im
  55. Dezember 1992 verpflichtete sich die Beklagte gegenüber der AOK L., bei der I.
  56. gesetzlich krankenversichert war, deren künftige Aufwendungen, soweit sie
  57. schadensbedingt und übergangsfähig sind, zu 70 % zu erstatten. Am 1. Januar
  58. 1994 ging die AOK L. durch Vereinigung gemäß § 145 SGB V in der AOK S.
  59. (inzwischen AOK N.), bei der die klagende Pflegekasse besteht, auf. Von August 2006 an gewährte die bei der AOK S. bestehende Pflegekasse ihrer Versicherten nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB XI Pflegegeld gemäß Pflegestufe I.
  60. Mit der Behauptung, die von der Pflegekasse bei der AOK S. erbrachten
  61. 3
  62. Leistungen seien auf den ärztlichen Behandlungsfehler bei der Geburt ihrer
  63. Versicherten zurückzuführen, verlangt die Klägerin von der Beklagten die Erstattung von 70 % des in der Zeit von August 2006 bis einschließlich Dezember
  64. 2009 an I. gezahlten Pflegegeldes. Ferner begehrt sie die Feststellung, dass die
  65. Beklagte aufgrund des zwischen dieser und der AOK L. geschlossenen Vergleichs verpflichtet ist, ihr alle infolge des Behandlungsfehlers vom 22. März
  66. 1981 zum Nachteil ihrer Versicherten noch entstehenden Aufwendungen zu
  67. 70 % zu ersetzen.
  68. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der vom Beru-
  69. 4
  70. fungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren
  71. weiter.
  72. - 4 -
  73. Entscheidungsgründe:
  74. I.
  75. 5
  76. Nach Auffassung des Berufungsgerichts sind die Ansprüche der Versicherten auf Erstattung ihrer vermehrten Bedürfnisse aus § 843 Abs. 1 BGB
  77. nicht auf die Pflegekasse bei der AOK S. übergegangen, weil die Versicherte
  78. durch den Abfindungsvergleich vom 25./31. Dezember 1991 wirksam über sie
  79. verfügt habe. Hierzu sei sie in der Lage gewesen, weil die Ansprüche nicht bereits im Schädigungszeitpunkt auf die bei der AOK S. bestehende Pflegekasse
  80. oder einen anderen Sozialversicherungsträger übergegangen seien. Ein Anspruchsübergang hätte frühestens mit dem Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches XI am 1. Januar 1995 erfolgen können. Zwar vollziehe sich der Übergang
  81. der Schadensersatzansprüche nach § 116 Abs. 1 SGB X grundsätzlich im Zeitpunkt des Unfalls, soweit der Sozialversicherungsträger dem Geschädigten in
  82. Zukunft möglicherweise Leistungen zu erbringen habe, die sachlich und zeitlich
  83. mit den Erstattungsansprüchen des Geschädigten kongruent seien. Werde die
  84. Leistungspflicht des Sozialversicherungsträgers aber erst nach dem Unfallzeitpunkt durch eine Änderung des bisherigen Leistungssystems neu begründet,
  85. finde ein Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X erst mit dem Inkrafttreten der neuen Regelung statt. Die Einführung eines Anspruchs auf Gewährung
  86. von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch XI stelle für erheblich Pflegebedürftige gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI - d.h. Pflegebedürftige der Pflegestufe
  87. I wie die Versicherte der Klägerin - im Verhältnis zu den Regelungen nach den
  88. §§ 53 ff. SGB V a.F. eine Systemänderung dar. Denn § 53 Abs. 1 SGB V a.F.
  89. habe Leistungen nur für Schwerpflegebedürftige vorgesehen. Durch das Sozialgesetzbuch XI sei das Ausmaß der Hilfebedürftigkeit für die Bemessung des
  90. Pflegebedarfs verringert worden. Während § 53 Abs. 1 SGB V a.F. eine Hilfe-
  91. - 5 -
  92. bedürftigkeit noch in sehr hohem Maße vorausgesetzt habe, genüge gemäß
  93. § 14 Abs. 1 SGB XI ein Hilfebedarf in erheblichem Maße.
  94. II.
  95. 6
  96. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht
  97. stand. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche der Versicherten wegen vermehrter Bedürfnisse aus § 843 Abs. 1 Fall 2 BGB hätten frühestens am 1. Januar 1995 auf die bei der AOK S. bestehende Pflegekasse oder
  98. einen anderen Sozialversicherungsträger übergehen können mit der Folge,
  99. dass diese Ansprüche von dem zwischen der Versicherten und der Beklagten
  100. geschlossenen Abfindungsvergleich vom 25./31. Dezember 1991 erfasst worden und nach §§ 779, 362 BGB erloschen seien.
  101. 7
  102. 1. Die Erwägungen des Berufungsgerichts erweisen sich im Ausgangspunkt allerdings als zutreffend.
  103. 8
  104. a) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass sich der
  105. Übergang von Schadensersatzansprüchen sowohl nach § 116 Abs. 1 SGB X
  106. als auch nach dem gemäß § 120 Abs. 1 Satz 1 SGB X auf Schadensereignisse
  107. vor dem 30. Juni 1983 anwendbaren § 1542 RVO grundsätzlich schon im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses vollzieht, soweit der Sozialversicherungsträger dem Geschädigten möglicherweise in Zukunft Leistungen zu erbringen
  108. hat, die sachlich und zeitlich mit den Erstattungsansprüchen des Geschädigten
  109. kongruent sind. Dabei reicht selbst eine weit entfernte Möglichkeit des Eintritts
  110. solcher Tatsachen aus, aufgrund derer Versicherungsleistungen zu erbringen
  111. sein werden; es darf die Entstehung solcher Leistungspflichten nur nicht völlig
  112. - 6 -
  113. unwahrscheinlich, also geradezu ausgeschlossen sein (vgl. Senatsurteile vom
  114. 18. Februar 1997 - VI ZR 70/96, BGHZ 134, 381, 383 f.; vom 17. April 1990
  115. - VI ZR 276/89, VersR 1990, 1028, 1029; vom 3. Dezember 2002 - VI ZR
  116. 142/02, VersR 2003, 267, 268; vom 17. Juni 2008 - VI ZR 197/07, VersR 2008,
  117. 1350 Rn. 12; vom 15. März 2011 - VI ZR 162/10, z.V.b. Rn. 9, jeweils mwN;
  118. BGH, Urteil vom 10. Juli 1967 - III ZR 78/66, BGHZ 48, 181, 186). Dieser frühe
  119. Zeitpunkt ist für den Forderungsübergang auch wegen solcher Leistungen
  120. maßgebend, deren inhaltliche Ausgestaltung durch Veränderungen im Leistungsgefüge erst später erfolgt, soweit eine als Grundlage für den Forderungsübergang geeignete Leistungspflicht des Sozialversicherungsträgers gegenüber
  121. dem Geschädigten überhaupt in Betracht kommt (vgl. Senatsurteile vom
  122. 30. November 1955 - VI ZR 211/54, BGHZ 19, 177, 178 f.; vom 25. März 1953
  123. - VI ZR 13/52, VersR 1953, 209, 210; vom 22. Oktober 1957 - VI ZR 222/56,
  124. VersR 1957, 802, 804; vom 12. Juli 1960 - VI ZR 122/59, VersR 1960, 830 f.;
  125. vom 17. April 1990 - VI ZR 276/89, aaO; vom 3. Dezember 2002 - VI ZR
  126. 142/02, aaO; BGH, Urteil vom 10. Juli 1967 - III ZR 78/66, aaO).
  127. 9
  128. b) Wie das Berufungsgericht weiter zutreffend angenommen hat, erfährt
  129. dieser Grundsatz allerdings eine Ausnahme in den Fällen, in denen neue Leistungsberechtigungen erst nach dem Schadensereignis aufgrund sog. "Systemänderungen" geschaffen werden. Insoweit findet ein Forderungsübergang erst
  130. mit Inkrafttreten der Neuregelung statt (vgl. Senatsurteile vom 18. Februar 1997
  131. - VI ZR 70/96, aaO, S. 384; vom 24. März 1954 - VI ZR 24/53, VersR 1954,
  132. 537, 538; vom 30. April 1955 - VI ZR 35/54, VersR 1955, 393; vom 11. Januar
  133. 1966 - VI ZR 173/64, VersR 1966, 233, 234; vom 4. Oktober 1983 - VI ZR
  134. 44/82, VersR 1984, 35, 36; vom 17. April 1990 - VI ZR 276/89, aaO; vom
  135. 13. April 1999 - VI ZR 88/98, VersR 1999, 1126; vom 3. Dezember 2002 - VI ZR
  136. 142/02, aaO; vom 27. Juni 2006 - VI ZR 337/04, VersR 2006, 1383 Rn. 19; vom
  137. 17. Juni 2008 - VI ZR 197/07, aaO; BGH, Urteil vom 10. Juli 1967 - III ZR 78/66,
  138. - 7 -
  139. aaO). Eine Systemänderung in diesem Sinne liegt vor, wenn eine Leistungspflicht des Versicherungsträgers begründet wird, für die es bisher an einer gesetzlichen Grundlage gefehlt hat (vgl. Senatsurteile vom 24. März 1954 - VI ZR
  140. 24/53, VersR 1954, 537, 538; vom 11. Januar 1966 - VI ZR 173/64, VersR
  141. 1966, 233, 234), wenn also eine gesetzliche Neuregelung eine Anspruchsberechtigung, die im bisherigen Leistungssystem noch überhaupt nicht enthalten
  142. war, neu schafft (vgl. Senatsurteil vom 4. Oktober 1983 - VI ZR 44/82, VersR
  143. 1984, 35, 36; vom 17. April 1990 - VI ZR 276/89, aaO; vom 3. Dezember 2002
  144. - VI ZR 142/02, aaO; vom 27. Juni 2006 - VI ZR 337/04, aaO Rn. 20). Entscheidend ist, ob einem Sozialversicherungsträger infolge einer Systemänderung
  145. ganz neue Leistungspflichten auferlegt worden sind, die nach der bisherigen
  146. gesetzlichen Regelung überhaupt nicht bestanden (vgl. Senatsurteile vom
  147. 24. März 1954 - VI ZR 24/53, aaO; vom 11. Januar 1966 - VI ZR 173/64, aaO;
  148. vom 17. April 1990 - VI ZR 276/89, aaO; vom 27. Juni 2006 - VI ZR 337/04,
  149. aaO; BGH Urteil vom 10. Juli 1967 - III ZR 78/66, BGHZ 48, 181, Rn. 14). Von
  150. einer solchen Systemänderung sind Gesetzesänderungen zu unterscheiden,
  151. die nur eine Erhöhung oder Modifizierung bereits gegebener Ansprüche regeln
  152. (vgl. Senatsurteile vom 18. Februar 1997 - VI ZR 70/96, BGHZ 134, aaO S.
  153. 384; vom 12. Juli 1960 - VI ZR 122/59, VersR 1960, 830 f.; vom 3. Dezember
  154. 2002 - VI ZR 142/02, aaO) oder sich als Fortentwicklung von im Kern bereits
  155. angelegten sozialversicherungsrechtlichen Leistungen darstellen (vgl. Senatsurteil vom 17. April 1990 - VI ZR 276/89, aaO S. 1031).
  156. 10
  157. Eine Systemänderung hat der erkennende Senat beispielsweise für den
  158. mit dem Gesundheitsreform-Gesetz vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I 1988 S.
  159. 2477) mit Wirkung zum 1. Januar 1989 eingeführten Anspruch auf häusliche
  160. Pflegehilfe nach §§ 53 ff. SGB V a.F. angenommen (Senatsurteile vom 18. Februar 1997 - VI ZR 70/96, aaO S. 386; vom 13. April 1999 - VI ZR 88/98, aaO
  161. und vom 27. Juni 2006 - VI ZR 337/04, aaO Rn. 21). Maßgeblich hierfür war,
  162. - 8 -
  163. dass die Neuregelung erstmals einen Anspruch auf Pflegeleistungen gewährte,
  164. der vom Vorliegen einer Krankheit unabhängig war und allein die Pflegebedürftigkeit voraussetzte. Zuvor war Pflegehilfe nur im Rahmen einer häuslichen
  165. Krankenpflege gewährt worden, die eine behandlungsfähige und behandlungsbedürftige Krankheit voraussetzte. Mit der Gesetzesänderung war mithin eine
  166. im bisherigen Leistungssystem neue und neuartige Leistungspflicht geschaffen
  167. worden (vgl. Senatsurteil vom 18. Februar 1997 - VI ZR 70/96, aaO S. 386 sowie
  168. Begründung
  169. des
  170. Pflege-Versicherungsgesetzes, BT-Drucks.
  171. 12/5262
  172. S. 70).
  173. 11
  174. Eine Systemänderung hat der erkennende Senat dagegen verneint für
  175. den durch Art. 1 des Pflege-Versicherungsgesetzes vom 26. Mai 1994 (PflegeVG; BGBl. I S. 1014) geschaffenen Anspruch auf Bewilligung eines Pflegegeldes gemäß § 37 SGB XI, soweit bereits nach §§ 53 ff. SGB V a.F. leistungsberechtigte
  176. Schwerpflegebedürftige
  177. betroffen
  178. waren
  179. (Senatsurteil
  180. vom
  181. 3. Dezember 2002 - VI ZR 142/02, aaO). Jedenfalls insoweit seien die durch
  182. das Gesundheitsreform-Gesetz vom 20. Dezember 1988 begründeten Ansprüche nämlich lediglich fortgeführt und modifiziert worden (vgl. Senatsurteil vom
  183. 3. Dezember 2002 - VI ZR 142/02, aaO).
  184. 12
  185. 2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche der Versicherten I. wegen vermehrter Bedürfnisse
  186. nach dem Vortrag der Klägerin, der der revisionsrechtlichen Überprüfung mangels gegenteiliger Feststellungen zugrunde zu legen ist, mit dem Inkrafttreten
  187. des Gesundheitsreform-Gesetzes vom 20. Dezember 1988 am 1. Januar 1989
  188. auf die AOK L., am 1. Januar 1994 auf die AOK S., am 1. April 1995 auf die
  189. Pflegekasse bei der AOK S. und im Verlauf des Revisionsverfahrens auf die
  190. Klägerin übergegangen.
  191. - 9 -
  192. 13
  193. a) Da bis zur Einführung des Anspruchs auf häusliche Pflegehilfe nach
  194. §§ 53 ff. SGB V a.F. keine vom Vorliegen einer Krankheit unabhängige Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse wegen Pflegebedürftigkeit bestand
  195. und die Neuregelung deshalb eine Systemänderung bedeutet (Senatsurteile
  196. vom 18. Februar 1997 - VI ZR 70/96, aaO S. 386; vom 13. April 1999 - VI ZR
  197. 88/98, aaO und vom 27. Juni 2006 - VI ZR 337/04, aaO), erfasste der grundsätzlich im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses am 22. März 1981 eingetretene Anspruchsübergang nach § 1542 RVO a.F. die mit der Klage geltend
  198. gemachten Ersatzansprüche der Versicherten I. wegen vermehrter Bedürfnisse
  199. aus § 843 Abs. 1 BGB nicht.
  200. 14
  201. b) Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vortrag der Klägerin sind diese Ansprüche aber gemäß § 116 Abs. 1 SGB X mit dem Inkrafttreten
  202. der §§ 53 ff. SGB V a.F. am 1. Januar 1989 auf die AOK L. als Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung übergegangen.
  203. 15
  204. aa) Wie das Landgericht, auf dessen Ausführungen das Berufungsgericht Bezug genommen hat, zutreffend angenommen hat, sind die Leistungen
  205. zur häuslichen Pflegehilfe sachlich und zeitlich kongruent mit den Ansprüchen
  206. des Geschädigten auf Ausgleich seiner vermehrten Bedürfnisse (ständige
  207. Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsurteile vom 18. Februar 1997 - VI ZR
  208. 70/96, aaO; vom 28. November 2000 - VI ZR 352/99, BGHZ 146, 108, 110 f.;
  209. vom 8. Oktober 1996 - VI ZR 247/95, VersR 1996, 1565; vom 3. Dezember
  210. 2002 - VI ZR 142/02, aaO; vom 27. Juni 2006 - VI ZR 337/04, aaO; vom 17. Juni 2008 - VI ZR 197/07, aaO Rn. 17).
  211. 16
  212. bb) Nach den Umständen des Schadensfalles war es auch nicht völlig
  213. unwahrscheinlich, dass die bei der AOK L. gesetzlich krankenversicherte I. infolge des bei ihrer Geburt erlittenen irreversiblen Hirnschadens in Zukunft in
  214. - 10 -
  215. einem Umfang pflegebedürftig werden würde, der eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse gemäß §§ 53 ff. SGB V a.F. ausgelöst hätte.
  216. 17
  217. cc) Der eingetretene Forderungsübergang erfasste dem Grunde nach die
  218. Ansprüche der Versicherten I. auf Ersatz der ihr schadensbedingt entstandenen
  219. Pflegeaufwendungen. Er war nicht auf die Ansprüche auf Ersatz nur derjenigen
  220. Aufwendungen beschränkt, die im Falle ihrer Schwerpflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 53 ff. SGB V a.F. angefallen wären oder waren, sondern erstreckte
  221. sich auch auf solche Ersatzansprüche, denen lediglich eine erhebliche Hilfsbedürftigkeit der Versicherten unterhalb der Schwelle der Schwerpflegebedürftigkeit im Sinne des § 53 SGB V a.F. zugrunde lag.
  222. 18
  223. Dem steht nicht entgegen, dass die Versicherte I. im Streitfall Leistungen
  224. nicht gemäß §§ 53 ff. SGB V a.F., sondern auf der Grundlage des durch Art. 1
  225. PflegeVG neu geschaffenen § 37 SGB XI bezogen hat. Denn entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bedeutet die Neuregelung des Anspruchs auf
  226. häusliche Pflegehilfe in §§ 36 ff. SGB XI keinen erneuten Systemwechsel, sondern lediglich eine Modifizierung der bereits seit 1989 in §§ 53 ff. SGB V a.F.
  227. vorgesehenen Pflegeleistungen. Durch die gesetzliche Neuregelung wurde
  228. nicht infolge einer Systemänderung eine Anspruchsberechtigung neu geschaffen, die im bisherigen Leistungssystem noch überhaupt nicht enthalten war.
  229. Vielmehr wurde eine im Kern bereits angelegte sozialversicherungsrechtliche
  230. Leistungsberechtigung lediglich inhaltlich umgestaltet und fortentwickelt (vgl.
  231. Senatsurteil vom 17. April 1990 - VI ZR 276/89, aaO). Hiermit mussten der
  232. Schädiger bzw. sein Versicherer seit der Einführung der §§ 53 ff. SGB V a.F.
  233. auch grundsätzlich rechnen (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGH, Urteil vom
  234. 10. Juli 1967 - III ZR 78/66, aaO S. 192 f.; Geigel/Plagemann, Der Haftpflichtprozess, 25. Aufl., § 30 Rn. 32).
  235. - 11 -
  236. 19
  237. (1) Allerdings kann sich das Berufungsgericht für seine abweichende
  238. Auffassung auf obergerichtliche Rechtsprechung und Stimmen in der Literatur
  239. stützen, die in der zum 1. April 1995 in Kraft getretenen Ablösung der Regelungen in §§ 53 ff. SGB V a.F. durch die Vorschriften über die soziale Pflegeversicherung im Sozialgesetzbuch XI einen erneuten Systemwechsel sehen. Begründet wird dies damit, dass mit der sozialen Pflegeversicherung ein völlig
  240. neuer, eigenständiger Zweig der Sozialversicherung geschaffen und dabei das
  241. Leistungsspektrum sowie der leistungsberechtigte Personenkreis erweitert worden sei (vgl. OLG Koblenz, VersR 1999, 911; OLG Saarbrücken, OLG-Report
  242. 1999, 323, 324; OLG Bamberg, OLG-Report 2000, 256, 257; KG, KGR Berlin
  243. 2002, 56, 57; Wiesner, VersR 1995, 134, 144; Küppersbusch, NZV 1997, 30,
  244. 32; Budel in 35. Deutscher Verkehrsgerichtstag 1997, S. 269, 283 f. = r+s 1997,
  245. 133, 137 f.; Schrinner in 35. Deutscher Verkehrsgerichtstag 1997, S. 248,
  246. 254 f.; Wussow/Schneider, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., Kap. 73, Rn. 21;
  247. Jahnke, VersR, 1996, 924, 929; Wegmann, VersR 1995, 1288, 1289 f.; v. Wulffen/Bieresborn, SGB X, 7. Aufl., § 116 Rn. 4c; a.A. Geigel/Plagemann, aaO).
  248. 20
  249. (2) Dieser Auffassung vermag sich der erkennende Senat jedoch nicht
  250. anzuschließen.
  251. 21
  252. (a) Die §§ 53 ff. SGB V a.F. sahen als "Einstieg" in eine versicherungsrechtliche Gesamtlösung bereits von einer Krankheit unabhängige, allein an die
  253. Pflegebedürftigkeit des Versicherten anknüpfende Leistungen in Form der
  254. häuslichen Pflegehilfe, der Leistungen bei Urlaub oder Verhinderung der Pflegeperson und des Pflegegeldes vor (vgl. BT-Drucks. 11/2237, S. 145, 156, 182;
  255. Wagner in Hauck/Wilde, SGB XI, K § 14 Rn. 6 - Stand: Dezember 2001). Nach
  256. dem Willen des Gesetzgebers sollten die §§ 53 ff. SGB V a.F. die krankheitsunabhängigen Pflegeleistungen von vornherein nur vorläufig bis zu einer vollständigen Absicherung der Pflegebedürftigen außerhalb der gesetzlichen Kranken-
  257. - 12 -
  258. versicherung regeln. Es wurden weitere Schritte zur besseren sozialen Absicherung der Pflegebedürftigen für erforderlich gehalten und ein Gesamtkonzept
  259. außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung in Aussicht genommen (vgl.
  260. BT-Drucks. 11/2337, S. 145, 156, 182; Senatsurteil vom 18. Februar 1997
  261. - VI ZR 70/96, BGHZ 134, 381). Daran knüpfte der Gesetzgeber bei Schaffung
  262. des Sozialgesetzbuchs XI an (vgl. BT-Drucks. 12/5262, S. 80, 94 f.). Dementsprechend wurden die §§ 53 bis 57 SGB V a.F. in Art. 4 Nr. 4 PflegeVG mit
  263. Wirkung vom 1. April 1995 aufgehoben und der Anspruch auf häusliche Pflege
  264. aus gesetzessystematischen Gründen in das Sozialgesetzbuch XI überführt,
  265. weil Pflege, die nicht Krankenpflege ist, ein Fremdkörper im Sozialgesetzbuch V
  266. ist (vgl. Senatsurteile vom 18. Februar 1997 - VI ZR 70/96, aaO; vom 3. Dezember 2002 - VI ZR 142/02, aaO; Jahnke, VersR 1996, 924 ff., 929). Die Definition der Pflegebedürftigkeit in § 14 Abs. 1 SGB XI entspricht weitgehend der
  267. des § 53 Abs. 1 SGB V a.F.. Sie stellt ebenfalls auf den dauernden krankheitsoder behinderungsbedingten Hilfebedarf für die gewöhnlichen und regelmäßig
  268. wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens ab (vgl. BTDrucks. 12/5262, S. 80, 94 f.; Udsching/Udsching, SGB XI, 3. Aufl., Einleitung
  269. Rn. 14; Wagner in Hauck/Wilde, aaO Rn. 4; Gürtner in Kasseler Kommentar,
  270. § 14 SGB XI, Rn. 2 f. - Stand: Dezember 2003). Unterschiedlich geregelt ist
  271. lediglich das anspruchserhebliche Ausmaß der Hilfebedürftigkeit. Während § 53
  272. Abs. 1 SGB V a.F. die Hilfebedürftigkeit noch in sehr hohem Maße voraussetzte, genügt nach § 14 Abs. 1 SGB XI ein Hilfebedarf in erheblichem oder höherem Maße. Dieser Umstand ändert jedoch nichts daran, dass die Berechtigung
  273. der Versicherten zum Bezug von Leistungen zur häuslichen Pflegehilfe wegen
  274. Pflegebedürftigkeit im Grundsatz im bisherigen Leistungssystem schon enthalten war. Durch die Herabsetzung des maßgeblichen Ausmaßes der Hilfebedürftigkeit ist die im Grundsatz bereits bestehende Leistungsberechtigung lediglich
  275. inhaltlich modifiziert und fortentwickelt worden. Dies gilt umso mehr, als durch
  276. - 13 -
  277. die Neuregelung auch die Kriterien für die Feststellung der anspruchserheblichen Pflegebedürftigkeit modifiziert worden sind mit der Folge, dass die
  278. Schwerpflegebedürftigkeit nach altem Recht nicht mit der Schwerpflegebedürftigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 SGB XI (Pflegestufe II) gleichgesetzt werden kann und deshalb Fälle denkbar sind, in denen der Versicherte gemäß den
  279. §§ 53 ff. SGB V a.F. als Schwerpflegebedürftiger leistungsberechtigt gewesen
  280. wäre, nach den §§ 14, 15 SGB XI dagegen als erheblich pflegebedürftig anzusehen ist (vgl. dazu ausführlich Wagner in Hauck/Wilde, aaO, Rn. 6 mwN; s.
  281. auch BT-Drucks. 12/5262 S. 95). Eine derartige inhaltliche Umgestaltung von
  282. im Kern bereits angelegten sozialversicherungsrechtlichen Leistungen bewirkt
  283. aber keine Systemänderung (vgl. Senatsurteil vom 17. April 1990 - VI ZR
  284. 276/89, aaO; BGH, Urteil vom 10. Juli 1967 - III ZR 78/66, aaO S. 184 f.).
  285. 22
  286. (b) Auch der Umstand, dass mit der sozialen Pflegeversicherung ein völlig neuer, eigenständiger Zweig der Sozialversicherung geschaffen und das Sozialversicherungsverhältnis zwischen der Versicherten I. und der Klägerin erst
  287. mit deren Entstehung im Jahr 1995 begründet wurde, rechtfertigt nicht die Annahme eines Systemwechsels. Hierdurch wurden lediglich die inhaltliche Ausgestaltung einer im Kern bereits angelegten Leistungsberechtigung und die Organisation der Leistungsgewährung, insbesondere die Leistungszuständigkeit,
  288. verändert. Die Schaffung gänzlich neuer, im bisherigen System nicht bestehender Berechtigungen war damit nicht verbunden (vgl. Senatsurteil vom
  289. 18. Februar 1997 - VI ZR 70/96, BGHZ 134, 381 Rn. 19 f.).
  290. 23
  291. (c) Eine andere Beurteilung trüge auch dem hinter § 1542 RVO (jetzt
  292. § 116 SGB X) stehenden sozialversicherungsrechtlichen Anliegen nicht hinreichend Rechnung. Der gesetzliche Forderungsübergang gemäß § 1542 RVO,
  293. § 116 Abs. 1 SGB X dient dem Schutz des Sozialversicherungsträgers auch im
  294. Hinblick auf dessen Rückgriff wegen seiner künftigen Leistungen; er hat zum
  295. - 14 -
  296. Ziel, dem Verletzten Verfügungen über die künftigen Schadensersatzansprüche
  297. schon dann zu verwehren, wenn zunächst noch ungewiss ist, ob und in welcher
  298. Höhe der Sozialversicherungsträger Leistungen erbringen wird, die ihn in Zukunft berechtigen werden, Rechte aus den übergegangenen Ansprüchen geltend zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1967 - III ZR 78/66, aaO S. 185).
  299. Damit ist ein möglichst weitgehender Schutz des Sozialversicherungsträgers
  300. vor anderweitigen Verfügungen des Geschädigten bezweckt (vgl. Senatsurteil
  301. vom 9. Januar 1990 - VI ZR 86/89, VersR 1990, 437, 438). Er wird nur dann
  302. erreicht, wenn in den Forderungsübergang bereits im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses auch Ersatzansprüche in Bezug auf solche Sozialversicherungsleistungen einbezogen werden, die nach dem Leistungssystem der sozialen Sicherung in dem zu diesem Zeitpunkt bestehenden Sozialversicherungsverhältnis im Kern rechtlich schon angelegt sind (vgl. Senatsurteile vom
  303. 30. November 1955 - VI ZR 211/54, BGHZ 19, 177, 183 f.; vom 17. April 1990
  304. - VI ZR 276/89, aaO). Dem entspricht es, dass der zum Schutz der Versicherungsträger wegen künftig zu erbringender Versicherungsleistungen erfolgende
  305. Forderungsübergang auch Ersatzansprüche in Bezug auf solche Sozialversicherungsleistungen erfasst, die in der Folgezeit wesentlich zugunsten des Versicherten umgestaltet werden (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1967 - III ZR 78/66,
  306. aaO S. 184 f., 190 f.).
  307. 24
  308. (d) Die Annahme eines Systemwechsels führte auch zu unbefriedigenden Ergebnissen. Das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit kann durchaus Schwankungen unterliegen, sei es durch Veränderungen des Gesundheitszustands des
  309. Versicherten, sei es infolge von medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen (vgl.
  310. BT-Drucks. 12/5262 S. 81, 96; Wagner in Hauck/Wilde, aaO Rn. 26). Gemäß
  311. §§ 5, 31 SGB XI haben die Pflegekassen nach dem Grundsatz "Rehabilitation
  312. vor Pflege" auch nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit darauf hinzuwirken, dass
  313. die Pflegebedürftigkeit überwunden oder gemindert wird (vgl. BT-Drucks.
  314. - 15 -
  315. 12/5262 S. 81, 96). Bejahte man einen Systemwechsel und beschränkte den
  316. Forderungsübergang gemäß § 116 Abs. 1 SGB X dementsprechend auf Ansprüche des Versicherten auf Ersatz der für seine Versorgung als Schwerpflegebedürftiger im Sinne der §§ 53 ff. SGB V a.F. erforderlichen Aufwendungen
  317. (vgl. dazu Senatsurteil vom 3. Dezember 2002 - VI ZR 142/02, aaO), so wäre
  318. bei schwankendem Hilfebedarf des Versicherten die Regressberechtigung des
  319. Trägers der Pflegeversicherung Wechseln unterworfen. Zugleich wären wiederholte Streitigkeiten zwischen dem Träger der Pflegeversicherung und dem
  320. Schädiger über das nur mit hohem Tatsachenaufwand zu ermittelnde (vgl.
  321. Wagner in Hauck/Wilde, aaO Rn. 21) Ausmaß des jeweiligen Hilfebedarfs des
  322. Versicherten vorherzusehen.
  323. 25
  324. c) Am 1. Januar 1994 sind die mit der Klage geltend gemachten Ersatzansprüche aus § 843 Abs. 1 BGB gemäß § 146 Abs. 3 Satz 2 SGB V in der
  325. Fassung vom 20. Dezember 1988 von der AOK L. auf die AOK S. übergegangen, in der die AOK L. nach Vereinigung gemäß § 145 SGB V aufgegangen ist.
  326. 26
  327. d) Mit der Begründung der Leistungszuständigkeit der Pflegekasse bei
  328. der AOK S. mit Wirkung vom 1. April 1995 sind die Ersatzansprüche von der
  329. AOK S. als gesetzlicher Krankenversicherung sodann auf die bei ihr bestehende Pflegekasse übergegangen. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des
  330. erkennenden Senats gehen bei einem Wechsel der versicherungsrechtlichen
  331. Leistungszuständigkeit nach dem Forderungsübergang die vom zuerst verpflichteten Sozialversicherungsträger gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X erworbenen Ersatzansprüche kraft Gesetzes auf den nun zuständigen Sozialversicherungsträger über, sofern die geschuldeten Versicherungsleistungen - wie
  332. im Streitfall - gleichartig sind (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 1982 - VI ZR
  333. 9/81, VersR 1983, 262 f.; vom 4. November 1997 - VI ZR 375/96, VersR 1998,
  334. 124, 125; vom 8. Dezember 1998 - VI ZR 318/97, VersR 1999, 382, 383; vom
  335. - 16 -
  336. 13. März 2001 - VI ZR 290/00, VersR 2001, 1005 f.; vom 3. Dezember 2002
  337. - VI ZR 142/02, aaO; vom 17. Juni 2008 - VI ZR 197/07, aaO Rn. 17, 29).
  338. 27
  339. e) Mit der Vereinigung der AOK S. und anderer allgemeiner Ortskrankenkassen zur AOK N. sind die Ersatzansprüche schließlich von der bei der
  340. AOK S. bestehenden Pflegekasse auf die Klägerin übergangen (vgl. § 46 Abs.
  341. 5 SGB XI).
  342. 28
  343. 3. Die Sache war an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es
  344. die erforderlichen Feststellungen zum Bestehen und zur Durchsetzbarkeit des
  345. geltend gemachten Ersatzanspruchs sowie zu den weiteren Voraussetzungen
  346. des Anspruchsübergangs gemäß § 116 Abs. 1 SGB X treffen kann. Das Berufungsgericht wird dabei auch Gelegenheit haben, die Auslegung des zwischen
  347. der AOK L. und der Beklagten geschlossenen Vergleichs vom 28./29. Dezember 1992 unter Berücksichtigung der vorstehenden Rechtsausführungen zu überprüfen. Hinsichtlich der von der Beklagten eingewandten Verjährungseinrede
  348. wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass der mit der Klage
  349. geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen vermehrter Bedürfnisse in
  350. der Zeit zwischen dem Schadensereignis am 22. März 1981 bis zum 31. Dezember 1988 der Versicherten I. zustand, so dass es bezüglich der Voraussetzungen der Verjährung für diesen Zeitraum nicht auf die Verhältnisse der AOK
  351. L., der AOK S., der bei dieser bestehenden Pflegekasse oder der Klägerin als
  352. Sozialversicherungsträger, sondern auf diejenigen der Versicherten I. als ursprünglicher Anspruchsinhaberin ankommt. Einen vor dem Forderungsüber-
  353. - 17 -
  354. gang etwa erfolgten Ablauf der Verjährungsfrist müsste die Klägerin als Zessionarin nach §§ 412, 404 BGB gegen sich gelten lassen (vgl. Senatsurteil vom
  355. 13. April 1999 - VI ZR 88/98, aaO S. 1127).
  356. für den urlaubsbedingt an der
  357. Unterschriftsleistung gehinderten
  358. VRBGH Galke:
  359. Zoll
  360. Diederichsen
  361. Zoll
  362. Pauge
  363. von Pentz
  364. Vorinstanzen:
  365. LG Lübeck, Entscheidung vom 16.12.2008 - 12 O 127/08 OLG Schleswig, Entscheidung vom 04.06.2010 - 4 U 13/09 -