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30 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. IX ZR 295/16
  5. Verkündet am:
  6. 11. Januar 2018
  7. Kirchgeßner
  8. Amtsinspektorin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. InsO § 166 Abs. 1
  19. a) Der mittelbare Besitz des Schuldners an einer beweglichen Sache begründet kein
  20. Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters, wenn die Sache nach der Art des mittelbaren Besitzes dauerhaft mit der erfolgten Überlassung an den unmittelbaren
  21. Besitzer so aus dem Vermögen des Schuldners ausgeschieden ist, dass gegen
  22. den Willen des unmittelbaren Besitzers keine weitere Nutzung durch den Schuldner möglich ist.
  23. b) Beim Finanzierungsleasing scheidet ein Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters aus, wenn der Schuldner die Sache dem Leasingnehmer für eine feste, nicht
  24. ordentlich kündbare Grundlaufzeit überlassen hat und bei deren Ablauf eine Vollamortisation erlangt, weil der Leasingnehmer aufgrund der vertraglichen Regelungen - sei es auch erst in Verbindung mit besonderen Vertragsbestimmungen wie
  25. einer Abschlusszahlung, einer Restwertgarantie, einer Kaufoption oder einem Andienungsrecht - insgesamt einen Betrag zu zahlen hat, der das vom Schuldner für
  26. die Anschaffung der Sache eingesetzte Kapital zuzüglich Verzinsung und Gewinn
  27. erreicht oder übersteigt.
  28. BGH, Urteil vom 11. Januar 2018 - IX ZR 295/16 - OLG Dresden
  29. LG Chemnitz
  30. ECLI:DE:BGH:2018:110118UIXZR295.16.0
  31. -2-
  32. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  33. vom 11. Januar 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
  34. Richterin Lohmann, die Richter Prof. Dr. Pape, Dr. Schoppmeyer und Meyberg
  35. für Recht erkannt:
  36. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats
  37. des Oberlandesgerichts Dresden vom 23. November 2016 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung,
  38. auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  39. Von Rechts wegen
  40. Tatbestand:
  41. 1
  42. Die S.
  43. GmbH (fortan: Schuldnerin) war als Leasinggesell-
  44. schaft tätig. Sie schloss Leasingverträge über Fahrzeuge ab. Hierzu verwendete sie allgemeine Leasingbedingungen. Diese lauten auszugsweise:
  45. "§ 9 Eigentums- und Besitzverhältnis
  46. (1) Das Leasingobjekt ist Eigentum von S.
  47. [...]
  48. § 11 Abtretung
  49. .
  50. -3-
  51. S.
  52. ist berechtigt, ihre Rechte und Verpflichtungen aus diesem Ver-
  53. trag mit unmittelbarer Wirkung gegen den LN und dessen mögliche(n)
  54. Bürge(n) an Dritte abzutreten."
  55. 2
  56. Die Beklagte finanzierte den Ankauf der Fahrzeuge. Zwischen der
  57. Schuldnerin und der Beklagten bestand ein Rahmenvertrag vom 26. September
  58. 2011. Darin erklärte sich die Beklagte bereit, von der - im Rahmenvertrag als
  59. Verkäufer bezeichneten - Schuldnerin Leasingforderungen zu erwerben. Auf
  60. entsprechenden Antrag der Schuldnerin kaufte die Beklagte die jeweiligen Leasingraten für die gesamte Laufzeit des Leasingvertrags und zahlte der Schuldnerin hierfür einen abgezinsten Gesamtbetrag ("Forfaitierung"). Im Gegenzug
  61. trat die Schuldnerin sämtliche Ansprüche aus dem jeweiligen Leasingvertrag an
  62. die Beklagte ab (Nr. 3 des Rahmenvertrags). Die Beklagte übernahm im Rahmenvertrag das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Leasingnehmers (Nr. 4 des
  63. Rahmenvertrags). Nr. 6 des Rahmenvertrags enthält Regelungen zur Sicherungsübereignung. Darin heißt es unter anderem:
  64. "6.2 Beschaffung des Sicherungsgutes und Eigentumsübertragung
  65. [...]
  66. b) Der Verkäufer und die Bank sind sich darüber einig, dass das
  67. Eigentum bzw. das Anwartschaftsrecht auf Eigentumserwerb an
  68. den Leasinggegenständen mit Abschluss des einzelnen Forderungskaufvertrages oder mit der ganzen oder teilweisen Gutschrift
  69. für die angekaufte Leasingforderung sowie mit der Bezahlung des
  70. Leasinggegenstandes (Ziffer 6.1) auf die Bank übergehen. Es gilt
  71. jeweils der frühere dieser Zeitpunkte.
  72. [...]
  73. -4-
  74. d) Die Übergabe der Leasinggegenstände wird dadurch ersetzt,
  75. dass der Verkäufer seine Ansprüche gegenüber dem unmittelbaren Besitzer des Leasinggegenstandes auf Herausgabe der Sachen an die Bank abtritt. Die Bank nimmt die Abtretung hiermit an.
  76. Sollte der Verkäufer selbst im Besitz der Leasinggegenstände
  77. sein, so verwahrt er diese unentgeltlich für die Bank.
  78. [...]"
  79. 3
  80. Mit Beschluss vom 1. Juni 2012 eröffnete das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Kläger
  81. zum Insolvenzverwalter. Der Kläger verwertete mehrere Fahrzeuge im Einverständnis mit der Beklagten und kehrte den erzielten Erlös an die Beklagte aus.
  82. Er macht geltend, ihm stehe für die verwerteten Fahrzeuge eine Feststellungskostenpauschale zu.
  83. 4
  84. Er hat Klage auf Feststellung erhoben, dass die Beklagte verpflichtet sei,
  85. ihm für die erfolgte Verwertung bestimmter Leasingobjekte 6.539,77 € zu bezahlen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht der Klage stattgegeben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung
  86. des landgerichtlichen Urteils.
  87. Entscheidungsgründe:
  88. 5
  89. Die Revision ist zulässig; sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils
  90. und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
  91. -5-
  92. I.
  93. 6
  94. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Feststellungsklage sei zulässig,
  95. weil davon auszugehen sei, dass die Beklagte bereits auf die Feststellungsklage ihrer Leistungspflicht nachkommen werde. Dem Kläger stehe auch ein Anspruch auf die Feststellungskostenpauschale gemäß § 170 Abs. 1 Satz 1, § 171
  96. Abs. 1 InsO zu.
  97. 7
  98. Es habe ein Absonderungsrecht der Beklagten an den Fahrzeugen bestanden. Es habe sich um eine Sicherungsübereignung gehandelt. Die Leasinggüter hätten sich im Besitz des Klägers befunden. Die Schuldnerin sei aufgrund der mit den Leasingnehmern abgeschlossenen Leasingverträge mittelbare Besitzerin der Fahrzeuge gewesen. Zugleich habe sie der Beklagten den
  99. Besitz gemittelt. Dieser mittelbare Besitz sei ausreichende Grundlage für ein
  100. Verwertungsrecht gemäß § 166 Abs. 1 InsO. Dies gelte auch in der Insolvenz
  101. eines Leasingunternehmens. Entscheidend sei, dass die Schuldnerin die sicherungsübereigneten Fahrzeuge Dritten gegen Entgelt überlassen habe. Hingegen komme es auf die konkrete Unternehmensstruktur nicht an. Ohne Belang
  102. sei weiter, ob der Kläger den Betrieb des schuldnerischen Unternehmens durch
  103. Abschluss neuer Leasingverträge fortgeführt habe. Nach Ende der Vertragslaufzeit habe die Schuldnerin und nach Verfahrenseröffnung der Kläger entscheiden müssen, wie weiter verfahren werde. Insoweit sei eine Verlängerung
  104. des Leasingvertrags, ein Verkauf der Fahrzeuge oder eine Vermietung der
  105. Fahrzeuge in Betracht gekommen. Daher sei der Kläger zur Unternehmensfortführung auf die Leasinggüter angewiesen gewesen. Schließlich könne ein Verwertungsrecht auch daraus folgen, dass der Verwalter die sicherungsübereigneten Gegenstände für eine geordnete Abwicklung benötige. Es liege auch eine
  106. -6-
  107. Verwertungshandlung des Klägers vor. Der Kläger habe den Substanzwert der
  108. Fahrzeuge durch Veräußerung realisiert.
  109. II.
  110. 8
  111. Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Feststellungen des Berufungsgerichts genügen nicht, um einen Anspruch des Klägers auf eine Feststellungskostenpauschale bejahen zu können.
  112. 9
  113. 1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Zwar könnte der Kläger Leistungsklage erheben. Jedoch ist im Streitfall gesichert, dass der Rechtsstreit die Meinungsverschiedenheiten der Parteien endgültig bereinigt (vgl. BGH, Urteil vom
  114. 24. Januar 2017 - XI ZR 183/15, WM 2017, 766 Rn. 16 mwN), weil ausnahmsweise feststeht, dass die Beklagte als Bank ihrer Leistungspflicht bereits auf ein
  115. Feststellungsurteil hin nachkommen wird.
  116. 10
  117. 2. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts ist keine
  118. abschließende Entscheidung über einen Anspruch auf die Kosten der Feststellung gemäß § 170 Abs. 1 Satz 1 InsO möglich. Dieser Anspruch setzt voraus,
  119. dass der Kläger gemäß § 166 Abs. 1 InsO eine bewegliche Sache verwertet,
  120. die er in seinem Besitz hat und an der ein Absonderungsrecht besteht. Im
  121. Streitfall fehlt es an ausreichenden tatsächlichen Feststellungen zu der Besitzlage an den verwerteten Fahrzeugen.
  122. 11
  123. a) Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte gemäß § 50 Abs. 1 InsO nur zur abgesonderten Befriedigung nach Maßgabe der §§ 166 bis 173 InsO berechtigt ist.
  124. -7-
  125. Die Schuldnerin hat die Fahrzeuge der Beklagten zur Sicherung eines Anspruchs übereignet (§ 51 Nr. 1 InsO). Die entsprechende Klausel des Rahmenvertrags ist ausdrücklich als "Sicherungsübereignung" überschrieben und enthält in Nr. 6.1 eine Zweckbestimmungserklärung. Nach diesen Regelungen
  126. handelt es sich - wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat - bei den
  127. Fahrzeugen um vom Schuldner dem Gläubiger zur Sicherheit übereignete Sachen. Dabei ist - wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend annimmt - nicht
  128. entscheidend, zur Sicherung welcher Forderungen die Sache dient, solange nur
  129. überhaupt eine gesicherte Forderung bestehen kann.
  130. 12
  131. b) Für § 166 Abs. 1 InsO kommt es darauf an, ob der Schuldner zum
  132. Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die bewegliche Sache in seinem Besitz hat (MünchKomm-InsO/Tetzlaff, 3. Aufl., § 166 Rn. 14; HK-InsO/
  133. Landfermann, 8. Aufl., § 166 Rn. 11; vgl. auch BGH, Urteil vom 16. November
  134. 2006 - IX ZR 135/05, ZIP 2006, 2390 Rn. 9). Hierzu ist erforderlich, für jede
  135. verwertete Sache festzustellen, ob ein ausreichender Besitz des Schuldners an
  136. ihr bestand.
  137. 13
  138. aa) Nach den gesetzgeberischen Wertungen genügt nicht jede Besitzposition des Schuldners, damit dem Insolvenzverwalter auch ein Verwertungsrecht an der Sache zusteht. Welche Arten des Besitzes des Schuldners ein
  139. Verwertungsrecht begründen, beurteilt sich anhand der gesetzgeberischen
  140. Wertentscheidung. Im Interesse der Rechtssicherheit ist dabei nach Möglichkeit
  141. auf eine typisierende Betrachtung abzustellen (BGH, Urteil vom 24. September
  142. 2015 - IX ZR 272/13, BGHZ 207, 23 Rn. 22; vgl. Bitter/Alles KTS 2013, 113,
  143. 122, 144).
  144. -8-
  145. 14
  146. (1) Die Insolvenzordnung gestaltet die Einbeziehung der Inhaber dinglicher Kreditsicherheiten unterschiedlich aus (BT-Drucks. 12/2443, S. 87). Der
  147. Gesetzgeber ging davon aus, dass besitzlose Mobiliarsicherheiten in aller Regel am Umlauf- oder Anlagevermögen des schuldnerischen Unternehmens bestehen. Das Sicherungsgut werde regelmäßig im Betrieb des Schuldners genutzt; es stehe mit dem restlichen Schuldnervermögen in einem technischorganisatorischen Verbund. Daher spreche eine tatsächliche Vermutung dafür,
  148. dass die Insolvenzmasse dann am wirtschaftlichsten verwertet werden könne,
  149. wenn dieser Verbund erhalten bleibe. Dies rechtfertige es, für die zur Sicherung
  150. übereigneten Gegenstände einen automatischen Verwertungsstopp und ein
  151. Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters vorzusehen (BT-Drucks. 12/2443,
  152. S. 87 f). Das Zugriffs- und Verwertungsrecht eines Pfandgläubigers solle hingegen von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unberührt bleiben (BT-Drucks.
  153. 12/2443, S. 87, 178). Die Regelung des § 166 Abs. 1 InsO soll den Gläubigern
  154. den Zugriff auf die wirtschaftliche Einheit des Schuldnerunternehmens verwehren. Vorhandene Chancen für eine zeitweilige oder dauernde Fortführung des
  155. Unternehmens sollen so erhalten und dem Verwalter darüber hinaus ermöglicht
  156. werden, durch eine gemeinsame Verwertung zusammengehöriger, aber für unterschiedliche Gläubiger belasteter Gegenstände einen höheren Verwertungserlös zu erzielen (BT-Drucks. 12/2443, S. 178).
  157. 15
  158. Die Vorschrift des § 166 Abs. 1 InsO knüpft für das Verwertungsrecht an
  159. den Besitz des Schuldners an. Dieses Tatbestandsmerkmal soll die gesetzgeberische Wertung umsetzen, Sicherungsgut, das sich im technisch-organisatorischen Verbund mit dem übrigen Schuldnervermögen befindet, einem automatischen Verwertungsstopp zu unterwerfen. Deshalb begründet § 166 Abs. 1
  160. InsO ein Verwertungsrecht an allen Sachen, die der Insolvenzverwalter in sei-
  161. -9-
  162. nem Besitz hat (BT-Drucks. 12/2443, S. 178). Umgekehrt hat der Gesetzgeber
  163. es nicht für angemessen gehalten, das Verwertungsrecht auf Sachen auszudehnen, die sich nicht im Besitz des Schuldners befinden, und sich hierbei insbesondere auf den Fall des Faustpfandrechts bezogen (BT-Drucks. 12/2443,
  164. S. 88, 178). Hier fehle es an einem technisch-organisatorischen Verbund des
  165. Sicherungsgutes mit dem übrigen Schuldnervermögen.
  166. 16
  167. (2) Maßgeblich für die Auslegung der Vorschrift ist vor diesem Hintergrund die Art des Besitzes. Denn das Gesetz knüpft das Verwertungsrecht an
  168. den Besitz des Schuldners, mit dem der Gesetzgeber die Fälle erfassen will, in
  169. denen die Sache zur wirtschaftlichen Einheit des schuldnerischen Unternehmens gehört (BGH, Urteil vom 24. September 2015 - IX ZR 272/13, BGHZ 207,
  170. 23 Rn. 22). In dieser Hinsicht ist der Anwendungsbereich der Norm nach Sinn
  171. und Zweck zu begrenzen (BGH, aaO). Entscheidend ist dabei nicht, ob eine
  172. konkrete Eingliederung in den technisch-organisatorischen Verbund des
  173. schuldnerischen Vermögens tatsächlich erfolgt ist oder nicht. Es kommt vielmehr darauf an, ob der Besitz des Schuldners nach seiner Art geeignet ist, typischerweise den Schluss zu tragen, dass die so im Besitz befindliche Sache regelmäßig in einem technisch-organisatorischen Verbund mit dem übrigen
  174. Schuldnervermögen steht (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 87 f, 178). Der Besitz ist
  175. mithin das tatbestandliche Ersatzmerkmal.
  176. 17
  177. Zwar ist die Kommission für Insolvenzrecht - allerdings auf der Grundlage einer Konzeption, die ein umfassendes Verwertungsrecht des Verwalters bei
  178. Mobiliarsicherheiten wie Eigentumsvorbehalt, Sicherungseigentum und Sicherungsabtretung vorsah - für die Fälle, in denen ein Absonderungsrecht des
  179. Gläubigers Bestand haben sollte, bei ihrem Leitsatz 3.4.8 zum Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters davon ausgegangen, dass der mittelbare Besitz
  180. - 10 -
  181. des Verwalters an der Sache genüge, sofern nicht der Pfandgläubiger der unmittelbare Besitzer sei (Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, 1985,
  182. S. 332). Für die Insolvenzordnung hat der Gesetzgeber jedoch für die Abgrenzung in erster Linie Fallgruppen betrachtet, die vom unmittelbaren Besitz ausgehen. Die Wertung knüpft daran an, ob der Schuldner oder der Absonderungsberechtigte unmittelbarer Besitzer der Sache ist. Hingegen ist die weitere
  183. Fallgestaltung, in der weder Schuldner noch Absonderungsberechtigter, sondern ein Dritter unmittelbarer Besitzer der Sache ist, nicht bedacht worden (vgl.
  184. auch Bork, FS Gaul, 1997, S. 71, 75; Hirte/Knof, WM 2008, 49, 53). Aus der
  185. Erwägung des Gesetzgebers zu § 108 Abs. 1 Satz 2 InsO, in die Masse fließe
  186. regelmäßig nur der Kostenanteil für die Feststellung und die Verwertung des
  187. Leasinggutes (BT-Drucks. 13/4699, S. 6), ergibt sich nur die Möglichkeit eines
  188. Verwertungsrechts. Für die Fallgruppe des unmittelbaren Besitzes eines Dritten
  189. kommt es daher darauf an, unter welchen Voraussetzungen der verbleibende
  190. mittelbare Besitz des Schuldners ausreichende Grundlage für die gesetzgeberische Wertungsgrundlage einer Einbeziehung der Sache in den technischorganisatorischen Verbund des Schuldnervermögens ist (vgl. auch BGH, Urteil
  191. vom 24. September 2015 - IX ZR 272/13, BGHZ 207, 23 Rn. 30).
  192. 18
  193. bb) Auf dieser Grundlage begründet der unmittelbare Besitz des Schuldners nach allgemeiner Meinung ein Verwertungsrecht (vgl. nur Uhlenbruck/
  194. Brinkmann, InsO, 14. Aufl., § 166 Rn. 14; Schmidt/Sinz, InsO, 19. Aufl., § 166
  195. Rn. 8). Für den mittelbaren Besitz des Schuldners ist zu unterscheiden.
  196. 19
  197. (1) Grundsätzlich fällt unter § 166 Abs. 1 InsO auch der mittelbare Besitz
  198. des Schuldners (BGH, Urteil vom 24. September 2015, aaO Rn. 20 mwN). Daher kommt ein Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters in Betracht, wenn der
  199. Schuldner eine sicherungsübereignete Sache gewerblich vermietet oder ver-
  200. - 11 -
  201. least (BGH, Urteil vom 16. Februar 2006 - IX ZR 26/05, BGHZ 166, 215 Rn. 24
  202. - Flowtex; vom 16. November 2006 - IX ZR 135/05, ZIP 2006, 2390 Rn. 7
  203. - Kettenbagger). Entscheidend ist, ob nach der Ausgestaltung des mittelbaren
  204. Besitzes des Schuldners an der konkreten Sache angenommen werden kann,
  205. dass die gesetzliche Vermutung einer Eingliederung der Sache in die wirtschaftliche Einheit des schuldnerischen Unternehmens zutrifft.
  206. 20
  207. Dies hat der Senat zunächst für eine Fallgestaltung entschieden, in welcher der Schuldner Nutzfahrzeuge mit einer nicht marktgängigen Ausstattung
  208. anschaffte und dies von einer Bank finanzieren ließ. Zur Sicherheit übereignete
  209. der Schuldner die Fahrzeuge der finanzierenden Bank. Einen Teil dieser Fahrzeuge stattete der Schuldner mit einem Horizontalbohrsystem aus und überließ
  210. diese zusammengesetzten Sachen anschließend in- und ausländischen Betriebsgesellschaften auf der Grundlage von Miet- und Leasingverträgen gegen
  211. Entgelt (BGH, Urteil vom 16. Februar 2006, aaO Rn. 2, 23 f). Für diese konkrete
  212. Fallgestaltung hat der Senat ein Verwertungsrecht angenommen, weil in diesem Fall die sicherungsübereigneten Fahrzeuge regelmäßig sowohl für eine
  213. Unternehmensfortführung als auch für eine geordnete Abwicklung benötigt würden.
  214. 21
  215. Weiter hat der Senat einen mittelbaren Besitz des Schuldners an solchen
  216. Betriebsgegenständen für ausreichend gehalten, die der Schuldner zunächst
  217. zur Eigennutzung erworben und zur Sicherheit übereignet hat, und anschließend einem Dritten überlassen hat, damit dieser die Gegenstände lagere und
  218. an Kunden für und im Namen des Schuldners weiter vermiete, weil sie im Betrieb des Schuldners zeitweise nicht benötigt würden (BGH, Urteil vom
  219. 16. November 2006, aaO Rn. 8). Auch hier stand der verbleibende mittelbare
  220. - 12 -
  221. Besitz des Schuldners einer dauerhaften Ausgliederung aus dem unternehmerischen Betrieb entgegen.
  222. 22
  223. (2) Allerdings ist schon der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass es
  224. mittelbare Besitzlagen gibt, die kein Verwertungsrecht begründen (vgl. BTDrucks. 12/2443, S. 178). Insbesondere scheidet ein Verwertungsrecht des
  225. Verwalters bei bloß mittelbarem Besitz des Schuldners aus, wenn der Sicherungsnehmer unmittelbarer Besitzer ist (BGH, Urteil vom 5. Mai 2011 - IX ZR
  226. 144/10, BGHZ 189, 299 Rn. 31 mwN) oder eine Besitzstellung innehat, die einem unmittelbaren Besitz gleichsteht (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2015
  227. - IX ZR 272/13, BGHZ 207, 23 Rn. 26 zur Besitzlage bei verpfändeten Aktien in
  228. Sammelverwahrung). Ist der Sicherungsnehmer unmittelbarer Besitzer der Sache oder befindet er sich in einer vergleichbaren besitzrechtlichen Stellung, so
  229. ist eine Nutzung der Sache für das schuldnerische Unternehmen regelmäßig
  230. ausgeschlossen. Er hindert daher den Schuldner für die Dauer des Sicherungsrechts an einer Nutzung der jeweiligen Sache. Die Sache steht insoweit nicht
  231. mehr im technisch-organisatorischen Verbund des Schuldnervermögens. Deshalb kommt ein Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters bei Sachen, die sich
  232. zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung im unmittelbaren Besitz des Sicherungsnehmers befinden, nicht in Betracht.
  233. 23
  234. (3) In vergleichbarer Weise scheidet ein Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters trotz mittelbarem Besitz des Schuldners aus, wenn sich die Sache im unmittelbaren Besitz eines Dritten befindet und der unmittelbare Besitzer
  235. über eine auch im Insolvenzfall besitzrechtlich geschützte Stellung verfügt, die
  236. nach ihrer Art keine Einbindung der Sache in einen technisch-organisatorischen
  237. Verbund des Schuldnervermögens erwarten lässt. Dies ist für den Zeitpunkt der
  238. Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beurteilen (arg. § 166 Abs. 1 InsO). Da-
  239. - 13 -
  240. bei kommt es auf die besitzrechtlichen Beziehungen, insbesondere zwischen
  241. Schuldner und Dritten an. Auf der Grundlage der gesetzgeberischen Wertentscheidung kann dabei berücksichtigt werden, über welche Möglichkeiten der
  242. Schuldner verfügt, ohne Besitzstörung des anderen auf die Sache zuzugreifen.
  243. 24
  244. Lässt der mittelbare Besitz des Schuldners nach der konkreten Ausgestaltung der Besitzposition des Schuldners eine zukünftige weitere, vom Willen
  245. des unmittelbaren Besitzers unabhängige Nutzung der Sache im Rahmen des
  246. schuldnerischen Unternehmens zu, erfüllt der mittelbare Besitz des Schuldners
  247. regelmäßig die Voraussetzungen des § 166 Abs. 1 InsO (vgl. auch Uhlenbruck/
  248. Brinkmann, InsO, 14. Aufl., § 166 Rn. 14). Ist die Sache hingegen nach der Art
  249. des mittelbaren Besitzes bereits dauerhaft mit der erfolgten Überlassung an den
  250. unmittelbaren Besitzer so aus dem Vermögen des Schuldners ausgeschieden,
  251. dass eine weitere Nutzung durch den Schuldner gegen den Willen des unmittelbaren Besitzers nicht möglich ist, fehlt es an der erforderlichen Einbindung
  252. der Sache in das Schuldnervermögen. Verfügt der unmittelbare Besitzer in diesem Fall über eine rechtlich geschützte Besitzposition, die den Schuldner dauerhaft daran hindert, gegen den Willen des unmittelbaren Besitzers unmittelbaren Besitz wiederzuerlangen, genügt der verbleibende mittelbare Besitz des
  253. Schuldners nicht, um ein Verwertungsrecht zu begründen.
  254. 25
  255. cc) Dies gilt auch im Rahmen des Finanzierungsleasings. Ob bei unmittelbarem Besitz des Leasingnehmers der mittelbare Besitz des Schuldners als
  256. Leasinggeber an einer Sache ein Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters
  257. begründet, hängt von der Ausgestaltung der Besitzposition des Schuldners im
  258. Verhältnis zum Leasingnehmer ab. Ist nach den vertraglichen Absprachen die
  259. Leasingsache dauerhaft aus dem Vermögen des Leasinggebers ausgeschieden, besteht kein Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters in der Insolvenz
  260. - 14 -
  261. des Leasingunternehmens. Ist nach den vertraglichen Absprachen ein weiterer
  262. Zugriff des Leasinggebers auf die Leasingsache möglich, führt dies zu einem
  263. Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters. Unter diesen Umständen besteht
  264. aufgrund des (mittelbaren) Besitzes an der zur Sicherheit übereigneten Sache
  265. eine schutzwürdige wirtschaftliche Einheit mit dem übrigen Schuldnervermögen;
  266. die Sache bleibt in das schuldnerische Unternehmen als funktionale Einheit integriert (vgl. Uhlenbruck/Brinkmann, aaO Rn. 15 f). Hingegen kommt es nicht
  267. darauf an, ob der Schuldner tatsächlich im Einzelfall zur Fortführung seines
  268. Schuldnerbetriebs auf die Sache angewiesen ist (anders wohl Schmidt/Sinz,
  269. InsO, 19. Aufl., § 166 Rn. 9).
  270. 26
  271. In Fällen des Finanzierungsleasings besteht der schuldrechtliche Vertrag
  272. in der Insolvenz des Leasinggebers nach § 108 Abs. 1 Satz 2 InsO mit Wirkung
  273. für die Insolvenzmasse fort. Zwar kann auch in diesen Fällen die Fortführung
  274. des Unternehmens behindert werden, sofern die Gläubiger des Schuldners ungeachtet dessen auf das Sicherungsgut zugreifen könnten und der Vertragspartner deshalb gemäß § 536 Abs. 3, § 581 Abs. 2 BGB von der Entrichtung
  275. des Überlassungsentgeltes befreit wäre (BGH, Urteil vom 16. Februar 2006
  276. - IX ZR 26/05, BGHZ 166, 215 Rn. 24; vom 16. November 2006 - IX ZR 135/05,
  277. ZIP 2006, 2390 Rn. 7). Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass deshalb der mittelbare Besitz des Schuldners in Fällen des Finanzierungsleasings stets ein
  278. Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters begründet (dagegen auch Zahn, ZIP
  279. 2007, 365, 370). Soweit der Entscheidung BGH, Urteil vom 16. Februar 2006,
  280. aaO Rn. 24 etwas anderes entnommen werden könnte, wird daran nicht festgehalten.
  281. 27
  282. c) Diesen rechtlichen Maßstäben hält die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht stand. Anders als das Berufungsgericht meint, besteht ein Ver-
  283. - 15 -
  284. wertungsrecht des Insolvenzverwalters bei Leasinggesellschaften im Falle des
  285. Finanzierungsleasings nicht schon dann, wenn der Leasinggeber nach dem
  286. Ende der Leasingzeit entscheiden muss, wie weiter verfahren wird. Entscheidend ist nach der gesetzlichen Regelung vielmehr, wie der mittelbare Besitz
  287. des Schuldners im Falle des Finanzierungsleasings ausgestaltet ist. Im Streitfall
  288. fehlt es an ausreichenden Feststellungen zum mittelbaren Besitz des Schuldners. Hierbei kommt es auf die Regelungen des jeweiligen Leasingvertrags im
  289. Hinblick auf die bestimmte einzelne Sache an.
  290. 28
  291. aa) Erfolgte die Sicherungsübereignung an die Beklagte im Streitfall nach
  292. §§ 929, 930 BGB, blieb die Schuldnerin nach der Sicherungsübereignung mittelbare Fremdbesitzerin erster Stufe; der Sicherungsnehmer wird zum mittelbaren Eigenbesitzer zweiter Stufe. Ob dieser mittelbare Besitz der Schuldnerin
  293. genügt, um eine hinreichende Eingliederung der Sache in den technisch-organisatorischen Verbund des Schuldnervermögens annehmen zu können, hängt
  294. beim Finanzierungsleasing von der leasingtypischen Vertragsgestaltung ab.
  295. 29
  296. (1) Ein Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters scheidet beim - im
  297. Streitfall gegebenen - Finanzierungsleasing aus, wenn der Schuldner die Sache
  298. dem Leasingnehmer für eine feste, nicht ordentlich kündbare Grundlaufzeit
  299. überlassen hat und bei deren Ablauf eine Vollamortisation erlangt, weil der Leasingnehmer aufgrund der vertraglichen Regelungen - sei es auch erst in Verbindung mit besonderen Vertragsbestimmungen wie einer Abschlusszahlung,
  300. einer Restwertgarantie, einer Kaufoption oder einem Andienungsrecht - insgesamt einen Betrag zu zahlen hat, der das vom Schuldner für die Anschaffung
  301. der Sache eingesetzte Kapital zuzüglich Verzinsung und Gewinn erreicht oder
  302. übersteigt. Tritt diese Vollamortisation bereits nach dem Inhalt der vertraglichen
  303. Vereinbarungen mit dem Leasingnehmer ein, fehlt es an einer ausreichenden
  304. - 16 -
  305. Grundlage, um allein aufgrund des verbleibenden mittelbaren Besitzes des
  306. Schuldners annehmen zu können, die Sache stehe in einem technischorganisatorischen Verbund mit dem übrigen Schuldnervermögen.
  307. 30
  308. Während der festen Grundlaufzeit hat der Schuldner keine Möglichkeit,
  309. gegen den Willen des Leasingnehmers den unmittelbaren Besitz an der Sache
  310. zu erlangen. Die Wegnahme des Leasinggutes ohne den Willen des Leasingnehmers stellt eine verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 Abs. 1 BGB dar
  311. (Klinck in Martinek/Stoffels/Wimmer-Leonhardt, Leasinghandbuch, 2. Aufl., § 49
  312. Rn. 30). Liegen die Voraussetzungen des § 108 Abs. 1 Satz 2 InsO vor, besteht
  313. der Vertrag auch mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort. Typischerweise erwirbt der Leasinggeber beim Finanzierungsleasing die Sache auf Veranlassung
  314. des Leasingnehmers mit dem Ziel, diesem die Sache zur Nutzung zu überlassen. Aufgrund der Vollamortisation besteht beim Finanzierungsleasing regelmäßig kein Interesse des Schuldners, die Sache am Ende der festen Laufzeit
  315. zu übernehmen. Damit ergibt die trotz der dauerhaften Einräumung des unmittelbaren Besitzes verbleibende Rückgabepflicht am Ende der Grundlaufzeit in
  316. diesem Fall keinen hinreichenden Anhaltspunkt, dass der mittelbare Besitz des
  317. Schuldners
  318. eine
  319. weitere
  320. Zuordnung
  321. der
  322. Sache
  323. zum
  324. technisch-orga-
  325. nisatorischen Verbund des Schuldnervermögens rechtfertigen könnte.
  326. 31
  327. (2) Anders ist dies, wenn der Schuldner beim Finanzierungsleasing auf
  328. der Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen keine Vollamortisation erreichen kann. Dann besteht regelmäßig ein Interesse des Schuldners, die Sache
  329. am Ende der festen Grundlaufzeit zu übernehmen. In diesem Fall eröffnet der
  330. mittelbare Besitz des Schuldners noch eine Zuordnungsmöglichkeit zum technisch-organisatorischen Verbund des Schuldnervermögens.
  331. - 17 -
  332. 32
  333. (3) Schließlich bleibt es - unabhängig von der Frage der Vollamortisation - in allen Fällen des Finanzierungsleasings, in denen der Schuldner auf die
  334. Entscheidung des Leasingnehmers bestimmenden Einfluss nehmen kann, bei
  335. einer ausreichenden Zuordnung der Sache zum technisch-organisatorischen
  336. Verbund des Schuldnervermögens. Dies ist insbesondere der Fall, wenn es
  337. sich beim Leasingnehmer um Tochtergesellschaften des Leasinggebers oder
  338. Betriebsgesellschaften im Rahmen einer Betriebsaufspaltung handelt und der
  339. Schuldner über einen beherrschenden Einfluss verfügt (vgl. BGH, Urteil vom
  340. 16. Februar 2006 - IX ZR 26/05, BGHZ 166, 215). Denn angesichts des beherrschenden Einflusses des Schuldners genügt in diesen Fällen die aus dem mittelbaren Besitz folgende Zugriffsmöglichkeit, um eine Zuordnung der Sache
  341. zum technisch-organisatorischen Verbund des Schuldnervermögens zu rechtfertigen.
  342. 33
  343. bb) Erfolgte die Sicherungsübereignung an die Beklagte im Streitfall nach
  344. §§ 929, 931 BGB, könnte es schon deshalb an einem ausreichenden Besitz der
  345. Schuldnerin fehlen. Zwar hat das Berufungsgericht angenommen, dass die
  346. Schuldnerin aufgrund der mit den Leasingnehmern abgeschlossenen Leasingverträge mittelbare Besitzerin der geleasten Fahrzeuge gewesen sei und sie
  347. zugleich der Beklagten den Besitz an diesen vermittelte. Dabei hat das Berufungsgericht übersehen, dass dieser Annahme die Regelungen in Nr. 6.2, insbesondere lit. d) des Rahmenvertrags entgegenstehen können.
  348. 34
  349. Beim Finanzierungsleasing fehlt es an einem mittelbaren Besitz des
  350. Schuldners, der zu einem Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters führen
  351. kann, wenn die Sicherungsübereignung auf die finanzierende Bank gemäß
  352. §§ 929, 931 BGB erfolgt ist, indem der Schuldner seinen bestehenden Herausgabeanspruch aus dem Leasingvertrag an den Sicherungsnehmer abtrat (vgl.
  353. - 18 -
  354. zur Sicherungsübereignung nach §§ 929, 931 BGB durch den Leasinggeber
  355. BGH, Urteil vom 10. November 2004 - VIII ZR 186/03, BGHZ 161, 90, 107, 111;
  356. Marotzke, ZZP 109 (1996), S. 429, 443 Fn. 66). In diesem Fall verliert der
  357. Schuldner seinen mittelbaren Besitz (§§ 868, 870 BGB; vgl. BGH, Urteil vom
  358. 19. Januar 1955 - IV ZR 135/54, LM Nr. 6 zu § 868 BGB). Es genügt die Abtretung des Herausgabeanspruchs; nicht notwendig ist es, dass auch die übrigen
  359. Ansprüche aus dem Besitzmittlungsverhältnis übertragen werden (BGH, Urteil
  360. vom 21. April 1959 - VIII ZR 148/58, NJW 1959, 1536, 1538 unter II.2.b.). Für
  361. die Abtretung ist regelmäßig weder die Mitwirkung noch die Kenntnis des unmittelbaren Besitzers erforderlich (Palandt/Herrler, BGB, 77. Aufl., § 870 Rn. 2;
  362. Staudinger/Gutzeit, BGB, 2012, § 870 Rn. 5 mwN; MünchKomm-BGB/
  363. Oechsler, 7. Aufl., § 931 Rn. 18; Staudinger/Wiegand, BGB, 2017, § 931
  364. Rn. 22). Soweit der Schuldner aufgrund einer solchen Übereignung fortan über
  365. keine Besitzposition mehr verfügt, scheidet ein Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters gemäß §§ 166, 170 InsO unabhängig von der Ausgestaltung
  366. der Leasingverträge aus.
  367. III.
  368. 35
  369. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Sie ist daher zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563
  370. Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird den Parteien Gelegenheit zur ergän-
  371. - 19 -
  372. zenden Stellungnahme zum Besitz der Schuldnerin an den einzelnen Fahrzeugen, zur Übereignung der Fahrzeuge an die Beklagte und zum Rahmenvertrag
  373. zu geben haben.
  374. Kayser
  375. Lohmann
  376. Schoppmeyer
  377. Pape
  378. Meyberg
  379. Vorinstanzen:
  380. LG Chemnitz, Entscheidung vom 10.06.2016 - 6 O 1109/15 OLG Dresden, Entscheidung vom 23.11.2016 - 13 U 1140/16 -