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17 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IX ZB 74/15
  4. vom
  5. 25. Februar 2016
  6. in dem Nachtragsverteilungsverfahren
  7. Nachschlagewerk:
  8. ja
  9. BGHZ:
  10. nein
  11. BGHR:
  12. ja
  13. InsO §§ 203, 97, 98
  14. Die den Schuldner im eröffneten Verfahren treffenden Auskunfts- und Mitwirkungspflichten gelten auch im Nachtragsverteilungsverfahren; sie können mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden.
  15. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2016 - IX ZB 74/15 - LG Stade
  16. AG Tostedt
  17. ECLI:DE:BGH:2016:250216BIXZB74.15.0
  18. - 2 -
  19. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
  20. Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Grupp, die Richterin Möhring
  21. und den Richter Dr. Schoppmeyer
  22. am 25. Februar 2016
  23. beschlossen:
  24. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer
  25. des Landgerichts Stade vom 14. September 2015 wird auf Kosten
  26. des Schuldners zurückgewiesen.
  27. Der Gegenstandswert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
  28. Gründe:
  29. I.
  30. 1
  31. Das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners
  32. wurde auf Eigenantrag verbunden mit einem Stundungs- und Restschuldbefreiungsantrag im März 2008 eröffnet und der weitere Verfahrensbeteiligte zum
  33. Treuhänder bestellt. Zur Tabelle angemeldet und festgestellt wurden drei Forderungen in Höhe von insgesamt 271.930,88 €, in Höhe von 75.000 € für den
  34. Ausfall. Am 18. November 2008 wurde der Schlusstermin abgehalten und dem
  35. Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt. Am 2. Dezember 2008 wurde
  36. das Insolvenzverfahren aufgehoben. Vor Ablauf der Treuhandperiode beantragte der weitere Verfahrensbeteiligte im Sommer 2013 die Anordnung einer Nach-
  37. - 3 -
  38. tragsverteilung. Er hatte von einem der Gläubiger erfahren, dass die Finanzverwaltung über Informationen aus der Schweiz verfügte ("Steuer-CD"), wonach
  39. der Schuldner vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens Kapitalvermögen bei
  40. einer Schweizer Bank angelegt habe. Der Kontostand habe Ende 2008 rund
  41. 1 Mio. € und Ende 2010 1,4 Mio. € betragen. Durch Beschluss vom 18. Juni
  42. 2013 ordnete das Insolvenzgericht "gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO die Nachtragsverteilung … über das Kapitalvermögen des Schuldners bei der C.
  43. AG und/oder ihrer Tochterunternehmen" an. Der Vollzug der Nachtragsverteilung wurde dem weiteren Beteiligten übertragen. Das Rechtsmittel des
  44. Schuldners, mit dem dieser geltend machte, kein Kapitalvermögen in der
  45. Schweiz zu haben, es liege eine Personenverwechslung vor, hatte keinen Erfolg. Am 18. Juli 2014 wurde dem Schuldner die Restschuldbefreiung erteilt.
  46. 2
  47. Anfang des Jahres 2015 bestimmte das Insolvenzgericht auf Anregung
  48. des weiteren Beteiligten einen Anhörungstermin und ordnete an, der Schuldner
  49. habe zu Protokoll des Gerichts umfassend Auskunft zu erteilen, die Richtigkeit
  50. der Auskünfte eidesstattlich zu versichern und dem weiteren Beteiligten eine
  51. Auslandsvollmacht zu erteilen, die diesen in die Lage versetze, die Ansprüche
  52. aus den auf den Auslandskonten und/oder -depots befindlichen Kapitalanlagen
  53. einzuziehen. Nach erfolglosen Rechtsmitteln des Schuldners gegen diese Anordnung fand die Anhörung schließlich am 15. Juli 2015 vor dem Insolvenzgericht statt. Der Schuldner erklärte, eine Auslandsvollmacht nicht zu erteilen.
  54. 3
  55. Daraufhin hat das Insolvenzgericht durch den Richter am 20. Juli 2015
  56. angeordnet, den Schuldner nach § 98 InsO in Haft zu nehmen, und hat den Gerichtsvollzieher mit der Vollstreckung beauftragt. Die Dauer der Haft ist auf
  57. sechs Monate beschränkt worden. Die sofortige Beschwerde des Schuldners
  58. hat das Landgericht, nachdem der Einzelrichter das Verfahren auf die Kammer
  59. - 4 -
  60. übertragen hatte, zurückgewiesen. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte der Schuldner die Aufhebung des Haftbefehls erreichen.
  61. II.
  62. 4
  63. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO, § 6 Abs. 1, § 98 Abs. 3 Satz 3
  64. InsO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg.
  65. 5
  66. 1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, die Anordnung der Nachtragsverteilung sei rechtskräftig. Entscheidungserheblich sei somit ausschließlich, ob
  67. und in welchem Umfang Mitwirkungspflichten des Schuldners gemäß §§ 97 ff
  68. InsO bei angeordneter Nachtragsverteilung bestünden. Solche Mitwirkungspflichten des Schuldners bestünden jedenfalls im Umfang der Anordnung. Mit
  69. der Anordnung der Nachtragsverteilung trete ein neuer Insolvenzbeschlag hinsichtlich des in der Schweiz angelegten Kapitalvermögens ein und gehe die
  70. Verfügungsbefugnis wieder auf den weiteren Beteiligten über. Dieser habe das
  71. später ermittelte Vermögen einzuziehen und zu verteilen. Soweit er insoweit auf
  72. die Mithilfe des Schuldners angewiesen sei, sei dieser unter Rückgriff auf § 97
  73. InsO dazu verpflichtet. Im Anhörungstermin habe das Insolvenzgericht dem
  74. Schuldner lediglich die Auslandsvollmacht abverlangt. Diese sei erforderlich
  75. und zulässig, um dem Insolvenzverwalter den Zugriff auf das ermittelte Auslandsvermögen in der Schweiz zu ermöglichen. Mit seiner Weigerung, eine solche zu erteilen, habe der Schuldner gegen seine Mitwirkungspflichten verstoßen.
  76. - 5 -
  77. 6
  78. 2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.
  79. 7
  80. a) Die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der Haft sind im
  81. Streitfall gegeben.
  82. 8
  83. aa) Wird die Nachtragsverteilung angeordnet, weil nachträglich Gegenstände der Masse ermittelt worden sind (§ 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO), werden die
  84. betroffenen Gegenstände mit der Anordnung vom Insolvenzbeschlag erfasst.
  85. Die Verfügungsbefugnis geht vom Schuldner auf den Insolvenzverwalter über.
  86. Wegen dieser Wirkungen müssen die betroffenen Gegenstände im Anordnungsbeschluss selbst ausreichend bestimmt bezeichnet werden. Soweit Gegenstände nicht bestimmt bezeichnet sind, treten die Wirkungen der Anordnung
  87. nicht ein (BGH, Beschluss vom 12. Februar 2015 - IX ZR 186/13, ZInsO 2015,
  88. 634 Rn. 2).
  89. 9
  90. In der Anordnung der Nachtragsverteilung hinsichtlich des in der Schweiz
  91. angelegten Kapitalvermögens des Schuldners in dem Beschluss vom 18. Juni
  92. 2013 ist der betroffene Gegenstand ausreichend bestimmt. Allerdings ist in diesem Beschluss die Forderung des Schuldners gegen die Schweizer Banken
  93. nicht genau beziffert und sind die Drittschuldner teilweise ungenau bezeichnet
  94. ("bei der C.
  95. AG und/oder ihrer Tochterunternehmen"). Aus dem in
  96. Bezug genommenen Antrag des Treuhänders, aber auch aus der Beschwerdeentscheidung und dem dort in Bezug genommenen Schreiben des Finanzamtes
  97. für Fahndung und Strafsachen Lüneburg vom 26. Juni 2013 ergibt sich jedoch
  98. eindeutig, dass es um die Ansprüche des Schuldners gegen die C.
  99. AG (Schweiz), die am 2. April 2012 mit der C.
  100. L.
  101. AG (Schweiz) und die 1995 von der C.
  102. tergesellschaft N.
  103. fusionierte C.
  104. AG übernommene Toch-
  105. Bank (Schweiz) geht, denen seine Anlage von
  106. - 6 -
  107. Kapitalvermögen zugrunde liegt, welche zum 31. Dezember 2008 einen Wert
  108. von
  109. 1.082.385,79 €
  110. und
  111. zum
  112. 31. Dezember
  113. 2010
  114. einen
  115. Wert
  116. von
  117. 1.377.486,27 € hatte. Die Anordnung der Nachtragsverteilung genügt jedenfalls
  118. in der Form der Beschwerdeentscheidung dem Bestimmtheitserfordernis (vgl.
  119. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2012 - IX ZB 111/10, NZI 2012, 271 Rn. 9).
  120. 10
  121. Die Angabe der Kontonummern war für die Bestimmtheit der Anordnung
  122. nicht erforderlich. Dies ist für die Einzelvollstreckung allgemein anerkannt
  123. (LG Frankenthal, RPfleger 1981, 445; Bendtsen in Kindl/Meller-Hannich/Wolf,
  124. Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 3. Aufl., § 829 ZPO Rn. 143;
  125. MünchKomm-ZPO/Smid, 4. Aufl., § 829 Rn. 27; Hk-ZPO/Kemper, 6. Aufl.,
  126. § 829 Rn. 7). Für die Anordnung der Nachtragsverteilung gilt nichts anderes. Es
  127. muss nur klar sein, welche Konten des Schuldners von der Pfändung und der
  128. Nachtragsverteilung betroffen sind, entweder weil bei der Bank nur ein Konto
  129. für den Schuldner besteht oder sich die Pfändung oder die Anordnung der
  130. Nachtragsverteilung auf alle Konten bezieht. Das ist vorliegend aber der Fall.
  131. 11
  132. bb) Die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners aus § 97
  133. InsO gelten auch im Nachtragsverteilungsverfahren. Sie können deswegen
  134. auch nach § 98 InsO durchgesetzt werden.
  135. 12
  136. Die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners aus § 97 InsO
  137. bestehen für die Dauer des gesamten Insolvenzverfahrens und gemäß § 20
  138. Abs. 1 Satz 2, § 22 Abs. 3 Satz 3 InsO auch für das Eröffnungsverfahren. Sie
  139. enden mit der Aufhebung des Verfahrens nach § 200 Abs. 1 InsO oder mit der
  140. Einstellung des Verfahrens nach § 207 Abs. 1 und § 211 InsO (Jaeger/Schilken,
  141. InsO, 2007, § 97 Rn. 38; Lüke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2010, § 97 Rn. 16;
  142. Uhlenbruck/Zipperer, InsO, 14. Aufl., § 97 Rn. 22; HmbKomm-InsO/Herchen,
  143. - 7 -
  144. 5. Aufl., § 97 Rn. 2; HK-InsO/Kayser, 7. Aufl., § 97 Rn. 3; Schmidt/Jungmann,
  145. InsO, 19. Aufl., § 97 Rn. 1). Die Nachtragsverteilung setzt die noch nicht endgültig abgeschlossene Schlussverteilung fort. Sie ermöglicht den Gläubigern
  146. den Zugriff auf Vermögensgegenstände, die der Insolvenzmasse zuzuordnen
  147. sind, aber aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen bei der Schlussverteilung
  148. nicht berücksichtigt und somit nicht an die Gläubiger verteilt werden konnten
  149. (MünchKomm-InsO/Hintzen, 3. Aufl., § 203 Rn. 17; Holzer in Kübler/Prütting/
  150. Bork, InsO, 2015, § 203 Rn. 1; Uhlenbruck/Wegener, InsO, 14. Aufl., § 203
  151. Rn. 1; HmbKomm-InsO/Preß/Henningsmeier, 5. Aufl., § 203 Rn. 4).
  152. 13
  153. Setzt die Nachtragsverteilung die noch nicht endgültig abgeschlossene
  154. Schlussverteilung fort, gelten auch die §§ 97 ff InsO in dem Umfang, wie die
  155. Nachtragsverteilung angeordnet ist. Diese erfasst nicht das gesamte Vermögen
  156. des Schuldners, sondern nur den Betrag oder Vermögensgegenstand, auf den
  157. sie sich bezieht. Mithin entfaltet sie nur eine beschränkte Beschlagswirkung
  158. (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2010 - IX ZB 151/09, ZInsO 2011, 94
  159. Rn. 5; Uhlenbruck/Wegener, aaO, § 203 Rn. 20). Nur in diesem Umfang bestehen die Pflichten des Schuldners aus § 97 InsO.
  160. 14
  161. Dass § 97 InsO auch im Nachtragsverteilungsverfahren gilt, dient der
  162. effektiven Durchführung des Insolvenzverfahrens, nämlich im Nachtragsverteilungsverfahren der bestmöglichen Verwertung des erfassten Schuldnervermögens. § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO hat den Zweck, nachträglich ermittelte Massegegenstände zu Gunsten der Insolvenzgläubiger zu verwerten. Gegebenenfalls
  163. muss der Insolvenzverwalter Forderungen des Schuldners einziehen und Gegenstände in Besitz nehmen. Dazu bedarf er gerade auch dann, wenn es sich
  164. um Auslandsvermögen handelt, der Mithilfe des Schuldners. Die Auskunfts- und
  165. Mitwirkungspflichten des Schuldners folgen auch im Nachtragsverteilungsver-
  166. - 8 -
  167. fahren aus der Haftungsverwirklichung gemäß § 1 InsO (vgl. MünchKommInsO/Stephan, 3. Aufl., § 97 Rn. 1, 13).
  168. 15
  169. b) Der Erlass des Haftbefehls war nach § 98 Abs. 2 Nr. 1 InsO auch materiell-rechtlich begründet. Danach kann das Insolvenzgericht den Schuldner in
  170. Haft nehmen lassen, wenn dieser die Mitwirkung bei der Erfüllung der Aufgaben
  171. des Insolvenzverwalters verweigert.
  172. 16
  173. aa) Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht gemäß § 80 Abs. 1
  174. InsO die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das insolvenzbefangene
  175. Vermögen des Schuldners auf den Insolvenzverwalter über. Dieser hat nach
  176. § 148 Abs. 1 InsO das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen sofort in Besitz und Verwaltung zu nehmen. Die hiermit verbundene Rechtsmacht
  177. gilt uneingeschränkt auch für das im Ausland gelegene Vermögen und unabhängig davon, ob der Insolvenzverwalter seine Befugnisse im Ausland durchsetzen kann. Es gilt das Universalitätsprinzip. Wird die dem Insolvenzverwalter
  178. nach inländischem Insolvenzrecht zukommende Rechtsmacht im Ausland nicht
  179. beachtet, ist der Insolvenzverwalter zur Erfüllung seiner Verpflichtung aus § 148
  180. InsO auf die Mitwirkung des Schuldners angewiesen. Die in § 97 InsO festgelegten Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners umfassen auch die
  181. Erteilung einer sogenannten Auslandsvollmacht. Dies hat der Senat für das eröffnete Verfahren bereits entschieden (BGH, Beschluss vom 18. September
  182. 2003 - IX ZB 75/03, NZI 2004, 21).
  183. 17
  184. Nichts anderes gilt für das Nachtragsverteilungsverfahren. Wird nach
  185. Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 203 Abs. 2 InsO) zur Masse gehörendes
  186. Auslandsvermögen des Schuldners ermittelt, das dieser verschwiegen hat
  187. (§ 97, § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO), muss der Insolvenzverwalter nach Maßgabe
  188. - 9 -
  189. der Anordnung der Nachtragsverteilung das betroffene Auslandsvermögen in
  190. Besitz nehmen und verwerten. Auch hier treffen den Schuldner, wenn die dem
  191. Insolvenzverwalter nach inländischem Insolvenzrecht zukommende Rechtsmacht im Ausland nicht beachtet wird, dieselben Pflichten, die ihn bereits im
  192. eröffneten Insolvenzverfahren getroffen haben. Er ist nach § 97 Abs. 2 InsO
  193. verpflichtet, dem Insolvenzverwalter die Auslandsvollmacht zu erteilen.
  194. 18
  195. bb) Die Notwendigkeit einer Vollmachterteilung entfällt nicht deswegen,
  196. weil das Schweizer Internationale Privatrecht die Anerkennung ausländischer
  197. Insolvenzverfahren ermöglicht. Zwar hat das Beschwerdegericht zu dieser Frage ausdrücklich keine Stellung bezogen, jedoch hat es in seiner Entscheidung
  198. auf den Beschluss des Senats vom 18. September 2003 (IX ZB 75/03, NZI
  199. 2004, 21, 22 Bezug genommen. Zwischen den Beteiligten war auch nie streitig,
  200. dass das deutsche Insolvenzverfahren in der Schweiz nicht unmittelbar anerkannt wird, vielmehr zunächst ein formelles Anerkennungsverfahren zu durchlaufen ist. Auf ein solches zeit- und kostenaufwendiges Verfahren muss sich der
  201. weitere Beteiligte jedoch nicht verweisen lassen (vgl. BGH, aaO).
  202. 19
  203. cc) Im eröffneten Verfahren setzt die Verpflichtung zur Erteilung einer
  204. solchen Auslandsvollmacht nicht voraus, dass die Existenz ausländischen
  205. Schuldnervermögens feststeht. Vielmehr reicht es aus, wenn es aufgrund konkreter Umstände nicht ganz unwahrscheinlich ist, dass der Schuldner über Auslandsvermögen verfügt. Schutzwürdige Interessen des Schuldners, die eine
  206. weitere Einschränkung dieser Voraussetzungen für die Erteilung einer Auslandsvollmacht rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Dadurch soll ein
  207. möglichst effizienter Zugriff auf etwaiges Auslandsvermögen des Schuldners
  208. sichergestellt werden (BGH, Beschluss vom 18. September 2003 - IX ZB 75/03,
  209. NZI 2004, 21 f).
  210. - 10 -
  211. 20
  212. Im Nachtragsverteilungsverfahren gilt anderes, weil dieses Verfahren
  213. nach § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO erst eröffnet werden kann, wenn Gegenstände
  214. der Masse ermittelt werden. Doch haben sich vorliegend Insolvenz- und Beschwerdegericht sowohl im Rahmen der Anordnung der Nachtragsverteilung,
  215. der Anordnung der Erteilung der Auslandsvollmacht wie auch im vorliegenden
  216. Verfahren positiv davon überzeugt, dass der Schuldner massegegenständliches
  217. Kapitalvermögen bei der Schweizer Bank in der genannten Höhe angelegt hat.
  218. Die Gerichte haben sich davon überzeugt, dass die Angaben auf der "SteuerCD" zutreffen - dies hatte der Schuldner auch nie in Frage gestellt - und dass es
  219. sich bei dem dort genannten Kontoinhaber um den Schuldner handelt. Aufgrund
  220. des nicht alltäglichen Namens des Schuldners, seiner Nationalität und aufgrund
  221. der Tatsache, dass er wegen Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit Einkünften aus Kapitalanlagen rechtskräftig verurteilt ist, hat sich das Beschwerdegericht davon überzeugt, dass eine Namensverwechslung ausgeschlossen ist.
  222. Dass diese Überzeugungsbildung Rechtsfehler aufweist, macht die Rechtsbeschwerde nicht geltend.
  223. 21
  224. dd) Der Haftanordnung steht nicht entgegen, dass dem Schuldner zwischenzeitlich die Restschuldbefreiung erteilt worden ist. Das Insolvenzgericht
  225. durfte die Nachtragsverteilung anordnen, obwohl dem Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt worden war (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2005 - IX ZB 17/04, NZI 2006, 180; vom 18. Oktober 2012 - IX ZB 263/10,
  226. ZOV 2012, 336; Ines Meyer, Masseverwaltung nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens am Beispiel der Nachtragsverteilung, 2015, S. 279 ff mwN). Die
  227. nach der Anordnung der Nachtragsverteilung erfolgte Restschuldbefreiung ändert hieran nichts. Auf die Frage, ob die Nachtragsverteilung nach Erteilung der
  228. Restschuldbefreiung angeordnet werden kann (so BGH, Beschluss vom 10. Juli
  229. - 11 -
  230. 2008 - IX ZB 172/07, NZI 2008, 560 Rn. 9; LG Dessau-Roßlau, NZI 2012, 281;
  231. Ines Meyer, aaO, S. 281 ff), kommt es nicht an (vgl. im Übrigen auch BGH, Beschluss vom 23. Januar 2014 - IX ZB 33/13, NZI 2014, 229).
  232. 22
  233. ee) Schließlich ist die Anordnung der Haft zur Durchsetzung der Erteilung einer Auslandsvollmacht auch nicht unverhältnismäßig. Der weitere Beteiligte ist aufgrund des unkooperativen Verhaltens des Schuldners auf die Erteilung der Vollmacht angewiesen, um seinen Pflichten aus §§ 203, 148 InsO
  234. nachkommen zu können. Der Schuldner hingegen muss lediglich eine Unterschrift leisten, gegebenenfalls ergänzt um die Angaben, die den weiteren Beteiligten in die Lage versetzen, die Ansprüche gegenüber den Schweizer Banken
  235. - 12 -
  236. geltend zu machen. Dies ist ihm angesichts der auf dem Spiel stehenden Gläubigerinteressen zumutbar (vgl. BGH, Beschluss vom 18. September 2003
  237. - IX ZB 75/03, NZI 2004, 21, 22).
  238. Kayser
  239. Gehrlein
  240. Möhring
  241. Grupp
  242. Schoppmeyer
  243. Vorinstanzen:
  244. AG Tostedt, Entscheidung vom 20.07.2015 - 21 IK 13/08 LG Stade, Entscheidung vom 14.09.2015 - 7 T 122/15 -