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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. IX ZB 108/04
  4. vom
  5. 13. Juli 2006
  6. in dem Insolvenzverfahren
  7. -2-
  8. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
  9. Dr. Gero Fischer und die Richter Dr. Ganter, Dr. Kayser, Vill und Dr. Detlev
  10. Fischer
  11. am 13. Juli 2006
  12. beschlossen:
  13. Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom
  14. 1. April 2004 aufgehoben.
  15. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten
  16. des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
  17. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
  18. 26.441,99 € festgesetzt.
  19. Gründe:
  20. I.
  21. 1
  22. Der weitere Beteiligte war im Eröffnungsverfahren über das Vermögen
  23. der Schuldnerin zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt
  24. bestellt. Verfügungen über Arbeitsverhältnisse bedurften gleichfalls seiner Zustimmung. Später übertrug ihm das Insolvenzgericht zusätzlich die Arbeitgeber-
  25. - 3 -
  26. funktion. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragte der weitere Beteiligte, seine Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter einschließlich Auslagen
  27. und Umsatzsteuer auf 52.366,12 € festzusetzen. Das Insolvenzgericht hat dem
  28. Antrag in Höhe von 25.924,13 € stattgegeben und ihn im Übrigen zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten ist
  29. erfolglos geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Insolvenzverwalter
  30. sein Begehren in vollem Umfang weiter.
  31. II.
  32. 2
  33. 1. Das Rechtsmittel ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 64
  34. Abs. 3 InsO) und zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO, § 4 InsO). Die vom
  35. Landgericht gebilligte Berechnung des Vergütungsanspruchs des vorläufigen
  36. Insolvenzverwalters durch das Insolvenzgericht weicht von der - allerdings erst
  37. später ergangenen - Rechtsprechung des Senats ab.
  38. 3
  39. 2. Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
  40. 4
  41. a) Das Landgericht ist ebenso wie das Insolvenzgericht bei der Berechnung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters methodisch in der
  42. Weise vorgegangen, dass es zunächst eine (fiktive) Vergütung für einen endgültigen Insolvenzverwalter ermittelt hat. Dabei hat es dessen Grundvergütung
  43. um insgesamt 65 v.H. angehoben (5 v.H. für die angeordnete Arbeitgeberfunktion; 15 v.H. für die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes für zwei Monate;
  44. 15 v.H. für die vorgenommene Betriebsfortführung; 30 v.H. für intensive Verkaufsverhandlungen betreffend den Geschäftsbetrieb). Daraus hat es ausgehend von der hier nicht umstrittenen Berechnungsgrundlage eine fiktive Vergü-
  45. - 4 -
  46. tung des endgültigen Verwalters von 73.661,30 € errechnet, wovon es dann
  47. dem weiteren Beteiligten 30 v.H. zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer zuerkannt hat.
  48. 5
  49. b) Demgegenüber hat der Senat durch Beschluss vom 18. Dezember
  50. 2003 (IX ZB 50/03, ZIP 2004, 518, 519 ff) einer anderen Berechnungsweise
  51. den Vorzug gegeben. Die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters ist
  52. danach grundsätzlich in der Weise zu berechnen, dass besondere Umstände,
  53. welche die Tätigkeit erleichtern oder erschweren, unmittelbar den für den vorläufigen Insolvenzverwalter maßgeblichen Bruchteil (vgl. BGH, Beschl. v.
  54. 14. Dezember 2005 - IX ZB 268/04, ZIP 2006, 625, 627; v. 12. Januar 2006
  55. - IX ZB 127/04, ZIP 2006, 672, 673) verringern oder erhöhen. Die Sache ist
  56. deshalb an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1
  57. ZPO), damit auf dieser Grundlage eine Neuberechnung der Vergütung des weiteren Beteiligten erfolgen kann.
  58. 6
  59. 3. Für die erneute Sachbehandlung weist der Senat auf folgendes hin:
  60. 7
  61. a) Das Verschlechterungsverbot hindert das Insolvenzgericht und das an
  62. seine Stelle tretende Gericht der sofortigen Beschwerde nicht, bei der Feststellung der angemessenen Vergütung Zu- und Abschläge zum Nachteil des Beschwerdeführers anders zu bemessen, als dies bisher geschehen ist, soweit es
  63. den Vergütungssatz insgesamt - gemessen an der Entscheidung des Insolvenzgerichts - nicht zu seinem Nachteil ändert (vgl. BGH, Beschl. v. 16. Juni
  64. 2005 - IX ZB 285/03, ZIP 2005, 1371; v. 12. Januar 2006, aaO S. 675).
  65. 8
  66. b) Begehrt der vorläufige Verwalter - wie hier - im Hinblick auf einen vom
  67. Insolvenzgericht angeordneten Zustimmungsvorbehalt einen Zuschlag auf den
  68. - 5 -
  69. Ausgangssatz von 25 v.H. der Vergütung des endgültigen Verwalters, hat er
  70. konkret darzulegen, dass er sich mit Verfügungen des Schuldners in erheblichem Umfang hat befassen müssen. Eine auch nur annähernd lückenlose Aufzählung aller einschlägigen Vorgänge kann jedoch von ihm nicht verlangt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 14. Dezember 2005 - IX ZB 268/04, aaO S. 627).
  71. 9
  72. c) Hinsichtlich der Auslagenpauschale ist darauf hinzuweisen, dass die
  73. von der Rechtsbeschwerde zur Entscheidung gestellte Rechtsansicht, nach § 8
  74. Abs. 3 InsVV sei die Auslagenpauschale nach angefangenen Kalendermonaten
  75. zu berechnen, nicht zutrifft (vgl. BGH, Beschl. v. 23. Juli 2004 - IX ZB 257/03,
  76. ZIP 2004, 1715 f).
  77. Dr. Gero Fischer
  78. Dr. Ganter
  79. Vill
  80. Dr. Kayser
  81. Dr. Detlev Fischer
  82. Vorinstanzen:
  83. AG Kaiserslautern, Entscheidung vom 21.05.2003 - InsO IN 127/02 LG Kaiserslautern, Entscheidung vom 01.04.2004 - 1 T 136/03 -