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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. III ZR 291/06
  5. Verkündet am:
  6. 10. Mai 2007
  7. Kiefer
  8. Justizangestellter
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. ja
  16. BGHR:
  17. ja
  18. GOÄ § 4 Abs. 2; GOÄ GebVerz Nr. 435, 437
  19. Die Komplexgebühr der Nr. 437 für Laboratoriumsuntersuchungen im
  20. Rahmen einer Intensivbehandlung nach Nr. 435 rechtfertigt auch für
  21. externe Ärzte keine Einzelabrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen, soweit es sich nicht um Leistungen nach den Abschnitten M III
  22. 13 und M IV des Gebührenverzeichnisses handelt.
  23. BGH, Urteil vom 10. Mai 2007 - III ZR 291/06 - LG Nürnberg-Fürth
  24. AG Erlangen
  25. - 2 -
  26. Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  27. vom 10. Mai 2007 durch die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr, Dr. Herrmann
  28. und Wöstmann
  29. für Recht erkannt:
  30. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts
  31. Nürnberg-Fürth, 13. Zivilkammer, vom 24. Oktober 2006 aufgehoben.
  32. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts
  33. Erlangen vom 10. April 2006 wird zurückgewiesen.
  34. Der Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.
  35. Von Rechts wegen
  36. Tatbestand
  37. 1
  38. Die Klägerin, ein privater Krankenversicherer, nimmt den Beklagten,
  39. Laborarzt und Leiter des Instituts für Klinische und Molekulare Virologie der Universität E.
  40. , aus abgetretenem Recht ihres Versicherungs-
  41. nehmers K. auf Rückzahlung von Arzthonorar in Anspruch. Der Versicherungsnehmer befand sich im Zusammenhang mit einer Lebertransplantation in stationärer Behandlung der Universitätsklinik E.
  42. und wurde dort
  43. vom 2. Dezember 1997 bis zum 10. Februar 1998 in der Intensivstation behan-
  44. - 3 -
  45. delt. Der Versicherungsnehmer hatte mit dem Krankenhaus eine Vereinbarung
  46. über wahlärztliche Leistungen geschlossen. Der ärztliche Direktor der Chirurgischen Klinik und Poliklinik, Prof. Dr. H.
  47. , rechnete für jeden Tag des
  48. Aufenthalts auf der Intensivstation eine Gebühr nach der Nummer 435 des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) für die intensivmedizinische Überwachung und Behandlung des Patienten und eine Gebühr
  49. nach Nummer 437 für Laboratoriumsuntersuchungen im Rahmen der Intensivbehandlung ab. Darüber hinaus veranlasste er während der Dauer der Intensivbehandlung weitere Laboruntersuchungen des Beklagten aus den Abschnitten
  50. M III und M IV des Gebührenverzeichnisses, die dieser nach Einzelpositionen
  51. und ohne Berücksichtigung einer Gebührenminderung nach § 6a GOÄ mit
  52. Rechnungen vom 16. Februar 1998 über 9.597,80 DM und vom 16. März 1998
  53. über 7.030,40 DM abrechnete; die Rechnungen wurden nach Erstattung von
  54. Versicherungsleistungen der Klägerin bezahlt.
  55. 2
  56. Soweit in den Rechnungen Leistungen aus dem Abschnitt M IV aufgeführt wurden, macht die Klägerin geltend, die Gebühren seien nach § 6a GOÄ
  57. in Höhe von 15 v.H., das sind 769,40 €, zu mindern. Soweit Leistungen aus
  58. dem Abschnitt M III (außerhalb der Nr. 13) berechnet wurden, das sind
  59. 3.372,53 €, hält sie diese neben der Gebührennummer 437 für nicht berechnungsfähig.
  60. 3
  61. Das Amtsgericht hat der auf Rückzahlung dieser Honorarteile gerichteten
  62. Klage in vollem Umfang stattgegeben. Der Beklagte hat die Minderung seiner
  63. Gebühren nach § 6a GOÄ nicht angegriffen. Auf seine Berufung hat das Landgericht die Klage in Höhe von 3.372,53 € abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des
  64. erstinstanzlichen Urteils.
  65. - 4 -
  66. Entscheidungsgründe
  67. 4
  68. Die Revision ist begründet.
  69. I.
  70. 5
  71. Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch der Klägerin aus ungerechtfertigter Bereicherung. Unter Bezugnahme auf das Urteil BGHZ 142, 126
  72. geht das Berufungsgericht davon aus, dass zwischen dem Beklagten und dem
  73. Versicherungsnehmer der Klägerin ein Behandlungsvertrag zustande gekommen ist. Der behandelnde Chefarzt habe kein Interesse, eigene Ansprüche gegen den Beklagten zu erlangen oder gar eigene Verpflichtungen gegenüber
  74. dem Patienten hinsichtlich der virologischen Untersuchung einzugehen. Damit
  75. ergebe sich das Recht des Beklagten, seine Leistungen gegenüber dem Patienten nach den Vorschriften der Gebührenordnung für Ärzte abzurechnen.
  76. 6
  77. Die Nummer 437 des Gebührenverzeichnisses, die Laboratoriumsuntersuchungen im Rahmen einer Intensivbehandlung erfasse, stehe einer Einzelabrechnung der Leistungen des Beklagten nicht entgegen. Zwar habe der behandelnde Chefarzt diese Gebührennummer mehrfach angesetzt. Das Institut, das
  78. der Beklagte leite, sei organisatorisch jedoch nicht Teil des Klinikums und der
  79. Beklagte sei nicht unter Aufsicht nach fachlicher Weisung des behandelnden
  80. Chefarztes, sondern nach § 4 Abs. 2 GOÄ selbständig tätig geworden. Die Berechnungsfähigkeit von Leistungen eines externen Arztes werde durch die
  81. Nummer 437 nicht ausgeschlossen. Die Nummer 437 enthalte nämlich nicht die
  82. zusätzliche Regelung wie die Nummer 435, wonach Teilleistungen auch dann
  83. - 5 -
  84. mit der Gebühr abgegolten sind, wenn sie von verschiedenen Ärzten erbracht
  85. werden.
  86. Für diese Auslegung spreche auch, dass der Laborarzt andernfalls nicht
  87. 7
  88. kostendeckend arbeiten könne. Eine Abrechnung nach Nummer 437 sei dem
  89. Beklagten nicht zumutbar, weil seine umfangreichen Leistungen oft mit mehreren 1000 Punkten bewertet seien und die 500 Punkte der Nummer 437 um ein
  90. Vielfaches überstiegen. Er könne auch nicht auf eine Abrechnung nach Nummer 437 verwiesen werden, weil diese Bestimmung lediglich Laboratoriumsuntersuchungen betreffe, die der berechtigte Krankenhausarzt vornehme.
  91. II.
  92. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten
  93. 8
  94. stand.
  95. 9
  96. 1.
  97. Eine vertragliche Beziehung des Versicherungsnehmers der Klägerin
  98. zum Beklagten lässt sich entgegen der Auffassung der Revision nicht leugnen.
  99. 10
  100. Trifft ein Patient mit einem Krankenhausträger eine Vereinbarung über
  101. wahlärztliche Leistungen im Sinn des § 22 BPflV 1995 vom 26. September
  102. 1994 (BGBl. I S. 2750), ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Frage des Einzelfalls, welchem Vertragstyp der jeweilige Krankenhausvertrag zuzuordnen ist. Im Regelfall wird der Interessenlage des Patienten
  103. der totale Krankenhausvertrag mit Arztzusatzvertrag am ehesten gerecht (vgl.
  104. Senatsurteil BGHZ 138, 91, 96 f m.w.N.; zur Rechtslage nach der Bundespflegesatzverordnung 1973 Senatsurteil vom 12. März 1987 - III ZR 31/86 -
  105. - 6 -
  106. NJW-RR 1988, 630, 631). Einer abschließenden Beurteilung bedarf diese Frage
  107. indes nicht, weil sich die Wahlleistungsvereinbarung mit dem Krankenhaus auf
  108. alle an der Behandlung des Patienten beteiligten Ärzte des Krankenhauses,
  109. soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen berechtigt sind, und
  110. die von diesen Ärzten veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses erstreckt (vgl. § 22 Abs. 3
  111. Satz 1 BPflV 1995; s. neuerdings § 17 Abs. 3 des Krankenhausentgeltgesetzes
  112. <KHEntgG> in der Fassung des Art. 5 des Fallpauschalengesetzes vom
  113. 23. April 2002, BGBl. I S. 1412). Danach kann der Beklagte prinzipiell seine
  114. dem Versicherungsnehmer der Klägerin erbrachten Leistungen diesem gegenüber liquidieren.
  115. 11
  116. 2.
  117. Ob sich aus dieser Vertragsbeziehung ein Vergütungsanspruch des Be-
  118. klagten ergibt, hängt davon ab, ob er nach der Gebührenordnung für Ärzte die
  119. erbrachten Leistungen einzeln abrechnen darf. Dies ist für die hier in Rede stehenden Leistungen zu verneinen.
  120. 12
  121. a) Nach Nummer 11 der dem Abschnitt M (Laboratoriumsuntersuchungen) vorangestellten allgemeinen Bestimmungen sind Laboratoriumsuntersuchungen der Abschnitte M I, M II und M III im Rahmen einer Intensivbehandlung
  122. nach Nummer 435 nur nach Nummer 437 berechnungsfähig, dürfen also mit
  123. anderen Worten nicht einzeln abgerechnet werden. Hiervon sind nur Leistungen
  124. nach Nummern 3980 bis 4014 ausgenommen, die sich im Abschnitt M III 13
  125. (Blutgruppenmerkmale, HLA-System) befinden. Um solche Leistungen geht es
  126. hier nicht.
  127. - 7 -
  128. b) In sachlicher Übereinstimmung mit dieser Bestimmung heißt es in
  129. 13
  130. Nummer 437, die Laboratoriumsuntersuchungen im Rahmen einer Intensivbehandlung nach Nummer 435 betrifft, dass daneben Leistungen nach Abschnitt M - mit Ausnahme von Leistungen nach M III 13 und M IV (Untersuchungen zum Nachweis und zur Charakterisierung von Krankheitserregern) nicht berechnungsfähig sind. Der Verordnungsgeber, der diesen Bereich durch
  131. die Vierte Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Ärzte vom
  132. 18. Dezember 1995 (BGBl. I S. 1861) neu gefasst hat, hat für die intensivmedizinische Überwachung und Behandlung und die Laboratoriumsuntersuchungen
  133. in diesem Rahmen Komplexgebühren vorgesehen und hiervon (nur) mikrobiologische Leistungen (Unterabschnitt M IV) sowie einen Teil der immunhämatologischen Leistungen (Unterabschnitt M III 13) ausgeklammert, da diese im Einzelfall mit der Pauschalgebühr häufig nicht kostendeckend erbracht werden
  134. können (vgl. BR-Drucks. 211/94 S. 100). Ansonsten hat er sich offensichtlich
  135. von der Vorstellung leiten lassen, dass mit den Komplexgebühren der im
  136. Durchschnitt anfallende Aufwand angemessen abgegolten werde.
  137. 14
  138. 3.
  139. Eine Einzelabrechnung ist nicht deshalb zuzulassen, weil die Leistungen
  140. hier durch einen außerhalb des Krankenhauses stehenden Arzt einer selbständigen Einrichtung erbracht worden sind.
  141. 15
  142. a) Der Wortlaut der Nummer 437, der lediglich von Laboratoriumsuntersuchungen im Rahmen einer Intensivbehandlung spricht, nimmt Leistungen externer Ärzte nicht aus.
  143. - 8 -
  144. 16
  145. Es spricht zwar einiges dafür, dass dem Verordnungsgeber bei der Regelung in den Nummern 435 und 437, die ihrem Tatbestand nach mit der intensivmedizinischen Behandlung eine besonders qualifizierte Art eines stationären
  146. Krankenhausaufenthalts betrifft, der Krankenhausarzt vor Augen stand. Dies gilt
  147. insbesondere für die Nummer 435, die sich auf den behandelnden Krankenhausarzt bezieht und dessen zentrale Stellung im Rahmen der Abrechnung
  148. nach dieser Gebühr durch die amtliche Anmerkung verdeutlicht wird, Teilleistungen seien auch dann mit der Gebühr abgegolten, wenn sie von verschiedenen Ärzten erbracht werden.
  149. 17
  150. b) Auch wenn die Nummer 437 nicht mit einer entsprechenden Anmerkung versehen ist, folgt hieraus nicht, dass mehrere tätig gewordene Ärzte diese Gebühr mehrfach oder einzelne von ihnen ihre Leistungen einzeln abrechnen dürften. Das Fehlen einer entsprechenden Anmerkung ist nach Auffassung
  151. des Senats darauf zurückzuführen, dass die Nummer 437 auf ein bestimmtes
  152. Fachgebiet, nämlich die Laboratoriumsuntersuchungen, zugeschnitten ist, während im Zusammenhang mit der allgemeinen intensivmedizinischen Behandlung
  153. und Überwachung eine Regelung über die Anwendung der Komplexgebühr
  154. notwendig war, weil insoweit vielfach Ärzte unterschiedlicher Disziplinen tätig
  155. werden müssen. Dass die Gebühr Nummer 437 - wie nach Nummer 435 - lediglich einmal bis zu 24 Stunden Dauer für die von ihr erfassten Laboratoriumsuntersuchungen berechnet werden darf und daneben eine Einzelabrechnung verbietet, entspricht auch einer einhelligen Auffassung im Schrifttum (vgl. Brück,
  156. Kommentar zur Gebührenordnung für Ärzte, 3. Aufl. Stand 1. Januar 2002,
  157. Nr. 437
  158. Rn. 2;
  159. Hoffmann,
  160. Gebührenordnung
  161. für
  162. Ärzte,
  163. 3. Aufl.
  164. Stand
  165. August und Dezember 2000, Nrn. 427 bis 437 Rn. 7; Lang/Schäfer/Stiel/Vogt,
  166. Der GOÄ-Kommentar, 1996, Anm. zu Nummer 437).
  167. - 9 -
  168. 18
  169. c) Wirtschaftliche und verfassungsrechtliche Gründe zwingen nicht dazu,
  170. die Einzelabrechnung eines externen Arztes entgegen der Bestimmung der
  171. Nummer 437 zuzulassen. Zwar ist der Revisionserwiderung im Ausgangspunkt
  172. zuzugeben, dass der externe Arzt anderen wirtschaftlichen Gegebenheiten unterliegt und mit den Gebühren für seine Tätigkeit auch den Aufwand seiner Praxis abzudecken hat. Der richtige Weg einer sachgerechten Honorierung des
  173. externen Arztes liegt jedoch nicht in der Einzelabrechnung von Leistungen, für
  174. die der Patient nach der Gebührenordnung lediglich mit einer Pauschale belastet werden soll.
  175. 19
  176. aa) Jeder Patient, der sich in die stationäre Behandlung eines Krankenhauses begibt, darf erwarten, dass er unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses die Leistungen erhält, die im Einzelfall nach Art und
  177. Schwere der Krankheit für eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende
  178. Versorgung notwendig sind. Zu diesen "allgemeinen Krankenhausleistungen"
  179. gehören unter diesen Voraussetzungen auch die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BPflV 1995 und § 2 Abs. 2
  180. Satz 2 Nr. 2 KHEntgG). Mit den Entgelten für die allgemeinen Krankenhausleistungen (§ 10 BPflV 1995; § 7 KHEntgG) werden die für die sachgerechte Behandlung des Patienten erforderlichen Leistungen vergütet (vgl. Senatsurteil
  181. BGHZ 151, 102, 106). Wenn ein Krankenhausträger sich daher entschließt, aus
  182. finanziellen Gründen kostenaufwendige Einrichtungen, die nicht für jeden Patienten benötigt werden, nicht vorzuhalten, sondern insoweit Leistungen nach
  183. außen zu verlagern (sogenanntes Outsourcing), ändert dies nichts daran, dass
  184. solche Leistungen in den Entgelten berücksichtigt sind, weil sie bei sozialversicherten Patienten und Privatpatienten, die darauf verzichten, wahlärztliche Leistungen in Anspruch zu nehmen, hieraus vergütet werden müssen.
  185. - 10 -
  186. 20
  187. bb) Die extern erbrachten Leistungen bleiben auch dann Krankenhausleistungen im Sinn des Pflegesatzrechts, wenn der Patient - wie hier - wahlärztliche Leistungen mit dem Krankenhaus vereinbart. Die Vereinbarung stellt zwar
  188. sicher, dass der Patient durch eine Person seines Vertrauens ärztlich behandelt
  189. wird, die ihre Leistungen nach der Gebührenordnung für Ärzte berechnen darf
  190. (§ 22 Abs. 3 Satz 7 BPflV 1995; vgl. auch § 17 Abs. 3 Satz 7 KHEntgG). Die
  191. Zuziehung von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des
  192. Krankenhauses auf Veranlassung der Ärzte des Krankenhauses folgt jedoch
  193. nach Inhalt und Voraussetzungen dem Muster des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2
  194. BPflV 1995 im Rahmen allgemeiner Krankenhausleistungen, und ungeachtet
  195. der besonderen ärztlichen Honorierung bleibt es bei der Höhe des Pflegesatzes, so dass Wahlleistungspatienten auf diese Weise über den Pflegesatz auch
  196. Leistungen externer Ärzte für Regelleistungspatienten mit bezahlen (vgl. Senatsurteil BGHZ 151, 102, 107, 113 f). Aus diesem Grund unterliegen auch externe Ärzte, die Leistungen für einen Krankenhauspatienten erbracht haben, der
  197. wahlärztliche Leistungen mit dem Krankenhaus vereinbart hat, der Gebührenminderungspflicht des § 6a GOÄ (vgl. Senatsurteil BGHZ 151, 102). Das Bundesverfassungsgericht hat dies in einer Kammerentscheidung (NJW 2004,
  198. 3172) verfassungsrechtlich gebilligt. Das Ineinandergreifen von Pflegesatzrecht
  199. und Gebührenrecht führt daher zu keiner Sonderbehandlung von externen Ärzten, nur weil sie ihre Leistungen außerhalb des Krankenhauses in ihrer eigenen
  200. Praxis erbringen.
  201. 21
  202. cc) Auch wenn ein Patient mit dem Krankenhaus wahlärztliche Leistungen vereinbart, ist für ihn nicht von vornherein zu übersehen, in welcher Weise
  203. die Krankenhausleistungen erbracht werden.
  204. - 11 -
  205. 22
  206. (1) Stehen sämtlichen Abteilungen des Krankenhauses, die in die Behandlung des Patienten eingebunden sind, zur Liquidation berechtigte Chefärzte vor, werden diese ihre Leistungen nach der Gebührenordnung für Ärzte abrechnen. Sind mehrere dieser Ärzte mit der intensivmedizinischen Behandlung
  207. und Überwachung des Patienten nach Nummer 435 des Gebührenverzeichnisses befasst, kann nach der besonderen Abrechnungsbestimmung nur der für
  208. die Behandlung verantwortliche Arzt diese Leistung berechnen. Es liegt in der
  209. Natur dieser Komplexgebühr, dass die anderen Ärzte trotz ihrer grundsätzlichen
  210. Liquidationsberechtigung insoweit keine Vergütungsansprüche gegen den Patienten haben.
  211. 23
  212. (2) Verfügt das Krankenhaus über ein Zentrallabor, dem ein liquidationsberechtigter Arzt vorsteht, und ist es in der Lage, alle anfallenden Untersuchungen während der Intensivbehandlung durchzuführen, steht diesem liquidationsberechtigten Arzt die Komplexgebühr nach Nummer 437 zu. Eine Einzelberechnung ist nicht zulässig, soweit es sich nicht um die kostenintensiveren Leistungen nach den Abschnitten M III 13 und M IV handelt.
  213. 24
  214. (3) Verfügt das Krankenhaus über ein Zentrallabor, das alle anfallenden
  215. Untersuchungen vornehmen kann, dem aber kein liquidationsberechtigter Arzt
  216. vorsteht, kann der behandelnde liquidationsberechtigte Arzt die Komplexgebühr
  217. nach Nummer 437 im Rahmen des § 4 Abs. 2 GOÄ in Rechnung stellen. Denn
  218. als eigene Leistungen, die er liquidieren darf, gelten auch Laborleistungen des
  219. Abschnitts M II des Gebührenverzeichnisses (Basislabor), die nach fachlicher
  220. Weisung in von Ärzten ohne eigene Liquidationsberechtigung geleiteten Krankenhauslabors erbracht werden. Erbringen die Ärzte eines solchen Labors auch
  221. Leistungen des Abschnitts M III und M IV, könnten sie von dem behandelnden
  222. liquidationsberechtigten Arzt allerdings nicht in Rechnung gestellt werden, da es
  223. - 12 -
  224. sich insoweit nicht um eigene Leistungen handelt, die im Sinn des § 4 Abs. 2
  225. Satz 1 GOÄ unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht werden
  226. (vgl. Brück, Stand 1. Juli 2005, § 4 Rn. 10, 12; Lang/Schäfer/Stiel/Vogt, § 4
  227. Rn. 11). Für die Liquidation der Komplexgebühr der Nummer 437 durch den
  228. behandelnden Arzt genügt es jedoch, wenn während der Intensivbehandlung
  229. irgendeine Leistung nach Abschnitt M II erbracht wird. Hat das Zentrallabor
  230. auch Leistungen nach den Abschnitten M III 13 und M IV erbracht, können diese trotz ihrer grundsätzlichen Berechnungsfähigkeit daher in einer solchen
  231. Konstellation nicht berechnet werden, sondern sind praktisch als Krankenhausleistung durch den Pflegesatz mit entgolten.
  232. 25
  233. (4) Im vorliegenden Fall verfügt das Universitätsklinikum über ein Zentrallabor, dem - wie eine erstinstanzlich eingeholte Auskunft der Verwaltungsdirektion des Universitätsklinikums E.
  234. ergeben hat - ein nicht liquidations-
  235. berechtigter Oberarzt vorsteht. Wenn von diesem Zentrallabor Leistungen nach
  236. dem Abschnitt M II bezogen worden sind, konnten diese Grundlage für die Berechnung des behandelnden Arztes gewesen sein, der für jeden Tag der 70
  237. Tage währenden Intensivbehandlung je eine Gebühr nach Nummer 437 berechnet hat.
  238. 26
  239. Das Zentrallabor hat jedoch nicht alle anfallenden Untersuchungen vorgenommen, sondern bestimmte Untersuchungen nach den Abschnitten M III
  240. und M IV sind an das Institut des Beklagten vergeben worden. Soweit es um
  241. Leistungen nach den Abschnitten M III 13 und M IV geht, war der Beklagte unstreitig zur Berechnung berechtigt, unterlag aber, weil es sich um Leistungen im
  242. Rahmen einer stationären Behandlung handelte, der Gebührenminderungspflicht nach § 6a GOÄ. Ob ihm für die nicht gesondert berechenbaren Leistungen des Abschnitts M III an den in Frage kommenden Tagen je eine Komplex-
  243. - 13 -
  244. gebühr zustehen könnte, bedarf deshalb keiner abschließenden Beantwortung,
  245. weil er eine solche Gebühr nicht für sich in Anspruch nimmt. Der Senat muss
  246. daher auch nicht entscheiden, wem diese Komplexgebühr zusteht, wenn mehrere Ärzte Laboruntersuchungen vorgenommen oder in zulässigem Umfang von
  247. dritter Seite bezogen haben (§ 4 Abs. 2 Satz 2 GOÄ).
  248. 27
  249. Aus der Sicht des Patienten besteht kein hinreichender Grund, Leistungen des externen Arztes gesondert honorieren zu müssen, die bei einer vollständigen Erbringung durch das Krankenhaus nicht gesondert berechnungsfähig sind, weil ihre Vergütung durch eine pauschale Komplexgebühr vorgesehen
  250. ist. Es ist nicht Sache des Patienten, durch eine gesonderte Honorierung von
  251. Leistungen externer Ärzte Nachteile auszugleichen, die diesen dadurch entstehen können, dass sie nicht auf Personal- und Sachmittel des Krankenhauses
  252. zurückgreifen können. Dieser Ausgleich ist vielmehr dadurch herzustellen, dass
  253. das Krankenhaus - wie dies auch bei Regelleistungspatienten der Fall ist - die
  254. extern vergebenen Leistungen aus den Pflegesätzen/Entgelten finanziert. Es
  255. mag zwar sein, dass der externe Arzt insoweit Gebühren nicht in derselben Höhe erzielen kann wie bei einer Abrechnung im Verhältnis zum Patienten. Es
  256. geht jedoch im hier zu beurteilenden Zusammenhang nicht darum, den Arzt
  257. allgemein von einer Anwendung der Gebührenordnung für Ärzte auszuschließen, sondern die Interessen des Patienten und der Behandlungsseite bei einer
  258. Aufspaltung der ärztlichen Dienste in dem Sonderfall, in dem gebührenrechtlich
  259. eine pauschale Abgeltung vorgesehen ist, zu einem gerechten Ausgleich zu
  260. bringen.
  261. 28
  262. Soweit die Revisionserwiderung anführt, es sei mit Art. 12 Abs. 1 GG
  263. nicht vereinbar, wenn für den freien Laborarzt bei Auftragserteilung nicht ersichtlich sei, ob und welche Gebühr er beanspruchen könne, vermag der Senat
  264. - 14 -
  265. dem nicht zu folgen. Schon wegen der gebotenen Gebührenminderung nach
  266. § 6a GOÄ ist der externe Arzt gehalten, sich bei Entgegennahme des Auftrags
  267. über dessen Rahmenbedingungen zu vergewissern. Da im Übrigen anzunehmen ist, dass Labors der hier in Rede stehenden Art in dauernden Geschäftsbeziehungen zu einem bestimmten Kreis von Krankenhäusern stehen, liegt es
  268. im eigenen Interesse der Betreiber und ist ihnen zuzumuten, für Fälle der vorliegenden Art, in denen die Leistungspflicht des Patienten wegen einer Komplexgebühr begrenzt ist, in einer Rahmenvereinbarung mit dem Krankenhaus
  269. eine Vergütungsregelung zu treffen.
  270. 29
  271. 4.
  272. Zutreffend ist das erstinstanzliche Urteil davon ausgegangen, dass der
  273. Beklagte im Hinblick auf die Bezahlung seiner Rechnung nach Einzelbeträgen
  274. ungerechtfertigt bereichert ist und dem Bereicherungsanspruch nicht entgegensteht, dass die Rechnung in Kenntnis der Nichtschuld beglichen worden wäre.
  275. 30
  276. Der Beklagte kann sich auch nicht auf den Wegfall seiner Bereicherung
  277. (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen. Er hat zwar vorgetragen, er habe für die aus
  278. Haushaltsmitteln der Universität gestellten Sach-, Verbrauchs- und Personalmittel eine Kostenerstattung in bestimmter Höhe vorzunehmen, die je erbrachter
  279. Leistung ohne Rücksicht auf tatsächlich eingegangene Honorare berechnet
  280. werde, und einen Vorteilsausgleich zu zahlen. Da er jedoch für seine Leistungen eine Vergütung durch das Krankenhaus erlangen kann, das Aufwendungen
  281. für die als Krankenhausleistung von ihm geschuldeten Untersuchungen erspart
  282. hat, erhält er das, was ihm aus seiner Tätigkeit gebührt. Unter diesen Umstän-
  283. - 15 -
  284. den können die mit seiner Tätigkeit notwendig verbundenen Kosten nicht als
  285. Entreicherung angesehen werden.
  286. Wurm
  287. Kapsa
  288. Herrmann
  289. Dörr
  290. Wöstmann
  291. Vorinstanzen:
  292. AG Erlangen, Entscheidung vom 10.04.2006 - 5 C 2660/02 LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 24.10.2006 - 13 S 4136/06 -