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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. II ZR 253/03
  5. Verkündet am:
  6. 12. Dezember 2005
  7. Boppel
  8. Justizamtsinspektor
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. BGHZ:
  14. BGHR:
  15. ja
  16. nein
  17. ja
  18. AktG § 244 Satz 1
  19. a) Einer Bestätigung durch Beschluss gemäß § 244 Satz 1 AktG zugänglich ist
  20. ein Erstbeschluss, der an einem die Art und Weise seines Zustandekommens betreffenden, heilbaren Verfahrensfehler leidet.
  21. b) Ein derartiger heilbarer Verfahrensfehler liegt u.a. vor, wenn das Abstimmungsergebnis hinsichtlich des Erstbeschlusses - infolge von Zählfehlern,
  22. Mitzählung von unter Verletzung eines Stimmverbots abgegebenen Stimmen
  23. oder ähnlichen Irrtümern - fehlerhaft festgestellt worden ist.
  24. c) Ein wirksamer Bestätigungsbeschluss beseitigt nicht nur die Anfechtbarkeit
  25. des Erstbeschlusses nach Maßgabe des § 244 Satz 1 AktG, sondern entzieht auch einer im Erstprozess mit der Anfechtung des Erstbeschlusses verbundenen, noch rechtshängigen positiven Beschlussfeststellungsklage den
  26. Boden.
  27. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2005 - II ZR 253/03 - OLG München
  28. LG München I
  29. -2-
  30. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
  31. Verhandlung vom 12. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter
  32. Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Münke, Prof. Dr. Gehrlein und
  33. Dr. Reichart
  34. für Recht erkannt:
  35. Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 21. Mai 2003 aufgehoben und das
  36. Endurteil des Landgerichts München I, 5. Kammer für Handelssachen, vom 17. Oktober 2002 abgeändert.
  37. Die Klagen werden abgewiesen.
  38. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern auferlegt.
  39. Von Rechts wegen
  40. Tatbestand:
  41. 1
  42. Die Kläger fechten im vorliegenden Rechtsstreit als Aktionäre der beklagten Aktiengesellschaft einen Hauptversammlungsbeschluss vom 17. Juli 2002
  43. an, durch den ein Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom
  44. 18. Dezember 2000 (im Folgenden: Erstbeschluss) bestätigt wurde.
  45. 2
  46. Gegenstand jenes Erstbeschlusses war ein Antrag von Minderheitsaktionären auf Bestellung eines Sonderprüfers nach § 142 AktG im Hinblick auf be-
  47. -3-
  48. stimmte Vorgänge im Zusammenhang mit dem Erwerb von Industriebeteiligungen, Kapitalerhöhungen sowie Bürgschafts- und Kreditgewährungen sowie auf
  49. Einsetzung
  50. der
  51. K.
  52. fungsgesellschaft (im Folgenden: K.
  53. AG
  54. Wirtschaftsprü-
  55. ) als Sonderprüferin. Der Versamm-
  56. lungsleiter stellte nach der Abstimmung bei 262.575 Ja-Stimmen, 340.398 NeinStimmen - davon 181.280 von dem Vorstandsmitglied Dr. G.
  57. in Ausübung
  58. von Stimmrechtsvollmachten abgegebenen Stimmen - und 398 Enthaltungen
  59. die Ablehnung des Antrags zu Protokoll fest.
  60. 3
  61. Nachdem die beiden Kläger hiergegen Anfechtungs- und positive Beschlussfeststellungsklagen erhoben hatten, bestätigte die Hauptversammlung
  62. der Beklagten auf Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat durch Beschluss
  63. vom 17. Juli 2002 mit einer Mehrheit von 389.214 Ja-Stimmen gegen
  64. 3.660 Nein-Stimmen bei 227.618 Enthaltungen gemäß § 244 AktG den festgestellten ablehnenden Erstbeschluss.
  65. 4
  66. Im Vorprozess hat das Landgericht Köln den Erstbeschluss vom
  67. 18. Dezember 2000 für nichtig erklärt und außerdem festgestellt, dass der Minderheitsantrag auf Bestellung eines Sonderprüfers und Einsetzung der K.
  68. als Sonderprüferin mit Mehrheit angenommen worden sei; zur Begründung hat
  69. es ausgeführt, dass die vom Vorstand Dr. G.
  70. in Vollmacht abgegebenen
  71. Stimmen wegen Stimmrechtsverbots nach § 142 AktG nicht als Nein-Stimmen
  72. hätten gewertet werden dürfen. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der
  73. Beklagten hat das Oberlandesgericht Köln zurückgewiesen und zugleich die
  74. Revision nicht zugelassen. Die von der Beklagten dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde (II ZR 189/02) hat der Senat bislang nicht beschieden,
  75. sondern durch Beschluss vom 27. Januar 2003 die Entscheidung bis zum
  76. rechtskräftigen Abschluss des hiesigen Rechtsstreits über den Bestätigungsbe-
  77. -4-
  78. schluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 17. Juli 2002, der seinerzeit
  79. bereits vor dem Landgericht München I rechtshängig war, wegen Vorgreiflichkeit im Sinne von § 148 ZPO ausgesetzt.
  80. 5
  81. Im vorliegenden Rechtsstreit hat das Landgericht München I auf die Anfechtungsklagen der beiden Kläger den Bestätigungsbeschluss für nichtig erklärt. Das Oberlandesgericht München hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der - vom Berufungsgericht
  82. zugelassenen - Revision, mit der sie ihr Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt.
  83. Entscheidungsgründe:
  84. Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Abweisung der
  85. 6
  86. Klage.
  87. 7
  88. Der von der Hauptversammlung der Beklagten am 17. Juli 2002 gefasste
  89. Bestätigungsbeschluss gemäß § 244 Abs. 1 AktG ist wirksam.
  90. 8
  91. I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung ausgeführt:
  92. 9
  93. Der Bestätigungsbeschluss vom 17. Juli 2002 sei schon deshalb nicht
  94. gemäß § 244 AktG wirksam, weil der - im Vorprozess angefochtene - Erstbeschluss vom 18. Dezember 2000 nicht lediglich auf einem - heilbaren - Verfahrensfehler, sondern auf einem der Bestätigung nach § 244 AktG nicht zugänglichen inhaltlichen Fehler beruhe. Zwar sei das Ergebnis des Erstbeschlusses
  95. durch den Versammlungsleiter zunächst wirksam - wenngleich unrichtig und
  96. -5-
  97. damit anfechtbar - festgestellt worden; jedoch habe die verfahrensfehlerhafte
  98. Berücksichtigung von Stimmen, die einem Stimmverbot unterlegen hätten, zu
  99. einem Inhaltsmangel des Beschlusses geführt, weil tatsächlich kein die beantragte Sonderprüfung ablehnender, sondern ein dem Antrag zustimmender Beschluss gefasst worden sei. In diesem Fall könne nicht nach § 244 Satz 1 AktG
  100. etwas bestätigt werden, was mit diesem Inhalt tatsächlich gar nicht beschlossen
  101. worden und vom Regelungsgehalt her gerade im Streit sei. Einer Heilung durch
  102. den Bestätigungsbeschluss stehe hier zudem die den Inhalt des Erstbeschlusses richtig feststellende positive Feststellungsentscheidung des Vorprozesses
  103. entgegen.
  104. 10
  105. Eine Umdeutung des unzulässigen Bestätigungsbeschlusses in einen
  106. (erneuten) Ablehnungsbeschluss der Hauptversammlung bezüglich der Sonderprüfung sei nicht möglich, weil eine Neuvornahme nicht Beschlussgegenstand gewesen sei. Zudem sei der Bestätigungsbeschluss - als Neuvornahme
  107. verstanden - ohnehin wegen Verfahrensfehlers anfechtbar, weil für den die Bestellung eines Sonderprüfers betreffenden Beschlussvorschlag nach § 124
  108. AktG zwingend der Aufsichtsrat allein und nicht etwa - wie geschehen - zugleich
  109. auch der Vorstand zuständig gewesen sei.
  110. 11
  111. II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
  112. 12
  113. Der Bestätigungsbeschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom
  114. 17. Juli 2002 ist wirksam, weil der inhaltsgleiche, die Sonderprüfung ablehnende Erstbeschluss vom 18. Dezember 2000 nicht an einem die Bestätigungswirkung nach § 244 AktG ausschließenden Inhaltsmangel, sondern allenfalls an
  115. einem der Bestätigung zugänglichen Verfahrensfehler litt (1.), die gegen den
  116. Erstbeschluss zugleich mit dessen Anfechtung erhobene positive Beschluss-
  117. -6-
  118. feststellungsklage bis zu einer rechtskräftigen, stattgebenden Entscheidung
  119. einer wirksamen Bestätigung nicht entgegensteht (2.) und die von den Klägern
  120. erstmals in der mündlichen Berufungsverhandlung nachgeschobene Rüge, der
  121. Bestätigungsbeschluss selbst sei wegen gesetzwidriger Bekanntmachung der
  122. Tagesordnung der Hauptversammlung verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, wegen Versäumung der Anfechtungsfrist (§ 246 Abs. 1 AktG) verfristet
  123. ist (3.).
  124. 1. Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 17. Juli
  125. 13
  126. 2002 weist alle Merkmale eines gültigen Bestätigungsbeschlusses i.S. des
  127. § 244 Satz 1 AktG auf.
  128. a) Angesichts des klaren Wortlauts des Bestätigungsbeschlusses vom
  129. 14
  130. 17. Juli 2002 besteht kein Zweifel daran, dass die Hauptversammlung mit ihm
  131. den Erstbeschluss als gültige Regelung der betreffenden Gesellschaftsangelegenheit - d.h. die damals als beschlossen festgestellte Ablehnung der von der
  132. Minderheit beantragten Sonderprüfung samt Bestellung der K.
  133. als Sonder-
  134. prüferin - anerkennen und mit Wirkung für die Zukunft dessen behauptete oder
  135. tatsächlich bestehende Anfechtbarkeit beseitigen wollte (vgl. dazu BGHZ 157,
  136. 206).
  137. 15
  138. b) Der von der Hauptversammlung der Beklagten gefasste Bestätigungsbeschluss war auch - entgegen der Ansicht der Vorinstanzen - geeignet, Bestätigungswirkung dahingehend zu entfalten, dass er den behaupteten oder tatsächlich bestehenden Mangel des Erstbeschlusses beseitigte.
  139. 16
  140. aa) Der Erstbeschluss war - wie auch die Vorinstanzen im Ansatz nicht
  141. verkennen - wegen der in den Tatsacheninstanzen des Vorprozesses ange-
  142. -7-
  143. nommenen fehlerhaften Feststellung des Abstimmungsergebnisses nicht etwa
  144. nichtig, sondern lediglich anfechtbar i.S. von § 243 Abs. 1 AktG und damit
  145. grundsätzlich bestätigungsfähig.
  146. 17
  147. Wurden im Zusammenhang mit der Abstimmung über den Erstbeschluss
  148. die vom Vorstandsmitglied G.
  149. aufgrund von Stimmrechtsvollmachten abge-
  150. gebenen Stimmen als Nein-Stimmen mitgezählt, obwohl dieser - wovon die Vorinstanzen hier im Anschluss an die - nicht rechtskräftige - Entscheidung des
  151. Oberlandesgerichts Köln im Vorprozess ohne weiteres ausgegangen sind und
  152. was auch in der Revisionsinstanz zugunsten der Kläger als zutreffend unterstellt werden mag - nach § 142 AktG einem Abstimmungsverbot unterlag, so
  153. war die Feststellung des Versammlungsleiters, der die Sonderprüfung betreffende Antrag sei abgelehnt, zwar unrichtig. Gleichwohl handelt es sich nicht um
  154. einen (nichtigen) Scheinbeschluss; vielmehr bewirkten die Feststellung des Beschlussergebnisses durch den Leiter der Hauptversammlung und deren Aufnahme in die notarielle Niederschrift gemäß § 130 Abs. 2 AktG, dass ein Beschluss mit dem verkündeten und in der Niederschrift fixierten Inhalt existiert,
  155. solange und soweit er nicht wirksam angefochten ist (st.Rspr. des Senats: vgl.
  156. nur BGHZ 76, 191, 197; 97, 28, 30; 104, 66, 69; h.M. im Schrifttum: vgl.
  157. MünchKomm.z.AktG/Hüffer 2. Aufl. § 243 Rdn. 41 m.w.Nachw.; K. Schmidt in
  158. Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 243 Rdn. 38). Daher ist - weil infolge der wegen
  159. Vorgreiflichkeit des vorliegenden Rechtsstreits über den Bestätigungsbeschluss
  160. beschlossenen Aussetzung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens im
  161. Vorprozess ein rechtskräftiges Gestaltungsurteil in Bezug auf den Erstbeschluss nicht vorliegt - für den Erstbeschluss von der in der Hauptversammlung
  162. vom 18. Dezember 2000 festgestellten Beschlusslage auszugehen.
  163. -8-
  164. 18
  165. bb) Der Erstbeschluss leidet auch - entgegen der Ansicht der Vorinstanzen - nicht an einem Inhaltsmangel, der diesem unabhängig von Art und Weise
  166. seines Zustandekommens anhaften und sich deshalb zwangsläufig auf den
  167. (bestätigenden) Zweitbeschluss übertragen würde. Die - hier unterstellte - fehlerhafte Feststellung des Abstimmungsergebnisses durch den Versammlungsleiter stellt lediglich ein heilbaren - und damit der Bestätigung zugänglichen Verfahrensfehler dar (h.M.: vgl. OLG München ZIP 1997, 1743, 1746; OLG
  168. Dresden AG 2001, 489, 491; Hüffer, AktG 6. Aufl. § 244 Rdn. 2; derselbe in
  169. MünchKomm.z.AktG aaO § 243 Rdn. 41; K. Schmidt aaO § 243 Rdn. 38; von
  170. der Laden, DB 1962, 1297; Zöllner in Festschrift Beusch S. 973; Ludwig,
  171. AG 2002, 433). Verfahrensfehlerhaft festgestellt ist das Abstimmungsergebnis
  172. nicht nur dann, wenn es durch Zählfehler oder ähnliche Irrtümer zustande gekommen ist; vielmehr steht dem auch der hier vorliegende Fall gleich, dass ungültige - weil unter Verletzung eines Stimmverbots abgegebene - Stimmen mitgezählt worden sind. In beiden Fällen kann die Hauptversammlung durch die
  173. Bestätigung ihren Willen bekunden, den Erstbeschluss trotz der ihm anhaftenden Verfahrensmängel als verbindliche Regelung der Gesellschaftsangelegenheit anzuerkennen, sofern nur der bestätigende Beschluss nunmehr verfahrensfehlerfrei gefasst, der Mangel des Erstbeschlusses also vermieden wird. Denn
  174. darin liegt der zentrale Zweck des Bestätigungsbeschlusses: Dieser kann den
  175. Verfahrensmangel zwar nicht ungeschehen machen, allerdings gibt er den
  176. Aktionären die Möglichkeit zu erklären, dass sie trotz des Fehlers am Inhalt des
  177. Beschlusses festhalten wollen und deshalb der Anfechtungsgrund nicht mehr
  178. geltend gemacht werden soll (vgl. BGHZ 157, 206, 209).
  179. 19
  180. Dementsprechend war es im Sinne des § 244 AktG rechtlich zulässig,
  181. dass die Hauptversammlung der Beklagten am 17. Juli 2002 - nunmehr unter
  182. Vermeidung der Mitwirkung eines ihrer Vorstandsmitglieder bei der Abstim-
  183. -9-
  184. mung - den bestätigenden Beschluss fasste, dass an der im Erstbeschluss zwar
  185. verfahrensfehlerhaft zustande gekommenen, inhaltlich aber unbedenklichen
  186. Ablehnung der Sonderprüfung dennoch festgehalten werden soll.
  187. 20
  188. Auf welche Weise der im Zusammenhang mit der fehlerhaften Feststellung des Abstimmungsergebnisses des Erstbeschlusses unterlaufene Verfahrensfehler in einen Inhaltsfehler "umgeschlagen" sein sollte, haben die vorinstanzlichen Entscheidungen nicht aufzuzeigen vermocht; eine solche "Metamorphose" lässt sich nach dem geltenden Recht auch nicht überzeugend begründen.
  189. 21
  190. 2. Die Behebbarkeit des Verfahrensmangels des Erstbeschlusses durch
  191. den Bestätigungsbeschluss gemäß § 244 AktG ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil im Vorprozess die Anfechtungsklage mit einer positiven Beschlussfeststellungsklage verbunden worden ist.
  192. 22
  193. Zwar ist es dem Anfechtungskläger in einer prozessualen Situation wie
  194. der vorliegenden gestattet, seine Anfechtungsklage gegen den Erstbeschluss
  195. mit dem Antrag auf Feststellung eines zustimmenden Beschlusses zu verbinden, weil einerseits durch das Anfechtungsurteil nur der rechtswidrige Beschluss kassiert, nicht aber die an sich rechtmäßige Beschlusslage hergestellt
  196. werden kann, andererseits eine allein erhobene positive Feststellungsklage die
  197. Anfechtungsklage nicht ersetzen kann. Jedoch führt nur eine - erfolgreiche Anfechtungsklage zur Vernichtung des ablehnenden Beschlusses, und erst
  198. dessen Beseitigung schafft Raum für eine anderweitige gerichtliche Feststellung; bis zur Rechtskraft des auf Anfechtungsklage hin ergangenen kassatorischen Urteils ist jedoch der fragliche Erstbeschluss gültig (vgl. § 241 Nr. 5
  199. AktG), während ein erst durch Gerichtsurteil festzustellender positiver Be-
  200. - 10 -
  201. schluss, der den angefochtenen, aber noch gültigen Ablehnungsbeschluss "ersetzen" soll, noch nicht existent ist. Dementsprechend beseitigt ein wirksamer
  202. Bestätigungsbeschluss nicht nur die Anfechtbarkeit des Erstbeschlusses nach
  203. Maßgabe des § 244 Satz 1 AktG, sondern entzieht auch einer im Erstprozess
  204. erhobenen und noch rechtshängigen positiven Beschlussfeststellungsklage den
  205. Boden.
  206. 23
  207. 3. Soweit die Kläger erstmals in der mündlichen Berufungsverhandlung
  208. geltend gemacht haben, der Bestätigungsbeschluss selbst leide an dem Verfahrensmangel einer fehlerhaften Bekanntmachung der Tagesordnung, weil nicht
  209. - wie geschehen - der Aufsichtsrat und der Vorstand, sondern allein der Aufsichtsrat den Vorschlag zur Bestätigung des Erstbeschlusses über die Ablehnung der Bestellung von Prüfern der Hauptversammlung habe unterbreiten dürfen (vgl. § 124 Abs. 3 Satz 1 AktG), ist die Klage ebenfalls unbegründet.
  210. 24
  211. Ein solcher Mangel würde nicht zur Nichtigkeit des Bestätigungsbeschlusses gemäß § 241 Abs. 3 AktG, sondern nur zu seiner Anfechtbarkeit
  212. nach § 243 Abs. 1 AktG führen (BGHZ 153, 32, 37). Auf diesen potentiellen Anfechtungsgrund können die Kläger ihre Anfechtungsklage gegen den Bestätigungsbeschluss jedoch schon deshalb nicht mit Erfolg stützen, weil er - wie die
  213. Revision zu Recht rügt - als verfristet i.S. des § 246 Abs. 1 AktG anzusehen ist.
  214. Nach dieser Vorschrift ist nach der ständigen Senatsrechtsprechung nicht nur
  215. die nachträgliche Erhebung der Anfechtungsklage, sondern auch das Nachschieben von neuen Anfechtungsgründen ausgeschlossen (BGHZ 120, 141,
  216. 156 f.; 134, 364, 366; 137, 378, 386 m.w.Nachw.). Aus der Senatsentscheidung
  217. vom 22. Juli 2002 (BGHZ 152, 1), in der es allein um den Umfang der Darlegung der Berufungsgründe ging, ergibt sich nicht, dass der Anfechtungskläger
  218. jederzeit neue Anfechtungsgründe in den Rechtsstreit einführen und damit die
  219. - 11 -
  220. vom Gesetzgeber aus wohl erwogenen Gründen geschaffene Vorschrift des
  221. § 246 Abs. 1 AktG funktionslos machen dürfte; vielmehr muss bei der Anfechtungsklage innerhalb der Anfechtungsfrist der nach der genannten Entscheidung einen Teil des Klagegrundes dieser Klage bildende maßgebliche Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die Anfechtbarkeit des Beschlusses herleiten
  222. will, vorgetragen werden (vgl. Sen.Urt. v. 14. März 2005 - II ZR 153/03, ZIP
  223. 2005, 706, 708 - Klarstellung zu BGHZ 152, 1, 6; Sen.Urt. v. 9. Mai 2005
  224. - II ZR 29/03, ZIP 2005, 1318, 1320 f.). Im vorliegenden Fall ist demgegenüber
  225. der potentielle Anfechtungsgrund einer verfahrensfehlerhaften Bekanntmachung der Tagesordnung zur Hauptversammlung verspätet, nämlich - nach
  226. einem Hinweis des Berufungsgerichts - erstmals in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 20. Mai 2003 in das Verfahren eingeführt worden; hierzu haben die Klägervertreter in demselben Termin selbst erklärt, dass sie die Anfechtung primär nicht auf einen Ankündigungsmangel gestützt hätten, aber entschieden der Meinung seien, dass ein solcher jedenfalls einer Umdeutung entgegenstehe. Bei diesem nachgeschobenen angeblichen Verfahrensfehler, der
  227. das Zustandekommen des Bestätigungsbeschlusses selbst betrifft, handelt es
  228. sich im Verhältnis zu dem in der Klageschrift geltend gemachten Klagegrund
  229. unzweifelhaft um einen anderen Lebenssachverhalt.
  230. 25
  231. III. Da mithin der Bestätigungsbeschluss rechtswirksam ist, sind auch
  232. - was der Senat wegen Endentscheidungsreife selbst zu entscheiden hat (§ 563
  233. Abs. 3 ZPO) - die mit der Klage verfolgten diversen, gestaffelten Hilfsanträge
  234. - 12 -
  235. auf Feststellung seiner "Nichtigkeit", "Unwirksamkeit" oder "Wirkungslosigkeit"
  236. offensichtlich unbegründet.
  237. Goette
  238. Kurzwelly
  239. Gehrlein
  240. Münke
  241. Reichart
  242. Vorinstanzen:
  243. LG München I, Entscheidung vom 17.10.2002 - 5 HKO 14610/02 OLG München, Entscheidung vom 21.05.2003 - 7 U 5347/02 -