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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. II ZR 162/10
  4. Verkündet am:
  5. 22. Januar 2013
  6. Vondrasek
  7. Justizangestellte
  8. als Urkundsbeamtin
  9. der Geschäftsstelle
  10. in dem Rechtsstreit
  11. -2-
  12. Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  13. vom 20. November 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann,
  14. den Richter Dr. Strohn, die Richterinnen Caliebe und Dr. Reichart sowie den
  15. Richter Sunder
  16. beschlossen:
  17. 1. Die mündliche Verhandlung wird wiedereröffnet.
  18. 2. Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung wird bestimmt auf Dienstag, den 16. April 2013, 10.00 Uhr.
  19. Gründe:
  20. 1
  21. Das Gericht hat nach § 139 Abs. 1 Satz 2, § 555 Abs. 1 Satz 1 ZPO darauf hinzuwirken, dass die Parteien sachgerechte Anträge stellen. Dazu werden
  22. dem Kläger die nachfolgenden Hinweise erteilt.
  23. 2
  24. Die Revision erfasst das gesamte landgerichtliche Urteil, soweit zuungunsten des Beklagten entschieden worden ist.
  25. 3
  26. 1. Der Beklagte hat allerdings seine Revision auf die Frage des Zurückbehaltungsrechts beschränkt. Diese Beschränkung ist aber unzulässig und damit unwirksam.
  27. 4
  28. Die Beschränkung eines Rechtsmittels ist zulässig, wenn sie einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs betrifft (BGH, Urteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82, NJW 1984, 615, in-
  29. -3-
  30. soweit in BGHZ 88, 85 nicht abgedruckt; Urteil vom 12. Januar 1970
  31. - VII ZR 48/68,
  32. BGHZ
  33. - XII ZR 141/04,
  34. NJW
  35. 53,
  36. 2007,
  37. 152,
  38. 144
  39. 155;
  40. Urteil
  41. Rn. 8 ff.;
  42. vom
  43. Urteil
  44. 25. Oktober
  45. vom
  46. 8. März
  47. 2006
  48. 2006
  49. - IV ZR 263/04, WM 2006, 1595 Rn. 14 ff.). Danach wird eine Beschränkung
  50. des Rechtsmittels auf ein Zurückbehaltungsrecht für möglich gehalten (BGH,
  51. Urteil vom 1. Oktober 1999 - V ZR 162/98, ZIP 1999, 374; MünchKommZPO/Krüger, 4. Aufl., § 551 Rn. 17; Ball in Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., § 551
  52. Rn. 6 i.V.m. § 520 Rn. 22; Hk-ZPO/Wöstmann, 5. Aufl., § 520 Rn. 18 i.V.m.
  53. § 552 Rn. 7; Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 520 Rn. 29). Entscheidend ist aber
  54. auch bei einem Zurückbehaltungsrecht, ob dieses im Einzelfall in tatsächlicher
  55. und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozessstoff beurteilt
  56. werden kann (BGH, Urteil vom 2. Juni 1966 - VII ZR 162/64, BGHZ 45, 287,
  57. 289; Urteil vom 27. September 1984 - IX ZR 53/83, WM 1984, 1543 f., insoweit
  58. in BGHZ 92, 194 nicht abgedruckt). Das ist hier nicht der Fall.
  59. 5
  60. Ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung, der mit der Übertragung der
  61. Aktien auf die Klägerin Zug um Zug zu erfüllen ist, kann nur dann bestehen,
  62. wenn die Regelung in § 12 Abs. 4 des Partnerschaftsvertrages nicht schon insgesamt nichtig ist. Denn bei einer Nichtigkeit der Gesamtregelung besteht keine
  63. Anspruchsgrundlage für einen Abfindungsanspruch. Ohne einen derartigen Anspruch kann aber eine Zug um Zug-Verurteilung nach § 274 Abs. 1 BGB nicht
  64. erfolgen. Dass der Beklagte die Verpflichtung zur Rückübertragung der Aktien
  65. nicht angreifen will, reicht nicht aus, um - auch bei Unwirksamkeit der vertraglichen Abrede - einen Abfindungsanspruch zu begründen. Denn die Gründe des
  66. landgerichtlichen Urteils werden von der Rechtskraft nicht erfasst. Rechtskräftig
  67. wird nur der Urteilsausspruch, d.h. der prozessuale Anspruch (vgl. BGH, Urteil
  68. vom 19. Dezember 1991 - IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, 2 f.; Urteil vom
  69. 30. Januar 1985 - IVb ZR 67/83, BGHZ 93, 330, 335; Urteil vom 14. März 2008
  70. -4-
  71. - V ZR 13/07, NJW-RR 2008, 1397, 1398; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl.,
  72. Vor § 322 Rn. 34, 36). Das gilt unabhängig von der Frage, ob auch die "rechtliche Einordnung" des zugesprochenen Anspruchs, etwa als ein solcher aus Vertrag, an der Rechtskraft teilnimmt (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2003
  73. - I ZR 269/00, NJW 2003, 3058, 3059; Urteil vom 5. November 2009
  74. - IX ZR 239/07, BGHZ 183 Rn. 12; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 322
  75. Rn. 110 ff.; MünchKommZPO/Gottwald, 4. Aufl., § 322 Rn. 53 ff.). Dadurch
  76. kann jedenfalls nicht in Rechtskraft erwachsen, dass die dem Rückübertragungsanspruch zugrunde liegende Vertragsklausel wirksam ist (vgl. RGZ 144,
  77. 54, 61, BAG, NJW 1996, 1299, 1300; BGH, Urteil vom 13. November 1998
  78. - V ZR 29/98, ZIP 1999, 404, 405), und zwar auch nicht, soweit das Zurückbehaltungsrecht zu beurteilen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 16. April 1996
  79. - XI ZR 302/95, WM 1996, 1602; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 322
  80. Rn. 80 ff., 86).
  81. 6
  82. Der Senat ist danach nicht gehindert, bei der Entscheidung über das Zurückbehaltungsrecht die Wirksamkeit der vertraglichen Abrede anders zu beurteilen, als es das Berufungsgericht bezüglich des Rückübertragungsanspruchs
  83. getan hat. Damit besteht die Gefahr, dass ein und dieselbe Frage einerseits
  84. vom Berufungsgericht und andererseits vom Senat unterschiedlich beurteilt
  85. wird. Es fehlt mithin die tatsächliche und rechtliche Unabhängigkeit des Rückübertragungsanspruchs von dem Abfindungsanspruch.
  86. 7
  87. Die Unzulässigkeit der Revisionsbeschränkung führt dazu, dass die Beschränkung unwirksam ist und die Revision das gesamte Urteil des Berufungsgerichts erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82, NJW 1984,
  88. 615; insoweit in BGHZ 88, 85 nicht abgedruckt; Urteil vom 8. März 2006
  89. - IV ZR 263/04, WM 2006, 1595 Rn. 17).
  90. -5-
  91. 8
  92. 2. Dennoch ist über diesen Streitstoff nur zu verhandeln, wenn der Revisionskläger einen entsprechenden Antrag gemäß § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
  93. ZPO gestellt hat (Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., § 557 Rn. 7). Denn sonst würde
  94. der Senat dem Beklagten gegebenenfalls unter Verstoß gegen § 557 Abs. 1
  95. ZPO mehr zusprechen, als er beantragt hat. Ob der Antrag dahingehend ausgelegt werden kann, dass sich die Revision letztlich doch gegen die gesamte
  96. Verurteilung richten soll, kann offen bleiben. Denn auch darauf ist der Revisionskläger hinzuweisen (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 - V ZR 233/11, juris
  97. Rn. 12).
  98. 9
  99. Eine Ausdehnung des Revisionsantrags wäre noch rechtzeitig. Zwar
  100. steht mit dem Ende der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht
  101. normalerweise fest, in welchem Umfang das angefochtene Urteil zu Überprüfung gestellt wird und in welchem Umfang es mangels eines Revisionsangriffs
  102. rechtskräftig wird (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 155/86, NJW-RR
  103. 1988, 66). Das kann aber nicht gelten, wenn das Revisionsgericht die mündliche Verhandlung wiedereröffnet, um dem Revisionskläger nach § 139 Abs. 1
  104. Satz 2 ZPO Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
  105. 10
  106. Die mögliche anfängliche Beschränkung der Revision bedeutet den Umständen nach auch nicht einen teilweisen Rechtsmittelverzicht. Dafür fehlt es an
  107. einer hinreichend bestimmten Erklärung, die durch die Revisionseinlegung und
  108. -begründung eröffnete Anfechtungsmöglichkeit endgültig preiszugeben (vgl.
  109. BGH, Urteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 155/86, NJW-RR 1988, 66; MünchKommZPO/Krüger, 4. Aufl., § 551 Rn. 17).
  110. 11
  111. 3. Die Revisionsbegründung des Beklagten schließlich erfüllt in Bezug
  112. auf das gesamte Urteil die Voraussetzungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
  113. -6-
  114. ZPO. Danach muss die Revisionsbegründung die bestimmte Bezeichnung der
  115. Umstände enthalten, aus denen sich eine Rechtsverletzung ergibt, oder der
  116. Tatsachen, die einen Verfahrensmangel ergeben. Im Fall der Erweiterung der
  117. Revisionsanträge muss sich die Begründung auch auf den neu hinzugekommenen Prozessstoff beziehen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 1953
  118. - V ZR 6/51, BGHZ 12, 52, 67 f.; Urteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 155/86,
  119. NJW-RR 1988, 66, s. auch Urteil vom 1. Juni 1999 - II ZR 47/98, ZIP 1999,
  120. 1352, 1354, insoweit in BGHZ 142, 92 nicht abgedruckt; MünchKommZPO/Krüger, 4. Aufl., § 551 Rn. 19).
  121. -7-
  122. 12
  123. Das ist hier der Fall. Die Revisionsbegründung stellt unter anderem darauf ab, dass die Klausel über die unentgeltliche Rückübertragung der Aktien
  124. nach § 138 BGB nichtig sei. Dieser Umstand beschränkt sich nicht notwendigerweise auf den Ausschluss einer Abfindung, sondern kann auch die Klausel
  125. insgesamt umfassen. Ob das tatsächlich der Fall ist, spielt für die Zulässigkeit
  126. der Revision keine Rolle.
  127. Bergmann
  128. Strohn
  129. Reichart
  130. Caliebe
  131. Sunder
  132. Vorinstanzen:
  133. AG Düsseldorf, Entscheidung vom 09.07.2009 - 54 C 14869/08 LG Düsseldorf, Entscheidung vom 06.08.2010 - 39 S 1/09 -