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44 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. I ZR 44/06
  5. Verkündet am:
  6. 26. März 2009
  7. Führinger
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. BGHZ
  14. :
  15. BGHR
  16. :
  17. ja
  18. nein
  19. ja
  20. Resellervertrag
  21. UrhG § 97 Abs. 1 (F: 23.6.1995)
  22. Bei der Bemessung des Schadensersatzanspruchs aus § 97 Abs. 1 UrhG
  23. (F: 23.6.1995) nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie sind Ersatzzahlungen, die der Verletzer seinen Vertragspartnern wegen deren Inanspruchnahme
  24. durch den Verletzten erbringt, nicht abzuziehen.
  25. BGH, Urt. v. 26. März 2009 - I ZR 44/06 - OLG Nürnberg
  26. LG Nürnberg-Fürth
  27. -2-
  28. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom
  29. 30. Oktober 2008 durch die Richter Dr. Bergmann, Pokrant, Prof. Dr. Büscher,
  30. Dr. Schaffert und Dr. Koch
  31. für Recht erkannt:
  32. Auf die Revisionen der Parteien wird unter Zurückweisung des
  33. weitergehenden Rechtsmittels der Beklagten das Urteil des
  34. 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 24. Februar
  35. 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte
  36. über die Zahlung einer Vertragsstrafe von 2.000 € nebst Zinsen
  37. hinaus weitergehend verurteilt und die Klage hinsichtlich des
  38. Schadensersatzanspruchs in Höhe von 800 € nebst Zinsen abgewiesen worden ist.
  39. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
  40. und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
  41. an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  42. Von Rechts wegen
  43. -3-
  44. Tatbestand:
  45. 1
  46. Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den Flash-Präsentationen „Nahrungsergänzung“ und „Nebenjob“. Für die Erteilung von Lizenzen zur Nutzung dieser Präsentationen hat sie
  47. ein dreistufiges Gebührenmodell entwickelt: Lizenznehmer, die für sie im Rahmen der Präsentation werben, zahlen einmalig 39 € sowie monatlich 36 € (erste
  48. Stufe). Lizenzverträge, die keine Verpflichtung zur Werbung für sie enthalten,
  49. haben eine Laufzeit von 24 Monaten und einen Pauschalpreis von 2.900 €
  50. (zweite Stufe). Die sogenannten Resellerverträge, bei denen der Lizenznehmer
  51. nicht für sie werben muss und bis zu 150 Unterlizenzen erteilen darf, laufen
  52. 24 Monate und kosten 36.000 €; bei ihnen ist für jede weitere Unterlizenz eine
  53. Lizenzgebühr von 10 € pro Monat zu entrichten (dritte Stufe).
  54. Die Beklagte war Inhaberin zweier Internet-Adressen, über die sie Nah-
  55. 2
  56. rungsergänzungsmittel des Unternehmens Herbalife vertrieb. Von ihrer Webseite
  57. „www.<...>.de“
  58. konnten
  59. über
  60. die
  61. Schaltfläche
  62. „Wellness-Flash-
  63. Info“ im März 2003 die Präsentation „Nahrungsergänzung“ und Ende 2003 eine
  64. im wesentlichen gleiche Präsentation von einem fremden Server abgerufen
  65. werden.
  66. Außerdem
  67. waren
  68. von
  69. ihrer
  70. Homepage
  71. „www.<...>.bei.t-
  72. online.de“ von März 2003 bis Februar 2004 über eine entsprechende Schaltfläche die Präsentationen „Nahrungsergänzung“ und „Nebenjob“ durch unmittelbare Verknüpfung mit Dateien auf dem Server der Klägerin abrufbar. Die Verknüpfung von den Internet-Seiten der Beklagten zu diesen Flash-Präsentationen
  73. hatte das Unternehmen A.
  74. -S.
  75. hergestellt. Die A.
  76. -S.
  77. betätigte sich
  78. als Zwischenhändler der Nahrungsergänzungsmittel von Herbalife und hatte für
  79. mehr als 200 weitere Endverkäufer dieser Nahrungsergänzungsmittel derartige
  80. Verknüpfungen zu der Flash-Präsentation „Nahrungsergänzung“ eingerichtet.
  81. Die A.
  82. -S.
  83. hat der Klägerin wegen der Verletzung der Nutzungsrechte an
  84. -4-
  85. der Flash-Präsentation „Nahrungsergänzung“ 15.510 € gezahlt. Nachdem die
  86. Klägerin die Beklagte abgemahnt hatte, verpflichtete diese sich am 3. Dezember 2003 gegenüber der Klägerin, es ab sofort zu unterlassen, die WebAnimation „Wellness-Flash-lnfo“ ohne ihre Zustimmung zu vervielfältigen und zu
  87. verbreiten, und für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine angemessene Vertragsstrafe an sie zu zahlen.
  88. 3
  89. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen der Verletzung ihrer Nutzungsrechte an den Flash-Präsentationen „Nahrungsergänzung“ und „Nebenjob“ auf
  90. Schadensersatz in Höhe von 5.800 € sowie auf Zahlung von Abmahnkosten
  91. von 1.208,75 € und einer Vertragsstrafe von 4.000 € - jeweils nebst Zinsen - in
  92. Anspruch. Im Hinblick auf die Schadensersatzleistung der A.
  93. -S.
  94. hat die
  95. Klägerin von ihrer Schadensersatzforderung gegen die Beklagte 203,60 € abgezogen und mit ihrer Klage insgesamt 10.805,69 € geltend gemacht.
  96. 4
  97. Das Landgericht hat der Klage - mit Ausnahme eines Teils des Zinsanspruchs - stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht den Anspruch auf Schadensersatz um 800 € und den Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe um 2.000 € sowie die Zinsen teilweise herabgesetzt
  98. und die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 8.005,69 € verurteilt. Die Beklagte
  99. erstrebt mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision die vollständige
  100. Abweisung der Klage. Die Revision der Klägerin wendet sich dagegen, dass
  101. das Berufungsgericht den vom Landgericht zuerkannten Schadensersatzanspruch um 800 € gekürzt hat. Die Klägerin beantragt, die Revision der Beklagten hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs als unbegründet zurückzuweisen
  102. und als unzulässig zu verwerfen, soweit sie sich gegen die Zuerkennung von
  103. Abmahnkosten und die Zahlung einer Vertragsstrafe richtet. Die Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
  104. -5-
  105. Entscheidungsgründe:
  106. 5
  107. I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe gegen die
  108. Beklagte nach § 97 Abs. 1 UrhG (a.F.) einen Anspruch auf Schadensersatz in
  109. Höhe von 4.796,40 €. Darüber hinaus könne die Klägerin von der Beklagten
  110. Abmahnkosten von 1.208,75 € sowie eine Vertragsstrafe von 2.000 € verlangen. Hierzu hat das Berufungsgericht ausgeführt:
  111. 6
  112. Die Beklagte sei der Klägerin dem Grunde nach zum Schadensersatz
  113. verpflichtet, weil sie deren Nutzungsrechte an den Flash-Präsentationen „Nahrungsergänzung“ und „Nebenjob“ fahrlässig verletzt habe. Die Schätzung des
  114. nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie zu berechnenden Schadens könne
  115. sich an dem dreistufigen Vergütungsmodell der Klägerin orientieren. Auf die
  116. Beklagte sei die zweite Stufe dieses Modells anzuwenden, wonach für Lizenzverträge mit einer Laufzeit von 24 Monaten eine Pauschalgebühr von 2.900 €
  117. geschuldet sei. Da die Klägerin derartige Lizenzverträge nicht nur zu einer Lizenzgebühr von 2.900 € zuzüglich Mehrwertsteuer, sondern auch zu einer Lizenzgebühr von 2.900 € einschließlich Mehrwertsteuer geschlossen habe und
  118. auf die darin enthaltene Mehrwertsteuer von 400 € kein Anspruch bestehe, habe die Beklagte allerdings nur 2.500 € zu ersetzen. Für die Verletzung der Nutzungsrechte an den beiden Flash-Präsentationen seien daher insgesamt
  119. 5.000 € zu zahlen. Die von der A.
  120. -S.
  121. an die Klägerin geleistete Zahlung
  122. von 15.510 € könne die Beklagte nicht über den von der Klägerin bereits abgezogenen Betrag von 203,60 € hinaus von ihrer Schadensersatzpflicht befreien.
  123. Der Schadensersatzanspruch betrage daher noch 4.796,40 €.
  124. 7
  125. Zudem bestehe ein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten von
  126. 1.208,75 €. Der vom Klägervertreter geltend gemachte Streitwert von 150.000 €
  127. -6-
  128. sei gemäß § 3 ZPO angemessen. Gleiches gelte für die 7,5/10 Mittelgebühr
  129. nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO.
  130. 8
  131. Die Klägerin habe schließlich Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe.
  132. Die Beklagte habe schuldhaft gegen die am 3. Dezember 2003 abgegebene
  133. Unterlassungserklärung verstoßen, indem sie die Präsentation „Nahrungsergänzung“ weitergenutzt habe. Eine Strafe von 2.000 € erscheine allerdings ausreichend.
  134. 9
  135. II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz
  136. und der Abmahnkosten richtet. Hinsichtlich der Verurteilung zur Zahlung der
  137. Vertragsstrafe bleibt sie dagegen ohne Erfolg.
  138. 10
  139. 1. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht begründet hat, dass
  140. die Klägerin von der Beklagten wegen der unberechtigten Nutzung der FlashPräsentationen „Nahrungsergänzung“ und „Nebenjob“ gemäß § 97 Abs. 1 UrhG
  141. a.F. Schadensersatz in Höhe von jeweils 2.500 €, insgesamt also 5.000 € beanspruchen könne, halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
  142. 11
  143. a) Der Anspruch auf Schadensersatz wegen einer Urheberrechtsverletzung ist durch das am 1. September 2008 in Kraft getretene Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7. Juli
  144. 2008 (BGBl. I, S. 1191) neu geregelt worden (§ 97 Abs. 2 UrhG). Für die Beurteilung der Schadensersatzpflicht kommt es aber allein auf die Rechtslage zum
  145. Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung an (vgl. BGH, Urt. v. 18.12.2008
  146. - I ZR 63/06, juris Tz. 22 - Motorradreiniger). Da es im Streitfall um angebliche
  147. Rechtsverletzungen in den Jahren 2003 und 2004 geht, ist daher die alte
  148. Rechtslage maßgeblich (§ 97 Abs. 1 UrhG a.F.).
  149. -7-
  150. 12
  151. b) Die Revision der Beklagten hat die Beurteilung des Berufungsgerichts
  152. hingenommen, dass die Beklagte der Klägerin dem Grunde nach gemäß § 97
  153. Abs. 1 UrhG a.F. zum Schadensersatz verpflichtet sei, weil sie deren urheberrechtliche Nutzungsrechte an den Flash-Präsentationen „Nahrungsergänzung“
  154. und „Nebenjob“ fahrlässig verletzt habe.
  155. 13
  156. c) Dem Gläubiger des Schadensersatzanspruchs aus § 97 Abs. 1 UrhG
  157. a.F. stehen - nach seiner Wahl - drei verschiedene Berechnungsarten zur Verfügung: die konkrete Schadensberechnung, die den entgangenen Gewinn einschließt, die Herausgabe des Verletzergewinns (§ 97 Abs. 1 Satz 2 UrhG a.F.)
  158. und die Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr (BGH, Urt. v. 22.9.1999
  159. - I ZR 48/97, GRUR 2000, 226, 227 = WRP 2000, 101 - Planungsmappe,
  160. m.w.N.). Bei der - von der Klägerin gewählten - Schadensberechnung nach den
  161. Grundsätzen der Lizenzanalogie ist zu fragen, was vernünftige Vertragspartner
  162. bei Abschluss eines Lizenzvertrages als Vergütung für die Benutzungshandlung
  163. des Verletzers vereinbart hätten. Hierfür ist der objektive Wert der angemaßten
  164. Benutzungsberechtigung zu ermitteln. Dieser besteht in der angemessenen und
  165. üblichen Lizenzgebühr (BGH, Urt. v. 29.5.1962 - I ZR 132/60, GRUR 1962, 509,
  166. 513 - Dia-Rähmchen II; Urt. v. 6.10.2005 - I ZR 266/02, GRUR 2006, 136 Tz. 23
  167. = WRP 2006, 274 - Pressefotos). Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen.
  168. 14
  169. d) Die Höhe der danach als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr
  170. ist vom Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen. Vom Revisionsgericht ist
  171. nur zu prüfen, ob die Schadensschätzung auf grundsätzlich falschen oder offenbar unsachlichen Überlegungen beruht oder ob wesentliche Tatsachen außer Acht gelassen worden sind, insbesondere, ob schätzungsbegründende Tat-
  172. -8-
  173. sachen, die von den Parteien vorgebracht worden sind oder sich aus der Natur
  174. der Sache ergeben, nicht gewürdigt worden sind (BGH GRUR 1962, 509, 513
  175. - Dia-Rähmchen II; GRUR 2006, 136 Tz. 24 - Pressefotos). Einer solchen
  176. Nachprüfung hält das Berufungsurteil nicht stand.
  177. 15
  178. aa) Die Revision der Beklagten beanstandet allerdings ohne Erfolg, das
  179. Berufungsgericht habe seiner Schadensschätzung unzutreffende Maßstäbe
  180. zugrunde gelegt, weil es davon ausgegangen sei, dass an Art und Umfang der
  181. vom Geschädigten beizubringenden Schätzungsgrundlagen im Hinblick auf die
  182. Beweisschwierigkeiten im Urheberrecht nur geringe Anforderungen zu stellen
  183. seien. Steht - wie im Streitfall - fest, dass ein Schaden entstanden ist, und lässt
  184. sich dieser aus Gründen, die nicht im Verantwortungsbereich des Geschädigten, sondern in der Natur der Sache liegen, nicht verlässlich bestimmen, so hat
  185. das Gericht den Schaden zu schätzen, sofern hierfür nicht ausnahmsweise jegliche Anhaltspunkte fehlen (vgl. BGHZ 119, 20, 30 f. - Tchibo/Rolex II, zur Schadensschätzung im Wettbewerbsrecht).
  186. 16
  187. bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Schadensschätzung
  188. könne sich an dem von der Klägerin vorgelegten dreistufigen Vergütungsmodell
  189. orientieren, weil sich den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen - den Verträgen der Klägerin, dem Vertrag des Unternehmens J.
  190. und dem Gutachten
  191. der IHK Koblenz - ausreichende Anhaltspunkte für die Branchenüblichkeit und
  192. Angemessenheit des Lizenzierungsmodells der Klägerin entnehmen ließen. Die
  193. Revision der Beklagten rügt insoweit mit Recht, dass die von der Klägerin dargestellten Gesichtspunkte entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine
  194. hinreichende Grundlage für eine Schadensschätzung bieten. Auch wenn an Art
  195. und Umfang der vom Geschädigten beizubringenden Schätzungsgrundlagen
  196. nur geringe Anforderungen zu stellen sind, muss der Tatrichter für die Schadensschätzung gesicherte Grundlagen haben. Die Vorschrift des § 287 ZPO
  197. -9-
  198. zielt zwar auf eine Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens ab und
  199. nimmt in Kauf, dass die richterliche Schätzung unter Umständen nicht mit der
  200. Wirklichkeit übereinstimmt; sie rechtfertigt es aber nicht, in einer für die Streitentscheidung zentralen Frage auf nach Sachlage unerlässliche Erkenntnisse zu
  201. verzichten (BGH GRUR 2006, 136 Tz. 28 - Pressefotos, m.w.N.).
  202. 17
  203. (1) Die Revision der Beklagten beanstandet mit Recht, dass das Berufungsgericht seiner Schadensschätzung die von der Klägerin vorgelegten Lizenzverträge zugrunde gelegt hat, ohne zu prüfen, ob diese überhaupt jemals
  204. abgeschlossen worden sind. Die Beklagte hat dies in den Vorinstanzen stets
  205. bestritten. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts handelte es sich dabei
  206. nicht um ersichtlich ins Blaue hinein aufgestellte Behauptungen der Beklagten,
  207. die keine weitere Erklärungspflicht der Klägerin begründeten. Die Beklagte hatte von dem behaupteten Abschluss der Lizenzverträge keine eigene Kenntnis;
  208. sie durfte ihn daher in zulässiger Weise mit Nichtwissen bestreiten (§ 138
  209. Abs. 4 ZPO). Das gilt, wie die Revision der Beklagten mit Recht geltend macht,
  210. umso mehr, als die Namen der Vertragspartner in den vorgelegten Fotokopien
  211. der Lizenzverträge abgedeckt oder geschwärzt sind. Die Beklagte konnte die
  212. Behauptung der Klägerin, sie habe die vorgelegten Lizenzverträge tatsächlich
  213. abgeschlossen, unter diesen Umständen nicht einmal ansatzweise überprüfen.
  214. 18
  215. (2) Die Revision der Beklagten rügt weiter mit Erfolg, dass das Berufungsgericht die Bestellung der Programmierung eines Flash-Trailers bei dem
  216. Unternehmen J.
  217. Concept für eine Schätzung herangezogen hat. Den
  218. Feststellungen der Vorinstanzen und der Bestellung der Programmierung ist zu
  219. entnehmen, dass dem Kunden zum fest vereinbarten Preis von 2.300 € zuzüglich Mehrwertsteuer das Recht zum Einsatz der Flash-Präsentation „auf einer
  220. Domain und den entsprechenden zugeordneten Subdomains“ eingeräumt wurde. Die Beklagte hat unter Beweisantritt vorgetragen, dass dieser Vertrag im
  221. - 10 -
  222. Lizenzierungsmodell der Klägerin daher nicht einer Lizenz der zweiten Stufe
  223. (2.900 €), sondern einer Lizenz der dritten Stufe (36.000 €) entspreche, die den
  224. Lizenznehmer zur Erteilung von Unterlizenzen berechtige. Das Berufungsgericht durfte in der Rechnung des Unternehmens J.
  225. deshalb nicht ohne wei-
  226. teres einen Anhaltspunkt für die Marktüblichkeit der von der Klägerin vorgesehenen Lizenzverträge der zweiten Stufe sehen.
  227. 19
  228. (3) Die Revision der Beklagten macht schließlich mit Recht geltend, dass
  229. auch das von der Klägerin vorgelegte Parteigutachten des von der IHK Koblenz
  230. öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Sch.
  231. vom 6. Oktober
  232. 2004 keine ausreichende Schätzungsgrundlage bietet, weil es sich in entscheidenden Punkten auf ungeprüfte Angaben der Klägerin stützt. So hat der Sachverständige aus den Behauptungen der Klägerin zur Höhe des Umsatzes und
  233. der Zahl der Kunden auf die Marktüblichkeit der Lizenzverträge und der Lizenzgebühren geschlossen, ohne selbst festzustellen, ob die Behauptungen der
  234. Klägerin überhaupt zutreffen und derartige Lizenzverträge tatsächlich abgeschlossen worden sind. Die Schlussfolgerung des Sachverständigen, die Lizenzierungsmodelle der Klägerin seien marktfähig und verkehrsüblich, weil es die
  235. Lizenzverträge der Klägerin beim vorhandenen Konkurrenzdruck auf dem Multimedia-Markt nicht gäbe, wenn die von der Klägerin und den Lizenznehmern
  236. ausgehandelten Lizenzgebühren nicht marktfähig und verkehrsüblich wären,
  237. entbehrt daher einer tragfähigen Grundlage.
  238. 20
  239. 2. Die Revision der Beklagten ist, soweit sie sich gegen die Verurteilung
  240. zur Zahlung von Abmahnkosten von 1.208,75 € wendet, gleichfalls zulässig und
  241. begründet.
  242. 21
  243. a) Das Berufungsgericht hat die Revision entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung der Klägerin auch insoweit zugelassen. Zwar kann die Zulas-
  244. - 11 -
  245. sung der Revision auf einen Teil des Streitgegenstands beschränkt werden, der
  246. - wie hier der Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten - Gegenstand eines
  247. Teil- oder Zwischenurteils sein könnte. Dabei kann sich eine Beschränkung der
  248. Revisionszulassung auch aus der Begründung für die Zulassung der Revision
  249. ergeben. Eine Zulassungsbeschränkung kann in einem solchen Fall aber nur
  250. angenommen werden, wenn aus der Begründung ausreichend deutlich hervorgeht, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisionsverfahren nur wegen eines Teils des Streitgegenstandes eröffnen wollte
  251. (BGH, Urt. v. 12.7.2000 - XII ZR 159/98, NJW-RR 2001, 485, 486; Urt. v.
  252. 3.3.2005
  253. - IX ZR 45/04,
  254. NJW-RR
  255. 2005,
  256. 715,
  257. 716;
  258. Urt.
  259. v.
  260. 8.11.2007
  261. - III ZR 102/07, NJW 2008, 140 Tz. 6 m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall. Das
  262. Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision damit begründet, dass die
  263. Frage der Lizenzanalogie bei Resellerverträgen klärungsbedürftig sei. Diese
  264. Begründung lässt nicht hinreichend deutlich erkennen, ob das Berufungsgericht
  265. damit lediglich eine Begründung für die Zulassung der Revision gegeben hat
  266. oder ob es die Zulassung der Revision auf den von dieser Rechtsfrage betroffenen Teil des Streitgegenstands hat beschränken wollen.
  267. 22
  268. b) Die Revision der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Sie richtet
  269. sich nicht gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Klägerin dem
  270. Grunde nach ein Anspruch auf Erstattung der ihr aus der berechtigten Abmahnung entstandenen Kosten zusteht, sondern wendet sich allein gegen die Höhe
  271. der zuerkannten Abmahnkosten. Damit hat sie zumindest vorläufig Erfolg. Die
  272. Beurteilung der Angemessenheit von Abmahnkosten liegt im Ermessen des
  273. Tatrichters (BGH, Urt. v. 16.3.2000 - I ZR 229/97, GRUR 2002, 187, 190 =
  274. WRP 2000, 1131 - Lieferstörung). Sie kann vom Revisionsgericht daher nur
  275. eingeschränkt darauf überprüft werden, ob der Tatrichter von seinem Ermessen
  276. einen rechtsfehlerfreien Gebrauch gemacht hat. Einer solchen Überprüfung hält
  277. das Berufungsurteil nicht stand. Das Berufungsgericht hat zur Höhe der Ab-
  278. - 12 -
  279. mahnkosten lediglich ausgeführt, der vom Klägervertreter geltend gemachte
  280. Streitwert von 150.000 € sei gemäß § 3 ZPO angemessen, gleiches gelte für
  281. die vom Klägervertreter angesetzte Mittelgebühr von 7,5/10 aus dem Gebührenrahmen des § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO. Diese Ausführungen erschöpfen
  282. sich in einer nicht näher begründeten Behauptung der Angemessenheit der für
  283. die Bemessung der Abmahnkosten maßgeblichen Berechnungsgrößen und
  284. lassen daher nicht erkennen, ob das Berufungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen einen sachgerechten Gebrauch gemacht hat.
  285. 23
  286. 3. Die Revision der Beklagten gegen die Verurteilung zur Zahlung einer
  287. Vertragsstrafe in Höhe von 2.000 € ist - wie unter II 2 ausgeführt - zulässig, in
  288. der Sache aber nicht begründet.
  289. 24
  290. a) Die Revision der Beklagten wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die Präsentation „Nahrungsergänzung“ der Klägerin entgegen der am 3. Dezember 2003 abgegebenen
  291. Unterlassungserklärung weiter genutzt. Die Beklagte hat sich der Klägerin gegenüber am 3. Dezember 2003 verpflichtet, es ab sofort zu unterlassen, die
  292. Web-Animation „Wellness-Flash-lnfo“ ohne ihre Zustimmung zu vervielfältigen
  293. und zu verbreiten, und für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine angemessene
  294. Vertragsstrafe an sie zu zahlen. Die Revision der Beklagten macht ohne Erfolg
  295. geltend, für die Zeit zwischen der Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung am 3. Dezember 2003 und dem Zugang des Schreibens der T-OnlineInternational AG vom 27. Januar 2004 sei nicht festgestellt, dass die Flash-Präsentation
  296. „Nahrungsergänzung“
  297. über
  298. die
  299. Website
  300. der
  301. Beklagten
  302. „www.<...>bei.t-online.de“ habe abgerufen werden können. Das Berufungsgericht hat mit bindender Wirkung für die Revisionsinstanz festgestellt, dass die
  303. Präsentationen „Nahrungsergänzung“ und „Nebenjob“ in der Zeit von März
  304. 2003 bis Februar 2004 über diese Website durch unmittelbare Verknüpfung mit
  305. - 13 -
  306. Dateien auf dem Server der Klägerin abrufbar gewesen sind. Damit hat die Beklagte die Vertragsstrafe verwirkt, auch wenn sie die Präsentation im Rechtssinne nicht - wie es in der Unterlassungsverpflichtungserklärung heißt - vervielfältigt und verbreitet (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 und 2, §§ 16 und 17 UrhG), sondern öffentlich zugänglich gemacht (§ 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2, § 19a UrhG) hat.
  307. Die Unterlassungsverpflichtungserklärung ist dahin auszulegen, dass die Beklagte sich mit ihr dazu verpflichtet hat, ihr bisheriges, das ausschließliche Nutzungsrecht der Klägerin verletzende Verhalten, nämlich das - rechtlich als öffentliches Zugänglichmachen zu wertende - Bereithalten der Präsentation der
  308. Klägerin zum Abruf durch Dritte, künftig zu unterlassen.
  309. 25
  310. b) Das Berufungsgericht hat das für einen Vertragsstrafeanspruch erforderliche Verschulden der Beklagten mit Recht darin gesehen, dass diese nach
  311. Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung die beanstandeten Seiteninhalte nicht gelöscht und nach Kündigung ihres T-Online-Anschlusses die Abschaltung ihres Zugangs nicht überprüft hat. Zu beidem war die Beklagte aufgrund der Unterlassungsverpflichtungserklärung verpflichtet. Die Revision der
  312. Beklagten macht ohne Erfolg geltend, die Beklagte habe sich jedenfalls nach
  313. Zugang des Schreibens der T-Online-International AG vom 27. Januar 2004,
  314. mit dem diese die Beendigung des T-Online-Zugangs zum 24. Dezember 2003
  315. mitgeteilt habe, auf die Abschaltung ihres Internet-Zugangs verlassen dürfen.
  316. Darauf kommt es nicht an. Die Präsentationen „Nahrungsergänzung“ und „Nebenjob“ waren nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in der Zeit von
  317. März 2003 bis Februar 2004 und damit auch in dem Zeitraum zwischen der Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung am 3. Dezember 2003 und dem
  318. Zugang des Schreibens vom 27. Januar 2004 abrufbar. Da für die Beklagte voraussehbar war, dass die Präsentation „Nahrungsergänzung“ ohne das Löschen
  319. der Verknüpfung bis zur Beendigung des T-Online-Zugangs weiterhin abrufbar
  320. sein würde, hat sie jedenfalls innerhalb dieses Zeitraums schuldhaft gehandelt.
  321. - 14 -
  322. 26
  323. c) Entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten muss die Vertragsstrafe, deren Höhe sie nicht beanstandet hat, nicht nach § 340 Abs. 2 BGB auf
  324. den Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen der rechtswidrigen Benutzung der Flash-Präsentation „Nahrungsergänzung“ angerechnet werden. Der
  325. Zweck einer Vertragsstrafevereinbarung besteht darin, die Unterlassungsverpflichtung abzusichern und den sich aus einer Zuwiderhandlung ergebenden
  326. Schaden in pauschalierter Form abzudecken (vgl. BGH, Urt. v. 6.5.1993
  327. - I ZR 144/92, GRUR 1993, 926 = WRP 1993, 762 - Apothekenzeitschriften;
  328. Urt. v. 8.5.2008 - I ZR 88/06, GRUR 2008, 929 Tz. 9 = WRP 2008, 1225 - Vertragsstrafeneinforderung). Daraus folgt, dass eine Vertragsstrafe nicht auf zum
  329. Zeitpunkt des Vertragsstrafeversprechens bereits entstandene Schadensersatzansprüche anzurechnen ist. Danach kommt im Streitfall eine Anrechnung
  330. der Vertragsstrafe nicht in Betracht. Die Beklagte hat sich am 3. Dezember
  331. 2003 gegenüber der Klägerin verpflichtet, es ab sofort zu unterlassen, die WebAnimation „Wellness-Flash-lnfo“ ohne deren Zustimmung zu vervielfältigen und
  332. zu verbreiten und für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine angemessene Vertragsstrafe an die Klägerin zu zahlen. Zu diesem Zeitpunkt war der mit der Klage geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen der unbefugten öffentlichen Zugänglichmachung des Originals bzw. der Nachahmung der FlashPräsentation „Nahrungsergänzung“ über die Schaltfläche „Wellness-Flash-Info“
  333. auf den Internet-Seiten der Beklagten ab März 2003 bereits entstanden.
  334. 27
  335. III. Die Revision der Klägerin hat ebenfalls Erfolg. Sie beanstandet mit
  336. Recht, dass das Berufungsgericht der Klägerin wegen der Verletzung ihrer Nutzungsrechte lediglich einen Schadensersatzanspruch in Höhe jeweils einer Lizenzgebühr von 2.900 € abzüglich 400 € Mehrwertsteuer zuerkannt hat.
  337. - 15 -
  338. 28
  339. 1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass auch
  340. ein Schadensersatzanspruch, der nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie
  341. berechnet wird, nicht die Umsatzsteuer umfasst, die nach den der Schadensschätzung zugrunde gelegten Lizenzverträgen auf die Lizenzgebühren zu zahlen ist. Schadensersatzzahlungen sind kein Entgelt im Sinne des § 1 Abs. 1
  342. Nr. 1 Satz 1 UStG und unterliegen daher nicht der Umsatzsteuer, wenn die
  343. Zahlung - wie hier - nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung an den Zahlenden erfolgt, sondern deshalb, weil dieser nach Gesetz oder Vertrag für einen
  344. Schaden und dessen Folgen einzustehen hat (BFH, Urt. v. 10.12.1998
  345. - V R 58/97, juris Tz. 17 f.; KG NJW-RR 2000, 123, 124). Die Revision der Klägerin hat insoweit auch keine Rügen erhoben.
  346. 29
  347. 2. Das Berufungsgericht hat gemeint, die Klägerin müsse sich daran
  348. festhalten lassen, dass sie selbst Verträge mit einer Lizenzgebühr von 2.900 €
  349. einschließlich Mehrwertsteuer schließe. Da auf die in diesem Betrag enthaltene
  350. Mehrwertsteuer von 400 € kein Anspruch bestehe, seien lediglich 2.500 € zu
  351. ersetzen. Die Revision der Klägerin rügt mit Erfolg, das Berufungsgericht habe
  352. damit ihr Vorbringen nicht hinreichend berücksichtigt, die Mehrzahl der Lizenzverträge der zweiten Stufe im Vertragsmodell der Klägerin seien über eine Lizenzgebühr von 2.900 € zuzüglich Mehrwertsteuer abgeschlossen worden. Mit
  353. Rücksicht auf dieses Vorbringen der Klägerin - das mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts in der Revisionsinstanz zugunsten der Klägerin als zutreffend zu unterstellen ist - kann die von der Klägerin geforderte Lizenzgebühr von 2.900 € zuzüglich Mehrwertsteuer nicht als unangemessen
  354. angesehen und die Klägerin nicht daran festgehalten werden, dass sie einige
  355. Verträge mit einer Lizenzgebühr über 2.900 € einschließlich Mehrwertsteuer
  356. abgeschlossen hat.
  357. - 16 -
  358. 30
  359. IV. Auf die Revisionen der Parteien ist danach unter Zurückweisung des
  360. weitergehenden Rechtsmittels der Beklagten das Berufungsurteil aufzuheben
  361. und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, soweit die Beklagte über die Zahlung einer Vertragsstrafe von 2.000 € nebst Zinsen hinaus weitergehend verurteilt und die Klage
  362. hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs in Höhe von 800 € nebst Zinsen abgewiesen worden ist.
  363. 31
  364. Für das weitere Verfahren wird hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs auf Folgendes hingewiesen:
  365. 32
  366. 1. Kann das Berufungsgericht sich - gegebenenfalls nach weiterem
  367. Sachvortrag und Beweisantritt der Klägerin - davon überzeugen, dass eine ausreichende Zahl von Lizenzverträgen nach dem Vergütungsmodell der Klägerin
  368. abgeschlossen wurde, kommt es entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten grundsätzlich nicht darauf an, ob die in den Lizenzverträgen aufgeführten Lizenzsätze und sonstigen Konditionen für derartige Flash-Präsentationen
  369. allgemein üblich und objektiv angemessen sind. Soweit die Klägerin die in ihrem dreistufigen Lizenzmodell vorgesehenen Lizenzgebühren verlangt und erhält, rechtfertigt dieser Umstand die Feststellung, dass vernünftige Vertragsparteien bei vertraglicher Lizenzeinräumung eine entsprechende Vergütung vereinbart hätten (vgl. BGH, Urt. v. 3.7.1986 - I ZR 159/84, GRUR 1987, 36, 37
  370. - Liedtextwiedergabe II). Werden die vom Verletzten geforderten Lizenzsätze
  371. für die eingeräumten Nutzungsrechte auf dem Markt gezahlt, können sie einer
  372. Schadensberechnung im Wege der Lizenzanalogie auch dann zugrunde gelegt
  373. werden, wenn sie über dem Durchschnitt vergleichbarer Vergütungen liegen
  374. (vgl. Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 97 UrhG Rdn. 64; vgl. auch
  375. BGH, Urt. v. 14.3.2000 - X ZR 115/98, GRUR 2000, 685, 686 = WRP 2000, 766
  376. - Formunwirksamer Lizenzvertrag, m.w.N.). Ansonsten wird das Berufungsge-
  377. - 17 -
  378. richt - soweit erforderlich durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu klären haben, welche Lizenzgebühren für derartige Benutzungshandlungen
  379. üblich und angemessen sind.
  380. 33
  381. 2. Kann das Lizenzierungsmodell der Klägerin der Schadensschätzung
  382. zugrunde gelegt werden, ist es nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht die Benutzungshandlung der Beklagten - wie geschehen - der zweiten Stufe des Vergütungsmodells der Klägerin zuordnet. Die Revision der Beklagten
  383. macht ohne Erfolg geltend, bei einer Bemessung der Schadenslizenz nach dem
  384. Vertragsmodell der Klägerin müsse der Abschluss eines Resellervertrages nach
  385. der dritten Stufe des Vergütungsmodells der Klägerin zugrunde gelegt werden.
  386. a) Die Revision der Beklagten trägt hierzu vor, die Flash-Präsentationen
  387. 34
  388. der Klägerin seien in einer Weise benutzt worden, die dem Resellervertrag der
  389. Klägerin entsprochen habe. Die Beklagte und etwa 200 weitere Personen hätten als Vertriebspartner der A.
  390. -S.
  391. in direktem Kontakt mit den Kunden
  392. Nahrungsergänzungsmittel des Unternehmens Herbalife verkaufen sollen. Die
  393. A.
  394. -S.
  395. habe zu diesem Zweck auf ihrem Server für jeden Vertriebspartner
  396. ein Unterverzeichnis angelegt und die Internet-Seiten ihrer Vertriebspartner so
  397. eingerichtet, dass ein Kunde die auf ihrem Server abgelegten Flash-Präsentationen habe aufrufen können. Der Resellervertrag der Klägerin sei auf ein derartiges System zugeschnitten, da der Lizenznehmer danach gegen eine Pauschalgebühr von 36.000 € für eine Grundlaufzeit von zwei Jahren eine Lizenz
  398. an den Präsentationen der Klägerin erwerbe, die ihn dazu berechtige, bis zu
  399. 150 Unterlizenzen und gegen eine Lizenzgebühr von jeweils 10 € pro Monat
  400. weitere Unterlizenzen zu erteilen. Unter vernünftigen Vertragspartnern wären
  401. daher nicht mehr als 200 Einzellizenzverträge zwischen der Klägerin und den
  402. Vertriebspartnern der A.
  403. -S.
  404. geschlossen worden; vielmehr wäre ein Re-
  405. sellervertrag zwischen der Klägerin und der A.
  406. -S.
  407. geschlossen worden,
  408. - 18 -
  409. der auch den Vertriebspartnern das Recht zur Nutzung der Flash-Präsentationen eingeräumt hätte. Denn bei einer Nutzung durch zahlreiche Vertriebspartner sei die Lizenzgebühr nach dem Resellervertrag um ein Vielfaches geringer als die zusammengerechneten Lizenzgebühren nach den Einzelverträgen. Daher bildeten die Lizenzgebühren, die die Klägerin bei Abschluss eines
  410. Resellervertrages mit der A.
  411. der A.
  412. -S.
  413. -S.
  414. erzielt hätte, die Obergrenze eines von
  415. und ihren Vertriebspartnern zu zahlenden Schadensersatzes
  416. und seien die Lizenzanteile der Vertriebspartner nach den Lizenzgebühren der
  417. A.
  418. 35
  419. -S. zu bemessen.
  420. b) Diesen Erwägungen der Revision der Beklagten kann nicht zuge-
  421. stimmt werden. Die Klägerin nimmt in diesem Rechtsstreit nicht die A.
  422. -S.
  423. als Zwischenhändler, sondern die Beklagte als Endverkäuferin wegen einer
  424. Verletzung ihrer ausschließlichen Nutzungsrechte an den Flash-Präsentionen in
  425. Anspruch. Sie hat sich dabei in zulässiger Weise für eine Berechnung des
  426. Schadens nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie entschieden. Danach
  427. kommt es, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, allein darauf
  428. an, welche Lizenzgebühren die Beklagte der Klägerin bei Abschluss eines Lizenzvertrages für eine Nutzung der Flash-Präsentationen „Nahrungsergänzung“
  429. und „Nebenjob“ hätte zahlen müssen. Für die Berechnung des von der Beklagten zu zahlenden Schadensersatzes ist es hingegen nicht von Bedeutung, welche Lizenzgebühren die A.
  430. -S.
  431. der Klägerin bei Abschluss eines Reseller-
  432. vertrages zu entrichten gehabt hätte. Bei Abschluss eines Lizenzvertrages, der
  433. weder zur Werbung verpflichtet noch zur Erteilung von Unterlizenzen berechtigt,
  434. hätte die Beklagte der Klägerin nach der zweiten Stufe des Vertragsmodells der
  435. Klägerin für eine Laufzeit von 24 Monaten einen Pauschalpreis von 2.900 €
  436. (einschließlich oder zuzüglich Mehrwertsteuer) zahlen müssen.
  437. - 19 -
  438. aa) Die Revision der Beklagten macht demgegenüber ohne Erfolg gel-
  439. 36
  440. tend, die Beklagte habe nur beabsichtigt, sich mit geringen Mitteln einen kleinen
  441. Nebenerwerb mit einem geringen Zusatzverdienst aufzubauen und hätte mit der
  442. Klägerin daher niemals unmittelbar einen Lizenzvertrag nach der zweiten Stufe
  443. des Vergütungsmodells der Klägerin geschlossen. Der Verletzer kann sich nicht
  444. darauf berufen, er wäre nicht dazu bereit gewesen, die für seine Benutzungshandlung normalerweise vom Verletzten geforderte und von dessen Lizenznehmern gezahlte Vergütung zu entrichten (vgl. BGH GRUR 2006, 136 Tz. 23
  445. - Pressefotos).
  446. bb) Die Revision der Beklagten beruft sich ferner ohne Erfolg darauf,
  447. 37
  448. dass nach der Rechtsprechung des Senats in Fällen, in denen mehrere Tarifsysteme mit unterschiedlichen Konditionen bestünden, die sich als üblich
  449. durchgesetzt hätten, und in denen kein Tarifsystem richtig passe, grundsätzlich
  450. von dem Tarif auszugehen sei, der nach seinen Merkmalen der im Einzelfall
  451. vorliegenden Art und Weise und dem Umfang der Nutzung möglichst nahe
  452. komme (vgl. dazu BGH, Urt. v. 23.5.1975 - I ZR 51/74, GRUR 1976, 35, 36
  453. - Bar-Filmmusik; Urt. v. 1.6.1983 - I ZR 98/81, GRUR 1983, 565, 567 - Tarifüberprüfung II; BGHZ 97, 37, 48 - Filmmusik). Die von der Revision der Beklagten herangezogenen Grundsätze sind im Streitfall schon deshalb nicht anwendbar, weil die Benutzungshandlung der Beklagten ohne weiteres der zweiten
  454. Stufe im Vergütungsmodell der Klägerin zuzuordnen ist.
  455. cc) Die Revision der Beklagten macht schließlich vergeblich geltend, die
  456. 38
  457. der Klägerin aus einem Resellervertrag mit der A.
  458. -S.
  459. zenzgebühren bildeten die Obergrenze eines von der A.
  460. zustehenden Li-S.
  461. und deren
  462. Vertriebspartnern insgesamt zu zahlenden Schadensersatzes. Hierzu hat die
  463. Revision der Beklagten ausgeführt: Im Verhältnis zwischen der Klägerin und der
  464. A.
  465. -S.
  466. müsse für die Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie auf
  467. - 20 -
  468. jeden Fall der Resellervertrag zugrunde gelegt werden. Ferner gehe die Klägerin davon aus, dass den Vertriebspartnern Regressansprüche gegen die A.
  469. -
  470. S. zustünden, soweit die Klägerin die Vertriebspartner auf Schadensersatz in
  471. Anspruch nehme. Würden der Klägerin gegen die einzelnen Vertriebspartner
  472. der A.
  473. -S.
  474. insgesamt höhere Schadensersatzansprüche zugesprochen,
  475. als sich aus einem Resellervertrag mit der A.
  476. -S. ergäben, könnte die Klä-
  477. gerin demnach auf dem Umweg über die Inanspruchnahme der Vertriebspartner weitaus höhere Schadensersatzansprüche gegen die A.
  478. -S.
  479. durchset-
  480. zen, als ihr nach der Lizenzanalogie tatsächlich zustünden. Damit hat die Revision der Beklagten keinen Erfolg.
  481. Die Frage, ob bei der Schadensberechnung in Form der Herausgabe des
  482. 39
  483. Verletzergewinns Schadensersatzleistungen, die der Verletzer seinen Abnehmern wegen deren Inanspruchnahme durch den Verletzten erbringt, abzuziehen sind, da diese den Gewinn des Verletzers mindern, stellt sich nicht, wenn
  484. der Verletzte - wie im Streitfall - Schadensersatz nach den Grundsätzen der
  485. Lizenzanalogie beansprucht. Für die Höhe der danach zu zahlenden angemessenen und üblichen Lizenzgebühr ist es nicht von Bedeutung, inwieweit der
  486. Verletzer seinen Vertragspartnern wegen deren Inanspruchnahme durch den
  487. Verletzten Schadensersatz leistet. Sollte die Klägerin von der A.
  488. -S. einen
  489. ihr nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie zustehenden Schadensersatz
  490. fordern, könnte die A.
  491. -S.
  492. der Klägerin Schadensersatzzahlungen an ihre
  493. Vertriebspartner nicht entgegenhalten.
  494. 3. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Schadensersatzanspruch
  495. 40
  496. der Klägerin gegen die Beklagte sei nicht dadurch (teilweise) erloschen, dass
  497. die A.
  498. -S.
  499. der Klägerin 15.510 € gezahlt habe, ist dagegen nicht frei von
  500. Rechtsfehlern.
  501. - 21 -
  502. 41
  503. a) Entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten kommt es insoweit
  504. allerdings nicht darauf an, ob und inwieweit Schadensersatzleistungen eines
  505. Verletzers auf Schadensersatzansprüche anderer Verletzer innerhalb einer Verletzerkette bzw. Vertriebskette anzurechnen sind. Diese Frage stellt sich im
  506. Streitfall nicht, da die A.
  507. -S.
  508. und ihre Vertriebspartner nicht mehrere Ver-
  509. letzungshandlungen auf unterschiedlichen Vertriebsstufen begangen haben und
  510. daher keine Verletzerkette bzw. Vertriebskette besteht.
  511. 42
  512. Die Revision der Beklagten weist zutreffend auf den nicht bestrittenen
  513. Vortrag der Beklagten hin, die A.
  514. -S.
  515. habe das Original bzw. die Nachbil-
  516. dung der Flash-Präsentationen der Klägerin auf ihrem Server abgespeichert
  517. und anschließend ihren zahlreichen Vertriebspartnern jeweils ein Unterverzeichnis auf ihrem Server anlegen und deren Internet-Seiten so einrichten lassen, dass die Flash-Präsentationen über diese Internet-Seiten unmittelbar auf
  518. ihrem Server hätten abgerufen werden können. Die A.
  519. -S.
  520. hat die auf ih-
  521. rem Server abgespeicherten Originale bzw. Nachahmungen der Flash-Präsentationen der Klägerin nach diesem Vorbringen im Zusammenwirken mit ihren
  522. jeweiligen Vertriebspartnern über deren Internet-Seiten öffentlich zugänglich
  523. gemacht und damit gegen § 15 Abs. 2 UrhG a.F. (jetzt § 19a UrhG) verstoßen.
  524. Es mag sein, dass die A.
  525. -S.
  526. darüber hinaus, wie das Berufungsgericht
  527. angenommen hat, durch die Herstellung einer Nachahmung der Flash-Präsentation der Klägerin eine weitere eigenständige Urheberrechtsverletzung begangen hat. Das ändert aber nichts daran, dass die A.
  528. -S. und ihre Vertriebs-
  529. partner den hier in Rede stehenden Schaden durch dieselbe Verletzungshandlung verursacht haben.
  530. 43
  531. b) Die von der A.
  532. -S. an die Klägerin geleistete Zahlung könnte die
  533. Beklagte jedoch entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts gemäß § 422
  534. Abs. 1 BGB (teilweise) von ihrer Schadensersatzpflicht gegenüber der Klägerin
  535. - 22 -
  536. befreit haben, weil zwischen der A.
  537. -S.
  538. und der Beklagten ein Gesamt-
  539. schuldverhältnis besteht. Allerdings ist keine gesamtschuldnerische Haftung
  540. nach § 830 BGB gegeben. Da die Beklagte die Urheberrechtsverletzung nach
  541. den Feststellungen des Berufungsgerichts fahrlässig begangen hat, fehlt es an
  542. dem von § 830 Abs. 1 BGB vorausgesetzten bewussten und gewollten Zusammenwirken der A.
  543. -S.
  544. und der Beklagten als Mittäter bzw. an der nach
  545. § 830 Abs. 2 BGB erforderlichen Vorsatztat der Beklagten, die die A.
  546. -S.
  547. als Anstifter oder Gehilfe hätte fördern können (vgl. Palandt/Sprau, BGB,
  548. 68. Aufl., § 830 Rdn. 3 f.). Die A.
  549. -S.
  550. und ihre Vertriebspartner - wie die
  551. Beklagte - haften für den durch das öffentliche Zugänglichmachen der FlashPräsentationen der Klägerin entstandenen Schaden jedoch nach § 840 Abs. 1
  552. BGB als Gesamtschuldner. Sie sind für diesen Schaden, den die Beklagte fahrlässig verursacht hat, nebeneinander verantwortlich. Anders als das Berufungsgericht meint, haben sie bei der Klägerin auch denselben Schaden verursacht,
  553. da dieser Schaden - wie unter IV 3 a ausgeführt - auf derselben Verletzungshandlung beruht.
  554. 44
  555. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist es insoweit nicht von
  556. Bedeutung, dass sich die von der A.
  557. -S.
  558. und der Beklagten verursachten
  559. Schadensbeträge der Höhe nach nicht decken. Allerdings schuldet die Beklagte
  560. der Klägerin Schadensersatz in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr, die
  561. im Streitfall - soweit das Vergütungsmodell der Klägerin zur Schadensschätzung heranzuziehen ist - nach der zweiten Stufe des Vergütungsmodells der
  562. Klägerin mit jeweils 2.900 € (einschließlich oder zuzüglich Mehrwertsteuer) zu
  563. bemessen ist. Hingegen wäre ein von der A.
  564. -S.
  565. zu zahlender Schadens-
  566. ersatz - wenn die Klägerin ihn gleichfalls auf der Grundlage der Lizenzanalogie
  567. berechnete - nach der dritten Stufe des Vergütungsmodells der Klägerin mit der
  568. wesentlich höheren Vergütung für Resellerverträge zu bemessen. Ein Gesamtschuldverhältnis besteht jedoch auch dann, wenn der Haftungsumfang mehre-
  569. - 23 -
  570. rer Verantwortlicher unterschiedlich hoch ist; das Gesamtschuldverhältnis besteht dann bis zum geringeren Betrag (vgl. BGHZ 12, 213, 220).
  571. 45
  572. c) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht bislang getroffenen
  573. Feststellungen kann nicht abschließend beurteilt werden, inwieweit die Schadensersatzleistung der A.
  574. -S.
  575. auf den Schadensersatzanspruch der Klä-
  576. gerin gegen die Beklagte anzurechnen ist. Nach § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB wirkt
  577. die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner auch für die übrigen Schuldner. Im
  578. Streitfall besteht die Besonderheit, dass die A.
  579. -S. und jeder einzelne ihrer
  580. Vertriebspartner der Klägerin jeweils als Gesamtschuldner haften, die Vertriebspartner der A.
  581. -S.
  582. aber nicht untereinander Gesamtschuldner der
  583. Klägerin sind. Da die Zahlung der A.
  584. -S.
  585. Schulden zu tilgen, ist die Zahlung der A.
  586. nicht ausreicht, um sämtliche
  587. -S.
  588. entsprechend § 366 BGB
  589. auf die Schulden der Vertriebspartner anzurechnen. Die Regelung des § 366
  590. BGB gilt unmittelbar für den Fall, dass ein Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet ist und das von
  591. ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämtlicher Schulden ausreicht. Die Interessenlage ist jedoch die gleiche, wenn - wie dies hier der Fall ist - mehrere Schuldner
  592. (die Vertriebspartner der A.
  593. -S. ) dem Gläubiger zu gleichartigen Leistun-
  594. gen verpflichtet sind und ein anderer Schuldner (die A.
  595. -S. ) dem Gläubiger
  596. für diese Leistungen jeweils mithaftet und das von diesem Schuldner Geleistete
  597. nicht zur Tilgung sämtlicher Schulden ausreicht (vgl. BGHZ 134, 224, 227 ff.
  598. m.w.N.).
  599. 46
  600. Gemäß § 366 Abs. 1 BGB wird diejenige Schuld getilgt, die der Zahlende
  601. bei der Leistung bestimmt. Es kann dahinstehen, ob sich dem - insoweit allein
  602. in Betracht kommenden - Anwaltsschreiben der A.
  603. vom 5. Juli 2004 eine Tilgungsbestimmung der A.
  604. -S.
  605. -S.
  606. an die Klägerin
  607. zugunsten der Be-
  608. klagten entnehmen lässt. Denn dieses Schreiben ging, wie die Klägerin zutref-
  609. - 24 -
  610. fend geltend macht, erst einen Tag nach Zahlungseingang beim vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin ein. Eine Tilgungsbestimmung im
  611. Sinne von § 366 Abs. 1 BGB muss aber grundsätzlich - spätestens - „bei der
  612. Leistung“ getroffen werden. Eine nachträgliche Tilgungsbestimmung ist unwirksam, wenn sie - wie hier - nicht ausdrücklich oder konkludent vorbehalten war
  613. (Bamberger/Roth/Dennhardt, BGB, 2. Aufl., § 366 Rdn. 7; Palandt/Grüneberg
  614. aaO § 366 Rdn. 4a; MünchKomm.BGB/Wenzel, 5. Aufl., § 366 Rdn. 9). Entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten kann das Tatbestandsmerkmal „bei
  615. der Leistung“ in § 366 BGB schon aus Gründen der Rechtssicherheit nicht gegen seinen Wortlaut dahin ausgelegt werden, dass eine Tilgungsbestimmung in
  616. Fällen wie dem vorliegenden auch noch nach der Leistung zulässig ist. Für eine
  617. solche Auslegung lässt sich auch dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom
  618. 2. Dezember 1968 in der Sache II ZR 144/67 (BGHZ 51,157) nichts entnehmen.
  619. Auf die Frage, ob ein am Tag nach der Übergabe eines Schecks eingegangener Brief noch als „Tilgungsbestimmung bei der Leistung“ gewertet werden
  620. kann, kam es in jener Entscheidung nicht an, weil das dortige Schreiben bereits
  621. keine Leistungsbestimmung erkennen ließ (BGH WM 1969, 270, 271; insoweit
  622. - 25 -
  623. nicht in BGHZ 51,157 abgedruckt). Nach § 366 Abs. 2 BGB kommt eine verhältnismäßige Tilgung der Schuld der Beklagten erst in Betracht, wenn sämtliche vorgehenden Anrechnungen in der gesetzlichen Tilgungsreihenfolge ausscheiden. Hierzu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang keine Feststellungen getroffen.
  624. Bergmann
  625. Pokrant
  626. Schaffert
  627. Büscher
  628. Koch
  629. Vorinstanzen:
  630. LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 27.07.2005 - 3 O 9074/04 OLG Nürnberg, Entscheidung vom 14.02.2006 - 3 U 1903/05 -