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34 KiB

  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. I ZR 10/09
  5. Verkündet am:
  6. 20. Januar 2011
  7. Führinger
  8. Justizangestellte
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. BGHZ:
  14. BGHR:
  15. ja
  16. nein
  17. ja
  18. BCC
  19. MarkenG § 15 Abs. 2 und 4; ZPO § 524
  20. a) Die Grenzziehung zwischen Branchenähnlichkeit und Branchenunähnlichkeit bei der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG ist
  21. ebenso wie diejenige zwischen Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit und
  22. -unähnlichkeit bei der Verwechslungsprüfung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2
  23. MarkenG nicht von der Kennzeichnungskraft des Klagekennzeichens abhängig.
  24. b) Bestehen die Geschäftsfelder der Parteien in der Erbringung von Dienstleistungen, ist zur Beurteilung der Branchennähe regelmäßig auf diese Dienstleistungen und nicht auf die Mittel abzustellen, deren sich die Parteien hierbei bedienen.
  25. c) Will der in erster Instanz erfolgreiche Kläger in der Berufungsinstanz erstmals einen zusätzlichen Anspruch in den Rechtsstreit einführen (hier: Anspruch auf Urteilsbekanntmachung wegen Kennzeichenverletzung) oder
  26. seinen schon in erster Instanz geltend gemachten Anspruch auf einen weiteren Klagegrund (etwa ein weiteres Kennzeichen) stützen, muss er sich der
  27. Berufung des Beklagten anschließen.
  28. BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - I ZR 10/09 - OLG Frankfurt/Main
  29. LG Frankfurt/Main
  30. -2-
  31. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Januar 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
  32. und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch
  33. für Recht erkannt:
  34. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des
  35. Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 11. Dezember 2008
  36. aufgehoben.
  37. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
  38. über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  39. Von Rechts wegen
  40. Tatbestand:
  41. 1
  42. Die Klägerin, die am 7. Februar 1996 in das Handelsregister eingetragen
  43. wurde, führte die Unternehmensbezeichnung "BCC Unternehmensberatung Gesellschaft für Unternehmensorganisation und Informationsmanagement
  44. mbH". Zur Zeit benutzt sie die Unternehmensbezeichnung "BCC Unternehmensberatung GmbH". Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Beratung sowie die Entwicklung von Konzeptionen im Bereich des Informationsmanagements und der Unternehmensorganisation, insbesondere die Entwicklung, der Vertrieb, die Installation und die Wartung von Software sowie der Vertrieb von Dienstleistungen und Waren im Bereich Informationstechnologie und
  45. Telekommunikation.
  46. 2
  47. Die Beklagte, die Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikationsund Informationstechnik erbringt, ist seit dem 10. September 1997 zunächst mit
  48. -3-
  49. der Unternehmensbezeichnung "bcc - Braunschweiger Communication Carrier
  50. GmbH" und seit Ende 2002 mit der Firmierung "BCC Business Communication
  51. Company GmbH" im Handelsregister eingetragen. Im Geschäftsverkehr stellt
  52. sie schlagwortartig die Bezeichnung "BCC" heraus und verwendet ihren Domainnamen "bcc.de".
  53. 3
  54. Die Beklagte ist Inhaberin von 18 Marken, die mit Priorität vom
  55. 14. August 2002 für die Dienstleistungen
  56. Telekommunikation; Sprachdatenübermittlung; Erstellung von Telekommunikationsinfrastrukturen; Internetaufbau; Installation und Betrieb von Übertragungsund Vermittlungstechniken für Sprache und sonstige Daten; Erstellung von Telekommunikations-Stadtnetzen und von Telekommunikations-Fernnetzen; Aufbau und Betrieb von Telekommunikations-Rechenzentren; Entwurf, Entwicklung
  57. und Design von Computerhardware und Computersoftware
  58. eingetragen und in der nachstehend wiedergegebenen landgerichtlichen Urteilsformel unter 1 c dd bis uu näher bezeichnet sind. Sie ist weiterhin Inhaberin
  59. der Marken Nr. 30 56 02 19 (Priorität 13. Oktober 2005), Nr. 30 42 22 46 (Priorität 19. April 2004) und Nr. 30 43 98 59 (Priorität 14. Juli 2004). Diese Marken
  60. sind für verschiedene Dienstleistungen eingetragen, die im Wesentlichen mit
  61. denjenigen identisch sind, für die die 18 übrigen Marken Schutz beanspruchen.
  62. 4
  63. Die Klägerin behauptet, sie biete seit Februar 1996 ihre Dienstleistungen
  64. bundesweit unter der Bezeichnung "BCC" an. Sie ist der Ansicht, zwischen ihrem Firmenschlagwort "BCC" und der von der Beklagten verwendeten Unternehmensbezeichnung, den Marken und dem Domainnamen der Beklagten bestehe Verwechslungsgefahr. Die Klägerin hat die Beklagte deshalb auf Unterlassung, Einwilligung in die Löschung der Unternehmensbezeichnung, der Marken und des Domainnamens sowie auf Auskunftserteilung in Anspruch genommen und die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihr den
  65. aus Verletzungshandlungen entstandenen und noch entstehenden Schaden zu
  66. ersetzen.
  67. -4-
  68. 5
  69. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und die
  70. Beklagte verurteilt,
  71. 1. es zu unterlassen,
  72. a) im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung "BCC" in Alleinstellung im
  73. Zusammenhang mit der Entwicklung, dem Vertrieb, der Installation und
  74. der Wartung von Software sowie dem Vertrieb von Dienstleistungen und
  75. Waren im Bereich der Informationstechnologie und Telekommunikation
  76. und der mit diesen Tätigkeiten verbundenen Beratung zu verwenden;
  77. b) im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung "BCC Business Communication Company GmbH" als Bezeichnung ihrer Firma zu verwenden, soweit
  78. der Unternehmensgegenstand im Zusammenhang mit der Entwicklung,
  79. dem Vertrieb, der Installation und der Wartung von Software sowie dem
  80. Vertrieb von Dienstleistungen und Waren im Bereich der Informationstechnologie und Telekommunikation und der mit diesen Tätigkeiten verbundenen Beratung steht;
  81. c) im geschäftlichen Verkehr die bei dem Deutschen Patent- und Markenamt unter folgenden Registernummern eingetragenen Marken zu benutzen
  82. aa) 30 56 02 19 ("bcc");
  83. bb) 30 42 22 46 ("BCC YourNet")
  84. cc) 30 43 98 59 ("BCC YOURNET")
  85. sowie im geschäftlichen Verkehr die bei dem Deutschen Patent- und
  86. Markenamt unter folgenden Registernummern eingetragenen Marken
  87. dd) 30 24 07 64 ("BCC BUSINESS COMMUNICATION COMPANY")
  88. ee) 30 24 07 65 ("BCC")
  89. ff) 30 24 07 66 ("BCC IP Access")
  90. gg) 30 24 07 67 ("BCC Serverhousing")
  91. hh) 30 24 07 68 ("BCC Connect")
  92. ii)
  93. 30 24 07 69 ("BCC Security")
  94. jj) 30 24 07 70 ("BCC Systems")
  95. kk) 30 24 07 71 ("BCC Server Based Computing")
  96. ll)
  97. 30 24 07 72 ("BCC LAN")
  98. mm) 30 24 07 73 ("BCC E-Solutions")
  99. nn) 30 24 07 75 ("BCC Consult")
  100. oo) 30 24 07 76 ("BCC WAN")
  101. pp) 30 24 07 56 ("bcc housingBase")
  102. qq) 30 24 07 58 ("bcc housingPro")
  103. rr) 30 24 07 59 ("bcc housingBox")
  104. ss) 30 24 07 61 ("bcc ip-accessE")
  105. tt) 30 24 07 62 ("bcc ip-accessXL")
  106. uu) 30 24 07 63 ("bcc ip-accessXXL")
  107. für Waren und Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation,
  108. Sprachdatenübermittlung; Erstellung von Telekommunikationsinfrastrukturen; Internetaufbau; Installation und Betrieb von Übertragungs- und
  109. Vermittlungstechniken für Sprache und sonstige Daten; Erstellung von
  110. Telekommunikations-Stadtnetzen und von Telekommunikations-Fernnet-
  111. -5-
  112. 2.
  113. 3.
  114. 4.
  115. 5.
  116. 6
  117. zen; Aufbau und Betrieb von Telekommunikations-Rechenzentren; Entwurf, Entwicklung und Design von Computerhardware und Computersoftware zu benutzen;
  118. d) im geschäftlichen Verkehr die Internet-Domain www.bcc.de im Zusammenhang mit der Entwicklung, dem Vertrieb, der Installation und der Wartung von Software sowie dem Vertrieb von Dienstleistungen und Waren
  119. im Bereich der Informationstechnologie und Telekommunikation und der
  120. mit diesen Tätigkeiten verbundenen Beratung zu unterhalten und zu benutzen;
  121. gegenüber dem Handelsregister B des Amtsgerichts Braunschweig in die
  122. Löschung ihrer unter HRB 4460 eingetragenen Firma "BCC Business Communication Company GmbH" einzuwilligen und die Löschung zu bewirken;
  123. gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt
  124. a) in die vollständige Löschung der unter Ziffer 1 c) aa) bis cc) aufgeführten
  125. Marken einzuwilligen und die Löschung zu bewirken sowie
  126. b) in die teilweise Löschung der unter Ziffer 1 c) dd) bis uu) eingetragenen
  127. Marken hinsichtlich folgender Waren und Dienstleistungen einzuwilligen
  128. und insoweit die Löschung zu bewirken:
  129. Telekommunikation, Sprachdatenübermittlung; Erstellung von Telekommunikationsinfrastrukturen; Internetaufbau; Installation und Betrieb von
  130. Übertragungs- und Vermittlungstechniken für Sprache und sonstige Daten; Erstellung von Telekommunikations-Stadtnetzen und von Telekommunikations-Fernnetzen; Aufbau und Betrieb von TelekommunikationsRechenzentren; Entwurf, Entwicklung und Design von Computerhardware und Computersoftware;
  131. gegenüber der zentralen deutschen Registrierungsstelle für Internetdomains
  132. mit der Endung "de", der Denic e.G. in Frankfurt am Main, den Verzicht auf
  133. sämtliche Rechte an der Internet-Domain www.bcc.de zu erklären und in deren Löschung einzuwilligen sowie die Löschung zu bewirken;
  134. Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Umfang der Verletzungshandlungen gemäß Ziffer 1.
  135. Das Landgericht hat ferner gemäß dem Klageantrag zu 6 festgestellt,
  136. dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen,
  137. welcher ihr aus Verletzungshandlungen gemäß Ziffer 1 entstanden ist oder zukünftig entstehen wird.
  138. 7
  139. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren
  140. hat die Klägerin weiterhin beantragt,
  141. 7. ihr zu gestatten, den Urteilskopf und den Urteilstenor begrenzt auf die zuerkannten Unterlassungsansprüche, auch auszugsweise, innerhalb von drei
  142. Monaten nach Eintritt der Rechtskraft auf Kosten der Beklagten durch eine
  143. -6-
  144. in drei aufeinanderfolgenden Ausgaben einer branchenrelevanten Fachzeitschrift erscheinende halbseitige Anzeige öffentlich bekanntzumachen.
  145. 8
  146. Die Klägerin hat zudem hilfsweise die Klageanträge 1 a bis d, 3 b eingeschränkt.
  147. 9
  148. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die
  149. Klägerin die Klageanträge zu 1 bis 6 in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang einschließlich der Hilfsanträge sowie den Klageantrag zu 7 weiter.
  150. Entscheidungsgründe:
  151. 10
  152. I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche aufgrund ihrer Unternehmensbezeichnung nach
  153. § 15 Abs. 2, 4 und 5 MarkenG, § 242 BGB nicht zu. Dazu hat es ausgeführt:
  154. 11
  155. Für den kennzeichenrechtlichen Schutz der Unternehmensbezeichnung
  156. der Klägerin sei auf den Bestandteil "BCC" abzustellen, der prägendes Element
  157. der Gesamtbezeichnung und das Firmenschlagwort sei. Soweit sich die Zeichenbestandteile "BCC" in den Kollisionszeichen isoliert gegenüberstünden,
  158. liege Zeichenidentität vor.
  159. 12
  160. Das Firmenschlagwort "BCC" der Klägerin verfüge für Computerdienstleistungen von Haus aus nur über eine geringe Kennzeichnungskraft, die durch
  161. die Benutzungslage nicht gesteigert sei.
  162. 13
  163. Die Ansprüche der Klägerin seien ausgeschlossen, weil die nach § 15
  164. Abs. 2 MarkenG für eine Verwechslungsgefahr erforderliche Branchennähe
  165. nicht gegeben sei. Für die Beurteilung der Branchennähe seien die ausgeübten
  166. Kerntätigkeiten der konkurrierenden Unternehmen maßgeblich. Die Klägerin
  167. -7-
  168. erbringe die Unternehmensberatung im IT-Bereich in erster Linie im Zusammenhang mit einer IBM-Software. Dieses eng begrenzte Tätigkeitsfeld der Klägerin werde vom Leistungsspektrum der Beklagten nicht umfasst. Mangels
  169. Branchennähe seien auch die Ansprüche auf Einwilligung in die Löschung der
  170. Firmierung der Beklagten und die Löschung des Domainnamens nicht gegeben.
  171. Die Ansprüche auf Unterlassung der Benutzung der Marken der Beklagten und
  172. auf Einwilligung in deren Löschung seien nicht gerechtfertigt, weil das Tätigkeitsfeld der Klägerin zu wenig Berührungspunkte zu den Waren und Dienstleistungen aufweise, für die die Marken geschützt seien. Die Folgeansprüche und
  173. der Anspruch auf Urteilsveröffentlichung seien mangels Kennzeichenverletzung
  174. ebenfalls nicht gegeben.
  175. 14
  176. II. Die gegen diese Beurteilung des Berufungsgerichts gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils
  177. und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
  178. 15
  179. 1. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann der gegen die Verwendung der Bezeichnung "BCC" in Alleinstellung
  180. gerichtete Unterlassungsanspruch nach § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG nicht verneint werden (Klageantrag und Urteilsformel des Landgerichts zu 1 a). Das Berufungsgericht hat zu Unrecht eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 15
  181. Abs. 2 MarkenG wegen (absoluter) Branchenunähnlichkeit im Hinblick auf die
  182. Tätigkeitsbereiche der Parteien verneint.
  183. 16
  184. a) Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass der
  185. Klägerin an der Bezeichnung "BCC" schon deswegen ein Kennzeichenrecht
  186. zusteht, weil es sich bei diesem Bestandteil um ein Firmenschlagwort handelt,
  187. das für sich genommen hinreichend unterscheidungskräftig und geeignet ist,
  188. dem Verkehr als Kurzbezeichnung der Klägerin zu dienen (vgl. BGH, Urteil vom
  189. -8-
  190. 18. Dezember 2008 - I ZR 200/06, GRUR 2009, 772 Rn. 75 = WRP 2009, 971
  191. - Augsburger Puppenkiste; Urteil vom 31. März 2010 - I ZR 36/08, GRUR 2010,
  192. 1020 Rn. 13 = WRP 2010, 1397 - Verbraucherzentrale). Das Schlagwort "BCC"
  193. verfügt als Teil der Unternehmensbezeichnung der Klägerin - ungeachtet davon, ob es auch in Alleinstellung benutzt worden ist - jedenfalls über den Zeitrang
  194. des
  195. Gesamtzeichens
  196. (vgl.
  197. BGH,
  198. Urteil
  199. vom
  200. 24. Februar
  201. 2005
  202. - I ZR 161/02, GRUR 2005, 871, 872 = WRP 2005, 1164 - Seicom; Urteil vom
  203. 31. Juli 2008 - I ZR 21/06, GRUR 2008, 1108 Rn. 43 = WRP 2008, 1537 - Haus
  204. & Grund III).
  205. 17
  206. b) Das Berufungsgericht ist auch zutreffend von Zeichenidentität zwischen dem Firmenschlagwort "BCC" der Klägerin und der identischen, in Alleinstellung benutzten Wortfolge "BCC" der Beklagten ausgegangen.
  207. 18
  208. c) Das Berufungsgericht hat weiter zu Recht angenommen, dass die
  209. Kennzeichnungskraft des Firmenschlagworts "BCC" der Klägerin gering ist. Eine Buchstabenfolge verfügt allerdings im Regelfall von Haus aus über normale
  210. Kennzeichnungskraft, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine Schwächung der Kennzeichnungskraft bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 8. November
  211. 2001 - I ZR 139/99, GRUR 2002, 626, 628 = WRP 2002, 705 - IMS; Beschluss
  212. vom 8. Mai 2002 - I ZB 4/00, GRUR 2002, 1067, 1068 f. = WRP 2002, 1152
  213. - DKV/OKV). Eine solche Schwächung der Kennzeichnungskraft kann sich daraus ergeben, dass die Wortfolge für die angesprochenen Verkehrskreise erkennbar an beschreibende Begriffe angelehnt ist (vgl. BGH, Urteil vom
  214. 21. November 1996 - I ZR 149/94, GRUR 1997, 468, 469 = WRP 1997, 1093
  215. - NetCom; Urteil vom 15. Februar 2001 - I ZR 232/98, GRUR 2001, 1161, 1162
  216. = WRP 2001, 1207 - CompuNet/ComNet I). Im Streitfall hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Buchstaben B und C zur Kennzeichnung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Business und Computer häufig benutzt wer-
  217. -9-
  218. den und die Buchstabenfolge deshalb beschreibende Elemente enthält. Das ist
  219. aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Anders als die Revision meint, gilt
  220. der vom Berufungsgericht festgestellte beschreibende Anklang auch für den
  221. Bereich der Informationstechnologie und Telekommunikation, in dem die Klägerin ihre Dienstleistungen mit ihrer Unternehmensbezeichnung kennzeichnet.
  222. 19
  223. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch dagegen, dass das Berufungsgericht nicht von einer Steigerung der von Haus aus geringen Kennzeichnungskraft des Firmenschlagworts der Klägerin durch umfangreiche Benutzung
  224. ausgegangen ist. Aus dem Jahresumsatz der Klägerin von 600.000 €, den das
  225. Berufungsgericht zu Recht als Indiz für die Benutzungslage herangezogen hat,
  226. ergibt sich kein Anhalt für eine Steigerung der Kennzeichnungskraft durch eine
  227. umfangreiche Benutzung des Klagezeichens. Entsprechendes gilt für den Artikel in der Fachzeitschrift "digital business" vom - richtig - 20. Oktober 2007, auf
  228. den die Revision zum Nachweis einer umfangreichen Benutzung abstellt. Der
  229. Artikel ist im Hinblick auf eine ins Gewicht fallende bundesweite Marktpräsenz
  230. der Klägerin nicht aussagekräftig. Er lässt keine Rückschlüsse darauf zu, dass
  231. die Klägerin über einen engen Anwender- und Softwarebereich hinaus in einem
  232. für die Steigerung der Kennzeichnungskraft ihres Firmenschlagworts erforderlichen Umfang tätig ist.
  233. 20
  234. d) Das Berufungsgericht hat eine Branchennähe zwischen den Tätigkeitsfeldern der Parteien verneint. Die Klägerin berate Unternehmen im Bereich
  235. der Informationstechnologie in erster Linie im Zusammenhang mit der Software
  236. "IBM Lotus Domino". Dieses Leistungsspektrum umfasse nicht das Tätigkeitsfeld der Beklagten, die auf dem Sektor der netzwerkbasierenden IT-Lösungen,
  237. Internetservices, Weitverkehrs- und Unternehmensvernetzung, Rechenzentrumsdienste, Systemhausleistungen auf Basis von Access Infrastructure Technologien und IT-Sicherheit tätig sei. Zudem sei die Kennzeichnungskraft des
  238. - 10 -
  239. Unternehmenskennzeichens der Klägerin zu gering, um eine Branchennähe zu
  240. begründen.
  241. 21
  242. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
  243. Das Berufungsgericht ist von einem unzutreffenden Maßstab bei der Beurteilung der Branchennähe ausgegangen und hat nicht alle relevanten Tätigkeitsfelder der Klägerin in die Beurteilung einbezogen.
  244. 22
  245. aa) Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass
  246. bei der Beurteilung, ob Branchennähe vorliegt, die jeweilige Kennzeichnungskraft des Klagekennzeichens zu berücksichtigen ist.
  247. 23
  248. Für die Beurteilung der Branchennähe kommt es in erster Linie auf die
  249. Produktbereiche und Arbeitsgebiete an, die nach der Verkehrsauffassung typisch für die Parteien sind. Anhaltspunkte für eine Branchennähe können Berührungspunkte der Waren oder Dienstleistungen der Unternehmen auf den
  250. Märkten sowie Gemeinsamkeiten der Vertriebswege und der Verwendbarkeit
  251. der Produkte und Dienstleistungen sein. In die Beurteilung einzubeziehen sind
  252. naheliegende und nicht nur theoretische Ausweitungen der Tätigkeitsbereiche
  253. der Parteien. Im Einzelfall können auch Überschneidungen in Randbereichen
  254. der Unternehmenstätigkeiten zu berücksichtigen sein (vgl. BGH, Urteil vom
  255. 21. Februar 2002 - I ZR 230/99, GRUR 2002, 898, 899 f. = WRP 2002, 1066
  256. - defacto; Urteil vom 5. Februar 2009 - I ZR 167/06, GRUR 2009, 484 Rn. 73
  257. = WRP 2009, 616 - METROBUS). Der Begriff der Branchennähe ist im Hinblick
  258. auf die Verwechslungsgefahr nach § 15 Abs. 2 MarkenG auszulegen. Von einer
  259. Unähnlichkeit der Branchen der Parteien kann daher nur ausgegangen werden,
  260. wenn trotz (unterstellter) Identität der Kennzeichen die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstands der Tätigkeitsfelder von vornherein
  261. ausgeschlossen ist. Dabei gibt es eine (absolute) Branchenunähnlichkeit, die
  262. - 11 -
  263. auch bei Identität der Zeichen nicht durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft
  264. des prioritätsälteren Unternehmenskennzeichens ausgeglichen werden kann
  265. (vgl. zur Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit bei der Verwechslungsgefahr
  266. im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. b MarkenRL, § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG:
  267. EuGH, Urteil vom 29. September 1998 - C-39/97, Slg. 1998, I-5507 = GRUR
  268. 1998, 922 Rn. 15 - Canon; BGH, Beschluss vom 28. September 2006
  269. - I ZB 100/05, GRUR 2007, 321 Rn. 20 = WRP 2007, 321 - COHIBA; Beschluss
  270. vom 13. Dezember 2007 - I ZB 26/05, GRUR 2008, 714 Rn. 32 = WRP 2008,
  271. 1092 - idw; zu § 16 UWG aF: BGH, Urteil vom 6. Juli 1973 - I ZR 129/71, GRUR
  272. 1974, 162, 163 - etirex; zu § 15 Abs. 2 MarkenG: Büscher in Büscher/Dittmer/
  273. Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 2. Aufl., § 15
  274. MarkenG Rn. 55; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 15 Rn. 215; Lange, Markenund Kennzeichenrecht, 2006, Rn. 2543).
  275. 24
  276. Die Frage, ob im Rahmen der Prüfung der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG die Branchennähe vollständig ausgeschlossen
  277. - und deshalb von absoluter Branchenunähnlichkeit auszugehen - ist, ist daher
  278. losgelöst von der konkreten Kennzeichnungskraft des Klagekennzeichens zu
  279. beantworten. Dies entspricht den für die Beurteilung der markenrechtlichen Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit geltenden Maßstäben (vgl. EuGH, Urteil
  280. vom 18. Dezember 2008 - C-16/06, Slg. 2008, I-10053, GRUR Int. 2009, 397
  281. Rn. 67 - MOBELIX/OBELIX; BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - I ZR 156/99,
  282. GRUR 2002, 544, 546 = WRP 2002, 537 - BANK 24).
  283. 25
  284. bb) Die Revision rügt auch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht bei der
  285. Beurteilung der Branchennähe das Tätigkeitsfeld der Klägerin nicht zutreffend
  286. bestimmt hat.
  287. - 12 -
  288. 26
  289. (1) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist für die Bestimmung des Tätigkeitsbereichs der Klägerin nicht entscheidend auf die von ihr
  290. benutzte Software "IBM Lotus Domino" abzustellen. Bei der Bestimmung des
  291. Geschäftsbereichs, in dem die Klägerin tätig ist, stehen die Dienstleistungen im
  292. Vordergrund, die die Klägerin ihren Kunden erbringt, und nicht die Mittel (Software von IBM), deren sich die Klägerin dabei bedient. Dass die Dienstleistungen der Klägerin in einem solchen Umfang durch die von ihr verwendete Software geprägt werden, dass die Dienstleistungen der Parteien auf den Märkten
  293. keine Berührungspunkte aufweisen, wenn die Beklagte sich nicht auch der
  294. Software "IBM Lotus Domino" bedient, hat das Berufungsgericht nicht angenommen.
  295. 27
  296. (2) Nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, decken sich die Tätigkeitsbereiche der Parteien
  297. weitgehend. Die Klägerin ist im Bereich Informationstechnologie und Informationsmanagement tätig, wozu insbesondere die Entwicklung, der Vertrieb, die Installation und die Wartung von Software und Dienstleistungen im Bereich der
  298. IT-Sicherheit gehören. Die Beklagte erbringt ihre Dienstleistungen ebenfalls im
  299. Bereich der Informationstechnologie. Sie plant, integriert und betreibt IT-Infrastrukturen und hebt in diesem Zusammenhang ihre Erfahrungen im Bereich der
  300. IT-Sicherheit hervor. Beide Parteien bieten ihren Kunden danach Sicherheitslösungen für ihre IT-Infrastrukturen an. Dies rechtfertigt die vom Landgericht angenommene teilweise Branchenidentität oder hochgradige Branchenähnlichkeit.
  301. Dass die Dienstleistungen im Bereich der IT-Sicherheit für das Tätigkeitsfeld
  302. der Parteien nicht typisch sind, sondern nur zu vernachlässigende Randbereiche betreffen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Dagegen spricht
  303. auch, dass die Parteien ihre Dienstleistungen in diesem Bereich in der Darstellung ihrer Tätigkeitsbereiche besonders herausstellen. Sind die Parteien danach beide in dem Dienstleistungsbereich der Sicherheitslösungen für IT-
  304. - 13 -
  305. Infrastrukturen tätig und ist im Revisionsverfahren mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass es sich um für den
  306. Geschäftsbereich der Parteien typische Dienstleistungen handelt, ist die
  307. Schlussfolgerung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft, es liege Branchenunähnlichkeit vor.
  308. 28
  309. 2. Die Erwägungen des Berufungsgerichts tragen aus den oben genannten Gründen auch die Abweisung der Klage mit dem gegen die Verwendung
  310. der Bezeichnung "BCC Business Communication Company GmbH" gerichteten
  311. Klageantrag zu 1b (Urteilsformel des Landgerichts zu 1b) nicht.
  312. 29
  313. 3. Der von der Klägerin mit dem Klageantrag zu 1 c in der Fassung der
  314. Urteilsformel des Landgerichts zu 1 c gegen die Benutzung von 21 Marken der
  315. Beklagten geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 und
  316. Abs. 4 MarkenG kann auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen
  317. gleichfalls nicht als unbegründet erachtet werden. Das Berufungsgericht hat die
  318. Verwechslungsgefahr im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG zwischen dem Firmenschlagwort "BCC" der Klägerin und den Marken der Beklagten mit dem Bestandteil "BCC" in Groß- oder Kleinschreibung verneint und dies mit einer vollständigen Unähnlichkeit zwischen der Branche, in der die Klägerin tätig ist, und
  319. den Dienstleistungen begründet, für die die Marken Schutz beanspruchen. Das
  320. hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, weil die Dienstleistungen, für die
  321. die Marken eingetragen sind, auch den Bereich der Sicherheitslösungen für ITInfrastrukturen umfassen, für die jedenfalls keine vollständige Unähnlichkeit mit
  322. der Branche besteht, in der die Klägerin tätig ist.
  323. 30
  324. 4. Dem Berufungsgericht kann auch nicht darin gefolgt werden, dass das
  325. mit dem Unterlassungsantrag zu 1 d (Urteilsformel des Landgerichts zu 1 d)
  326. geltend gemachte Verbot, den Domainnamen "bcc.de" für die näher bezeichne-
  327. - 14 -
  328. ten Waren und Dienstleistungen zu benutzen, mangels Verwechslungsgefahr
  329. im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG ausgeschlossen ist. Das Berufungsgericht
  330. hat die Abweisung dieses Antrags ebenfalls mit einer fehlenden Branchennähe
  331. begründet. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen kann die Annahme des Berufungsgerichts keinen Bestand haben.
  332. 31
  333. 5. Die aus § 15 Abs. 2 und 4 in Verbindung mit §§ 12, 51 Abs. 1, § 55
  334. Abs. 1 und 2 Nr. 2 MarkenG folgenden, auf Einwilligung in die Löschung der
  335. Firma der Beklagten, auf Einwilligung in die vollständige oder teilweise Löschung ihrer Marken und auf Einwilligung in die Löschung ihres Domainnamens
  336. gerichteten kennzeichenrechtlichen Beseitigungsansprüche (Klageanträge und
  337. Urteilsformel des Landgerichts zu 2 bis 4) können aus den oben genannten
  338. Gründen nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung mangelnder Branchenähnlichkeit verneint werden. Entsprechendes gilt für den aus
  339. § 242 BGB abgeleiteten Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch (Klageantrag und landgerichtliche Urteilsformel zu 5) und den Schadensersatzanspruch
  340. nach § 15 Abs. 5 MarkenG (Feststellungsantrag und landgerichtliche Urteilsformel zu 6) sowie den Anspruch auf Urteilsbekanntmachung nach § 19c
  341. MarkenG (Klageantrag zu 7).
  342. 32
  343. III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die
  344. Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO). Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Vorbringen der Parteien ist
  345. dem Senat eine abschließende Entscheidung, ob der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche gegen die Beklagte zustehen, nicht möglich. Die Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Tätigkeitsfeldern der Parteien und zur
  346. Ähnlichkeit der Branche, in der die Klägerin tätig ist, mit den Waren und Dienstleistungen, die von den Unterlassungsanträgen erfasst werden, lassen eine ab-
  347. - 15 -
  348. schließende Beurteilung der Branchennähe und der Verwechslungsgefahr im
  349. Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG durch das Revisionsgericht nicht zu. Dies gilt
  350. ebenfalls für die mit den Klageanträgen zu 2 bis 4 geltend gemachten kennzeichenrechtlichen Löschungsansprüche und die weiteren Ansprüche nach den
  351. Klageanträgen zu 5 bis 7.
  352. 33
  353. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
  354. 34
  355. 1. Die Klageanträge erfassen eine Vielzahl von unterschiedlichen Waren
  356. und Dienstleistungen, für die die Klägerin Unterlassung der Kennzeichennutzung und Löschung der Bezeichnungen begehrt. Die Klägerin muss daher zur
  357. Branchennähe im Hinblick auf jede der Dienstleistungen im Einzelnen vortragen. Dies ist bisher nicht durchgängig erfolgt. Entsprechendes gilt für die Waren, die von den Klageanträgen erfasst werden. Ausführungen der Klägerin dazu, dass die Marken - obwohl nur für Dienstleistungen eingetragen - entsprechend dem auch Waren umfassenden Klageantrag zu 1 c zur Kennzeichnung
  358. von Waren benutzt worden sind, fehlen ebenfalls. Mit dem Klageantrag zu 3b
  359. macht die Klägerin die Löschung auch für Waren geltend; die Marken sind jedoch nicht für Waren eingetragen. Der Klageantrag zu 3b muss entsprechend
  360. angepasst werden.
  361. 35
  362. 2. Eine Einwilligung in die vollständige Löschung der Firma der Beklagten (Klageantrag zu 2) kann die Klägerin aufgrund eines kennzeichenrechtlichen Beseitigungsanspruchs nur verlangen, wenn die Voraussetzungen des
  363. § 15 Abs. 2 MarkenG für jede von der Beklagten ausgeübte Geschäftstätigkeit
  364. vorliegen.
  365. 36
  366. 3. Der mit dem Klageantrag zu 4 geltend gemachte Anspruch auf Einwilligung in die Löschung des Domainnamens - richtig - "bcc.de" setzt voraus,
  367. - 16 -
  368. dass jedwede Belegung der unter dem Domainnamen betriebenen Internetseite
  369. eine Verletzungshandlung darstellt, also auch außerhalb der bisherigen Tätigkeitsbereiche der Beklagten (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2009 - I ZR 102/07,
  370. GRUR 2010, 235 Rn. 26 = WRP 2010, 381 - AIDA/AIDU). Davon kann auf der
  371. Grundlage des bisherigen Vortrags der Klägerin nicht ohne Weiteres ausgegangen werden. Solange die Beklagte selbst berechtigt ist, den Bestandteil
  372. "BCC" zu führen, ist - entgegen der Ansicht des Landgerichts - auch nichts dafür ersichtlich, dass der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Einwilligung in die Löschung des Domainnamens nach § 12 BGB zusteht. Auf das
  373. Rechtsverhältnis der Parteien finden in diesem Fall - beide Parteien sind berechtigte Namensträger - die Grundsätze des Rechts der Gleichnamigen Anwendung (vgl. BGH, Urteil vom 11. April 2002 - I ZR 317/99, GRUR 2002, 706,
  374. 707 = WRP 2002, 691 - vossius.de; Urteil vom 31. März 2010 - I ZR 174/07,
  375. GRUR 2010, 738 Rn. 18 = WRP 2010, 880 - Peek & Cloppenburg). Ein Anspruch auf Einwilligung in die Löschung des Domainnamens steht der Klägerin
  376. nach diesen Grundsätzen nur zu, wenn die Interessen der Beklagten an der
  377. Benutzung des Bestandteils "bcc" in ihrem Domainnamen eindeutig hinter denjenigen der Klägerin zurücktreten müssen (vgl. BGH, Urteil vom 22. November
  378. 2001 - I ZR 138/99, BGHZ 149, 191, 200, 206 - shell.de). Dafür ist nichts ersichtlich.
  379. 37
  380. 4. Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren
  381. auch zu prüfen haben, ob eine Entscheidung in der Sache über den Anspruch
  382. auf Urteilsbekanntmachung nach § 19c MarkenG (Klageantrag zu 7) überhaupt
  383. ergehen kann.
  384. 38
  385. a) Das Berufungsgericht durfte über das Bestehen dieses erstmals in der
  386. Berufungsinstanz geltend gemachten Anspruchs nur entscheiden, wenn die
  387. - 17 -
  388. Klägerin ihn wirksam in den Rechtsstreit eingeführt hat. Dies konnte in der Berufungsinstanz nur im Wege der Anschlussberufung geschehen.
  389. 39
  390. aa) Mit der erstmaligen Geltendmachung des Anspruchs auf Urteilsbekanntmachung hat die Klägerin einen weiteren Streitgegenstand in den Rechtsstreit eingeführt.
  391. 40
  392. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der
  393. Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) durch den Klageantrag, in dem
  394. sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und
  395. den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2003 - I ZR 1/01, BGHZ
  396. 154, 342, 347 f. - Reinigungsarbeiten). Will die Klägerseite, die in erster Instanz
  397. voll obsiegt hat oder die - wie vorliegend - die erstinstanzliche Entscheidung,
  398. soweit die Klage abgewiesen worden ist, nicht anfechten möchte, die Klage erweitern oder einen neuen Anspruch in den Rechtsstreit einführen, muss sie sich
  399. gemäß § 524 ZPO der Berufung der Gegenseite anschließen (vgl. BGH, Großer
  400. Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 17. Dezember 1951 - GSZ 2/51, BGHZ 4,
  401. 229, 234; Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 524 Rn. 33; Wieczorek/Schütze/
  402. Gerken, ZPO, 3. Aufl., § 524 Rn. 7).
  403. 41
  404. bb) Die Anschlussberufung, die danach vorliegend erforderlich war, um
  405. den mit dem Klageantrag zu 7 erstmals in der Berufungsinstanz verfolgten Anspruch noch geltend machen zu können, hat die Klägerin eingelegt.
  406. 42
  407. Die nach § 524 Abs. 1 Satz 2 ZPO erforderliche Anschließung durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift hat die Klägerin mit ihrem Schriftsatz
  408. vom 23. Oktober 2008 vorgenommen, mit dem sie den auf Urteilsbekanntmachung gerichteten Klageantrag zu 7 anhängig gemacht hat. Dies reicht für eine
  409. - 18 -
  410. Anschließung an die Berufung der Beklagten aus. Eine ausdrückliche Erklärung, es werde Anschlussberufung eingelegt, ist nicht erforderlich (vgl. BGH,
  411. Urteil vom 6. Juli 1989 - IX ZR 280/88, NJW-RR 1990, 318). Vielmehr genügt
  412. jede Erklärung, die sich ihrem Sinn nach als ein Begehren auf Abänderung des
  413. Urteils erster Instanz darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1953
  414. - VI ZR 217/52, NJW 1954, 266, 267). Die Berufungsanschließung konnte daher auch konkludent in der Weise erfolgen, dass die Klägerin - wie im Streitfall
  415. geschehen - ihr Klagebegehren durch Geltendmachung eines weiteren Anspruchs erweiterte.
  416. 43
  417. b) Das Berufungsgericht wird jedoch zu prüfen haben, ob die Anschließung rechtzeitig erfolgt ist.
  418. 44
  419. Die Klägerin hat die Anschließung nicht innerhalb der Frist des § 524
  420. Abs. 2 Satz 2 ZPO erklärt. Nach dieser Bestimmung kann sich der Berufungsbeklagte der Berufung des Gegners nur bis zum Ablauf der Frist bis zur Berufungserwiderung anschließen. Die der Klägerin nach einer Verlängerung gesetzte Frist zur Berufungserwiderung lief am 12. August 2008 ab. Die erst mit
  421. Schriftsatz vom 23. Oktober 2008 erfolgte Anschließung wäre gleichwohl rechtzeitig, wenn die Frist für die Berufungserwiderung für die Klägerin nicht wirksam
  422. bestimmt worden wäre. Der Senat kann dem Akteninhalt nicht entnehmen, dass
  423. eine beglaubigte Abschrift der richterlichen Verfügung, mit der die Frist für die
  424. Berufungserwiderung gesetzt worden ist, gemäß § 329 Abs. 2 Satz 2, § 169
  425. Abs. 2 ZPO zugestellt wurde (vgl. BGHZ 76, 236, 241). Entsprechendes gilt für
  426. die Frage, ob die Klägerin über die Rechtsfolgen einer Fristversäumnis gemäß
  427. § 524 Abs. 3 Satz 2, § 521 Abs. 2 Satz 2, § 277 Abs. 2 ZPO belehrt worden ist.
  428. 45
  429. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass bei
  430. einem Verstoß gegen die Belehrungspflicht nach § 277 Abs. 2 ZPO eine An-
  431. - 19 -
  432. wendung der Präklusionsvorschriften nicht in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil
  433. vom 12. Januar 1983 - IVa ZR 135/81, BGHZ 86, 218, 225). Entsprechendes
  434. hat für die Frage der Rechtzeitigkeit der Anschlussberufung zu gelten, wenn die
  435. erforderliche Belehrung nach § 521 Abs. 2 Satz 2, § 277 Abs. 2 ZPO unterblieben ist (vgl. BGH, Beschluss vom 23. September 2008 - VIII ZR 85/08, NJW
  436. 2009, 515 Rn. 4 und 6).
  437. 46
  438. Das Berufungsgericht wird daher die erforderlichen Feststellungen zur
  439. wirksamen Bestimmung der Frist für die Berufungserwiderung zu treffen haben.
  440. Sollte die Frist zur Berufungserwiderung nicht wirksam bestimmt worden sein,
  441. konnte die Klägerin sich - wie geschehen - bis zum Schluss der mündlichen
  442. Verhandlung in der Berufungsinstanz dem Rechtsmittel der Beklagten anschließen (vgl. BGH, NJW 2009, 515 Rn. 7).
  443. Bornkamm
  444. Pokrant
  445. Schaffert
  446. Büscher
  447. Koch
  448. Vorinstanzen:
  449. LG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 12.12.2007 - 2/6 O 374/07 OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 11.12.2008 - 6 U 269/07 -