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  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. I ZR 107/14
  4. vom
  5. 3. November 2016
  6. in dem Rechtsstreit
  7. ECLI:DE:BGH:2016:031116BIZR107.14.0
  8. -2-
  9. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. November 2016 durch
  10. den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert,
  11. Dr. Kirchhoff, Prof. Dr. Koch und Feddersen
  12. beschlossen:
  13. Die Anhörungsrüge gegen das Senatsurteil vom 14. Januar 2016
  14. wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
  15. Gründe:
  16. 1
  17. Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist nicht begründet.
  18. 2
  19. I. Der Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1
  20. GG ist durch das Senatsurteil vom 14. Januar 2016 nicht verletzt.
  21. 3
  22. 1. Der Senat hat angenommen, es erscheine nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sich in bestimmten Branchen das Tätigkeitsbild des Versicherungsmaklers dahingehend gewandelt habe oder künftig wandeln könne,
  23. dass es eine schadensregulierende Tätigkeit des Maklers umfasse. Für die im
  24. Streitfall maßgebliche Branche der Haftpflichtversicherung im Bereich der Textilreinigung sei dazu indes nichts vorgetragen und auch sonst nichts ersichtlich.
  25. 4
  26. 2. Die Beklagte macht geltend, mit diesen Ausführungen habe der Senat
  27. ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Die Klage
  28. sei in beiden Vorinstanzen abgewiesen worden, ohne dass dabei auf die tatsächlichen Verhältnisse auf dem Markt für Haftpflichtversicherungen im Bereich
  29. der Textilreinigung eingegangen worden sei. Es sei auch nicht erkennbar, wel-
  30. -3-
  31. che Erkenntnismöglichkeiten der Senat als Revisionsgericht insoweit unabhängig von entsprechendem Parteivortrag hätte haben können. Unter diesen Umständen fordere Art. 103 Abs. 1 GG, der Beklagten durch eine Zurückverweisung der Sache in die Berufungsinstanz die Ergänzung ihres Sachvortrags zu
  32. ermöglichen.
  33. 5
  34. 3. Die Gehörsrüge der Klägerin ist unbegründet.
  35. 6
  36. a) Ob die Schadensregulierung im Bereich der Textilhaftpflichtversicherung als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Versicherungsmaklers gehört und deshalb gemäß § 5 Abs. 1 RDG erlaubt ist, war die zentrale
  37. Frage des Streitfalls, zu der die Parteien in beiden Vorinstanzen umfassend
  38. vorzutragen hatten. Dabei war erkennbar, dass es außer auf das gesetzliche
  39. Leitbild des Versicherungsmaklers nach § 59 Abs. 3 VVG auch auf tatsächliche
  40. Wandlungen des Tätigkeitsbilds bei der Textilhaftpflichtversicherung ankommen
  41. konnte. Die Beklagte hatte daher auch zu diesem Gesichtspunkt vorinstanzlich
  42. vorzutragen, ohne dass es dazu eines gerichtlichen Hinweises bedurfte.
  43. 7
  44. b) Unabhängig davon fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit des von
  45. der Beklagten gerügten Gehörverstoßes.
  46. 8
  47. aa) Der Senat hat ausgeführt, die schadensregulierende Tätigkeit der
  48. Beklagten gehöre auch deshalb nicht als Nebenleistung zu ihrem Berufs- oder
  49. Tätigkeitsbild als Versicherungsmakler, weil dafür keine Rechtskenntnisse benötigt würden, die für die Haupttätigkeit als Versicherungsmakler erforderlich
  50. seien (BGH, Urteil vom 14. Januar 2016 - I ZR 107/14, GRUR 2016, 820 Rn. 28
  51. = WRP 2016, 861 - Schadensregulierung durch Versicherungsmakler). Diese
  52. selbständig tragende Begründung des Senatsurteils greift die Anhörungsrüge
  53. nicht an.
  54. -4-
  55. 9
  56. bb) Der Senat hat ferner angenommen, der Annahme einer erlaubten
  57. Rechtsdienstleistung stehe im Streitfall außerdem § 4 RDG entgegen (BGH,
  58. GRUR 2016, 820 Rn. 31 ff. - Schadensregulierung durch Versicherungsmakler).
  59. Soweit die Beklagte gegen die Annahme eines Interessenkonfliktes im Sinne
  60. von § 4 RDG in der Anhörungsrüge erstmals geltend macht, trotz einer sehr
  61. großen Zahl von ihr regulierter Einzelschadensfälle sei im Bereich der Textilreinigungswirtschaft in den letzten 50 Jahren kein einziges rechtliches Verfahren
  62. gegen sie angestrengt worden, woraus sich zwangsläufig das Fehlen eines Interessenkonflikts ergebe, kann damit kein Gehörsverstoß des Senats begründet
  63. werden.
  64. 10
  65. Das Berufsbild des Versicherungsmaklers, die Tätigkeit der Beklagten
  66. bei der Schadensregulierung für die Zurich-Versicherung sowie die Möglichkeit
  67. eines Interessenkonflikts ist Gegenstand des Verfahrens in den Vorinstanzen
  68. gewesen. Die Beklagte hatte Gelegenheit hierzu vorzutragen und hat dies auch
  69. getan oder hätte es tun müssen.
  70. 11
  71. Im Übrigen lässt das langjährige Ausbleiben von Beschwerden gegen die
  72. Schadensregulierung durch die Beklagte nicht den Schluss zu, dass für sie bei
  73. der Schadensregulierung im Auftrag des Versicherers kein Interessenkonflikt zu
  74. ihrer Tätigkeit als Versicherungsmakler für den Versicherungsnehmer besteht.
  75. So kann das Fehlen von Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Schadensregulierung etwa auf einer regelmäßig geringen Schadenshöhe oder auf
  76. einer mangelnden Transparenz der Schadensregulierung beruhen, weil den
  77. Reinigungsunternehmen als Versicherungsnehmern die Reaktion ihrer Kunden
  78. auf die Schadensregulierung verborgen bleiben könnte. Ferner soll § 4 RDG
  79. schon die Gefahr und nicht erst dem tatsächlichen Eintritt von Interessenkonflikten ausschließen.
  80. -5-
  81. 12
  82. II. Nach dem in der Anhörungsrüge für den Fall einer Zurückverweisung
  83. der Sache an das Berufungsgericht angekündigten neuen Sachvortrag spricht
  84. zudem alles dafür, dass die schadensregulierende Tätigkeit der Beklagten im
  85. Textilreinigungsbereich mit 12.000 bis 15.000 Einzelschadensfällen jährlich einen zeitlichen und quantitativen Umfang erreicht, der als weitere Haupttätigkeit
  86. der Beklagten anzusehen ist, die sie für die Versicherer erbringt. Soweit sich die
  87. Schadensregulierung in Vollmacht eines Versicherers als Haupttätigkeit darstellt und Rechtsdienstleistungen umfasst, kommt eine Anwendung von § 5
  88. Abs. 1 RDG auch aus diesem Grund nicht in Betracht.
  89. 13
  90. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
  91. Büscher
  92. Schaffert
  93. Koch
  94. Kirchhoff
  95. Feddersen
  96. Vorinstanzen:
  97. LG Bonn, Entscheidung vom 17.10.2013 - 14 O 44/13 OLG Köln, Entscheidung vom 11.04.2014 - 6 U 187/13 -