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- BUNDESGERICHTSHOF
- BESCHLUSS
- 4 StR 389/13
- vom
- 22. Oktober 2013
- in der Strafsache
- gegen
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- wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
- Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
- und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 22. Oktober 2013 einstimmig beschlossen:
- Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Halle
- vom 15. März 2013 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
- Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der
- Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
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- Ergänzend bemerkt der Senat:
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- Der Antrag der Zeuginnen S.
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- und H.
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- auf Ausschließung der
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- Öffentlichkeit zum Schutz ihrer Intimsphäre gemäß § 171b Abs. 2 GVG in der hier
- noch anwendbaren Fassung des Opferschutzgesetzes vom 18. Dezember 1986
- (BGBl. I S. 2496) ist wirksam gestellt worden. Die Vorsitzende hatte den zuvor
- außerhalb der laufenden Hauptverhandlung angebrachten Antrag der Zeuginnen in
- der öffentlichen Sitzung vom 8. März 2013 mitgeteilt und den Beteiligten Gelegenheit
- zur Stellungnahme gegeben. Soweit in der Kommentarliteratur vertreten wird, der
- Antrag könne wirksam nur in der Hauptverhandlung gestellt werden (vgl. LR-Wickern,
- StPO, 26. Aufl., § 171b GVG Rn. 22; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 171b GVG
- Rn. 10), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Der Wortlaut verlangt solches nicht.
- Im Gegenteil sieht lediglich § 171b Abs. 1 Satz 2 GVG a.F. vor, dass der Widerspruch des Betroffenen gegen den Ausschluss der Öffentlichkeit „in der Hauptverhandlung“ erklärt wird; Vergleichbares setzt § 171b Abs. 2 GVG a.F. für den Ausschließungsantrag nicht voraus. Ein solches Erfordernis ist in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs demgemäß nicht aufgestellt worden; aus der Gesetzgebungsgeschichte ergibt sich hierzu nichts (vgl. Entwurf eines Ersten Gesetzes
- zur Verbesserung der Stellung des Verletzten im Strafverfahren vom 10. April 1986,
- BT-Drucks. 10/5305 S. 23; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags vom 3. Oktober 1986, BT-Drucks. 10/6124 S. 17;
- Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs
- [StORMG] vom 22. Juni 2011, BT-Drucks. 17/6261 S. 14; Beschlussempfehlung und
- Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags vom 13. März 2013,
- BT-Drucks. 17/12735 S. 17). Es ist auch in anderen Fällen anerkannt, dass ein Zeuge durch prozessuale Erklärungen außerhalb einer Hauptverhandlung auf deren Inhalt und Ablauf einwirken kann: So kann etwa ein Zeuge, dem ein umfassendes
- Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO zusteht, dieses Recht auch außerhalb
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- der laufenden Hauptverhandlung wirksam ausüben (BGH, Urteil vom 7. März 1995
- – 1 StR 523/94, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Unerreichbarkeit 17). Ein Angehöriger, der in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht nach
- § 52 Abs. 1 StPO umfassend Gebrauch gemacht hat, kann außerhalb derselben sein
- Einverständnis mit der Beweiserhebung über den Inhalt einer polizeilichen Vernehmung wirksam erklären (BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2005 – 1 StR 117/05,
- NStZ-RR 2006, 181).
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- Allerdings ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang von § 171b Abs. 1
- und 2 GVG a.F. und § 174 Abs. 1 Satz 2 und 3 GVG, dass alle Verfahrensbeteiligten
- sowie die Zuhörer im Gerichtssaal in der Lage sein müssen, den Ausschlussgrund
- eindeutig zu erkennen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 1999 – 1 StR 325/98, BGHSt 45,
- 117, 119 f.; Beschlüsse vom 6. November 1998 – 3 StR 511/97, BGHR GVG § 174
- Abs. 1 Satz 3 Begründung 7, und 26. Juli 2001 – 3 StR 239/01, NStZ-RR 2002, 262
- – bei Becker); dies ist jedoch auch bei dem von der Vorsitzenden gewählten Verfahren der Fall.
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- Sost-Scheible
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- Roggenbuck
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- Mutzbauer
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- Cierniak
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- Bender
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